Akuter Personalmangel in westdeutschen Kitas – mindestens 20.400 Fachkräfte fehlen

Potenzial für Qualitätsverbesserungen in Ostdeutschland:

Für einen Kita-Ausbau, der den Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr erfüllt und den Bedarf der Eltern deckt, fehlen in den westdeutschen Bundesländern in den kommenden fünf Jahren mindestens 20.400, gegebenenfalls sogar bis zu 72.500 Kita-Fachkräfte. Das entspricht vier bis 15 Prozent des Personalbestands in Kindertageseinrichtungen für Kinder bis zum Schuleintritt im Jahr 2019. In den ostdeutschen Ländern werden hingegen bald schon mehr Fachkräfte ausgebildet als benötigt werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Autorengruppe einer Studie des Forschungsverbundes Deutsches Jugendinstitut/Technische Universität Dortmund.

Kurzfristige und schnell wirkende Lösungsansätze sind gefragt

Den Berechnungen zufolge reichen in Westdeutschland die gegenwärtig absehbaren Neuzugänge für das Arbeitsfeld Kita bei weitem nicht aus, um den Personalbedarf zu sichern: Die Spannbreite zwischen 20.400 und 72.500 fehlenden Fachkräften ergibt sich durch die Kombination wahrscheinlicher Szenarien: Angenommen, der Personalbedarf ist niedrig und eine hohe Anzahl an Erzieherinnen startet nach der Ausbildung tatsächlich in das Arbeitsfeld Kita, wächst die Personallücke bis zum Jahr 2023 auf einen Wert von 20.400 fehlenden Fachkräften. Geht man jedoch von einem höheren Bedarf aus bei gleichzeitig weniger neu ausgebildeten Erzieherinnen, die in die Kitas einmünden, würde die Personallücke 2025 mit 72.500 fehlenden Fachkräften den Höchststand erreichen. In beiden Fällen verringert sie sich danach zwar wieder leicht. Zumindest bis zum Jahr 2026 muss allerdings mit einem ungedeckten Personalbedarf gerechnet werden. Hinzu kommt, dass für die Kindertagespflege bis 2030 voraussichtlich weitere 13.000 bis 17.000 Personen benötigt werden.

„Da in den westdeutschen Ländern der Personalbedarf kurzfristig sehr hoch ist, sind vor allem schnell wirkende Lösungsansätze gefragt, um weiteres Personal zu gewinnen“, fordert Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, DJI-Direktor und Mitglied der Autorengruppe: Geplante Qualitätsverbesserungen sind in diesen Szenarien noch nicht berücksichtigt, beispielsweise beim Personalschlüssel in den Kita-Gruppen, sodass sich der Personalbedarf unter diesen Gesichtspunkten weiter erhöhen dürfte. Die Vorausberechnungen beziehen sich allein auf die Bereitstellung eines bedarfsdeckenden Angebots für Kinder vor dem Schuleintritt – ein Versprechen, das seit Einführung der Rechtsansprüche seiner Umsetzung harrt.

Schere zwischen Platzangebot und Nachfrage ist in westdeutschen Ländern weiter auseinandergegangen

Der Personalbedarf ergibt sich unter anderem aus dem weiterhin bestehenden Bedarf an zusätzlichen Kita-Plätzen für Kinder bis zum Schuleintritt. Dieser wird maßgeblich durch zwei Größen beeinflusst: die demografische Entwicklung und den unerfüllten Elternbedarf. Um diesen bis zum Jahr 2025 zu decken, werden in Westdeutschland für Kinder bis zum Schuleintritt rund 462.000 bis 630.000 zusätzliche Plätze in der Kindertagesbetreuung benötigt. Das entspricht zwischen 18 und 24 Prozent der im Jahr 2019 vorhandenen Kita-Plätze. Bis zum Jahr 2030 dürfte der Bedarf allerdings wieder um 90.000 bis 95.900 Plätze zurückgehen.

„Es müssten demnach mehr als 500.000 Plätze zusätzlich geschaffen werden, von denen aber knapp jeder fünfte Platz nur vorübergehend benötigt wird“, erklärt Dr. Christiane Meiner-Teubner aus der Autorengruppe der Studie. Die Dynamik des Ausbaus muss deshalb noch einmal deutlich gesteigert werden.

Würde sich lediglich die bisherige Ausbaugeschwindigkeit fortsetzen, könnte der Platzbedarf für Kinder unter drei Jahren erst viele Jahre später, zwischen den Jahren 2028 und 2030, gedeckt werden und für Kinder zwischen drei Jahren und dem Schuleintritt erst in den Jahren 2023 bis 2026. Wichtig seien außerdem kluge Übergangslösungen für die zwischenzeitlichen Spitzen.

