Kindeswohl in Gefahr: Warum Kitas jetzt stärker unterstützt werden müssen

Neue Zahlen zeigen einen Höchststand bei Kindeswohlgefährdungen – präventive Teamarbeit in Kitas wird zum Schlüsselfaktor

Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland steigt weiter – und erreicht erneut einen Höchststand. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stellten die Jugendämter im Jahr 2024 bei rund 72.800 Kindern und Jugendlichen eine akute oder latente Gefährdung ihres Wohls fest. Damit hat sich die Zahl innerhalb von fünf Jahren um fast ein Drittel erhöht. Auch im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich ein deutlicher Anstieg.

Besonders aussagekräftig ist der Blick auf die Vorstufe: Rund 239.400 Verdachtsmeldungen wurden 2024 geprüft. In vielen dieser Fälle lag zwar keine akute Kindeswohlgefährdung vor, sehr wohl aber ein erheblicher Unterstützungsbedarf. Die Statistik macht deutlich: Belastungen in Familien nehmen zu, und die Schwelle, ab der Kinder in kritische Situationen geraten, wird offenbar schneller erreicht.

Junge Kinder besonders häufig betroffen

Auffällig ist das Alter der betroffenen Kinder. Mehr als jedes zweite war jünger als neun Jahre, jedes dritte sogar unter sechs Jahre alt. Das durchschnittliche Alter lag bei 8,3 Jahren. Damit betrifft ein großer Teil der Gefährdungen Kinder im Kita-Alter oder in der frühen Grundschulzeit.

Die häufigste Form der Gefährdung war Vernachlässigung, gefolgt von psychischer Misshandlung. Körperliche Gewalt spielte ebenfalls eine relevante Rolle, sexuelle Gewalt trat seltener auf, betraf dann jedoch überwiegend Mädchen. In drei von vier Fällen ging die Gefährdung ausschließlich oder hauptsächlich von einem Elternteil aus.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass Kindeswohlgefährdung in den meisten Fällen kein Randphänomen ist, sondern im familiären Alltag entsteht – oft schleichend und über längere Zeit.

Kitas als frühe Beobachtungs- und Schutzorte

Kitas sind für viele Kinder der wichtigste außerfamiliäre Lebensraum. Erzieherinnen und Erzieher erleben Kinder täglich über viele Stunden hinweg, beobachten ihr Verhalten, ihre Entwicklung, ihre Sprache, ihre Emotionen. Sie sind häufig die ersten, denen Veränderungen auffallen.

Entsprechend bedeutsam ist die Rolle der Kitas im Kinderschutz. Hinweise auf mögliche Gefährdungen stammen zwar häufig von Polizei und Justiz, aber auch aus dem sozialen Umfeld der Kinder und aus dem System der Kinder- und Jugendhilfe. Kitas sind dabei ein sensibler Schnittpunkt zwischen Familie, Hilfesystem und öffentlicher Verantwortung.

Hohe Belastung für pädagogische Fachkräfte

Diese Verantwortung bleibt für die Fachkräfte nicht folgenlos. Eine bundesweite Befragung von rund 21.000 Kita-Fach- und Leitungskräften zeigt, wie stark sie belastet sind, wenn sie Situationen erleben, in denen Kinder möglicherweise nicht ausreichend geschützt sind. Fast 70 Prozent gaben an, sich dadurch stark oder eher stark belastet zu fühlen.

Während ein Teil der Befragten angibt, solche Situationen selten zu erleben, berichten andere von einer nahezu täglichen Konfrontation mit problematischen Situationen. Das macht deutlich: Kinderschutz ist für viele Erzieherinnen kein Ausnahmefall, sondern Teil ihres Berufsalltags – oft ohne ausreichende strukturelle Unterstützung.

Gute Teamarbeit als wirksamer Schutzfaktor

Genau hier setzt die Analyse der Bertelsmann Stiftung an. Ihre Befunde zeigen: Entscheidend für kindgerechtes Handeln ist nicht allein die Personalausstattung, sondern vor allem die Qualität der Zusammenarbeit im Team. Wo Kommunikation funktioniert, Zuständigkeiten klar sind und eine offene Feedback-Kultur besteht, gelingt es deutlich besser, sensibel und professionell mit schwierigen Situationen umzugehen.

Umgekehrt steigt das Risiko für unangemessenes Verhalten gegenüber Kindern dort, wo Teams unter dauerhaftem Stress stehen, Abläufe unklar sind und Probleme nicht offen angesprochen werden können. Unterbesetzung, Überlastung und fehlende Reflexionsräume verstärken sich gegenseitig – mit Folgen für Kinder und Fachkräfte.

Reflexionskompetenz braucht Zeit und Strukturen

Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist die Bedeutung der Reflexionskompetenz. Gemeint ist die Fähigkeit, das eigene pädagogische Handeln kritisch zu hinterfragen und im Austausch mit Kolleginnen, Kollegen und Leitung weiterzuentwickeln. Diese Kompetenz ist Grundlage professionellen Handelns – gerade im sensiblen Feld des Kinderschutzes.

Gleichzeitig zeigen sich strukturelle Defizite: Der Anteil einschlägig ausgebildeter Fachkräfte geht seit Jahren zurück, Fortbildungsangebote sind ungleich verteilt, und vielen Kita-Leitungen fehlt schlicht die Zeit, Teamprozesse aktiv zu gestalten.

