Männer überschätzen ihren Beitrag zur Kinderbetreuung und zur Hausarbeit

geschirr

Die ungleiche Verteilung der Arbeit im Haushalt erschwert Frauen die Teilhabe am Arbeitsmarkt

Männer gehen davon aus, dass die Arbeit im Haushalt zwischen ihnen und ihrer Partnerin gleich aufgeteilt ist. Doch der direkte Vergleich von Zuständigkeit und tatsächlichem Zeitaufwand zeigt, dass die Männer mit dieser Einschätzung falsch liegen. Sie leisten deutlich weniger als ihre Partnerinnen. Während die Männer mit der Aufteilung zufrieden sind, sind die Frauen mit ihrer Situation deutlich unglücklicher.

Mehr als zwei Drittel der befragten Männer (68 Prozent) sagen, dass beide Partner:innen „gemeinsam“ oder zumindest „meistens gemeinsam“ für Aufgaben im Haushalt zuständig sind. Frauen sehen das allerdings ganz anders: nur 44 Prozent von ihnen geben an, dass die Aufgaben gleich verteilt sind. Ähnlich unterschiedlich ist die Wahrnehmung, wenn es um die klassische, getrennte Zuständigkeit für den Haushalt geht: in 54 Prozent der Fälle sehen Frauen die Zuständigkeit immer oder meistens bei sich selbst. Demgegenüber sagen nur knapp 22 Prozent der Männer, dass die Zuständigkeit zumeist bei ihrer Partnerin liegt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Onlinebefragung, die das Institut Arbeit und Qualifikation für uns durchgeführt hat. Befragt wurden gut 1.600 Personen im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 65 Jahren, die zum Zeitpunkt der Befragung in einer heterosexuellen Beziehung lebten.

An den unterschiedlichen Wahrnehmungen ändert sich auch dann nichts, wenn man nur die Haushalte betrachtet, in denen beide Partner:innen in Vollzeit arbeiten. Während 70 Prozent der Männer mit Vollzeitjobs angeben, dass sich beide gemeinsam oder meist gemeinsam um den Haushalt kümmern, sagen das nur 49 Prozent der Frauen. „Auch wenn beide in vollem Umfang erwerbstätig sind, führt das nicht automatisch zu einer gleichmäßigeren Aufteilung der Haushaltsaufgaben“, sagt Arbeitsmarktexpertin Michaela Hermann.

Frauen investieren deutlich mehr Zeit in Hausarbeit und Kinderbetreuung

Das unterschiedliche Verständnis von einer gleichmäßigen Verteilung der Aufgaben zeigt sich auch beim Zeitaufwand, den Männer und Frauen für Jobs im Haushalt und für die Kinderbetreuung angeben. Selbst bei den Befragten, die das Prinzip „Wir machen das gemeinsam“ bejahen, geben Männer an, pro Woche 6,7 Stunden für den Haushalt zu investieren. Bei Frauen sind es 10,6 Stunden – also deutlich mehr. Noch eklatanter ist der Unterschied bei der Kinderbetreuung. In Paaren mit gemeinsamer Sorgeverantwortung investieren Männer nach eigener Einschätzung durchschnittlich 17,5 Stunden, bei Frauen sind es dagegen 27,5 Stunden pro Woche.

Wenig überraschend ist, dass ein Großteil der Frauen unzufrieden ist mit der Aufteilung von Erwerbs-, Haushalts- und Sorgearbeit im gemeinsamen Haushalt. Auf einer Elf-Punkte-Zufriedenheitsskala liegen die Männer bei 7,7 Punkten, die Frauen nur bei 6,8. Insgesamt sind Frauen deutlich zufriedener, wenn beide Partner gemeinsam für Haushaltsaufgaben zuständig sind (7,6), als wenn sie allein dafür zuständig sind (5,9).

Verantwortung der Männer stärker in den Blick nehmen

Damit Frauen Zeit für mehr Erwerbsarbeit haben, muss folglich in vielen Partnerschaften die Hausarbeit anders verteilt werden. „Wir dürfen uns nicht wundern, wenn Frauen nach der Kinderphase nicht wieder voll erwerbstätig sind“, sagt Arbeitsmarktexpertin Luisa Kunze. „Männer müssen ihre Verantwortung in Haushalt und Familie stärker wahrnehmen und für diesen Zweck auch Angebote wie Brückenteilzeit und flexible Arbeitszeitmodelle häufiger in Anspruch nehmen.“ Damit das gelingt, müssten auch Betriebe ihren Beitrag leisten. „Führungsaufgaben in Teilzeit oder Rücksichtnahme auf Kita-Schließzeiten sollten auch für Männer normal sein und vom Arbeitgeber offensiv angeboten werden.“