Ostdeutsche Bundesländer können Personalschlüssel verbessern

Deutlich anders stellt sich die Lage in Ostdeutschland dar: Sofern die Ausbildungszahlen weiterhin stabil und die aktuellen Personalschlüssel unverändert bleiben, werden dort deutlich mehr Fachkräfte ausgebildet, als für die Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schuleintritt benötigt werden. „In den ostdeutschen Ländern könnte daher eine Qualitätsoffensive gestartet werden, mit der die immer wieder kritisierten Personalschlüssel verbessert werden könnten“, schreibt die Autorengruppe in der Studie. Weiterhin könnten für künftige Berufseinsteigende Anreize geschaffen werden, dort zu arbeiten, wo Personal dringend gebraucht wird. Von einer Senkung der Ausbildungskapazitäten rät die Autorengruppe ab, nicht zuletzt, weil von den verfügbaren Fachkräften andere Arbeitsfelder profitieren könnten, beispielsweise die ganztägige Betreuung von Grundschulkindern.

Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter erhöht Platz- und Personalbedarf sowie Kosten

Der mit dem hier skizzierten Kitaplatz- und Personal-Ausbau verbundene Finanzbedarf wäre erheblich: Bis zum Jahr 2030 ist jährlich mit zusätzlichen Betriebskosten von deutschlandweit bis zu 9 Milliarden Euro und Investitionskosten in Höhe von jährlich maximal knapp 3 Milliarden Euro zu rechnen. Der Platz- und Personalbedarf und die damit verbundenen Kosten werden noch steigen, wenn die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz im Grundschulalter für West- und Ostdeutschland berücksichtigt wird.

Publikation:

Thomas Rauschenbach, Christiane Meiner-Teubner, Melanie Böwing-Schmalenbrock, Ninja Olszenka (2020): Plätze. Personal. Finanzen. Bedarfsorientierte Vorausberechnungen für die Kindertages- und Grundschulbetreuung bis 2030. Teil 1: Kinder vor dem Schuleintritt (PDF-Download)

Quelle: Pressemitteilung DJI




Wann endet die Ferienzeit?

Hamburger Schulsenator wartet ab – Baden-Württenbergs Kultusministerin plant frühen Beginn:

In Hamburg sollen die Schüler noch bis mindestens 17. Januar zu Hause bleiben dürfen. In Baden-Württemberg dagegen will die Kultusministerin Susanne Eisenmann viele Schulen und Kitas ungeachtet der Inzidenzwerte bereits am 11. Januar wieder öffnen.

Sorgen und Unsicherheit

Während der Hamburger Schulsenator Ties Rabe aufgrund der unsicheren Situation davon ausgeht, dass Hamburg im Januar noch nicht zum regulären Präsenzunterricht zurückkehren werde, wirbt Susanne Eisenmann in Baden-Württemberg für einen frühen Schulbeginn.  Jeder Eingriff in die Ferien bringe neue Probleme mit sich, neue Herausforderungen für Eltern und auch für Schulen, so die Ministerin. Präsenzunterricht sei durch nichts zu ersetzen. Schulen stünden nicht im Mittelpunkt des Infektionstreibens, erklärte Eisenmann gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa).

Aber keine Konzepte

Offenbar fehlt Eisenmann jedoch ein Konzept. Erst jüngst hat die Allgemeine Ortskrankenkasse AOK in einer Studie festgestellt, dass ErzieherInnen am stärksten von Covid-19 betroffen seien. Wie sie diese und das Schulpersonal schützen möchte, erklärt die Ministerin in diesem Zusammenhang nicht. Auch die Herausforderungen, die sich durch überfüllte Verkehrsmittel im Öffentlichen Personennahverkehr stellen, bleiben unbeantwortet. Allein schon vor diesem Hintergrund erscheint die Aussage Eisenmanns „Schulen stehen nicht im Mittelpunkt des Infektionstreibens“ fragwürdig. Das gilt für viele andere Risiken ebenso.

So viel Sicherheit wie möglich…

Es bleibt abzuwarten, ob Baden-Württemberg noch mit einem Konzept aufwartet. Das betrifft auch alle anderen Bundesländer. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Baden-Württemberg erklärt, dass auch Lehrkräfte  so viel Präsenzunterricht wie möglich wollten. „Doch sie würden auch gerne einmal den Satz hören: ,Soviel Sicherheit wie möglich für 130 000 Lehrerinnen und Lehrer!‘“, so die GEW. Und das gilt auch für alle ErzieherInnen genauso.