Mehr Fachberatung, mehr Leitungszeit, bessere Qualifizierung

Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt daher ein Bündel an Maßnahmen, das über reine Personalzahlen hinausgeht. Fachberatung für Kitas sollte personell und zeitlich ausgeweitet werden, um Teams gezielt bei Reflexion, Konfliktklärung und Qualitätsentwicklung zu unterstützen. Leitungen benötigen ausreichend Leitungszeit – mindestens 20 Stunden pro Woche –, um Teamarbeit, Kommunikation und Schutzkonzepte wirksam zu gestalten.

Zugleich ist es notwendig, die Fachkraft-Quote langfristig wieder zu erhöhen und berufsbegleitende Qualifizierungen systematisch zu fördern. Kinderschutz gelingt dort am besten, wo Fachlichkeit, Teamkultur und strukturelle Rahmenbedingungen zusammenwirken.

Prävention beginnt im Alltag der Kitas

Angesichts steigender Zahlen von Kindeswohlgefährdungen wird deutlich: Prävention darf nicht erst einsetzen, wenn Jugendämter tätig werden. Sie beginnt im pädagogischen Alltag – in stabilen Teams, in reflektierter Praxis und in einer Kultur, die Belastungen ernst nimmt und Unterstützung ermöglicht.

Mit ihrer Initiative „Es geht um jedes Kind“ macht die Bertelsmann Stiftung genau darauf aufmerksam. Für Erzieherinnen und Erzieher bedeutet das eine klare Botschaft: Sie tragen eine zentrale Verantwortung für den Schutz von Kindern – und brauchen dafür verlässliche Bedingungen, fachliche Begleitung und politische Unterstützung.

Weitere Informationen

Detaillierte Ergebnisse der Statistik zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung,  einschließlich Angaben nach Bundesländern, stehen in der Datenbank GENESIS-Online (Tabellen 22518) und auf der Themenseite „Kinderschutz und Kindeswohl“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes bereit. Weiterführende Daten bietet der neue Statistische Bericht „Statistik zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“.

Gernot Körner




Kinderrechte-Index 2025: Große Lücken bei Umsetzung in Deutschland

Neue Analyse zeigt: Kinderrechte hängen stark vom Wohnort ab

Der „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerkes legt offen, wie unterschiedlich die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland ausfällt. Das Ergebnis: Viele Bundesländer haben erheblichen Nachholbedarf – und kein Land setzt die Kinderrechte umfassend um. Besonders deutlich wird, wie stark die Chancen von Kindern weiterhin vom Wohnort abhängen.

Wer liegt vorn – und wer nicht?

Im Gesamtranking schneiden Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen überdurchschnittlich ab.
Im Mittelfeld liegen Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen.
Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt bilden das Schlusslicht und bleiben unter dem Durchschnitt.

Der Index basiert auf 101 Indikatoren, die zentrale Kinderrechte abbilden: Beteiligung, Schutz, Gesundheit, Lebensstandard, Bildung sowie Freizeit, Spiel und kulturelle Teilhabe.

Kinderbeteiligung: Große Unterschiede zwischen den Ländern

Beim Recht auf Beteiligung – etwa in Schule, Justiz oder Politik – liegen Bremen, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen vorn.
Viele andere Länder haben ihre Beteiligungsrechte seit 2019 zwar verbessert, aber von flächendeckenden Mitbestimmungsstrukturen sind sie weit entfernt.

Schutz und Prävention: Fortschritte – aber nicht überall

Das Recht auf Schutz, das sowohl präventiven Kinderschutz als auch die Behandlung von Verdachtsfällen umfasst, wird besonders gut in Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein umgesetzt.
Trotz positiver Entwicklungen bleibt eine zentrale Erkenntnis: Ein wirksamer Kinderschutz darf nicht vom Bundesland abhängen.

Gesundheit: Zugang und Prävention weiter ungleich verteilt

Beim Recht auf Gesundheit gehören Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen und Thüringen zur Spitze.
Der Index zeigt jedoch, dass flächendeckend vergleichbare Gesundheitsangebote – von der Vorsorge über Prävention bis hin zur Versorgung – weiterhin fehlen.

Lebensstandard: Armut bleibt ein Kernproblem

Für die Umsetzung eines angemessenen Lebensstandards, der entscheidend für die Entwicklung von Kindern ist, wurden Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen am besten bewertet.
Gleichzeitig fordert das Kinderhilfswerk: Landesstrategien zur Kinderarmutsprävention müssen Standard werden.

Bildung: Infrastruktur und Chancengleichheit

Beim Recht auf Bildung liegen Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen an der Spitze.
Trotzdem bleibt der Zugang zu guter Bildung regional sehr unterschiedlich – von Kita-Plätzen bis zu schulischer Förderung.

Freizeit, Erholung und Kultur: Ein oft unterschätztes Kinderrecht

Das Recht auf Ruhe, Freizeit und kulturelle Teilhabe wird vor allem in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen gut umgesetzt.
Gerade dieser Bereich entscheidet laut Studie maßgeblich über die Lebensqualität und Resilienz von Kindern.

Ein föderaler Flickenteppich – und politischer Handlungsbedarf

Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes, spricht von einem „föderalen Flickenteppich“:

Der Wohnort entscheidet vielfach darüber, wie gut Kinderrechte verwirklicht werden.

