Hohe Sensibilität für Geschlechtergerechtigkeit aber Mangel an Konzepten

Forschungsgruppe: Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt in Schleswig-Holsteins Kindertagesstätten und Schulen ausbaufähig

Eine hochschulübergreifende Forschungsgruppe zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bildungsinstitutionen in Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit dem Landesverband Frauenberatung Schleswig-Holstein (LFSH) ihre Ergebnisse aus einer landesweiten Befragung im Jahr 2022 veröffentlicht. Die Forschungsgruppe, bestehend aus Prof. Dr. Melanie Groß (Fachhochschule Kiel), Prof. Dr. Christiane Micus-Loos und Dipl.-Päd. Esther van Lück (beide Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) hat das Projekt mit Unterstützung des LFSH und der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Istanbul-Konvention umgesetzt.

Einblicke in die Fortschritte zur Umsetzung des Schutzes von Mädchen und Frauen

207 Kindertagesstätten und 104 Schulen verschiedener Schultypen aus ganz Schleswig-Holstein haben sich an der Online-Umfrage beteiligt und somit Einblicke in die Fortschritte zur Umsetzung des Schutzes von Mädchen und Frauen vor Gewalt und Diskriminierung gegeben.

Hohe Sensibilität für das Thema

„Sehr erfreulich ist die Tatsache, dass in den befragten Kindertagesstätten eine insgesamt vergleichsweise hohe Sensibilität für das Thema Geschlechtergerechtigkeit festzustellen ist. Etwa 71 Prozent von ihnen haben dieses für alle Kinder wichtige Thema in ihrer pädagogischen Arbeit verankert“, sagt Prof. Dr. Melanie Groß (FH Kiel). Dennoch fehlen nach wie vor konkrete Konzepte zum Umgang mit geschlechtsbezogener Gewalt. 68 Prozent der Kindertagesstätten geben an, dass sie keine Verfahrensregelungen bei geschlechtsbezogener Gewalt haben, sondern stattdessen auf bewährte Konzepte zum Umgang mit Gewalt allgemein zurückgreifen. „Diese Situation ist dann problematisch, wenn geschlechtsspezifische Aspekte von Gewalt nicht in ihren Ursachen bearbeitet werden, was für die Prävention dringend erforderlich ist“, sagt Katharina Wulf, Geschäftsführerin des LFSH. Hierfür bräuchte es in den Kitas aber auch mehr Know-how:

Fort- und Weiterbildungsprogramme sind gewünscht

Etwas mehr als Dreiviertel der befragten Kitas geben an, dass sie sich ein verbindliches Fort- und Weiterbildungsprogramm für alle Fach- und Lehrkräfte zum Thema geschlechtsbezogene Gewalt wünschen, damit sie in der Kita eine bessere Präventionsarbeit leisten können.

Auch den Schulen fehlen die Konzepte

„Auch die Schulen machen sich auf den Weg“, sagt Prof. Dr. Christiane Micus-Loos (CAU). „Immerhin haben 41 Prozent der Schulen das Thema geschlechtsbezogene Gewalt in ihrer Schule fest verankert, allerdings fehlt es noch weitestgehend an Konzepten zum Umgang mit geschlechtsbezogener Gewalt – lediglich 20 Prozent der Schulen können auf solche Konzepte zurückgreifen“, erklärt Micus-Loos. Auch in den Schulen wird Unterstützung zum Thema gesucht: 60 Prozent der befragten Schulen wünschen sich ein umfassendes Internetportal mit Informationen zum Thema und etwas mehr als jede zweite Schule sagt, dass es in der Lehramtsausbildung in den Hochschulen Pflichtmodule zum Thema geschlechtsbezogene Gewalt bräuchte.

Transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Kinder selten mitgedacht

Die Forschungsgruppe hat auch danach gefragt, inwieweit in den befragten Institutionen der Schutzauftrag auch gegenüber transgeschlechtlichen und intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen umgesetzt wird: „Die wenigsten der Befragten denken bei ihren Aktivitäten zum Thema geschlechtsbezogene Gewalt oder Geschlechtergerechtigkeit auch diese Gruppen mit – hier braucht es noch viel Wissensaufbau in Schulen und Kitas“, sagt Prof. Dr. Melanie Groß.