Warum wir viel mehr spielen und lernen brauchen

Kinder spielen und lernen im Wald

Für eine moderne Welt der Bildung und Erziehung:

Entwicklungsgerechtes Lernen geht nur beim Spielen. Diese Erkenntnis spiegelt sich mittlerweile in vielen Konzepten und in der pädagogischen Praxis wider. Mit spielen und lernen ist online ein neues Medium entstanden, das im Verbund mit Wissenschaft und Praxis diese Entwicklung weiter unterstützt.

Weil spielen und lernen immer entwicklungsgerecht ist

Kindgerechtes Lernen ist Lernen beim Spielen. Als Erhard Friedrich 1968 die Zeitschrift spielen und lernen gründete,  konnten die Wissenschaftler das lediglich durch die Beobachtung der Kinder belegen. Über 50 Jahre später können Biochemiker stichhaltig nachweisen, dass Lernen beim Spielen für Kinder bis ins späte Grundschulalter der einzig richtige Bildungsweg ist.

Einseitige Förderung trotz genauer Erkenntnisse

Trotz dieser mittlerweile gesicherten Erkenntnisse, gibt es innerhalb des Bildungssystems und der Pädagogik Strömungen, die Kinder mit speziellen Förderprogrammen zu besseren „Leistungen“ bringen wollen. Das gelingt zwar zum Teil, fast immer aber mit üblen Folgen. Denn durch einseitige Förderung bleiben die geförderten Kinder meist in anderen Bereichen zurück. Das Gras wächst eben nicht schneller, wenn man daran zieht. Dennoch sehen wir uns mehr und mehr einer stark ergebnisorientierten Bildung und Pädagogik gegenüber. Umso wichtiger ist es, ganzheiutliche Ansätze wieder zu unterstützen.

Die Chance „online“ nutzen

Und dank der digitalen Medien haben wir heute die Möglichkeit, eine Plattform für Theorie und Praxis rund um alle Themen zum Spielen und ganzheitlichen Lernen zu inszenieren, die für alle jederzeit zugänglich ist.

Ziel: Entwicklung ganzheitlich unterstützen

Unser Ziel ist es, Kinder in ihrer Entwicklung ganzheitlich zu unterstützen. Damit das gelingt, haben wir ein Angebot geschaffen, das vor allem ErzieherInnen und LehrerInnen für ihre tägliche Arbeit

  • neue Erkenntnisse, Ideen und praktische Handreichungen bietet,
  • Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung aufzeigt,
  • Wege zur Förderung öffnet,
  • neue Produkte präsentiert und bewertet,
  • Transparenz im Bereich Erziehung, Bildung und Bildungspolitik schafft.

Und nachdem in der Redaktion von spielen und lernen FachredakteurInnen arbeiten, die von ihrem Metier etwas verstehen, lassen sich alle Themen in allgemeinverständlicher Weise vermitteln. Damit ist das Angebot auch für engagierte Eltern geeignet, die viel über moderne Bildung und Entwicklungsunterstützung erfahren möchten.

Lesen Sie dazu auch den Artikel von Prof. Dr. Armin Krenz.

Plattform und Lobby für moderne Bildung

Wir wollen eine Plattform und Lobby für alle sein, die sich für modernes Spielen und Lernen engagieren und damit einen Beitrag für eine verantwortungsbewusste, kreative und demokratische Gesellschaft leisten.

Im Mittelpunkt steht dabei unser Newsletter, den wir alle 14 Tage an gut 33.000 EmpfängerInnen versenden. Zudem gibt es fast täglich neue Beiträge auf spielen-und-lernen.online. Und auf Facebook und später auch Instagram entsteht unter „spielen und lernen“ eine Plattform zum Austausch und zur Diskussion.

Von FachredakteurInnen, WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen

Herausgeber und Chefredakteur ist Gernot Körner, der viele Jahre lang auch Chefredakteur, Verlagsleiter und geschäftsführender Verleger der Zeitschrift spielen und lernen war. Er will gemeinsam mit FachredakteurInnen, WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen die vorhandenen Kanäle vorantreiben und das Angebot weiter ausbauen.

Weitere Informationen

Gerne stehen wir Ihnen mit weiteren Informationen und für Fragen zur Verfügung: Gernot Körner, Körner Medien, Wannerstraße 1, 79106 Freiburg, 0761-429943-19, info@spielen-und-lernen.online.