Sie betont: Die Umsetzung der Kinderrechte ist weniger eine Frage des Geldes als des politischen Willens.

Was nötig wäre

Der Kinderrechte-Index nennt zentrale Baustellen in allen Bundesländern:

  • ressortübergreifende Kinder- und Jugendpolitik
  • verbindliche Beteiligungsstrukturen
  • Ausbau psychosozialer Hilfen
  • Strategien zur Kinderarmutsprävention
  • eine kindgerechtere Justiz
  • bundesweites Monitoring mit besseren Daten

Gerade bei Gesundheit und Armut fehlen bislang ausreichend aufgeschlüsselte und kontinuierlich erhobene Informationen. Hier sei besonders der Bund gefordert, langfristige Forschung zu finanzieren.

So wurde der Index erstellt

Der Kinderrechte-Index 2025 kombiniert:

  • öffentliche Daten und eigene Erhebungen
  • eine Befragung von 3.218 Kindern und Jugendlichen
  • Rückmeldungen aller Landesministerien
  • Analysen zu Gesetzen, Institutionen, Programmen
  • Einschätzungen des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes

Online verfügbar sind der Studienbericht, sechs Analysepapiere sowie Ländersteckbriefe unter: www.dkhw.de/kinderrechte-index




Kinderschutz in Deutschland: Zahl der gefährdeten Kinder wächst weiter

Eine neue Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke-Studie offenbart alarmierende Wahrnehmungen und konkrete Zahlen – Zeit für mehr gesellschaftliches Engagement – wachsende Sorge um Kinderschutz in Deutschland

Kinderschutz in Deutschland ist für viele Menschen zu einem zentralen Sorgen-Thema geworden. Laut einer aktuellen, repräsentativen GfK-Umfrage im Auftrag der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke sind 65,2 Prozent der Befragten überzeugt, dass die Zahl der Kinder, die in familiären Krisen leben und deren Wohl gefährdet ist, in den letzten fünf Jahren deutlich gestiegen ist. Diese Wahrnehmung verweist auf ein gesellschaftliches Klima, in dem Überforderung, psychische Belastungen, Armut, Gewalt und Vernachlässigung als zunehmende Risiken für Kinder wahrgenommen werden.

Die Studie zeigt außerdem sehr deutlich: Kinderschutz wird nicht mehr als Randthema betrachtet, sondern als dringende gemeinsame Aufgabe von Politik, Fachpraxis und Zivilgesellschaft. Gleichzeitig wächst das Unbehagen, ob die bestehenden Schutzsysteme tatsächlich stark genug sind, um allen gefährdeten Kindern verlässlich zur Seite zu stehen.

Kinderschutz in Zahlen: Inobhutnahmen 2024

Die subjektive Besorgnis wird durch offizielle Zahlen untermauert. Nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts wurden im Jahr 2024 in Deutschland insgesamt 69.477 Kinder und Jugendliche von den Jugendämtern in Obhut genommen. Inobhutnahmen sind immer eine einschneidende Schutzmaßnahme und erfolgen in akuten Krisen, wenn das familiäre Umfeld nicht mehr in der Lage ist, Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten.

Hinter diesen Zahlen stehen sehr unterschiedliche Problemlagen. Häufige Gründe sind die Überforderung von Eltern oder einem Elternteil, Vernachlässigung, Anzeichen für körperliche oder psychische Misshandlung oder Hinweise auf sexuelle Gewalt. Daneben spielt auch die unbegleitete Einreise von Minderjährigen eine große Rolle. Ein Teil der Kinder kehrt nach der Klärung der Situation in die Herkunftsfamilie zurück, doch ein erheblicher Anteil braucht langfristig andere Lebens- und Betreuungsformen, etwa in Kinderdorffamilien, Wohngruppen oder Pflegefamilien.

Auch wenn die Zahl der Inobhutnahmen 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund sieben Prozent zurückgegangen ist, bleiben die absoluten Zahlen hoch. Sie machen deutlich, dass der Kinderschutz in Deutschland täglich mit komplexen Lebenssituationen konfrontiert ist – und dass es nicht reicht, sich auf vermeintlich sinkende Fallzahlen zu verlassen.

Wer schützt die Kinder? Vertrauen in Staat und freie Träger

Ein zentrales Ergebnis der GfK-Studie betrifft die Frage, wem die Bevölkerung im Bereich Kinderschutz am meisten vertraut. Nur 46,1 Prozent der Befragten geben an, dass sie dem Staat – etwa in Form von Jugendämtern und öffentlichen Trägern – beim Kinderschutz und bei der Familienhilfe vertrauen. Deutlich höher fällt das Vertrauen in gemeinnützige Organisationen und Wohlfahrtsverbände aus: 72,9 Prozent der Befragten sehen freie Träger als verlässliche Partner, wenn es darum geht, Kinder in Not zu schützen und Familien zu unterstützen. Kirchliche oder religiöse Träger liegen mit 39,1 Prozent im Mittelfeld.