Es gibt noch viel zu tun

„Es ist noch viel zu tun“, schreibt eine teilnehmende Person, die für ihre Kita an der Befragung teilgenommen hat. Darauf verweist auch Esther van Lück (CAU): „Wir haben Handlungsempfehlungen entwickelt, die die Bedarfe auf der Ebene der Organisationen, der Ausbildungen und der Kompetenzerweiterung von Fach- und Lehrkräften umfassen – auf all diesen Ebenen brauchen Kindertagesstätten und Schulen langfristige Veränderungen, Ressourcen und Unterstützungen, damit Kinder und Jugendliche ausreichend vor geschlechtsbezogener Gewalt geschützt werden können.“

Istanbul-Konvention

Die Istanbul-Konvention ist ein internationales Übereinkommen, das 2018 von Deutschland ratifiziert wurde. Die Konvention zielt auf den besseren Schutz vor geschlechtsbezogener und häuslicher Gewalt sowie die Beseitigung von Diskriminierung und Ungleichheit von Frauen. Die Konvention betont dabei u. a. die Bedeutung der Bildungsinstitutionen für die Prävention.

Originalpublikation:

Weitere Informationen und Ergebnisse sind in Form von Fact-Sheets online abrufbar unter:
https://www.fh-kiel.de/fileadmin/data/presse/studien/fact_sheet_kita_umsetzung_istanbul_konvention_sh_25.11.2024.pdf
https://www.fh-kiel.de/fileadmin/data/presse/studien/fact_sheet_schule_umsetzung_istanbul_konvention_sh_25.11.2024.pdf

Frauke Schäfer, Fachhochschule Kiel




Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen stärken

kind-angst

Kabinett beschließt Gesetzentwurf

Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen vorgelegt. Diesen hat das Bundeskabinett am 19. Juni 2024 beschlossen. Das Gesetz soll den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung verbessern. Und es soll Betroffene bei ihrer individuellen Aufarbeitung des erlittenen Unrechts unterstützen.

„Durchschnittlich sind es 50 Jungen und Mädchen an jedem Tag, die laut Polizeilicher Kriminalstatistik vergangenes Jahr sexuelle Gewalt über sich ergehen lassen mussten. Sechs von diesen 50 Kindern waren dabei jünger als sechs Jahre. Das sind erschreckende und zugleich beschämende Zahlen. Zu viele Kinder und Jugendliche mussten Erfahrungen mit sexueller Gewalt durchmachen – im familiären Bereich, im sozialen Umfeld oder im digitalen Raum. Es macht uns alle sehr betroffen. Wir geben endlich eine klare Antwort. Mit dem Antimissbrauchsbeauftragtengesetz verfolgen wir vier Ziele: Das Amt der Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verankern wir gesetzlich und damit dauerhaft. Wir holen die Anliegen der Betroffenen in die Mitte der Gesellschaft. Wir verbessern die Möglichkeiten der Aufarbeitung. Und wir stärken Prävention und Qualitätsentwicklung im Kinderschutz.“

Bundesfamilienministerin Lisa Paus:

Das sind die wesentlichen Regelungsinhalte des Gesetzentwurfs

Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen stärkent:

Mit einer oder einem vom Parlament gewählten Unabhängigen Bundesbeauftragten, dem dort eingerichteten Betroffenenrat und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission sichert die Bundesregierung auf Dauer wichtige Strukturen, die sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen erschweren. Das Amt wird die zentrale Stelle auf Bundesebene für die Anliegen von Betroffenen und deren Angehörige, für Fachleute aus Praxis und Wissenschaft sowie für alle Menschen in Politik und Gesellschaft, die sich gegen sexuelle Gewalt engagieren. Neu ist ein umfassender regelmäßiger Lagebericht an das Parlament zum Ausmaß sexuellen Kindesmissbrauchs, zu Fragen des Schutzes, der Hilfen sowie der Forschung und Aufarbeitung. Die Daten dafür wird ein neues Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen liefern.

Betroffenen-Beteiligung und verbesserte Aufarbeitung:

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission arbeitet seit 2016 daran, Strukturen in Institutionen, Familien oder im sozialen Umfeld aufzudecken, die sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ermöglicht haben. Sie führt insbesondere Anhörungen von Betroffenen durch. Darüber hinaus wird für Betroffene ein neues Beratungssystem geschaffen. Das soll diese bei der Aufarbeitung der eigenen Geschichte unterstützen und begleiten. In der Kinder- und Jugendhilfe sollen Akteneinsichts- und Auskunftsrechte verbessert werden. Außerdem soll die Durchführung von wissenschaftlichen Fallanalysen verbindlich geregelt werden, um aus problematischen Kinderschutzverläufen für die Zukunft zu lernen.

