Warum die Motivation an Schulen oft nicht gelingt

Worauf Lehrkräfte und Eltern achten sollten, damit sich Kinder entwickeln können

Können Sie sich vorstellen, dass eine Schülerin so etwas sagt? „Wenn ich an die Schule denke, weine ich. Ich habe dort alles gefunden, was ich brauche: Freunde, Familie…“ Sollte das für Sie zum Alltag gehören, brauchen Sie hier nicht weiter zu lesen. Im anderen Fall kann Ihnen dieser Artikel vielleicht ein Stück weiterhelfen.

Die begeisterte Äußerung stammt von einer Schülerin der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg in Hamburg, die vor einiger Zeit den Deutschen Schulpreis gewonnen hat. Neben ihr ist das in den vergangenen Jahren noch 91 weiteren Schulen gelungen. Und im Vergleich zu anderen Schulen mit den üblichen Schulproblemen sind diese Bildungseinrichtungen nicht bessergestellt.

Die Stadteilschule in Hamburg ist eine öffentliche Gesamtschule mit 1600 Schülerinnen und Schülern in dem wenig privilegierten Stadtteil Dulsberg. Sie ist eine Schwerpunkt Schule für Inklusion und die Kinder und Jugendlichen stammen aus 86 Nationen.

Der Unterschied zu vielen anderen Schulen besteht in einer durchweg motivierten Schülerschaft und dem Kollegium.

Es fängt beim Verständnis von Schule und Bildung an

Woran liegt das und was machen andere Schulen anders? Das fängt schon beim Verständnis von Schule und Bildung an. Für den Schulleiter Björn Lengwenus, an seiner früheren Arbeitsstätte hat er die Schülerinnen und Schüler seiner Abschlussklasse schon mal für eine Currywurst nach Dänemark reisen lassen – ohne Geld und irgendwelche Transportmittel –, ist Bildung „viel mehr als nur Deutsch, Mathe und Englisch“. Der Grundgedanke, der seine Haltung und sein pädagogisches Handeln prägt ist „Schule ist Heimat“. „Die Schule muss spürbar eine herzliche Willkommenskultur haben.“, sagt Eckhard Feige, der viele Jahre lang in Bremen als Schulleiter aktiv war und heute in der Lehrerausbildung tätig ist. „Die Schüler müssen vom ersten Tag an das Gefühl haben, hier komme ich gerne hin. Hier gibt es eine schöne Umgebung und Lehrer, die sich für mich interessieren“.

Was sich so selbstverständlich anhört, ist vielerorts Mangelware. Angefangen bei heruntergekommenen Treppenhäusern, kaputten Heizungen, stinkenden Toiletten und kahlen Räumen bis hin zu Lehrkräften, die der Meinung sind, immer die falschen Schüler zu haben. Ein schönes Beispiel dafür bietet etwa die Stadt Freiburg im Breisgau. Hier sollen aktuell rund 3,3 Millionen Euro in die Überwachung von Park + Ride Parkplätzen investiert werden. Aber Geld für die dringende Sanierung der maroden Schultoiletten hat man hier nicht genug. Seltsame Prioritäten.

Das Lernumfeld trägt zur Motivation bei

Selbstverständlich trägt das Lernumfeld, in dem sich Schülerinnen und Schüler den ganzen Tag aufhalten, erheblich zur Motivation bei. „So eine Schule als Ganzes vom Gebäude bis zum Personal muss irgendwie eine positive Ausstrahlung haben.“ erklärt Feige. „Ja, hier ist es toll, hier möchte ich sein. Es ist wichtig, dass ein Klassenraum ein angenehmes Aussehen und eine Struktur hat, damit sich die Kinder zurechtfinden. Kinder brauchen Struktur und gleichzeitig die Möglichkeit für Kreatives.“ Feige beklagt auch, dass das viele Kolleginnen und Kollegen nicht sähen. Da gäbe es dann Stuhlreihen und kahle Wände. Anders sieht es etwa im Hamburger Stadtteil Barmbek aus, auf dessen Schulhof Lengwenus einst gegen viele Widerstände einen Klassenraum in einen Baum bauen ließ.

Auf die Haltung kommt es an

Und schon sind wir wieder bei der Person des Lehrers. Seit Jahren tobt die Diskussion um die Haltung der Lehrkräfte gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Wenn wir die Situation einer Schulklasse mit der einer Fußballmannschaft vergleichen, zeigt sich das besonders deutlich. Ulf Häfelinger, bis vor kurzem Mentaltrainer des FC RB Salzburg bringt es auf den Punkt, wenn er danach fragt, ob sich die Lehrkraft von ihrer Klasse distanziert oder sich als Teil des Teams sieht, um Erfolg und Misserfolg zu teilen.