Gefragt nach der aus ihrer Sicht besten Unterbringungsform für Kinder, die aufgrund von Vernachlässigung, Missbrauch oder Gewalt nicht in ihren Herkunftsfamilien bleiben können, entscheiden sich 38,1 Prozent der Befragten für familienanaloge Kinderdorffamilien mit festen Hauseltern. Diese Form der Betreuung wird häufiger als besonders kindgerecht bewertet als stationäre Wohngruppen oder Pflegefamilien. Die Bevölkerung verbindet mit Kinderdorffamilien Stabilität, persönliche Bindung und ein möglichst „normales“ Familienleben – Faktoren, die gerade für Kinder mit belastenden Erfahrungen enorm wichtig sind.

Überblick über die GfK-Studie

Die vorliegenden Ergebnisse gehen auf eine repräsentative Online-Befragung der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) zurück, die im Auftrag der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke im Sommer 2025 durchgeführt wurde. Befragt wurden Männer und Frauen im Alter von 18 bis 74 Jahren in Deutschland; die Stichprobe umfasst etwa 1.000 Personen und bildet die deutschsprachige Bevölkerung dieser Altersgruppe ab.

Wesentliche Resultate sind: Ein deutlicher Teil der Bevölkerung sieht einen Anstieg familiärer Krisen mit möglicher Kindeswohlgefährdung. Das Vertrauen in gemeinnützige Träger ist ausgesprochen hoch, während das Vertrauen in staatliche Strukturen als vergleichsweise gering eingeschätzt wird. Kinderdorffamilien werden als besonders geeignete Unterbringungsform wahrgenommen, wenn Kinder nicht in ihren Herkunftsfamilien bleiben können.

Die Ergebnisse werden in der öffentlichen Kommunikation eng mit aktuellen amtlichen Daten zu Inobhutnahmen verknüpft, um die subjektive Wahrnehmung der Bevölkerung mit objektiven Zahlen zu unterfüttern.

Was die Studie leistet – und wo ihre Grenzen liegen

Die GfK-Studie hat mehrere Stärken. Sie bietet einen aktuellen Blick auf die Stimmungslage in der Bevölkerung, macht sichtbar, wie präsent das Thema Kinderschutz in Deutschland ist, und zeigt, welchen Stellenwert Vertrauen in verschiedene Akteure hat. Durch die Verknüpfung mit amtlichen Statistiken entsteht ein differenzierteres Bild aus subjektiver Wahrnehmung und objektiven Zahlen.

Gleichzeitig hat die Studie klare Grenzen. Sie misst Wahrnehmungen, nicht direkt die tatsächliche Häufigkeit von Kindeswohlgefährdungen. Dass 65 Prozent der Befragten einen Anstieg familiärer Krisen erleben, spiegelt vor allem gesellschaftliche Stimmung, mediale Debatten und persönliche Eindrücke wider. Ob und in welchem Umfang die tatsächlichen Gefährdungslagen zunehmen, lässt sich aus der Umfrage allein nicht belegen.

Hinzu kommt: Die Stichprobe von rund 1.000 Personen ist zwar für Meinungsumfragen üblich, aber für die komplexe Realität von Kindeswohlgefährdungen nur begrenzt aussagekräftig. Regionale Unterschiede, unterschiedliche soziale Milieus oder besondere Problemlagen lassen sich damit nur eingeschränkt abbilden.

Auch der Rückgriff auf Inobhutnahmedaten bleibt ohne tieferen Kontext. Die Zahl von 69.477 Inobhutnahmen im Jahr 2024 erklärt nicht, wie viele Kinder anschließend dauerhaft in Pflegefamilien, Kinderdörfern oder stationären Einrichtungen leben, wie viele zurückkehren konnten oder wie die Qualität der Betreuung konkret aussieht. Zur Reintegration, zur Stabilität der Hilfen und zur langfristigen Wirkung macht die Studie keine Aussagen.

Hinzu kommt ein möglicher Darstellungsdruck: Die Studie wurde von einer Organisation in Auftrag gegeben, die selbst als Träger im Kinderschutz und der Kinder- und Jugendhilfe aktiv ist. Es liegt nahe, dass die Ergebnisse und ihre Präsentation diejenigen Betreuungsformen besonders hervorheben, in denen eben diese Organisation stark engagiert ist – beispielsweise Kinderdorffamilien. Das ist legitim, erfordert aber bei der Interpretation eine kritische Distanz, um andere Formen wie Pflegefamilien oder ambulante Hilfen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Schließlich bleibt der zentrale Begriff „familiäre Krisen“ recht unscharf. Er umfasst ein breites Spektrum von vorübergehender Überforderung bis zu schwerer Vernachlässigung oder Gewalt. Die Studie differenziert diese Dimensionen nicht nach Schweregrad, Dauer oder Art der Gefährdung. Damit bleibt offen, ob Menschen in erster Linie kleine Alltagssorgen, extreme Misshandlungssituationen oder alles dazwischen im Kopf haben, wenn sie von „mehr Krisen“ sprechen.

Was die Ergebnisse für den Kinderschutz bedeuten

Trotz ihrer Grenzen hat die Studie für die Praxis des Kinderschutzes eine wichtige Signalwirkung. Sie zeigt, dass Kinderschutz in Deutschland als dringliches Thema wahrgenommen wird, dass viele Menschen besorgt sind und dass sie von Politik, Jugendhilfe und freien Trägern entschlossenes Handeln erwarten.