Mehr Prävention und Qualitätsentwicklung im Kinderschutz:

Mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung soll erstmals eine Bundesbehörde den Auftrag zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs erhalten. Durch Sensibilisierung, Aufklärung und Qualifizierung kann sexuelle Gewalt früher aufgedeckt und verhindert werden. In allen Aufgabenbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sollen Fallanalysen zum verbindlichen Qualitätsmerkmal werden. So lässt sich aus problematischen Kinderschutzverläufen lernen. Um den Kinderschutz interdisziplinär zu stärken, wird ein telefonisches Beratungsangebot im medizinischen Kinderschutz verankert.

Gesetze

Anlagen

Weitere Informationen

Externe Links

Quelle: Pressemitteilung Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend




Gefährliches Spiel mit den Spiele-Apps für Kinder

Laut Stiftung Warentest sind fast alle populären Games im Test durchgefallen

Eine Figur läuft die Straße entlang, in der Hand ein Maschinengewehr. Sie erschießt eine andere Figur, das Blut spritzt, der Täter lädt nach und knallt noch jemanden ab. Beobachtet haben die Tester der Stiftung Warentest diesen Amoklauf in einer Spiele-App, die ab zwölf Jahren freigegeben ist und sogar noch jüngere Kinder problemlos zulässt.

Die Testerinnen und Tester fanden auch furchterregende Monster, Sexszenen sowie faschistische und antisemitische Nutzer- und Gruppennamen. Im Test wurden einige dieser Funde gemeldet. Die Anbieter reagierten oft gar nicht – und selbst wenn, änderten sie mitunter nichts. Das war auch dann der Fall, wenn sie auf Fragen nach Handynummern von Kindern hingewiesen wurden.

Gewalt, Sex, Hassbotschaften und noch mehr

Gewalt, Sex und Hassbotschaften waren aber längst nicht alles, was im Test von 16 populären Handy-Spielen für Android beunruhigt hat. „Besonders problematisch ist das manipulative Spieldesign der Apps“, sagt Dr. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen der Stiftung Warentest. „Es verleitet Kinder dazu, immer mehr zu spielen und immer mehr zu kaufen.“

Beispiele für Spieldruck sind Belohnungen für tägliches Zocken, soziale Verpflichtungen gegenüber Mitspielern oder Aufforderungen, zu bestimmten Zeiten zu spielen.

Die meisten Spiele setzen auf In-App-Käufe

Die meisten Spiele setzen zudem stark auf In-App-Käufe. Gamer können etwa virtuelle Waffen, Textilien oder Ressourcen wie Feenstaub und Edelsteine erwerben. Pro Kauf können bis zu 240 Euro anfallen.

Dazu setzen die Anbieter allerlei Tricks im Spieldesign („Dark Patterns“) ein. So verschleiern sie etwa reale Kosten durch fiktive Währungen, verleiten zum Kauf virtueller Gegenstände, die den Spielfortschritt beschleunigen – oder bauen Wartezeiten ein, die sich per Kauf überspringen lassen.

Urteil „Inakzeptabel“

Das Gesamturteil für Brawl Stars, Subway Surfers, Pokémon Go, Fortnite und Co. lautet daher: Inakzeptabel. Minecraft ist das einzige Spiel im Test, das besser abgeschnitten hat. Mit etwas elterlicher Unterstützung und technischen Kniffen ist es für Kinder okay.

„Wir fordern ‚Kinderschutz by default‘ – das heißt: Verzicht auf In-App-Käufe und auf Dark Patterns bei Spielen für Kinder“, so Brackemann. Die Grundeinstellungen der Apps sollten so sein, dass sie von Kindern bedenkenlos genutzt werden können. Auch eine bessere Kontrolle jugendgefährdender Inhalte sei dringend nötig.

Was Eltern tun können, erläutert Martin Gobbin, Multimedia-Experte bei der Stiftung Warentest: „Eltern sollten mit ihren Kindern über Spiele-Apps und deren Risiken reden. Außerdem können sie In-App-Käufe verhindern, die Bildschirmzeit begrenzen und Kinder offline spielen lassen.“ Sie können auch Alternativen aufzeigen: „Abseits der populären Spiele-Apps gibt es auch viele Games, die besser für Kinder geeignet sind.“

Der vollständige Test Spiele-Apps mit weiteren Tipps für Eltern findet sich unter www.test.de/spiele-apps. Er erscheint auch in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift test, die seit 23. Mai erhältlich ist.

