Ein Job verbessert das Wohlbefinden von Müttern erheblich

Frauen mit sehr kleinen Kindern brauchen mehr Unterstützung

Die Zahl der Mütter in Erwerbstätigkeit in Deutschland steigt seit Jahren. Allerdings sehen sich Mütter in einem ständigen Balanceakt zwischen Beruf und Familie. Die Forschung zeigt, dass sich Erwerbstätigkeit generell bei allen Menschen positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirkt. Bislang wurde jedoch nicht untersucht, wie sich die Berufstätigkeit auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Müttern in Partnerschaften auswirkt. Dies haben nun Dr. Mine Kühn von der Universität Tilburg (NL) und Dr. Christian Dudel vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) gemeinsam mit Prof. Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum untersucht.

Eine Mutter, viele Rollen

Frauen übernehmen oft mehr als eine Rolle in der Familie. Sie gehen arbeiten, kümmern sich um den Haushalt und die Kinder. Für alleinerziehende Mütter ist der Spagat besonders groß, da es keine Möglichkeit einer Arbeitsteilung im Haushalt gibt und ihnen die emotionale und materielle Unterstützung eines Partners fehlt. „In unserer Studie haben wir untersucht, wie sich mit dem Wechsel in die Erwerbstätigkeit das Wohlbefinden und die Gesundheit von Müttern verändern. Dabei haben wir alleinerziehende Mütter mit Müttern verglichen, die in einer Partnerschaft leben“, erklärt Kühn. Die Daten zur Studie stammen aus dem Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP). Ausgewertet wurde der Zeitraum zwischen 1992 und 2016 in Ost- und Westdeutschland.

Positiver Effekt bei Single-Müttern am stärksten

Die Studie zeigt, dass sowohl alleinerziehende Mütter als auch Mütter in Paarfamilien von einer Erwerbstätigkeit profitieren. Bei beiden Gruppen ist eine Verbesserung des Wohlbefindens und der Gesundheit zu beobachten. Allerdings ist der positive Effekt auf Wohlbefinden und Gesundheit bei alleinerziehenden Frauen deutlich größer als bei in Partnerschaft lebenden Müttern. „Alleinerziehende stehen häufig unter großem finanziellem Druck. Daher könnte man annehmen, dass der Anstieg des Haushaltseinkommens der Hauptgrund für ein höheres Wohlbefinden und eine bessere Gesundheit ist. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass das Einkommen allein nicht der Grund ist. Wir vermuten, dass ein größeres Gefühl finanzieller Unabhängigkeit vom Ex-Partner oder von Sozialleistungen und zusätzliche soziale Bindungen das Wohlbefinden der Mütter fördern. Die Erwerbstätigkeit stärkt somit die eigene gesellschaftliche Identität und das Selbstwertgefühl“, so Kühn. Die Steigerung des Wohlbefindens der Frauen ist vor allem bei alleinerziehenden Müttern, die Vollzeit arbeiten, am größten.

Kaum Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland

Bei den Single-Müttern in Ost- und Westdeutschland gab es keine signifikanten Unterschiede. In beiden Landesteilen scheint daher die Arbeitstätigkeit von alleinerziehenden Müttern gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Anders sieht es bei Müttern in einer Partnerschaft aus. Hier ist die Steigerung des Wohlbefindens nach Aufnahme einer Beschäftigung bei ostdeutschen Frauen deutlich höher als in Westdeutschland. „In der Studie zeigen sich die historisch gewachsenen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Während in den alten Bundesländern ein Sozialstaatskonzept galt, das den männlichen Haupternährer mit einem relativ geringen Anteil mütterlicher Erwerbstätigkeit vorsah, war es in Ostdeutschland durchaus notwendig, dass Mütter erwerbstätig waren“, erläutert Kühn.