Angelika Kümmerling, Lina Zink, Andreas Jansen

Spannungsfeld Vereinbarkeit

Arbeitsaufteilung, Geschlechterrollen und
Aushandlungen im Paarkontext

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung




Corona führt zunehmend zu traditioneller Rollenverteilung

In erster Linie haben Mütter die Schul- und Kitaschließungen kompensiert

In erster Linie Mütter haben während des coronabedingten ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 die Kita- und Schulschließungen kompensiert und ihre Kinder selbst betreut. Das geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von pairfam-Daten hervor.

Starker Anstieg der Kinderbetreuung und Hausarbeit bei Frauen

So hat sich der Anteil der Familien in Deutschland, in denen die Frauen die Kinderbetreuung fast vollständig übernehmen, im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 von etwa acht auf 16 Prozent verdoppelt. Die Hausarbeit erledigen in fast 27 Prozent der Familien – statt zuvor in rund 22 Prozent – fast vollständig die Frauen.

Allerdings bleibt der Anteil der Paare, die sich die Sorgearbeit egalitär aufteilen, infolge der Pandemie weitgehend unverändert. Zudem gibt es sogar wenige Familien mehr als zuvor, in denen der Mann fast vollständig oder überwiegend Kinderbetreuung und Hausarbeit übernimmt – allerdings handelt es sich dabei um nicht mehr als etwa fünf Prozent der Familien.

Quelle: DIW

„Mit Blick auf die Aufteilung der Sorgearbeit während der Corona-Pandemie ergibt sich ein differenziertes Bild“, erklärt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat des DIW Berlin. „In Familien, in denen sich Frauen schon zuvor deutlich mehr um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert haben, ist das Ungleichgewicht während der Corona-Pandemie aber noch größer geworden“, so C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie.

Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit sehr unterschiedlich

Gemeinsam mit Jonas Jessen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Familie, haben Spieß und Wrohlich Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam ausgewertet. Im Rahmen dieser Längsschnittstudie werden jährlich rund 12.000 Personen befragt. Im Frühjahr 2020 wurde eine Corona-Zusatzerhebung gestartet, an der sich mehr als 3.000 Menschen beteiligten. Die Studie stützt sich insgesamt auf 967 Paarhaushalte mit Kindern.

„In Familien, in denen sich Frauen schon zuvor deutlich mehr um Kinderbetreuung und Haushalt gekümmert haben, ist das Ungleichgewicht während der Corona-Pandemie noch größer geworden.“  

C. Katharina Spieß

Die Analysen geben auch Auskunft darüber, wie sich die Aufteilung der Sorgearbeit in Abhängigkeit der Homeoffice-Nutzung verändert hat. Wenn Mütter im Homeoffice arbeiten, erledigen sie demnach auch mehr Sorgearbeit, während dies bei Männern umgekehrt nicht der Fall ist. Konnten beide Elternteile von zu Hause arbeiten, ergaben sich jedoch keine signifikanten Unterschiede in der Aufteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit.

„Bemerkenswert ist, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Aufteilung von Sorgearbeit in der Pandemie größer geworden sind“, sagt Jessen. So gaben von den befragten Frauen 24 Prozent an, dass sie in ihrer Familie die Kinderbetreuung (fast) vollständig alleine übernehmen – bei den Männern berichteten dies nur fünf Prozent.

Anpassung der familienpolitischen Leistungen könnten zu kurz greifen

Die Politik hat im Zuge der Pandemie familienpolitische Leistungen an einigen Stellen angepasst und die Zahl der sogenannten Kinderkrankentage auf 20 Tage erhöht, um Eltern die Kinderbetreuung zu erleichtern. „Die Erhöhung der Kinderkrankentage ist zwar grundsätzlich gut, womöglich aber zu knapp bemessen“, so Katharina Wrohlich. Weitere Maßnahmen, etwa eine abermalige Ausweitung der Kinderkrankentage, wären wünschenswert. „Unabhängig von der Corona-Pandemie könnten beim Elterngeld bei gleichbleibender Bezugsdauer die Partnermonate auf vier Monate ausgedehnt werden, um eine größere Gleichstellung bei der Verteilung von Sorgearbeit zu erreichen“, so Spieß.

Die Studie finden Sie hier

Quelle: DIW