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Warentest




Neue Studie zur Gewalt in der Sozialen Arbeit

Bessere Arbeitsbedingungen und Qualifikation können zur Prävention beitragen

Seit vergangenem Jahr mehren sich Medienberichte über Gewalt von Beschäftigten der Sozialen Arbeit gegenüber ihren Adressatinnen und Adressaten. Wie groß schätzen die Beschäftigten das Ausmaß an Gewalt in ihren Einrichtungen ein? Und lassen sich Zusammenhänge mit den Arbeitsbedingungen herstellen? Für eine im Fachmagazin „Sozial extra“ erschienene Studie wertete der Professionsforscher Professor Dr. Nikolaus Meyer von der Hochschule Fulda mehr als 8.200 Online-Fragebogen aus. Die Ergebnisse legen nahe: Die Arbeitsbedingungen müssen sich verändern, um Gewalt vorzubeugen. Dafür plädiert auch seine Kollegin Professorin Dr. Regina Remsperger-Kehm, die unter anderem zu verletzendem Verhalten in Kitas forscht.

Über die Art und Weise der Wahrnehmung von Gewalt

Die Studie untersucht, wie Beschäftigte aus unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit psychische und physische Gewalt durch und gegen Adressatinnen und Adressaten vor und während der Corona-Pandemie wahrgenommen haben. Ein besonderer Fokus liegt auf einem möglichen Zusammenhang zwischen sich verschlechternden Arbeitsbedingungen und Gewalt gegenüber Adressatinnen und Adressaten sowie anderen Dimensionen des Arbeitsalltags. Die Daten stammen aus der dritten Online-Befragung von Beschäftigten in der Sozialen Arbeit, die im November 2022, gut einen Monat nach Rücknahme der meisten Schutzmaßnahmen, durchgeführt wurde.

Bruch professioneller Normen

„Jeder Fall physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt oder entsprechender Mischformen stellt einen Bruch professioneller Normen dar und steht im Widerspruch zum professionellen Grundverständnis der Sozialen Arbeit, das eine gewaltfreie, anerkennende und feinfühlige Arbeitsbeziehung vorsieht“, stellt Professor Meyer klar und betont: „Sowohl die Berufsgruppe als auch die Öffentlichkeit sind gefordert, solche Fälle aufzuarbeiten.“

Beschäftigte nehmen mehr Gewalt an Adressatinnen und Adressaten wahr

37,1 Prozent der Befragten (n=5.885) berichten von psychischer Gewalt durch Beschäftigte gegenüber Adressatinnen und Adressaten vor Ausbruch der Pandemie. Damit ist unter anderem gemeint: Bevormunden, Niederbrüllen, Ignorieren, Drohen und Beschimpfen. Während der Pandemie steigt die Quote um elf Prozent auf 41,5 Prozent (n=5.661) an.

Auch physische Gewalt in der Pandemie gewachsen

Auch von physischer Gewalt gegenüber Adressatinnen und Adressaten berichten die Beschäftigten. In der Studie zählen hierzu unter anderem Schupsen, hartes Anpacken und Schütteln sowie schwere Formen wie Fixieren. Auch hier steigen die Werte während der Pandemie an, und zwar deutlich um über zehn Prozent auf 24,7 Prozent.

Starker Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gewalt

Für beide Gewaltformen zeigt die genauere Analyse: Das Ausmaß an Gewalt gegenüber Adressatinnen und Adressaten ist in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit unterschiedlich groß. Besonders häufig sind psychische wie physische Gewalt in der sogenannten Behinderten- sowie der Suchthilfe, in der Arbeit mit arbeitslosen Menschen, der Elementarbildung, der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der migrationsbezogenen Sozialen Arbeit. Damit deutet sich ein starker Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gewalt an. Und: Betroffen sind besonders verletzliche Adressatinnen und Adressaten-Gruppen.

Zusammenhang: Verzicht auf Pausen und Zahl der Konflikte

Eine frühere Auswertung der Befragungsdaten hatte bereits gezeigt, dass die Arbeitsbelastung in der Sozialen Arbeit während der Corona-Pandemie deutlich gestiegen ist. Mehr Adressatinnen und Adressaten, komplexere Problemlagen, höhere Personalfluktuation führen dazu, dass immer mehr Beschäftigte am persönlichen Limit arbeiten. In der höheren Arbeitsmenge aufgrund fehlender Kolleginnen sehen die Beschäftigten eine der Hauptursachen für die Arbeitsverdichtung.