Hohe Belastung bei Müttern mit Kleinkindern

Die Belastungen von Müttern mit mindestens einem Kind unter fünf Jahren sind in beiden Gruppen sehr hoch. Frauen, deren jüngstes Kind dieser Altersgruppe angehören, haben große Probleme, Alltag, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit führt in beiden Gruppen sogar zu einer Verschlechterung des Wohlbefindens und der Gesundheit. „Erwerbstätigkeit ist sowohl für alleinerziehende Frauen als auch für Mütter in Paarhaushalten wichtig. In beiden Gruppen gibt es positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit. Alleinerziehende Mütter profitieren aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation noch stärker – nicht nur in Bezug auf das Einkommen. Insgesamt muss in Deutschland aber noch einiges getan werden, damit gerade Mütter mit besonders kleinen Kindern nicht durch Erwerbstätigkeit belastet werden. Weitere unterstützende Maßnahmen seitens der Politik sind dringend notwendig, wie zum Beispiel die Verbesserung einer verlässlichen und qualitativ hochwertigen Ganztagsbetreuung gerade für die ganz kleinen Kinder“, so Kühn.

Originalpublikation: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0049089X23000613?via%3Dihub

Mine Kühn war bis Februar 2023 wissenschaftliche Mitarbeiterin am MPIDR und ist aktuell affiliierte Wissenschaftlerin am MPIDR sowie Assistent Professor an der Universität Tilburg (NL).

Über das MPIDR

Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock untersucht die Struktur und Dynamik von Populationen. Die Wissenschaftler*innen des Instituts erforschen politik-relevante Themen wie Altern, Geburtendynamik und die Verteilung der Arbeitszeit über die Lebensspanne, genauso wie den digitalen Wandel und die Nutzbarmachung neuer Datenquellen für die Erforschung von Migrationsströmen. Das MPIDR ist eine der größten demografischen Forschungseinrichtungen in Europa und zählt international zu den Spitzeninstituten in dieser Disziplin. Es gehört der Max-Planck-Gesellschaft an, der weltweit renommierten deutschen Forschungsgemeinschaft.

http://www.demogr.mpg.de

Silvia Leek, Max-Planck-Institut für demografische Forschung




Kinder atmen weniger infektiöse Partikel aus als Erwachsene

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts haben die die Konzentration von Aerosolpartikeln und Tröpfchen untersucht

Die Forschenden untersuchten die Konzentration von Aerosolpartikeln und Tröpfchen, die beim Atmen, Sprechen, Singen und Schreien abgeben werden. Ihre Messungen erfassten 132 Personen jeden Alters. Die Ergebnisse können dazu beitragen, effektive Schutzmaßnahmen vor Infektionskrankheiten wie etwa Covid-19 oder der Grippe zu treffen.

Infektionskrankheiten werden häufig über Partikel übertragen, die von infizierten Personen ausgeatmet werden. Die Größe solcher Aerosolpartikel variiert jedoch stark, je nachdem, aus welchem Bereich der Atemwege sie stammen. In der Lunge werden vor allem kleine Partikel mit einer Größe von weniger als fünf Mikrometern – das sind fünf Tausendstel Millimeter – produziert, auch bekannt als PM5. In den oberen Atemwegen entstehen hingegen größere Partikel. Wie die Messungen zeigten, atmen Kinder weit weniger kleinere Partikel aus als Erwachsene. „Wir haben festgestellt, dass die Konzentration kleiner Partikel unter fünf Mikrometern mit dem Alter zunimmt und bei Kindern besonders niedrig ist. Daher tragen Erwachsenen mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Infektionsgeschehen bei, wenn die Infektion in den unteren Atemwegen lokalisiert ist“, sagt Mohsen Bagheri, Erstautor der Studie und Forschungsgruppenleiter am MPI-DS. Größere Partikel, die im Rachenbereich entstehen, verbreiten Kinder und Erwachsene der Studie zufolge jedoch in gleichem Maße. Einen Zusammenhang zwischen der Konzentration der ausgeatmeten Partikel und dem Geschlecht, dem Gewicht, der Fitness oder den Rauchgewohnheiten der Person haben die Forschenden nicht festgestellt.

