GEW fordert: Bei Kitas muss Notbremse gezogen werden!

Die Anzahl der infizierten Kinder hat sich seit Mitte Februar vervierfacht:

Lange Zeit hieß es, Kindergärten und Schulen seien nicht die Treiber der Pandemie. Das hat sich mittlerweile geändert. Während viel über Schulschließungen nach den Osterferien gesprochen wird, sind die Kindergärten offenbar kein Thema. Jetzt fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auch hier die Notbremse zu ziehen und nur noch Notbetreuung zuzulassen.

Neue Corona Mutante greift weiter um sich

Die neue Corona-Mutante greift weiter um sich. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert deshalb eine Rückkehr zur Corona-Notbetreuung für Kinder in Kitas. „Dort steigen die Infektionen schnell“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe der Funke Mediengruppe. „Nachdem wir wissen, dass Kinder von der neuen Mutante stärker betroffen sind, muss hier wirklich die Notbremse gezogen werden“, so Tepe weiter.

Viele Einrichtungen überfordert

Immerhin nimmt die GEW nun das Thema auf. Inwieweit es sinnvoll ist, zu der alten Form der Notbetreuung zurück zu kehren ist jedoch fraglich. Viele Kindergärten und Krippen waren zu der Zeit oftmals bis zu 80 Prozent gefüllt. Auch deshalb erkrankten viele ErzieherInnen, andere mussten zuhause bleiben, weil sie zur Risikogruppe zählten. Ende des vergangenen Jahres standen ErzieherInnen an der Spitze der Krankschreibungen wegen Corona. Das führte zu Personalengpässen und damit zur Überforderung in vielen Einrichtungen.

Deshalb fordert die GEW-Vorsitzende Tepe auch eine Rückkehr zu einer „echten“ Notbetreuung in den Kitas, bis die Belegschaft geimpft sei. „Es ist nicht zu verstehen, warum die Länder hier nicht handeln.“

RKI: Neuinfektionen nehmen deutlich zu

Welche Rolle Kitas bei der Verbreitung des Coronavirus spielen, haben Wissenschaftler des Robert Koch Instituts (RKI) in der so genannten Coala-Studie untersucht. Schon der RKI-Lagebericht vom 30. März 2021 zeigt deutlich, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen unter Kindern und Jugendlichen stark ansteigt.

Zu diesem Zeitpunkt lag die Inzidenz unter Kita-Kindern bereits bei 125, während sie in der Vorwoche noch bei 100 lag. Damit hat sich die Anzahl der Infizieren Kinder seit Mitte Februar vervierfacht. In der vergangenen Woche seien 6318 Fälle in dieser Altersgruppe gemeldete worden, bei rund drei Millionen Kita-Kindern in etwa 56.000 Einrichtungen. In der Gruppe der Fünf- bis Neunjährigen, der Grundschüler also, liegt die Inzidenz mit 177 (Vorwoche: 128) mittlerweile sogar deutlich über der der Gesamtbevölkerung mit 138 (Vorwoche: 111).

Verbesserte Impf- und Teststrategie soll helfen

Laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey soll nun eine verbesserte Impf- und Teststrategie ErzieherInnen besser schützen. Wichtig sei auch, dass die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden. Das, so die Ministerin, würde in den Kitas sehr gut funktionieren. Das zeige die Studie. Das Ziel bleibe, keine erneuten flächendeckenden Schließungen von Kitas, Kindertagespflegestellen oder Schulen. In den Kitas in Deutschland sind nach Angaben von Giffey im Schnitt momentan etwa 75 Prozent der Plätze belegt.

Der 3. Quartalsbericht des RKI

Leider konnten wir den Bericht vom 1. April 2021 nicht erhalten. Im 3. Quartalsbericht des RKI vom 11. März 2021 der Corona-Kita-Studie, den wir hier zum Download bereitstellen, hießt es zum Thema Abstandsregeln. „Das Abstandhalten kann insbesondere zwischen Beschäftigten und den Kindern der eigenen Gruppe überwiegend nicht oder schlecht umgesetzt werden, zuletzt betraf dies drei Viertel der Einrichtungen.“ Dagegen konnten die Kontaktmöglichkeiten, insbesondere zwischen Gruppen, im Zeitraum Oktober bis Januar 2021 nach Einschätzung der befragten Leitungen zunehmend erfolgreich umgesetzt werden.

Es bleibt also spannend, wie sich Bundesregierung und Bundesländer in den kommenden Tagen entscheiden.




Ein Stück Erinnerungskultur für die Zukunft

Schulbank spielen und lernen

GEW stellt Studie „Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und das NS-Erbe“ vor:

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stellt sich ihrer Vergangenheit. Während einer Video-Pressekonferenz präsentierte sie die Studie „Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und das NS-Erbe“. Anders als viele andere Studien zum NS-Erbe beleuchtet sie dabei das Mitläufertum der Masse der Mitglieder und die Täterschaft einzelner, und setzt sich auch kritisch mit der Rolle in der Nachkriegszeit auseinander.