„Wichtiger als ein guter Fachdidaktiker zu sein, ist die Fähigkeit eine gute soziale und vertrauensvolle Beziehung zu den Kindern aufzubauen.“, sagt Feige. „Man kann in zwei Fächern wunderbar ausgebildet sein. Wenn man dann aber in den Fächern 35 Jahre lang an den Kindern vorbei unterrichtet, hat man nichts erreicht, außer, dass man gut verdient hat.“ Lehrkräfte, die den Wert eines Menschen nach dessen Noten und Wohlverhalten beurteilen, sollten nach Meinung aller Fachleute längst Geschichte sein. Die Realität ist zu oft noch eine andere. Edgar Bohn, ebenfalls langjähriger Schulleiter und Vorsitzender des Grundschulverbandes kennt viele dieser Beispiele. So erzählt er etwa von einer Kollegin, die bei „schwierigen Schülern“ grundsätzlich Verhaltensauffälligkeiten diagnostizierte. Genauso weiß er aber auch von anderen Lehrpersönlichkeiten zu berichten.

Sorgen und Nöte auch bei den Lehrkräften

„Als Lehrer muss ich es bemerken, wenn ein Schüler nicht mehr mitkommt. Ich habe irgendwann mal festgestellt, dass viele meiner Schüler meine Fragen nicht richtig verstanden haben. Dann bin ich dazu übergegangen, bei Fragen, auf die nur wenig Reaktionen kamen, jene Schüler zu bitten, aufzustehen, die meine Fragen verstanden hatten. Diese bat ich zu erklären, was ich gefragt habe. Mit der Zeit standen so immer mehr Schüler auf. Manchmal dauerte es sehr lange, bis alle standen. Da musste ich meine Fragen präzisieren und habe gelernt, die Fragen richtig zu stellen,“ sagt Bohn.

Bohn kennt viele Sorgen seiner Kolleginnen und Kollegen. Der Kampf mit dem Regierungspräsidium, auf sich alleine gestellt zu sein bei teilweise enormen Herausforderungen, ein Berg von Überstunden aufgrund des Lehrkräftemangels, sind nur drei von den vielen, die er nennt. Er wünscht sich eine Behörde, die mehr unterstützt als zu kontrollieren, Vorgaben zu machen und zu verwalten. Gruppen von Kolleginnen und Kollegen, die sich gegenseitig im Unterricht besuchen, und miteinander darüber diskutieren, mehr Fortbildungsbereitschaft, mehr Freiräume für die Schulen und eine klare Vision von Schule, die auf die modernen Erkenntnisse der Wissenschaft baut. Der Grundschulverband hat natürlich eine (www.grundschulverband.de).

Wie kann ich ein Angebot machen, das Interesse weckt?

Aber was ist mit der Motivation der Schülerinnen und Schüler selbst? Häfelinger erklärt, dass er keinen Menschen wirklich motivieren könne, weil diese eigentlich schon motiviert seien. Wenn es hier einen Einbruch gebe, müsse man nach den Ursachen dafür suchen. So sieht es auch Bohn. „Die Fragestellung lautet nicht ,Wie kann ich jemanden motivieren?‘ Sondern die Fragestellung lautet ,Wie kann ich ein Angebot machen, das Interesse weckt?‘“

Mitte der achtziger Jahre entwickelten die beiden Psychologen Edward L. Deci und Richard Ryan ihre Selbstbestimmungstheorie. Ausschlaggebend für die Motivation eines Menschen sind danach Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Auch wenn diese Theorie heute allgemein anerkannt ist, ist die Realität meist anders.

Soziale Eingebundenheit

Über die Bedeutung der sozialen Eingebundenheit, also eine gute Verbindung zu den Lehrkräften und zu den Mitschülern zu haben, sich willkommen zu fühlen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu haben, ist hier bereits einiges angeklungen. Aber wie sieht es mit der Autonomie aus. Aus der Entwicklungspsychologie wissen wird, wie entscheidend das Gefühl der Autonomie schon von frühen Kindesbeinen an für die Entwicklung ist. Das Grundproblem sieht Bohn darin, wenn die Lehrkraft die Schulstunde so vordenkt, wie sie zu laufen hat, damit am Ende genau das herauskommt, was sie sich am Anfang vorgestellt hat. Mit der Autonomie ist es dann nicht mehr weit her. Um davon weg zu kommen, empfiehlt Bohn mehr Projektunterricht, in dem die Kinder und Jugendlichen auf sich gestellt oder in Gruppen mit Unterstützung der Lehrkräfte zu eigenen Ergebnissen kommen. Häfelinger empfiehlt ein Wegkommen vom 45-Minuten-Takt, damit Lehrkräfte und Schüler genügend Zeit haben. Feige, der Gymnasiallehrer und gleichzeitig Sonderpädagoge ist, betont die Notwendigkeit zu individuellen Förderung und einem differenzierten Unterricht.

