Kinder atmen weniger infektiöse Partikel aus als Erwachsene

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben die die Konzentration von Aerosolpartikeln und Tröpfchen untersucht

Die Forschenden untersuchten die Konzentration von Aerosolpartikeln und Tröpfchen, die beim Atmen, Sprechen, Singen und Schreien abgeben werden. Ihre Messungen erfassten 132 Personen jeden Alters. Die Ergebnisse können dazu beitragen, effektive Schutzmaßnahmen vor Infektionskrankheiten wie etwa Covid-19 oder der Grippe zu treffen.

Infektionskrankheiten werden häufig über Partikel übertragen, die von infizierten Personen ausgeatmet werden. Die Größe solcher Aerosolpartikel variiert jedoch stark, je nachdem, aus welchem Bereich der Atemwege sie stammen. In der Lunge werden vor allem kleine Partikel mit einer Größe von weniger als fünf Mikrometern – das sind fünf Tausendstel Millimeter – produziert, auch bekannt als PM5. In den oberen Atemwegen entstehen hingegen größere Partikel. Wie die Messungen zeigten, atmen Kinder weit weniger kleinere Partikel aus als Erwachsene. „Wir haben festgestellt, dass die Konzentration kleiner Partikel unter fünf Mikrometern mit dem Alter zunimmt und bei Kindern besonders niedrig ist. Daher tragen Erwachsenen mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Infektionsgeschehen bei, wenn die Infektion in den unteren Atemwegen lokalisiert ist“, sagt Mohsen Bagheri, Erstautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am MPI-DS. Größere Partikel, die im Rachenbereich entstehen, verbreiten Kinder und Erwachsene der Studie zufolge jedoch in gleichem Maße. Einen Zusammenhang zwischen der Konzentration der ausgeatmeten Partikel und dem Geschlecht, dem Gewicht, der Fitness oder den Rauchgewohnheiten der Person haben die Forschenden nicht festgestellt.

Stimmliche Aktivitäten erhöhen die Konzentration kleiner Partikel

In der umfassenden Studie erhoben die Forschenden die Daten von 132 gesunden Freiwilligen. Die Studie erfasste auch Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren, zu denen bislang nur sehr wenige Daten verfügbar waren. Die Wissenschaftler*innen verwendeten verschiedene Instrumente, um in einem Reinraum das gesamte Spektrum der ausgeatmeten Partikelgrößen von einem Zehntel Mikrometer bis zu einem Viertel Millimeter Durchmesser zu messen. Die Teilnehmenden absolvierten dabei für insgesamt 20 Minuten verschiedene stimmliche Aktivitäten wie Singen, Sprechen oder Schreien. „Vokalisation und Alter erwiesen sich als unabhängige Risikofaktoren für die Partikelproduktion“, berichtet Prof. Simone Scheithauer von der Abteilung Infektionsschutz und Infektionskrankheiten der UMG.

Das Volumen der ausgeatmeten Partikel bestimmt das potenzielle Infektionsrisiko

Obwohl menschliche Tropfen und Aerosole meist kleine Partikel enthalten, machen größere Partikel den größten Teil des Gesamtvolumens aus, das Krankheitserreger enthalten kann. „Wenn sich der Erreger hauptsächlich in den oberen Atemwegen aufhält, sind die großen Partikel daher mit Abstand der Hauptüberträger der Krankheit“, erklärt Eberhard Bodenschatz, Direktor am MPI-DS. „Es ist deshalb wichtig, den Ort der Infektion im Atemtrakt zu berücksichtigen, um geeignete Schutzmaßnahmen treffen zu können“, so Bodenschatz weiter. „Zum Beispiel scheint die aktuelle Omikron-Variante des Coronavirus eher in den oberen Atemwegen lokalisiert zu sein, weshalb auch bereits einfache filternde Gesichtsmasken einen guten Schutz bieten.“

Schutzmaßnahmen hängen von der Lokalisierung des Erregers ab

Im Gegensatz dazu werden Infektionskrankheiten, die sich hauptsächlich in der Lunge ansiedeln, hauptsächlich über kleine Partikel übertragen. Da deren Produktion mit dem Alter zunimmt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder solche Krankheiten übertragen, geringer als bei Erwachsenen, heißt es in der Studie. Um die Übertragung von Lungenkrankheiten über die Luft zu verhindern, ist das Tragen von gutsitzenden und hochwirksamen Gesichtsmasken daher eine wirksame Maßnahme, um die Übertragung von Krankheiten insbesondere bei Erwachsenen zu vermeiden.

Originalpublikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0021850222001380

Dr. Manuel Maidorn, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation