Bildungs- und Teilhabepaket verfehlt Ziel: Vier von fünf Kindern ohne Unterstützung

Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert fehlende Wirkung und hohe Bürokratie beim BuT: Studie zeigt massives Versagen bei Teilhabeleistungen

Nach einer aktuellen Untersuchung der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbandes kommt die im Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) vorgesehene Teilhabeleistung im Bundesdurchschnitt nicht bei 81 Prozent der anspruchsberechtigten Kinder und Jugendlichen an. Damit profitieren vier von fünf Kindern nicht von den Hilfen, die eigentlich Freizeit- und Sportangebote finanzieren sollen.

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde 2011 eingeführt, um Kindern aus einkommensschwachen Familien kulturelle, sportliche oder freizeitpädagogische Aktivitäten zu ermöglichen. Vorgesehen sind bislang 15 Euro monatlich pro Kind, die im Rahmen des Koalitionsvertrags auf 20 Euro erhöht werden sollen.

Kritik an Bürokratie und ungleichen Chancen

Der Paritätische Gesamtverband kritisiert, dass die Umsetzung des Programms seit Jahren an bürokratischen Hürden und ungleichen Strukturen scheitere. Laut Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, “ist die Teilhabeleistung gut gedacht, aber schlecht gemacht”. Besonders die massiven regionalen Unterschiede zeigten, dass Chancen häufig von der Postleitzahl abhingen – ein Zustand, der angesichts einer Kinderarmutsquote von über 15 Prozent Millionen Kinder betreffe.

Vorschläge für eine wirksamere Unterstützung

Der Verband fordert, die geplanten 20 Euro monatlich pauschal an alle leistungsberechtigten Kinder auszuzahlen. Damit ließe sich der Verwaltungsaufwand deutlich verringern und eine gerechtere Teilhabe sicherstellen. Zudem sei es notwendig, Rechtsansprüche auf Angebote der Kinder- und Jugendarbeit zu schaffen, um die Wirkung des Programms langfristig zu sichern.

Ein Problem seit 2011

Seit der Einführung des BuT vor 14 Jahren sei die Teilhabeleistung eine „Misserfolgsgeschichte“, so der Paritätische. Trotz politischer Ankündigungen habe es bislang keine spürbare Verbesserung gegeben. Besonders kritisch bewertet der Verband, dass Bemühungen um eine Kindergrundsicherung ins Stocken geraten seien – während Kinder weiterhin von Sport- und Kulturangeboten ausgeschlossen blieben.




Deutschland spart an Familien – und riskiert die Zukunft seiner Kinder

Immer mehr Eltern fürchten um Versorgung ihrer Kinder und fordern stärkere politische Maßnahmen

Natürlich geht es nicht immer ums Geld. Manchmal aber eben schon und in diesem Fall besonders. Denn bei der Frage nach dem Grund für die niedrige Geburtenrate in Deutschland zeigt sich deutlich, dass es vor allem die schwache Unterstützung seitens der Gesellschaft ist, die den Wunsch nach einer kinderreichen Familie zum unerfüllbaren Traum werden lässt. Wer sich dennoch in das Abenteuer stürzt, muss nicht nur mit großen finanziellen Einschränkungen in der Familienzeit rechnen, sondern auch im Alter. Schließlich fehlen vielen Eltern aufgrund der hohen Erziehungskosten die notwendigen Mittel zur Vorsorge. Frankreich bietet ein Beispiel dafür, wie es auch anders gehen könnte. Doch eine aktuelle forsa-Umfrage im Auftrag von Save the Children zeigt, wie unbelehrbar Politik und Gesellschaft hierzulande doch sind.

Umfrage zeigt wachsende Existenzängste

Eine repräsentative Befragung unter Eltern minderjähriger Kinder verdeutlicht die angespannte Lage: Drei Viertel der Befragten (76 Prozent) halten die Pläne der Bundesregierung gegen Kinderarmut für unzureichend. Besonders alarmierend ist der Anstieg der finanziellen Sorgen seit Jahresbeginn. Ein Viertel der Eltern befürchtet mittlerweile, die Grundbedürfnisse ihrer Familie – Heizung, Wohnen, Kleidung und Nahrung – künftig nicht mehr decken zu können. Im Januar lag dieser Wert noch bei 15 Prozent.

Familien mit niedrigem Einkommen besonders betroffen

Besonders hart trifft es Haushalte mit weniger als 3.000 Euro Nettoeinkommen im Monat. 57 Prozent von ihnen geben an, dass sie ihre Familie kaum noch mit dem Nötigsten versorgen können – ein Anstieg um 21 Prozentpunkte seit Januar. Fast die Hälfte dieser Familien verzichtet dauerhaft auf Dinge wie Urlaub, Restaurantbesuche oder die Hobbys der Kinder. Bei Alleinerziehenden liegt der Anteil bei einem Drittel. Für die Kinder bedeutet das nicht nur materielle Einschränkungen, sondern auch psychischen Druck: Rund 20 Prozent reagieren mit seelischem Stress auf die angespannte finanzielle Lage.

Kinder leiden unter dem Druck der Eltern

„Die Ergebnisse bestätigen, dass Armut und finanzielle Sorgen große psychische Belastungen für Eltern, aber auch für Kinder und Jugendliche selbst sind“, sagt Prof. Dr. Julian Schmitz, Klinischer Kinder- und Jugendpsychologe an der Universität Leipzig. Studien zeigen, dass Kinder aus finanziell benachteiligten Familien häufiger unter psychischen Störungen leiden und gleichzeitig schwerer Zugang zu Unterstützung finden.

Appell an die Politik

Save the Children fordert von der Bundesregierung ein umfassendes familienpolitisches Konzept, das über Stückwerk hinausgeht. Dazu gehören eine leicht zugängliche Kindergrundsicherung, der Abbau von Bürokratie bei Sozialleistungen sowie Investitionen in Bildung, soziale Infrastruktur und leistbaren Wohnraum. Auch die Stärkung der mentalen Gesundheit von Kindern müsse stärker in den Fokus rücken, etwa durch Schulsozialarbeit, Mental-Health-Coaches und mehr Therapieplätze.

Die Erwartungshaltung bleibt hoch: 88 Prozent der Eltern sehen Kinderarmut als drängendes Problem, das die Politik mit Vorrang angehen muss. Besonders die Investition in Bildung und der Ausbau der Kinderbetreuung gelten ihnen als sehr wichtig. Immer größere Teilen der Gesellschaft sind von dieser Problematik ausgenommen, da sie sich selbst gegen ein Leben mit Kindern entschieden haben.

Gernot Körner