Schlechte Arbeitsbedingungen fördern offenbar die Gewalt

„Wir erkennen zwar keine signifikanten Zusammenhänge zwischen gewalttätigen Situationen auf der einen und der Arbeitsmenge, komplexeren Fallkonstellationen und fehlendem Personal auf der anderen Seite. Aber wir können durchaus Zusammenhänge zwischen dem Verzicht auf gesetzlich festgelegte Pausen und einer hohen Zahl an Konflikten bzw. aggressivem Verhalten der Adressatinnen nachweisen“, erläutert Professor Meyer. „Unsere Daten deuten damit eine Verbindung zwischen den empfundenen Arbeitsbedingungen und der erlebten Gewalt in Einrichtungen an. Die steigende Belastung durch widrige Arbeitsbedingungen steht statistisch in einem mittleren Zusammenhang mit der Zahl der Konflikte und mit aggressivem Verhalten.“

Konflikten Taten folgen lassen

Dieser Befund passt zu früheren Studien, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen beruflichen Belastungen und der Zahl der Konflikte nachweisen. „Gewalt in Einrichtungen der Sozialen Arbeit ist aus dieser Perspektive das Ergebnis einer steigenden Zahl an Konflikten und einer sich hochschaukelnden aggressiven Stimmung, der dann von beiden Seiten irgendwann Taten folgen“, betont Professor Meyer und stellt sich damit in eine Reihe mit Wissenschaftler*innen, die bereits auf Zusammenhänge zwischen gewaltförmigen Konstellationen in Einrichtungen der Sozialen Arbeit und hohen Belastungswerten aufgrund widriger Arbeitsbedingungen verwiesen haben. „Worte stehen am Anfang von Akten der Gewalt“, ist er überzeugt. Und Professorin Dr. Regina Remsperger-Kehm, die an der Hochschule Fulda die Professur für Frühkindliche Bildung innehat, ergänzt: „Der Fachkräftemangel stärkt gewaltfördernde Mechanismen. Deshalb ist es wichtig, neben Gewaltschutzkonzepten auch die Arbeitsbedingungen in den Blick zu nehmen.“

Keine Lösung: Fachfremdes Personal

Gemeinsam haben die Fuldaer Forschenden zehn Forderungen zur Prävention von Gewalt in der Sozialen Arbeit aufgestellt. Unter anderem fordern sie eine Bund-Länder-Konferenz, um Maßnahmen zur Behebung des Fachkräftemangels in der Sozialen Arbeit, insbesondere in Kindertageseinrichtungen, der Jugendhilfe und der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung, zu entwickeln. „Wir wissen, dass eine kurzfristige Lösung unter Beibehaltung professioneller Qualitätsstandards kaum möglich ist“, sagt Meyer. „Dennoch sehen wir in der Gewinnung fachfremden Personals, wie es für die Kinder- und Jugendhilfe in einigen Bundesländern bereits diskutiert wird, keine Lösung.“

Gewalt oftmals Folge von mangelnder pädagogischer Ausbildung

Dass gewaltförmige Konstellationen oftmals auch das Resultat fehlender oder mangelnder pädagogischer Ausbildung seien, habe die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in Kinderheimen gezeigt. Fachkräfte müssten vielmehr für Gefahren sensibilisiert und durch berufsethische Regelungen an entsprechende Standards gebunden werden. Staatliche Stellen sehen die beiden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso in der Pflicht wie die Gesellschaft insgesamt: „Wir müssen uns über die Rolle und Bedeutung Sozialer Arbeit verständigen“, fordern sie, denn die täglichen Dilemmata zwischen Personalmangel auf der einen und der Verantwortung der Fachkräfte zum Beispiel für individuell am Kind orientierte Bildungsprozesse und den Kinderschutz auf der anderen Seite seien kaum noch zu bearbeiten.

Originalpublikation: https://link.springer.com/article/10.1007/s12054-023-00644-x

Dr. Antje Mohr, Hochschule Fulda




Jedes 10. Schweizer Kind erhält Ohrfeigen

Studie offenbart Realität in Schweizer Kinderzimmern – Gewaltfreiheit noch nicht im Gesetz verankert

Laut der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen hat jedes Kind das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. In Deutschland wurde dies 2001 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, in Österreich existiert das Gewaltverbot sogar schon seit 1989. In der Schweiz dagegen gibt es kein Verbot von Körperstrafen in der Erziehung. Dabei hatten auch die Eidgenossen im Jahre 1997 die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert und sich verpflichtet, sie umzusetzen.

Studie der Universität Freiburg

Dass sollte das nun bald geschehen. Nachdem die Schweiz von internationalen Gremien bereits wegen „Untätigkeit“ gerügt wurde, hat der Schweizer Bundesrat im Sommer das Gewaltverbot angekündigt.