Stimmliche Aktivitäten erhöhen die Konzentration kleiner Partikel

In der umfassenden Studie erhoben die Forschenden die Daten von 132 gesunden Freiwilligen. Die Studie erfasste auch Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren, zu denen bislang nur sehr wenige Daten verfügbar waren. Die Wissenschaftler*innen verwendeten verschiedene Instrumente, um in einem Reinraum das gesamte Spektrum der ausgeatmeten Partikelgrößen von einem Zehntel Mikrometer bis zu einem Viertel Millimeter Durchmesser zu messen. Die Teilnehmenden absolvierten dabei für insgesamt 20 Minuten verschiedene stimmliche Aktivitäten wie Singen, Sprechen oder Schreien. „Vokalisation und Alter erwiesen sich als unabhängige Risikofaktoren für die Partikelproduktion“, berichtet Prof. Simone Scheithauer von der Abteilung Infektionsschutz und Infektionskrankheiten der UMG.

Das Volumen der ausgeatmeten Partikel bestimmt das potenzielle Infektionsrisiko

Obwohl menschliche Tropfen und Aerosole meist kleine Partikel enthalten, machen größere Partikel den größten Teil des Gesamtvolumens aus, das Krankheitserreger enthalten kann. „Wenn sich der Erreger hauptsächlich in den oberen Atemwegen aufhält, sind die großen Partikel daher mit Abstand der Hauptüberträger der Krankheit“, erklärt Eberhard Bodenschatz, Direktor am MPI-DS. „Es ist deshalb wichtig, den Ort der Infektion im Atemtrakt zu berücksichtigen, um geeignete Schutzmaßnahmen treffen zu können“, so Bodenschatz weiter. „Zum Beispiel scheint die aktuelle Omikron-Variante des Coronavirus eher in den oberen Atemwegen lokalisiert zu sein, weshalb auch bereits einfache filternde Gesichtsmasken einen guten Schutz bieten.“

Schutzmaßnahmen hängen von der Lokalisierung des Erregers ab

Im Gegensatz dazu werden Infektionskrankheiten, die sich hauptsächlich in der Lunge ansiedeln, hauptsächlich über kleine Partikel übertragen. Da deren Produktion mit dem Alter zunimmt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder solche Krankheiten übertragen, geringer als bei Erwachsenen, heißt es in der Studie. Um die Übertragung von Lungenkrankheiten über die Luft zu verhindern, ist das Tragen von gutsitzenden und hochwirksamen Gesichtsmasken daher eine wirksame Maßnahme, um die Übertragung von Krankheiten insbesondere bei Erwachsenen zu vermeiden.

Originalpublikation:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0021850222001380

Dr. Manuel Maidorn, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation




Hängen Musik und Verstand zusammen?

Wissenschaftler:innen aus Australien, England und Deutschland können bisher keine direkte Verbindung nachweisen

Immer wieder wird diskutiert, inwieweit musikalische Bildung auch für andere kognitive Fähigkeiten oder schulische Leistungen von Vorteil sein kann. Forscher:innen der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover, der Goldsmiths University of London, der Macquarie University in Sydney, des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main und der University of Cambridge haben sich dieser Frage nun mithilfe einer neuen wissenschaftlichen Methode genähert. Die Ergebnisse der Studie sind vor einiger Zeit im Fachmagazin „Music Perception“ erschienen.

Die wesentliche Komponente ist das Arbeitsgedächtnis

Eine wesentliche Komponente für alle kognitiven Fähigkeiten ist das Arbeitsgedächtnis, also die Fähigkeit, Dinge im Gedächtnis zu behalten und sie ohne externe Hilfsmittel wie Stift oder Papier kognitiv zu verarbeiten. Noch ist jedoch unklar, ob das Arbeitsgedächtnis universell oder bereichsspezifisch funktioniert, sprich: ob das Gehirn für Musik, Bilder, Sprache oder Mathematik dieselben Bereiche und Kapazitäten nutzt – oder verschiedene.

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler:innen insgesamt 148 Personen. Anhand sechs verschiedener Tests glichen sie das musikalische und das visuelle Arbeitsgedächtnis der Studienteilnehmer:innen mit deren Grad an musikalischer Bildung ab.