Aus jahrzehntelanger Lehrerfahrung weiß er selbst, wie schwierig das ist, aber auch wie wertvoll. Chancen sieht er dabei vor allem in einer verbesserten Lehrerausbildung mit Bezug zur Inklusion und im vermehrten Einsatz von Sozial- und Sonderpädagogen im Schulbetrieb. Und schließlich setzt er erheblich stärker auf die Entwicklung sozialer Fähigkeiten und die Mitwirkung der Kinder und Jugendlichen an der Schule. Dazu hat er jüngst ein Buch für Lehrkräfte mit dem Titel „Gemeinsinn in der Klasse schaffen“ geschrieben, das in diesen Tagen erscheint. Wenn es tatsächlich gelingt, dass sich mehr Menschen die Gefühle von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit haben, werden sie auch ihr Leben in die Hand nehmen und gestalten. Damit wäre eigentlich alles erreicht.

Wir dürfen die Eltern nicht vergessen

Wenn wir aber über Motivation reden, dürfen wir die Eltern nicht vergessen. Was können sie tun, damit ihre Jüngsten mit am Ball bleiben. Das Gespräch über Noten ist sicher nur dann gefragt, wenn die Kinder damit Probleme haben. Feige erinnert sich, dass er mit seinen Kindern genau zwei Mal über Noten gesprochen hat: „in der vierten Klasse und in der achten, als es gerade schwierig wurde.“ Dabei können Eltern ihre Kinder tatsächlich gut unterstützen, aber eben anders, als es sich viele oft vorstellen.

Eltern können die Schulleistungen und Motivation ihrer Kinder stärken, indem sie eine positive Erwartungshaltung vermitteln und sich an Aktivitäten der Schule beteiligen. Eine aktive Rolle beim Lernen zu Hause wirkt sich dagegen nur geringfügig aus und kann im Fall der Hausaufgabenkontrolle sogar schaden. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor ein paar Monaten mit der größten Forschungssynthese der Technischen Universität München (TUM) zum Einfluss der Eltern nachgewiesen. Dabei sind vor allem fünf Dinge wichtig:

  1. Eltern sollten sich am Lernen zu Hause beteiligen. Das verbessert zwar die Schulleitungen nicht, motiviert aber. Kinder entwickeln eine positivere Einstellung zum Lernen, wenn sie ermutigt werden, selbstständig zu arbeiten, zum Beispiel eigene Lösungswege auszuprobieren.
  2. Gute Leistungen können Eltern begünstigen, wenn sie zu Hause eine Umgebung schaffen, die zum Lernen geeignet ist. Hilfe bei den Hausaufgaben kann sich jedoch negativ auswirken, wenn sie sich darin erschöpft, die Kinder und Jugendlichen zu kontrollieren. Dies ist vor allem bei Schülerinnen und Schülern mittleren Alters der Fall.
  3. Eltern sollten Regeln festlegen, wann und wo die Aufgaben erledigt werden, Hilfestellungen anbieten und Feedback zur Genauigkeit der Bearbeitung geben.
  4. Eltern sollten ihren Kindern eine positive Erwartungshaltung zur Bildung vermitteln. Indem Eltern mit ihren Kindern über mögliche Leistungen, Schulabschlüsse oder Berufswege sprechen, indem sie Lernstrategien diskutieren oder Lob und Kritik möglichst differenziert auf einzelne Schularbeiten beziehen, können sie positiv darauf einwirken, was sich die Kinder in den einzelnen Fächern selbst zutrauen und inwieweit sie sich in der Schule engagieren. Dieser Effekt nimmt mit dem Alter der Jugendlichen zu. Weniger wirkungsvoll sind dagegen Diskussionen über die Bedeutung von Bildung im Allgemeinen.
  5. Offenbar hilft es auch, wenn sich Eltern an der Schule engagieren.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Beteiligung der Eltern die Leistung und Motivation der Schülerinnen und Schüler über alle Altersstufen hinweg und unabhängig vom sozioökonomischen Status stärken kann“, sagt die Studienleiterin Doris Holzberger, Professorin für Schul- und Unterrichtsforschung. „Umso wichtiger ist eine gute und dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern. Wenn Lehrerinnen und Lehrer die Väter und Mütter erreichen, können sie auch außerhalb des Unterrichts Kinder fördern, bei denen eine positiv wirkende Rolle der Eltern nicht selbstverständlich ist.“