Eine aktuelle Studie der Universität Freiburg im gleichnamigen Schweizer Kanton unter 1.605 Schweizer Müttern und Vätern gibt nun Aufschluss über den Erziehungsalltag in den Familien. „160.000 Kinder haben Eltern, die Ohrfeigen“ titelt die Sonntagszeitung, der die Studie vorliegt. Während danach 62 Prozent der Eltern angeben, nie körperliche Gewalt einzusetzen, sind es immerhin 38 Prozent, die dies tun. Dazu gehören bei 10 Prozent der Mädchen und Jungen (160.000 Kinder) Ohrfeigen, Schläge auf den Hintern erhalten knapp 19 Prozent (etwa 300.000), kalt abgeduscht werden etwa 3 Prozent (48.000) und zwei Prozent (32.000 Kinder) erhalten Prügel mit Gegenständen. „Noch mehr Kinder und Jugendliche werden von ihren Eltern beschimpft, beleidigt, gedemütigt oder über längere Zeit ins Zimmer eingesperrt. Mehr als die Hälfte der Eltern, 60 Prozent, setzen solche Strafmaßnahmen ein.“, heißt es im Bericht der Sonntagszeitung.

Gewaltverbot: „gesetzliche Verankerung der anti-autoritären Hippie-Erziehung“

In das Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) soll nun die Formulierung: Eltern haben das Kind „ohne Anwendung von körperlichen Bestrafungen und anderen Formen entwürdigender Gewalt zu erziehen“. Die Diskussion darüber wird seither recht emotional geführt: So hat laut einem Bericht der Schweizer Zeitung „20 Minuten“ unter anderem der Aargauer Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Andreas Glarner, das geplante Gesetz als „gesetzliche Verankerung der anti-autoritären Hippie-Erziehung“ bezeichnet.

Die SVP ist mit 28,6 Prozent der am 22. Oktober 2023 abgegebenen Stimmen in der Schweiz die stärkste Partei und legt sogar drei Prozentpunkte zu.

Gewaltverbot im Gesetz sorgt nicht für Gewaltverzicht in der Erziehung

Das Gewaltverbot im Gesetz bedeutet eine gesellschaftliche Ächtung von Gewalt in der Erziehung. Verhindern kann es sie nicht. Das belegen zahlreiche Studien weltweit. Erst 2020 zeigte eine breit angelegte Studie von UNICEF zum Tag der Kinderrechte, dass noch immer jeder sechste Deutsche Ohrfeigen in der Erziehung für angebracht hält. Jeder zweite meint, dass ein Klaps auf den Po noch keinem Kind geschadet habe. In Österreich zeigt sich zwar ein besseres Bild. Aber auch hier halten viele Gewalt noch für ein probates Erziehungsmittel: Laut einer Studie des Gallup-Instituts von 2020 hält noch immer jeder fünfte Österreicher leichte körperliche Strafen nicht für bedenklich und etwa gleich viele sehen drastischere Maßnahmen als notwendige Erziehungsmittel. Insofern scheinen die alltäglichen Verhältnisse in der Schweiz zumindest noch besser als in Deutschland zu sein.

Dabei wird in allen drei Ländern Gewalt nach wie vor primär mit körperlicher Gewalt in Verbindung gebracht. Andere Formen der Gewalt werden oftmals bagatellisiert.

Gernot Körner




Petition „Kitas müssen die Rechte der Kinder schützen!“ mitzeichnen

Die Deutsche Liga für das Kind fordert zur Unterzeichnung der Petition auf

Im Jahr 2000 wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt: „Kinder haben das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“ (§ 1631 Abs. 2 BGB). Gewalt gegen Kinder hat viele Gesichter. In Kitas erleben Kinder unterschiedliche Formen von Alltagsgewalt: Zum Beispiel Zwang, etwa wenn sie etwas kosten oder aufessen sollen. Wenn sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, wenn sie beschämt oder bestraft werden. Auch Schimpfen, Anschreien oder grob am Arm packen ist übergriffig.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Oftmals sind die betroffenen Fachkräfte einfach überlastet und reagieren in einem Moment falsch. Einigen fehlt es an der notwendigen Qualifikation, während wenige einfach fehl am Platz sind.