Finger in der Wunde

„Mit dieser wissenschaftlichen Studie ist die Grundlage gelegt, die Geschichte der Vorläuferorganisationen der GEW in der Weimarer Republik und ihre Rolle während der NS-Zeit sowie die Reorganisation der Interessensvertretung der Lehrkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg, die Gründung der GEW 1948 und deren Aufbau in den folgenden Jahren zu verstehen und den Diskurs in der Öffentlichkeit und der Bildungsgewerkschaft zu führen. Diesem Prozess stellen wir uns offen“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe in Frankfurt a.M. „Die Studie legt den Finger in die Wunden, ohne damals handelnde Personen von oben herab zu beurteilen. Sie erfasst die strukturellen Entwicklungen und bettet diese in den historischen Kontext ein. So wird die (Vor)Geschichte der GEW sichtbar als Teil der deutschen Geschichte, als Teil der Geschichte der Bundesrepublik und als Teil der Bildungspolitik.“

Komplexer, vielschichtiger und widersprüchlicher

„Die Studie vermittelt die Erkenntnis, dass das NS-Erbe der GEW komplexer, vielschichtiger und widersprüchlicher ist als bisher in der Alltagswahrnehmung angenommen“, betonte Jörn-Michael Goll, Autor der Untersuchung und Historiker am Historischen Seminar der Universität Leipzig. „Zentrales Anliegen nach 1945 ist der Aufbau der GEW, die 1949 Gründungsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) war, wobei ein stark ausgeprägter ‚Pragmatismus‘ zur Richtschnur des Handelns wurde. So stellte sich die GEW fast vorbehaltlos hinter ihre Mitglieder. Ohne diesen Ansatz, waren die GEW-Gründer überzeugt, wäre eine Reorganisation der Lehrkräfte in einer großen, einflussreichen Gewerkschaft nicht möglich gewesen. Diese Linie führte jedoch auch dazu, dass sich die Organisation in mehreren Fällen dafür einsetzte, teils schwer belastete Lehrkräfte wieder in den Schuldienst zu bekommen oder deren Pensionsansprüche zu sichern.

Pragmatismus statt kritischer Haltung in der Nachkriegszeit

Damit korrespondierte, dass weitgehend die Bereitschaft fehlte, sich mit dem NS-Erbe kritisch auseinander zu setzen. Andererseits gibt es jedoch auch Bespiele dafür, dass stramme Nationalsozialisten in der GEW keine Chance hatten – und die GEW auch damit zeigte, dass sie sich von Beginn an ausdrücklich als eine demokratische Organisation verstand. Erst Ende der 1970er-Jahre, Anfang der 1980er-Jahre begann mit einer neuen Mitgliedergeneration die Auseinandersetzung der GEW mit ihrer Vergangenheit.“

Goll machte aber auch deutlich, dass die GEW mit dieser Entwicklung in der Nachkriegsgesellschaft Deutschlands keine Sonderrolle gespielt habe. „Spannend ist, dass es der GEW nach ihrer Gründung sehr schnell gelungen ist, auf internationaler Ebene anerkannt und als demokratische Organisation wahrgenommen zu werden“, unterstrich der Historiker. Insbesondere mit der israelischen Lehrergewerkschaft Histadrut habe sie früh eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit gesucht.

Mutiger Schritt

„Die GEW hat sich weit vorgewagt und ist mit dieser Studie einen mutigen Schritt gegangen“, sagte Projektleiter Detlev Brunner, Historiker am Historischen Seminar der Universität Leipzig. „Sie hat es sich nicht einfach gemacht und versucht, historische Entwicklungen und das Handeln von Organisation und Menschen nachzuvollziehen und nicht nach heutigen Wertmaßstäben und Moralvorstellungen zu be- und verurteilen. Das ist ein richtiger Ansatz, denn einfache Antworten, die den zeitlichen Kontext zu wenig berücksichtigen, helfen nicht, Prozesse und Entwicklungen zu verstehen. Aber genau das ist notwendig, insbesondere bei einem so wichtigen, aber schwierigen, oft hoch emotional diskutiertem Thema wie dem ‚NS-Erbe‘ der GEW. Die Studie gibt viele Erklärungen, kann aber natürlich nicht alle Fragen beantworten und: Sie fällt kein finales Urteil.“

Auftakt für weitere Auseinandersetzung

Parallel zur Studie hat die GEW Veranstaltungen zur Auseinandersetzung geplant. Aufgrund der Situation in der Pandemie mussten die nun verschoben werden. Je nach Situation sollen diese nun Ende des Jahres stattfinden, so Jürgen Schmidt, Geschäftsführer der GEW. Foren, Workshops und weitere Veranstaltungen sind im Plan. Zudem sollen noch weitere Studien in Auftrag gegeben werden – etwa zur GEW im Einheits- und Transformationsprozess oder zur Berufsverbotspraxis.