Neue wissenschaftliche Methode

„In den bisherigen Forschungen zum Zusammenhang von musikalischer Bildung und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten wurde das musikalische Gedächtnis häufig nicht berücksichtigt. Wir haben diese Triade nun mithilfe des ‚Causal Modeling‘-Ansatzes untersucht, einer relativ neuen wissenschaftlichen Methode, mit der man unter gewissen Voraussetzungen kausale Zusammenhänge feststellen kann“, erläutert Seniorautor Peter Harrison vom MPIEA.

Die Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen: Wenn musikalische Bildung das visuelle Arbeitsgedächtnis beeinflusst, dann über den „Umweg“ des musikalischen Arbeitsgedächtnisses. Das heißt, musikalische Bildung verbessert in erster Linie das musikalische Arbeitsgedächtnis, was dann wiederum einen positiven Effekt auf das visuelle Arbeitsgedächtnis haben könnte. Darüber hinaus ergaben die Tests, dass – andersherum – ein allgemein gutes Arbeitsgedächtnis grundsätzlich eine musikalische Bildung erleichtert.

Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es eine gemeinsame bereichsübergreifende Komponente gibt, die sowohl das visuelle als auch das musikalische Arbeitsgedächtnis beeinflusst. Ein direkter Zusammenhang zwischen musikalischer Bildung und allgemeinen kognitiven Fähigkeiten scheint dagegen eher unwahrscheinlich. Langzeitstudien, bei denen die Entwicklung musikalischer und kognitiver Fähigkeiten bei Personen mit und ohne musikalische Bildung verglichen werden, könnten diese Ergebnisse weiter konkretisieren.

Originalpublikation:

Silas, S., Müllensiefen, D., Gelding, R., Frieler, K. & Harrison, P.M.C. (2022). The Associations Between Music Training, Musical Working Memory, and Visuospatial Working Memory: An Opportunity for Causal Modeling. Music Perception, 39(4): 401–420. https://doi.org/10.1525/mp.2022.39.4.401

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik
Klaus Frieler
klaus.frieler@ae.mpg.de

Ina Wittmann (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik)




Kinder gleichen Konzentrationsschwäche durch Kreativität aus

Gluehbirne

Studie zeigt, dass Kinder dank breitem Fokus eigene Lösungswege finden

Im Vergleich zu Erwachsenen können sich Kinder noch nicht so gut konzentrieren, sich weniger merken und ihre Aufmerksamkeitsspanne ist verhältnismäßig kurz. Dies ist auf den Stand der kognitiven Entwicklung zurückzuführen. Dadurch – so bisher angenommen – haben sie einen Nachteil beim Lösen von Aufgaben. Dass sich der breitere Fokus jedoch auch als Vorteil erweisen kann, zeigt jetzt eine Studie der Max Planck Forschungsgruppe „NeuroCode – Neuronale Grundlagen des Lernens und Entscheidens“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung: Kinder sind gut darin, weniger relevante Informationen zu verarbeiten und mithilfe dieser spontan neue und kreative Strategien beim Lösen von Aufgaben zu finden.

Mit spontanen Strategiewechseln Aufgaben bewältigen

Auch Erwachsene zeigen beim Lösen von Aufgaben spontane Strategiewechsel, ähnlich sogenannten „Aha-Momenten“, die das Lösen einer Aufgabe erleichtern. Der Fachartikel zeigt, dass Kinder zwar beim Lösen von Aufgaben mithilfe von herkömmlichen Strategien deutlich schlechter abschneiden, da ihnen beispielsweise fokussierte Aufmerksamkeit schwerer fällt, sie aber genauso oft wie die Erwachsenen mithilfe von spontanen Strategiewechseln die Aufgaben bewältigen.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder zwar oft weniger fokussiert und leichter abzulenken sind als Erwachsene, aber erstaunlich flexibel beim Entdecken ganz neuer Lösungen“, sagt Psychologe und Neurowissenschaftler Nicolas Schuck, Gruppenleiter der Max-Planck-Forschungsgruppe „NeuroCode“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Gerade in Anbetracht ihrer nicht vollständig entwickelten Konzentrationsfähigkeit sind dies wichtige Ergebnisse für das Erforschen von Lernverhalten bei Kindern“, so Schuck weiter.