Gleichzeitig macht sie offenkundig, dass das Vertrauen in staatliche Strukturen begrenzt ist und dass freie, gemeinnützige Träger als besonders glaubwürdige Partner gelten. Für Politik und Fachpraxis lässt sich daraus eine klare Botschaft ableiten: Kinderschutz braucht stabile, gut ausgestattete und transparente Kooperationsstrukturen zwischen öffentlichen und freien Trägern – und er braucht eine starke Stimme in der Öffentlichkeit.

Familien früh und präventiv unterstützen

Ein zentrales Ergebnis aus amtlichen Zahlen und praktischer Erfahrung ist, dass viele Kindeswohlgefährdungen im Kontext von Überforderung, psychischen Belastungen, Armut oder Konflikten entstehen, die sich über längere Zeit aufbauen. Hier setzt die Forderung nach präventiven Angeboten an:

Familien brauchen frühzeitige, gut erreichbare Unterstützung, bevor Krisen eskalieren. Dazu gehören niedrigschwellige Elternberatungen, Familienzentren, Familienhebammen, bindungsorientierte Angebote in der frühen Kindheit und verlässliche Hilfen schon vor dem Kita-Eintritt. Je früher solche Unterstützungsangebote greifen, desto häufiger können Inobhutnahmen vermieden oder zumindest die Dauer von Trennungen verkürzt werden.

Gemeinnützige Träger und Kinderdorffamilien als stabile Anker

Da die Bevölkerung gemeinnützigen Trägern ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringt, ist ihre Rolle im Kinderschutz besonders bedeutsam. Damit sie dieser Verantwortung gerecht werden können, brauchen sie verlässliche Rahmenbedingungen: langfristige Finanzierung statt kurzfristiger Projektlogik, weniger Bürokratie, um mehr Zeit direkt mit den Kindern verbringen zu können, und gute Arbeitsbedingungen für Fachkräfte, die täglich mit hoch belasteten Lebensgeschichten umgehen.

Kinderdorffamilien stehen in der Wahrnehmung vieler Menschen für Stabilität, Bindung und ein familienähnliches Umfeld. Wenn Kinder nicht in ihren Herkunftsfamilien bleiben können, sind solche familienanalogen Lebensformen oft ein wichtiger Gegenpol zu den Erfahrungen von Unsicherheit, Gewalt oder Vernachlässigung. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Strukturen qualitativ hochwertig und gut abgesichert sind: mit qualifizierten Hauseltern, klaren Entlastungs- und Vertretungsmodellen, angemessener Vergütung und verlässlicher traumapädagogischer sowie psychologischer Begleitung. Wachstum um jeden Preis wäre hier fatal; entscheidend ist ein Ausbau, der sich an den realen Möglichkeiten der Fachkräfte und an der Qualität orientiert.

Mehr Forschung, mehr Monitoring, mehr Transparenz

Weil die GfK-Studie Wahrnehmungen abbildet und mit aggregierten Zahlen zu Inobhutnahmen arbeitet, bleibt sie in vielen Punkten an der Oberfläche. Für einen wirksamen Kinderschutz in Deutschland braucht es jedoch ein deutlich dichteres Netz an Forschung und Monitoring.

Nötig sind bundesweit einheitliche und vergleichbare Daten zum Kinderschutz, regelmäßige Dunkelfeldstudien, die auch nicht gemeldete Fälle sichtbar machen, sowie Längsschnittstudien, die untersuchen, welche Hilfen Kindern und Familien langfristig wirklich helfen. Nur auf Basis solcher evidenzbasierten Erkenntnisse lassen sich Angebote ausbauen, verbessern oder neu ausrichten. Forschung muss daher fester Bestandteil einer modernen Kinderschutzstrategie sein – nicht ein optionales Zusatzthema.

Öffentliche Aufmerksamkeit für Kinderrechte stärken

Kinderschutz beginnt nicht beim Jugendamt, sondern in Familien, Schulen, Kitas, Vereinen und Nachbarschaften. Eine starke Kultur der Kinderrechte bedeutet, dass Erwachsene aufmerksam sind, hinsehen, zuhören und handeln, wenn sie den Eindruck haben, dass ein Kind Schutz braucht. Dazu gehört, Kinderrechte im Bildungssystem zu verankern, Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte zu qualifizieren, aber auch die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren – etwa über Kampagnen, Aktionstage wie den Weltkindertag am 20. September und eine nachhaltige Berichterstattung in den Medien.

Je sichtbarer Kinderrechte und Kinderschutz im Alltag werden, desto größer ist die Chance, dass Gefährdungen früh erkannt und Kinder tatsächlich geschützt werden. Die GfK-Studie zeigt: Die gesellschaftliche Aufmerksamkeit ist da, die Sorgen sind real – nun kommt es darauf an, aus dieser Sensibilität konsequentes Handeln zu machen.

Weiterführender Link zur Studie

Die ausführliche Presseinformation mit den zentralen Ergebnissen der GfK-Umfrage und den aktuellen Inobhutnahmezahlen ist auf der Website des Albert-Schweitzer-Verbands abrufbar:
https://albert-schweitzer-verband.de/wp-content/uploads/2025/07/Presseinformation-Kindeswohlgefaehrdung_GfK-Umfrage.pdf

Gernot Körner




Kinder beteiligen, fördern, schützen – Live-Webinare und Online-Workshops

Die Deutsche Liga für das Kind bietet mehrere interdisziplinäre Online-Seminare zu aktuellen Themen der frühen Bildung, Förderung und des Kinderschutzes an

Die Deutsche Liga für das Kind bietet ab November 2025 wieder mehrere interdisziplinäre Live-Webinare und Online-Workshops zu aktuellen Themen der frühen Bildung, Förderung und des Kinderschutzes an. Die Veranstaltungen richten sich an pädagogische Fachkräfte aus Kita, Krippe, Kindertagespflege und Jugendämtern, an Fachberatungen, Lehrende sowie an alle, die sich für das Wohl junger Kinder engagieren.