Auch Eltern müssen Anregung geben

Feige ergänzt: „Eltern sollten versuchen, eine Vertrauensperson für ihre Kinder zu sein. Das hört sich so selbstverständlich an, ist es aber nicht. Wenn Kinder sich aufgehoben und sich gesehen und gehört fühlen und dadurch wirklich Vertrauen entsteht, können Eltern auch eine große Rolle dabei spielen, Kinder für alles Mögliche zu begeistern. Das ist nicht für alle selbstverständlich. Wir hören immer wieder, dass die Eltern keine Zeit für ihre Kinder haben oder wenn sie Zeit haben, diese nicht von Aufmerksamkeit, Interesse oder Wertschätzung geprägt ist.

Eltern sollten in der Lage sein, den Kindern Anregungen zu geben, die sie neugierig machen auf das, was sie umgibt. Neugierde wecken ist ansteckend. Ich habe ganz viele Kinder und Familien in meiner Amtszeit an der Schule erlebt, die sehr Reizarm aufgewachsen sind. Und die hatten unglaubliche Defizite.“

Und hier gilt es dann wieder, die Eltern zu unterstützten. Denn Armut, soziale Ungleichheit und der Mangel an Elternbildung führen nachweislich zu weniger Motivation und schlechterer Schulleistung.

Lange ließe sich noch über das Thema schreiben. Ganze Bibliotheken sind voll davon. Das größte Problem dürfte sein, dass wider besseres Wissen, Kinder in ihrer Entwicklung noch immer deutlich eingeengt und nicht in ihrer Entwicklung gefördert werden. Wie es anders geht, lässt sich an vielen positiven Beispielen ablesen. Einige finden sich auf der Website des Deutschen Schulpreises. Eines steht aber fest: Zu Anfang ihrer Schullaufbahn sind Kinder immer motiviert und bereit zur Kooperation.

Gernot Körner




Medienkompetenz: Mehr Zutrauen zu Kindern als zu Erziehenden

ESET Studie: Eltern trauen Kindern deutlich höhere Medienkompetenz als Lehrenden zu

Schwimmen mit Wassernudel oder Fahrradfahren mit Stützrädern: Wenn die Jüngsten Neues lernen, gehen Eltern lieber auf Nummer sicher. Doch beim Thema Internet haben sie offenbar vollstes Vertrauen in ihren Nachwuchs. Sowohl die unter Vierjährigen als auch die Vier- bis Siebenjährigen schneiden beim Thema Internet- und Medienkompetenz in der aktuellen ESET Studie besser ab als Lehrende und Erziehende. Dies ist womöglich auch ein Grund, warum fast die Hälfte der Befragten auf Kinderschutzprogramme verzichten: Sogar jeder zweite der unter Vierjährigen geht ohne Schutz ins Netz. Interessant ist auch, dass das meiste Taschengeld in Süßigkeiten anstatt in digitale Unterhaltung fließt. Das sind unter anderem die Ergebnisse des zweiten Teils einer aktuellen repräsentativen YouGov-Studie im Auftrag des IT-Sicherheitsherstellers ESET, für die mehr als 1.000 Eltern mit Kindern bis zu 18 Jahren befragt wurden.

Hälfte der Schützlinge surft ohne kindgerechte Filter 

Ganz anders als beim Fahrradfahren oder Schwimmen lernen lassen Eltern beim Thema Internetsicherheit die Finger von (technischen) Hilfsmitteln. Fast die Hälfte der Befragten verzichten auf ein Kinderschutzprogramm, am häufigsten Mütter und Väter in Hamburg, Sachsen-Anhalt (jeweils 59%) und Mecklenburg-Vorpommern (57%). Besonders bedenklich ist allerdings, dass auch fast jedes zweite Kind unter vier Jahren und ein Drittel der Vier- bis Elfjährigen ohne Schutz in der digitalen Welt unterwegs sind. Wenig überraschend hingegen: Je älter die Kinder sind, desto häufiger wird von altersgerechten Filtern Abstand genommen.