Neun Jahre Forschung

In der seit dem Jahr 2013 laufenden Studie wurde anhand folgender Methode geforscht: 47 Kinder zwischen acht und zehn Jahren und 39 junge Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren sollten dieselbe Entscheidungsaufgabe durchführen. Bei dieser Aufgabe sollten sie die Position eines Musters mithilfe von zwei möglichen Antworten bestimmen. Die Farbe des Musters war dabei anfangs nicht relevant für die richtige Antwort, begann im Verlauf jedoch mit der korrekten Antwort einherzugehen.

Wenn Versuchspersonen dies bemerkten, konnten sie die Aufgabe sehr viel effizienter und einfacher lösen. Die Proband:innen wurden nicht darüber informiert, dass es weitere Faktoren, die Einfluss auf die möglichen Lösungsstrategien haben, geben würde und konnten diese nur eigenständig identifizieren. Das NeuroCode-Team am MPIB konnte in Zusammenarbeit mit Forschenden der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der FernUniversität Hagen, der Humbold-Universität zu Berlin, der UNSW Sydney und der PFH Göttingen folgende Ergebnisse erzielen: Im Vergleich mit den jungen Erwachsenen schnitten die Kinder beim Lösen der Aufgabe in der Regel deutlich schlechter ab. Sie hatten mehr fehlerhafte und verfrühte Antworten. Jedoch war der Anteil von Kindern (27,5%), welche die hilfreiche Farbstrategie entdeckten und nutzten, sehr ähnlich dem der jungen Erwachsenen (28,2%).

„Aha-Moment“ verbessert Erfolgsrate

Solange die Kinder nur die anfänglich zur Verfügung stehenden Strategien und Regeln nutzten, die Konzentration und Ausdauer erforderten, schnitten sie schlechter ab. Jedoch entdeckten und nutzen genauso viele Kinder wie junge Erwachsene die Farbregel. Obwohl Kinder also in sämtlichen Bereichen kognitiver Kontrolle schlechter abschnitten, konnte sich ein im Vergleich zu den jungen Erwachsenen nahezu gleicher Anteil von ihnen durch einen „Aha-Moment“ verbessern und erlangte dadurch einen ähnlichen Performanzvorteil wie die Erwachsenengruppe.

Das neu gewonnene Wissen rund um den „Aha-Moment“ ist eine wichtige Erkenntnis der Studie. „Unsere Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass Erzieher*innen, Eltern und Lehrer:innen weniger auf starre Regeln pochen sollten, und nur den einen konkreten Lösungsweg vermitteln sollten, sondern auch den breiten Fokus der Kinder wertschätzen und fördern sollten. Unsere Befunde zeigen: Wir können stärker in die kreativen Lösungsstrategien von Kindern vertrauen“, sagt Anika Löwe vom NeuroCode Team des MPIB und Co-Autorin der Studie.

Mehr Forschung im Bereich kognitive Entwicklungspsychologie

Zukünftig solle es mehr Forschung im Bereich kognitive Entwicklungspsychologie zu Kreativprozessen statt zu Konzentrationsschwäche bei Kindern geben.

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wurde 1963 in Berlin gegründet und ist als interdisziplinäre Forschungseinrichtung dem Studium der menschlichen Entwicklung und Bildung gewidmet. Das Institut gehört zur Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., einer der führenden Organisationen für Grundlagenforschung in Europa.

Originalpublikation:

Schuck, N. W., Li, A. X., Wenke, D., Ay-Bryson, D. S., Loewe, A. T., Gaschler, R., & Shing, Y. L. (2022). Spontaneous discovery of novel task solutions in children. PLoS ONE, 17(5), Article e0266253. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0266253

Elena Hungerland/Max-Planck-Institut für Bildungsforschung