Kitas in Zeiten von Corona

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Broschüre mit Praxistipps zum Download:

Corona stellt Krippen und Kindergärten vor große Herausforderungen. Wie können Hygiene- und Schutzmaßnahmen in den Kita-Alltag integriert werden? Was muss passieren, wenn ein Kind erste Krankheitszeichen aufweist? Wie gelingt trotz Corona die weitere Zusammenarbeit mit der Familie?

Um Orientierung bei der Gestaltung des Regelbetriebs unter Pandemiebedingungen zu geben, stellt das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium eine interaktive Broschüre mit Praxistipps und Hintergrundwissen mit dem Titel „Kitas in Zeiten von Corona“ bereit.

Hier finden Sie die Druckversion. Der Schutzstandard (hier zum Download) bietet Informationen für den Arbeitsschutz in Kitas in Zeiten von Corona, zum Beispiel zur Gefährdungsbeurteilung. Diese sollte aufgrund der Corona-Pandemie in Kitas überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden.  




IW: Mehr als 340.000 Krippenplätze fehlen

Der Ausbau neuer Betreuungsangebote für Kleinkinder geht in Deutschland offenbar zu langsam voran. Zwar wurden seit 2015 mehr als 135.000 zusätzliche Plätze in Kitas und bei Tageseltern geschaffen, allerdings wollen auch viel mehr Eltern als früher ihr Kind betreuen lassen. So fehlen 2020 in Deutschland mehr als 340.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen.

Viele Kommunen können dem in Deutschland geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nicht nachkommen. Obwohl die Zahl der unter Dreijährigen, die in einer öffentlich geförderten Kita oder bei Tageseltern betreut werden, seit 2015 von 693.000 auf 829.000 gestiegen ist, fehlen dieses Jahr 342.000 Plätze – rund 60 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Das zeigt eine neue IW-Studie.

Immer mehr Eltern geben ihr Kind die Kita

Ein Grund für den steigenden Bedarf ist, dass immer mehr Eltern ihr Kleinkind institutionell betreuen lassen wollen. 2019 meldeten 81 Prozent der Eltern für ihre Zweijährigen und 64 Prozent der Eltern für ihre Einjährigen einen Betreuungsbedarf an – deutlich mehr als noch vor fünf Jahren. „Lange galt insbesondere in Westdeutschland ein Alter von drei Jahren als geeigneter Betreuungsbeginn. Das hat sich vollkommen geändert“, sagt IW-Familienexperte Wido Geis-Thöne. In den vergangenen Jahren stiegen außerdem die Geburtenzahlen, allerdings ist dieser Trend gestoppt.

Große regionale Unterschiede

Nicht in allen Bundesländern fehlen Kitaplätze im gleichen Ausmaß. Relativ zur Gesamtzahl der unter Dreijährigen ist die Betreuungslücke, also die Differenz aus den erforderlichen und tatsächlich bereitgestellten Betreuungsplätzen, im Saarland, in Bremen und in Nordrhein-Westfalen am größten. Knapp 20 Prozent aller Kinder unter drei Jahren hatten dort keinen Betreuungsplatz, obwohl sich die Eltern einen wünschen. Allein in Nordrhein-Westfalen fehlen somit knapp 100.000 Plätze. In NRW kommt hinzu, dass Eltern bei Engpässen in den Kitas oft an Tageseltern verwiesen werden, bei denen die Qualifikationsanforderungen deutlich geringer sind als beim Kita-Personal.

Gut stehen Bayern, Baden-Württemberg und Ostdeutschland mit Ausnahme Berlins dar. Allerdings wollen in Bayern und Baden-Württemberg nicht so viele Eltern ihr Kind in eine Kita geben wie in anderen Bundesländern. „Nähert sich der Betreuungsbedarf wie zu erwarten den anderen Bundesländern an, werden auch in Bayern und Baden-Württemberg sehr viel mehr Kitaplätze benötigt“, sagt Studienautor Geis-Thöne.

Im Osten ist die Betreuungslücke zwar kleiner als im Westen, allerdings haben die Kindertagesstätten zu wenig Personal, um die Kinder gut zu betreuen. So kamen im Osten im Schnitt auf eine Betreuungsperson knapp sechs Kinder – in Westdeutschland sind es vier. Dementsprechend gäbe es auch im Osten trotz des guten Kita-Angebots Handlungsbedarf, so Geis-Thöne.

IW-Kurzbericht 96/2020 als PDF zum Download



Quelle: Pressemitteilung Institut der Deutschen Wirtschaft