„Die Ergebnisse der gesamten ESET-Studie zeigen, der Nachwuchs ist jung und vernetzt. Fast jedes Kind kann auf ein digitales Gerät und das Internet zugreifen, was die Corona-Pandemie noch verstärkt hat“, sagt Ildikó Bruhns, Projektleiterin Safer Kids Online. „Neben Schulen und Kindergärten sind auch die Eltern gefragt, ihre Kinder auf die digitale Welt vorzubereiten. Je fitter die Erwachsenen selbst in puncto Medienkompetenz und technisches Know-how sind, desto mehr können sie ihren Nachwuchs bei der kindgerechten Mediennutzung unterstützen.“

Medienkompetenz: Mehr Vertrauen in die Kinder als in die Lehrenden

Dass lediglich 45 Prozent der Eltern eine Kindersicherung fürs Internet einsetzen, liegt womöglich daran, dass sie ihrem Nachwuchs in puncto Medienkompetenz weitaus mehr zutrauen als Lehrenden. Dazu gehört nicht nur, mit digitalen Geräten umgehen zu können, sondern sie auch sinn- und verantwortungsvoll zu nutzen. Je älter die Kinder, je höher ist das Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Doch insgesamt 60 Prozent der Befragten attestieren selbst den unter Vierjährigen und Vier- bis Siebenjährigen ein ausgezeichnetes bis gutes Wissen rund um Internet und Medien. Bei den Acht- bis Elfjährigen sind es sogar 75 Prozent. Nur jeder Fünfte der Befragten vergeben durchschnittliche bis schlechte Kenntnisse, am häufigsten bei den Vier- bis Siebenjährigen (32%).

Lehrende und Erziehende schneiden bei Eltern in Sachen Medien- und Internetkompetenz im Vergleich weitaus schlechter ab: Nur die Hälfte erhält die Prädikate ausgezeichnet bis gut. Die Baden-Württemberger (71%) haben hier das größte Vertrauen in die Medienbildung. Mehr als ein Drittel der Eltern attestieren den Lehrkräften noch Nachholbedarf, vor allem bei den Teenagern. Die kritischsten Stimmen kommen hier aus Sachsen-Anhalt (40%).

Noch mehr Vertrauen als in die Fähigkeiten der Lehrkräfte und ihrer Kinder haben Eltern in ihre eigenen: 83 Prozent der Befragten bewerten ihre eigene Medien- und Internetkompetenz von ausgezeichnet bis gut. Insbesondere die Berliner (92%) und Thüringer (88%) ziehen für sich die beste Bilanz. Nur jeder Siebte sieht bei diesem Thema Nachholbedarf. Auffällig ist der Unterschied zwischen den Elternteilen: Fast 20 Prozent der Väter schätzen ihren Kenntnisstand als ausgezeichnet ein, bei den Müttern sind es nur acht. Auch beim Prädikat sehr gut haben die Männer die Nase vorn: So bewerten sich ein Drittel der Befragten, aber nur ein Viertel der Frauen. Letztere stufen ihre Medienkompetenz am häufigsten als gut (44%) oder mittelmäßig (17%) ein.

Lieber Süßigkeiten als digitale Unterhaltung

Wer glaubt, der Nachwuchs steckt sein ganzes Taschengeld in digitale Medien, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Süßigkeiten liegen hier mit einem Viertel eindeutig vorne. Vor allem bei den Acht- bis Elfjährigen (38%) und die 12- bis 14-Jährigen (37%) steht Schokolade & Co. hoch im Kurs. Etwa ein Fünftel investieren das Taschengeld in Spielzeug, in Schmuck, Kleidung und Kosmetik oder holen sich Essen für unterwegs. Bei jedem Sechsten fließt das Bare in Comics, Bücher oder Zeitschriften.

Nur jeder Zehnte gibt das Ersparte für In-App-Käufe, zum Beispiel bei Gaming Apps aus, mit 14 Prozent am häufigsten die 12- bis 17-Jährigen. Vor allem im Osten des Landes erwirbt etwa jedes sechste Kind zusätzliche Dienste oder Inhalte in Apps. Und auch nur jeder Siebte kauft sich vom Taschengeld Wertkarten, wie etwa für Google Play.

Die gesamte ESET Studie „Kinder im Netz“ und weitere Informationen finden Sie hier

Über die Umfrage

Die verwendeten Daten beruhen auf einer repräsentativen Online-Umfrage, die YouGov im Auftrag der ESET Deutschland durchgeführt hat. Deutschlandweit haben hierfür im August/September 2022 1030 Eltern teilgenommen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für Familien mit Kindern unter 18 Jahren.