Live-Webinar-Serie „Kinder beteiligen – fördern – schützen“

In der Reihe beleuchten Expertinnen und Experten aus Medizin, Psychologie, Soziologie und Pädagogik zentrale Fragen einer kinderrechtsbasierten Praxis. Die Referent*innen gehören dem interdisziplinären Vorstand der Deutschen Liga für das Kind an.

Termine (jeweils 16.30–18.30 Uhr):

05.11.2025 – Prof. Dr. Jeannette Roos: Konflikte in der Kita lösen

19.11.2025 – Dr. Areej Zindler: Kinder mit traumatischen Erfahrungen und Fluchterfahrungen – Basiswissen und Praxisimpulse

27.11.2025 – Prof. Dr. Jörg Maywald: Kinderrechtsbasierter Kinderschutz – Die Kita als sicherer Ort für Kinder

10.12.2025 – Dr. Thomas Fischbach: Gemeinsam stark für Kinder mit besonderem Förderbedarf – Kooperation von Fachkräften, Eltern und Therapeuten

Online-Workshop-Serie „kindgeRecht im Alltag von Kita, Krippe, Kindertagespflege“

Die Workshops zeigen praxisnah, wie ein partizipativer, kinderrechtsbasierter Alltag in der frühen Bildung gestaltet werden kann. Themen sind Feinfühligkeit, Selbstreflexion und der bewusste Umgang mit Macht in alltäglichen Schlüsselsituationen.

Termine (jeweils 16.30–18.30 Uhr):

12.11.2025 – Herausfordernde Situationen im Krippen- und Kitaalltag

03.12.2025 – Machtfragen im Alltag: Wer bestimmt wirklich in Schlüsselsituationen?

17.12.2025 – Mit Feinfühligkeit und Responsivität: Schlüsselsituationen kindgeRecht gestalten

Information und Anmeldung: https://fruehe-kindheit-online.de/?cat=c17_Workshops-Workshop.html

Quelle: Deutsche Liga für das Kind e.V.




Es geht um jedes Kind: Neue Initiative stärkt KiTas

Die Bertelsmann Stiftung startet eine bundesweite Initiative, die den Bildungs-, Betreuungs- und Schutzauftrag von KiTas in den Mittelpunkt stellt

Kindertageseinrichtungen übernehmen einen umfassenden gesellschaftlichen Auftrag: Sie sichern Kinderrechte, ermöglichen Beteiligung und stärken die Gemeinschaftsfähigkeit. Damit dies gelingt, müssen sich Politik und Gesellschaft auf die Stärken des bestehenden KiTa-Systems besinnen und Fachkräfte gezielt unterstützen. Genau hier setzt die neue Initiative „Es geht um jedes Kind!“ an, die im September 2025 von der Bertelsmann Stiftung gestartet wurde.

👉 Weitere Informationen

Ziele der Initiative

Die Initiative verfolgt drei übergeordnete Anliegen:

– Zugang für alle Kinder zu guter frühkindlicher Bildung
– Ganzheitliche Förderung der Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung durch KiTa-Teams
– Qualifizierte Fachkräfte mit professionellen Arbeitsbedingungen

Damit will sie nicht nur Bewusstsein schaffen, sondern auch Impulse für eine bessere Qualitätssteuerung in der Praxis geben.

Formate & Mitwirkende

Um die Debatte zu bereichern, setzt die Initiative auf verschiedene Formate:
– Wissenschaftliche Expert:innen beleuchten Widersprüche im aktuellen Diskurs und erinnern an zentrale pädagogische Erkenntnisse.
– Botschafter:innen aus Gesellschaft, Kultur, Sport und Wirtschaft setzen sich öffentlich für starke KiTas und Kinder ein.
– Im Discussion Paper „KiTa ist Bildung – und mehr“ wird deutlich, was den KiTa-Auftrag so besonders macht, wie individuelle Förderung gelingt und was professionelles Handeln im Alltag bedeutet.

👉 Zum Discussion Paper

Stimmen aus Wissenschaft und Praxis

An der Initiative wirken zahlreiche Fachleute mit, darunter Prof. Dr. Marjan Alemzadeh, Dr. Elke Alsago, Dr. Seyran Bostancı, Prof. Dr. Rahel Dreyer und Prof. Dr. Jens Kaiser-Kratzmann. Sie liefern Impulse zu Themen wie Vielfalt, Bedürfnisorientierung, Sprachförderung, Partizipation und Professionalisierung.

Online-Präsenz und Social Media

Neben der Website werden kontinuierlich Inhalte, Videos und Interviews veröffentlicht. Interessierte können die Initiative auch auf Social Media verfolgen:

– Instagram: @gute_kita
– Facebook: „Frühkindliche Bildung“
– LinkedIn: Bertelsmann Stiftung – Projekt Frühkindliche Bildung
– YouTube: Playlist „Es geht um jedes Kind!“

Einordnung im aktuellen Diskurs

Die Initiative ist Teil des Projekts „Frühkindliche Bildung“ der Bertelsmann Stiftung. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels, Finanzierungsfragen und struktureller Herausforderungen liefert sie wichtige Impulse: Sie zeigt auf, warum KiTas mehr als Betreuungseinrichtungen sind – und wie sie als Orte von Bildung, Schutz und Teilhabe gestärkt werden können.