Die zentralen Forderungen der Petition sind:

  1. Kitas brauchen mehr und gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte. Sie benötigen mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung, für Reflexion, Teamsitzungen und Weiterbildung. Der Betreuungsschlüssel ist deutlich zu verbessern.
  2. Gewalt darf im Alltag von Kitas nicht vorkommen. Fehlverhalten muss klarer definiert werden. Kinderrechtsbasiertes pädagogisches Handeln muss vorrangig Gegenstand von Personal- und Teamentwicklung sein. Die Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften zu Beteiligungs- und Schutzrechten von Kindern muss unmittelbar verbessert und ausgeweitet werden.
  3. Kinder müssen sich wirksam beschweren können, ebenso ihre Eltern. Dafür sind die gesetzlich geforderten Beschwerdemöglichkeiten in Kitas sowie die unabhängigen Ombudsstellen endlich systematisch einzurichten.
  4. Wir brauchen mehr Wissen darüber, wie die Beteiligungs- und Schutzrechte von Kindern in Kitas, Kindertagespflegestellen und Horten tatsächlich verwirklicht werden, und wie das die Kinder sehen. Nur so können wirksame Möglichkeiten der Intervention und Prävention entwickelt werden. Dafür brauchen wir mehr Monitoring und mehr Forschung.

BiKA Studie

Die BiKA-Studie („Beteiligung von Kindern im Kita-Alltag“, 2018 – 2020) hat in Krippengruppen mit Hilfe von Videografie untersucht, wie die Beteiligungsrechte der Jüngsten im Alltag umgesetzt werden: Link zur Studie: Pina Institut. Nach Ergebnissen der Studie kommt es beispielsweise in knapp der Hälfte der untersuchten Krippengruppen beim Mittagessen zu grenzüberschreitendem Körperkontakt gegenüber Kindern. In genauso vielen Essenssituationen können nicht alle Kinder selbst entscheiden, wie viel sie essen oder trinken möchten. Ebenfalls in knapp jeder zweiten beobachteten Essenssituation sind Bewegungseinschränkungen von Kindern zu beobachten. Das kann so nicht bleiben! 

Grenzüberschreitungen auch im Kitaalltag

Kitas sind gut für Kinder, wenn die Kitas gut sind. Wir wissen aber, dass auch Grenzüberschreitungen zum alltäglichen Kitaleben von Kindern gehören. Die Deutsche Liga für das Kind solidarisiert sich mit den Kindern und fühlt sich verpflichtet, die Gelegenheit der öffentlichen Aufmerksamkeit zu nutzen, um für den Schutz der Rechte von Kindern einzutreten und pädagogische Fachkräfte zu stärken. 

Die Petition kann unter folgendem Link mitgezeichnet werden:

https://www.openpetition.de/petition/online/kitas-muessen-die-rechte-der-kinder-schuetzen

Quelle: Online-Petition des ISTA – Institut für den Situationsansatz an der Internationalen Akademie Berlin gGmbH




Weltkindertag: „Gewalt ist mehr, als Du denkst!“

Der Kinderschutzbund stellt seine Kampagne zum Thema „Gewalt gegen Kinder“ vor

„Wer sein Kind tagelang ignoriert, es von seinen Freundinnen oder Freunden isoliert oder es demütigt, der übt Gewalt aus. Vielen Menschen ist das nicht bewusst, aber: Das Recht auf gewaltfreie Erziehung erschöpft sich eben nicht im Verzicht auf körperliche Bestrafungen“, so Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbunds.

Der Kinderschutzbund wird deshalb in diesem und im Jahr 2023 seinen Schwerpunkt auf die Aufklärung über psychische Gewalt legen.

„Seelische Verletzungen gehören leider für viele Kinder zum Alltag, sei es im Elternhaus, aber auch in Kita oder Schule. Gewalt schafft aber keine Einsicht bei Kindern, sondern demonstriert, wer der Stärkere ist“, so Hilgers weiter.

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung – so steht es seit 2000 im Bürgerlichen Gesetzbuch. Die Bundesregierung möchte noch einen Schritt weitergehen und die Kinderrechte in die Verfassung schreiben. 

Bundesfamilienministerin Lisa Paus : „Kinderrechte müssen immer im Vordergrund stehen, an jedem Tag im Jahr. Das gilt erst recht für Krisenzeiten. Leider haben wir während der Pandemie gerade erst erlebt, dass dies nicht automatisch der Fall ist. Deshalb ist es unser Ziel als Ampelregierung, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern und uns dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu orientieren. Es geht dabei um eine umfassende Stärkung der Interessen von Kindern gegen entgegenstehende staatliche Interessen. Kinder dürfen beispielsweise in der Bau- und Verkehrsplanung oder in der Haushaltspolitik nicht einfach hinten herunterfallen. Kinderrechte sind kein nice-to-have: sie zu achten und bestmöglich zu verteidigen, ist für mich nicht verhandelbar.“

Alle Informationen zur Kampagne des Kinderschutzbundes finden Sie auf kinderschutzbund.de.