Über ESET

ESET ist ein europäisches Unternehmen mit Hauptsitz in Bratislava (Slowakei). Seit 1987 entwickelt ESET Sicherheits-Software. Das Unternehmen verfügt über ein globales Vertriebsnetz in über 180 Ländern und Niederlassungen in Jena, San Diego, Singapur und Buenos Aires. Für weitere Informationen besuchen Sie www.eset.de oder folgen uns auf LinkedIn, Facebook und Twitter.




Viele Lehrkräfte sind während der Sommerferien arbeitslos

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert das Verhalten der Bundesländer scharf

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert scharf, dass die Bundesländer Lehrkräfte vor den Sommerferien entlassen und nach den Ferien (meist) wieder einstellen. Wie weit diese Praxis verbreitet ist, belegt eine aktuelle Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Demnach seien die Arbeitslosmeldungen von Lehrkräften 2020 in den Sommerferien sprunghaft gestiegen.

Hire-and-Fire-Politik

„Seit mehreren Jahren herrscht in Deutschland ein teils dramatischer Mangel an Lehrkräften. Während der Corona-Pandemie hat sich diese Situation noch einmal verschärft, weil die neuen Herausforderungen wie Wechselunterricht zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer verlangen. Es ist ein Skandal, dass die Länder trotzdem weiter an ihrer Hire-and-Fire-Politik festhalten. Schülerinnen, Schüler, Eltern und Lehrkräfte zahlen die Zeche für diese Strategie, weil die Qualität des Unterrichtsangebots leidet“, erklärt die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. „Zudem sanieren sich die Bundesländer als Arbeitgeber auf Kosten der Beitragszahlenden der Sozialkassen.“

Dauerhafte Unsicherheit

Finnern wies auf die Konsequenzen dieser Befristungspraxis hin: „Die Schulen haben zu Beginn eines neuen Schuljahres noch keine Gewissheit über die Lehrkräfteversorgung und müssen die Stundenpläne oft zwei Wochen oder länger immer wieder überarbeiten. Darunter leiden auch die Schülerinnen und Schüler. Für die betroffenen Lehrkräfte bedeutet dieses Sparmodell andauernde Jobunsicherheit und unbezahlte Arbeit. Denn: Auch wenn der Arbeitsvertrag ausgelaufen ist, der Unterricht für das neue Schuljahr muss trotzdem vorbereitet werden.“

Trauriger Spitzenreiter Baden-Württemberg

Das Phänomen der saisonalen Lehrkräftearbeitslosigkeit gebe es bereits seit vielen Jahren. Die Zahl der zusätzlich arbeitslos gemeldeten Lehrkräfte lag laut BA im Sommer 2020 bei rund 5.800. Spitzenreiter mit 1.680 zusätzlichen Arbeitslosen sei Baden-Württemberg, das sind 76 Prozent aller Arbeitslosmeldungen von Lehrkräften in Baden-Württemberg. Aber auch die Bundesländer Bayern und Hamburg bedienten sich oft dieses Instruments, „ärmere“ Bundesländer seien da zurückhaltender, sagte Finnern.

Dunkelziffer in unbekannter Höhe

„Zu den gemeldeten Arbeitslosen ist noch eine unbekannte Zahl entlassener Lehrkräfte hinzuzurechnen. Diese melden sich gar nicht erst arbeitslos, da sie wegen fehlender Leistungsvoraussetzungen kein Arbeitslosengeld erwarten oder auf einen Anschlussvertrag nach den Ferien hoffen“, erklärte Finnern. Schulpersonalräte berichteten, dass auch andere Schulferien bei Vertretungsverträgen gerne ausgespart werden. Die Zahl befristet beschäftigter Lehrkräfte sei leider nicht genau zu erfassen, bemängelte die GEW-Vorsitzende.

 Bericht der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit hat den Bericht „Arbeitsmarkt kompakt: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Lehrkräfte“ Ende Juli veröffentlicht. Demnach schwanken die Arbeitslosenzahlen von Lehrkräften im Verlauf eines Jahres sehr: „In manchen Ländern fällt ein kurzzeitiger starker Anstieg während der Sommerferien auf.“ Den Bericht finden Sie unter:

https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/Generische-Publikationen/Broschuere-Lehrkraefte.pdf?__blob=publicationFile&v=3