👉 Weitere Informationen

Quelle: Bertelsmann Stiftung / Initiative „Es geht um jedes Kind!“




Aktionswoche zum Schutz von Kinderbildern im Netz

KindersindkeinContent

Warum Kinderfotos nicht ins Internet gehören

Ob im Urlaub, beim Spielen oder bei besonderen Familienmomenten – es ist verständlich, dass Eltern stolz auf ihre Kinder sind und diese Freude in sozialen Medien teilen möchten. Doch was viele nicht bedenken: Kinderfotos im Internet können gravierende Folgen haben. Am Montag, den 23.06.2025, startet die Aktionswoche auf Social Media „Kinder sind kein Content!“

Risiken durch das Teilen von Kinderbildern

Das Internet vergisst nicht – und mit der zunehmenden Verbreitung von Künstlicher Intelligenz steigen die Risiken weiter. Bilder von Kindern werden nicht nur ohne deren Zustimmung veröffentlicht, sondern können von Dritten zweckentfremdet werden – etwa für Erpressung, Identitätsdiebstahl oder sogar zur Erstellung von Missbrauchsdarstellungen. Während früher ein Emoji über dem Gesicht als Schutz reichte, sind moderne KI-Tools inzwischen in der Lage, solche Maßnahmen zu umgehen.

Warnung vor den Sommerferien: Achtung, Kinder sind kein Content!

Zum Start der Ferienzeit rufen fünf Organisationen zu besonderer Achtsamkeit auf:

  • klicksafe
  • SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht
  • Gutes Aufwachsen mit Medien
  • Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ)
  • Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM)

Diese Partner starten gemeinsam eine Aktionswoche in sozialen Medien, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die das Veröffentlichen von Kinderbildern mit sich bringt.

Aufklärung und Tipps für Eltern

Die Kampagne will Eltern und Erziehungsberechtigte für den verantwortungsvollen Umgang mit Kinderbildern sensibilisieren. Denn Studien zeigen: Viele Kinderfotos werden online gestellt, ohne dass die Kinder selbst zugestimmt haben. Gleichzeitig fühlen sich viele Eltern unsicher im Umgang mit digitalen Plattformen und wissen nicht genau, wie ihre Daten – und die ihrer Kinder – verwendet werden.

KindersindkeinContent

Ziel der Kampagne: Bewusstsein schaffen und Handlungssicherheit geben

Im Zeitraum vom 23. bis 30. Juni 2025 stellen die beteiligten Organisationen auf ihren Social-Media-Kanälen praktische Tipps, Informationen und Entscheidungshilfen bereit. Ziel ist es, Eltern zu bestärken, bewusste Entscheidungen zu treffen und die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder zu wahren – insbesondere im digitalen Raum.

Folgen Sie der Kampagne auf Social Media unter #KindersindkeinContent

Auf diesen Social Media-Kanälen läuft die Kampagne:

klicksafe:
https://www.instagram.com/klicksafe/
https://www.facebook.com/klicksafe
https://www.linkedin.com/company/klicksafe/

SCHAU HIN!:
https://www.instagram.com/initiative_schau_hin
https://www.facebook.com/schauhin/

Gutes Aufwachsen mit Medien:
https://www.linkedin.com/company/gutes-aufwachsen-mit-medienhttps://www.instagram.com/gutes_aufwachsen_mit_medien/
https://www.facebook.com/IniGAmM

BzKJ:
​​​​​​​https://www.linkedin.com/company/bundeszentrale-fuer-kinder-und-jugendmedienschutzhttps://social.bund.de/@BzKJ

UBSKM:
​​​​​​​https://www.instagram.com/missbrauchsbeauftragte

Weitere Informationen erhalten Sie unter:

www.klicksafe.de
www.schau-hin.info
www.gutes-aufwachsen-mit-medien.de
www.bzkj.de
​​​​​​​www.beauftragte-missbrauch.de

Quelle: Pressemmitteilung klicksafe




Fast 13 Prozent betroffen: Sexualisierte Gewalt beginnt oft in der Familie

Repräsentative Untersuchung macht Ausmaß, Kontexte und Folgen von Missbrauch sichtbar – Dunkelfeld weiterhin groß

Laut einer aktuellen Dunkelfeldstudie, initiiert vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, berichten 12,7 Prozent der befragten Erwachsenen, in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlebt zu haben. Das entspricht etwa 5,7 Millionen Menschen in Deutschland.

Besonders betroffen sind weibliche Befragte: 20,6 Prozent gaben an, in jungen Jahren sexualisierte Gewalt erlebt zu haben – bei den 18- bis 29-Jährigen liegt der Anteil sogar bei 27,4 Prozent.

„Die Ergebnisse weisen auf ein erhebliches Dunkelfeld hin, das im Vergleich zu früheren Untersuchungen nicht abgenommen hat“, sagt Prof. Dr. Harald Dreßing, Leiter der Forensischen Psychiatrie am ZI und Koordinator der Studie.