Die Studie von Jörn Michael Goll ist unter dem Titel „Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und das NS-Erbe“ im Beltz-Verlag erschienen. Sie hat 420 Seiten und kostet 39,95 Euro, ISBN 978-3-7799-6485-8. Das Vorwort stammt von der GEW-Vorsitzenden Marlis Tepe. Alle, die der Umfang schreckt, beruhigt sie mit der Aussage: „Es liest sich flott“. Wir werden es prüfen und das Buch in den kommenden Tagen vorstellen.

Für alle, die sich jetzt schon mal ein Bild davon machen wollen ist dieser Tipp sicher nützlich: Der Leipziger Historiker Jörn-Michael Goll hat die wichtigsten Ergebnisse seiner Studie in dem Beitrag Keine Geschichte von Helden und Schurken zusammengefasst, der auf der GEW-Website veröffentlicht worden ist. Auch der Verlag hält einen Leseprobe auf der Website bereit.




GEW: „Schulen am 11. Januar noch nicht wieder öffnen“

Gesundheit von Lehrenden, Lernenden und deren Eltern effektiv schützen:

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) macht sich dafür stark, den Schul-Lockdown noch nicht am 11. Januar zu beenden. „Es wäre verantwortungsvoller gewesen, wenn sich die Kultusministerkonferenz (KMK) darauf verständigt hätte, den Schul-Lockdown um mindestens eine Woche verlängern“, sagt  die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.

Hausaufgaben nicht gemacht

Mit Blick auf die Videoschalte der KultusministerInnen erklärt sie weiter: „Im Moment kann nicht eingeschätzt werden, wie sich Weihnachten und Silvester mit Blick auf das Infektionsgeschehen auswirken… Es wäre besser gewesen, wenn die Kultusministerien in den Ländern die Weihnachtferien genutzt hätten, um ihre Hausaufgaben zu machen: nämlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass guter Wechsel- und Distanzunterricht gemacht werden kann, um Abstände zwischen den Menschen einzuhalten. Nur so kann die Gesundheit von Lehrenden, Lernenden und deren Eltern effektiv geschützt werden. Das gilt auch für die Grundschulen, um die Corona keinen Bogen macht. Es bleibt dabei: Das Recht auf Bildung und der Gesundheitsschutz müssen unter einen Hut gebracht werden.“

Eltern entlasten

Es sei richtig, Eltern, die ihre Kinder betreuen müssen, zu entlasten und ihnen beispielsweise bezahlten Urlaub während der Schulschließungen zu ermöglichen, sagt Tepe. Prüfungen und Abschlüsse spielten für die Schüler und Schülerinnen an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen eine wichtige Rolle.

Digitale Infrastruktur schaffen

Die Entwicklung der Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen müsse dabei im Mittelpunkt stehen, die Stoffmenge reduziert werden. Dafür müsse endlich die entsprechende Infrastruktur insbesondere auch mit Blick auf das digitale Lernen bereitgestellt werden.

Auch unter den Eltern regt sich Widerstand

Viele Eltern wenden sich mittlerweile ebenfalls gegen einen Schulbeginn mit Präsenzunterricht am 11. Januar 2021. In Baden-Württemberg hat sich der Landes-Elternbeirat an den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann mit einem Brandbrief gewendet und das Verhalten der Kultusministerin Susanne Eisenmann scharf kritisiert. Diese halte stur am Präsenzunterricht fest und ergreife trotz Pandemie keine effektiven Maßnahmen.

Quelle: Pressemitteilung GEW / Information LEB




GEW: Verständnis aber auch Besorgnis um Kinder und Fachkräfte

Vorsitzende Marlies Tepe weist auf Risiken hin:

Verständnis aber auch Besorgnis bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Grundsätzlich stimmt die Vorsitzende der GEW Marlies Tepe der Impfreihenfolge von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu. Aber was passiert, wenn alle Kitas und Schulen schon am 10. Januar wieder öffnen sollen? Dann ist geimpftes Personal gefragt. Hierzu die Erklärung der GEW.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kann die Impfrangfolge grundsätzlich nachvollziehen und dieser folgen. „Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher gehören zwar nicht zu den ersten Berufsgruppen, die geimpft werden sollen, aber sie bekommen diese Möglichkeit vergleichsweise früh. Sollten Politik und Kultusministerien aber daran festhalten, Schulen und Kitas nach dem 10. Januar wieder grundsätzlich zu öffnen, müssen Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher in der Impfrangfolge nach oben rücken“, mahnt GEW-Vorsitzende Marlis Tepe mit Blick auf die Aussagen von Gesundheitsminister Jens Spahn.

„Das ist dringend notwendig, wie die steigenden Infektionszahlen und Quarantäne-Maßnahmen an Schulen und Kitas gezeigt haben. Die Infektionsinzidenz bei Lehrkräften liegt bereits jetzt deutlich über dem Durchschnitt in der Bevölkerung.“ Die Impfung müsse auf freiwilliger Basis erfolgen. Die Bundesregierung müsse konsequent alle Hebel in Bewegung setzen, damit so schnell wie möglich ausreichend Impfstoff bereitgestellt wird.

Ulf Roedde für die GEW