Wie Gewaltbereitschaft entsteht

Eine neue Studie zeigt den Einfluss von emotionaler Vernachlässigung im Kindes- und Jugendalter

Kinder und Jugendliche, die emotional vernachlässigt wurden sowie strafende und kontrollierende Eltern hatten, neigen dazu, sogenannte dunkle Persönlichkeitseigenschaften wie Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie zu entwickeln. Diese Eigenschaften wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer hohen Gewaltbereitschaft bei den betroffenen Personen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie unter 1366 Leipziger Kindern und Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren, die in Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts (EFBI), des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (Teilinstitut Leipzig) und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm durchgeführt wurde.

Potenzielle Erklärungsfaktoren für erstarkende autoritäre Dynamiken

Die Ergebnisse sind einerseits als Grundlagenforschung für laufende Projekte zu Radikalisierungsprozessen und Rechtspopulismus an FGZ und EFBI zu begreifen – denn die ausgemachten Persönlichkeitsmerkmale und eine gesteigerte Gewaltbereitschaft sind potenzielle Erklärungsfaktoren für erstarkende autoritäre Dynamiken. Zugleich sollten die Ergebnisse unmittelbar politisches Gehör finden, denn sie zeigen deutlich den Bedarf nach einem Ausbau von Präventionsmaßnahmen und deren notwendige inhaltliche Ausrichtung.

In der Befragung, die in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführt wurde, wurden Jugendlichen Fragen zu Persönlichkeitsmerkmalen und zur Gewaltbereitschaft gestellt. Darüber hinaus fragten die Forscherinnen und Forscher der Leipziger Jugendstudie danach, ob die Jugendlichen in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt beobachtet haben. Beides, sowohl negative Eigenschaften, die von Narzissmus, Opportunismus, Empathielosigkeit und Impulsivität geprägt seien, sowie die Beobachtung von Prügeleien unter anderen Jugendlichen bewirke eine hohe Bereitschaft selbst Gewalt anzuwenden oder die Gewalt durch andere zu befürworten.

Die Erziehung von Kindern- und Jugendlichen gehört auf die politische Agenda

Dr. Alexander Yendell und Professor Dr. Oliver Decker fordern vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse die Erziehung von Kindern- und Jugendlichen auf die politische Agenda zu setzen. Gleichzeitig kritisieren sie, dass sehr viel Geld für Sicherheit und jüngst in Militär investiert wird, dabei werde allerdings vergessen, dass der Nährboden für Gewalt in der frühen Sozialisation liege. „Wir bekommen die Grausamkeit und Gewalt auf dieser Welt nur in den Griff, wenn wir dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche liebevoll und ohne verbale, physische und sexuelle Gewalt aufwachsen“, so Alexander Yendell.

Problematisch ist aus Sicht beider Forscher, dass es nicht nur zu wenige wichtige Projekte zur Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter gibt, sondern diese häufig nur kurzfristig angelegt sind. Anstatt vorwiegend in mehr Sicherheit durch Polizei und Militär zu investieren, müssten sich politische Interventionen auch auf den Bereich konzentrieren, wo Gewalt noch verhindert werden kann, sprich in der frühen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen. Hier würde viel zu wenig und zu kurzfristig investiert „Es passiert immer nur etwas, wenn es schon brennt“, so Yendell und Decker.

Welche Bedeutung Bildungsinstitutionen haben

Dabei sei der Bereich der Familie allerdings nicht der einzige wichtige: „Menschen werden nicht nur in Familien unter Zwang gestellt und erfahren dort Gewalt, sondern auch in anderen Bereichen der Gesellschaft“ so Oliver Decker. Aus diesem Grund, wollen die Forscher zukünftig auch Bildungsinstitutionen und andere möglicherweise einflussreiche Kontexte in den Blick nehmen. Darüber hinaus forschen Decker und Yendell zur Kriegsbereitschaft und -verherrlichung.

Die Durchführung der Studie zur Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen wurde vom BMFSFJ im Programmpaket „Demokratie leben!“ gefördert. Aktuelle Projekte von Alexander Yendell und Oliver Decker am BMBF-gefördertem FGZ (Teilinstitut Leipzig) beschäftigen sich mit autoritären Dynamiken und Populismus.

Dr. Mathias Rodatz Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1371/journal.pone.0268992

Yendell, Alexander; Clemens, Vera; Schuler, Julia; Decker, Oliver (2022): What makes a violent mind? The interplay of parental rearing, dark triad personality traits and propensity for violence in a sample of German adolescents. In: PLOS ONE 17 (6), e0268992. DOI: 10.1371/journal.pone.0268992.