Tatorte: oft das Zuhause – Täter meist männlich

Die Studie zeigt: Sexualisierte Gewalt geschieht am häufigsten im familiären Umfeld oder durch nahestehende Bezugspersonen. Zwar erleben auch Jungen Gewalt, bei ihnen häufen sich aber Kontexte wie Sport- und Freizeiteinrichtungen, kirchliche Räume oder Angebote der Kinder- und Jugendhilfe.

Ein weiteres zentrales Ergebnis betrifft die Täterstruktur: In der großen Mehrheit der Fälle waren die Täter männlich. Nur 4,5 Prozent der Betroffenen berichteten von Übergriffen durch Frauen.

Digitale Medien als neuer Risikobereich

Die Studie weist auch auf die wachsende Bedeutung digitaler Räume hin: In 31,7 Prozent der Fälle spielten soziale Netzwerke, Chats oder Messenger-Dienste eine Rolle. Dabei ging es unter anderem um das ungewollte Zusenden pornografischer Inhalte, gezielte Kontaktaufnahme oder den Druck, intime Bilder oder Videos zu verschicken.

Besorgniserregend: Über 60 Prozent derjenigen, die im realen Leben betroffen waren, erlebten auch digital sexualisierte Gewalt.

Scham, Angst und Schweigen – viele sprechen nicht darüber

Ein weiteres bedrückendes Ergebnis: 37,4 Prozent der Betroffenen haben nie mit einer anderen Person über das Erlebte gesprochen.

Häufigste Gründe: Scham, Schuldgefühle und Angst, nicht ernst genommen zu werden. „Das zeigt, dass es vielfach an geschützten Räumen fehlt, in denen Menschen das Erlebte offen ansprechen können“, so Prof. Dreßing.

Wissenschaftlich belastbare Daten zum ersten Mal

Die Studie wurde in Kooperation mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Ulm, dem Kriminologischen Institut Heidelberg und dem Umfrageinstitut infratest dimap durchgeführt. Erstmals wurde damit eine für Deutschland repräsentative Erhebung zum tatsächlichen Ausmaß und den Kontexten sexualisierter Gewalt realisiert.

„Es ist wichtig, dass wir die Forschung zum Ausmaß und den Kontexten sexualisierter Gewalt verstetigen“, betont Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Direktor des ZI. „Nur so können wir Prävention und Versorgung verbessern.“

Originalpublikation:

Harald Dreßing, Andreas Hoell, Leonie Scharmann, Anja M. Simon, Ann-Christin Haag, Dieter Dölling, Andreas Meyer-Lindenberg, Joerg Fegert: Sexual Violence Against Children and Adolescents: A German Nationwide Representative Survey on Its Prevalence, Situational Context, and Consequences. Dtsch Arztebl Int 2025; 122: 285–91. DOI: 10.3238/arztebl.m2025.0076
Link: https://www.aerzteblatt.de/10.3238/arztebl.m2025.0076

Gernot Körner




Kostenloser Ratgeber zum Umgang mit Kinderfotos und Kindervideos

Deutsches Kinderhilfswerk veröffentlicht „Sharing is not Caring – Wie man die Privatsphäre von Kindern im Internet schützt“ als E-Version und Broschüre

Das Deutsche Kinderhilfswerk hat eben einen neuen Ratgeber für Erziehende zum Thema Sharenting – dem Online-Teilen von Kinderfotos und Kindervideos veröffentlicht. Die Broschüre „Sharing is not Caring – Wie man die Privatsphäre von Kindern im Internet schützt“ richtet sich an Erziehende. Sie wurde gemeinsam mit Studierenden der Köln International School of Design entwickelt. Anhand von sechs Graphic Novels wird veranschaulicht, welche Kinderrechte beim Sharenting berührt werden und welche möglichen Auswirkungen für die Privatsphäre, Sicherheit und die Selbstbestimmung der Kinder bestehen.

Ergänzt durch Hintergrundinformationen, Tipps und eine Checkliste, unterstützt der Ratgeber Eltern und andere Erziehende dabei, bewusste und verantwortungsvolle Entscheidungen im Umgang mit Kinderfotos und Kindervideos, aber auch generell mit Daten ihres Kindes im Internet zu treffen.

Erziehende sensibilisieren

„Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und sollten auch im Internet und den Sozialen Medien sichtbar sein. Es geht uns also nicht darum, Kinderfotos und Kindervideos im Internet zu verbieten. Sondern wir möchten Eltern und andere Erwachsene dafür sensibilisieren, dass sie Fotos und Videos von Kindern nicht ohne Zustimmung der Kinder veröffentlichen oder verbreiten.“, sagt Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Publikation des Ratgebers im Rahmen eines Projektes der Koordinierungsstelle Kinderrechte

Der Ratgeber „Sharing is not Caring – Wie man die Privatsphäre von Kindern im Internet schützt“ kann online unter www.dkhw.de/kinderfotos-im-netz heruntergeladen werden oder als Broschüre in gedruckter Version kostenfrei über den DKHW-Shop unter www.dkhw.de/sharing-is-not-caring bestellt werden. Die Publikation des Ratgebers erfolgt im Rahmen eines Projektes der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der aktuellen Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (2022-2027) und der Kinderrechtestrategie der Europäischen Union in Deutschland. Sie wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Quelle: Pressemitteilung DKHW