Robert Koch Institut warnt vor erhöhter Ansteckungsgefahr für Kita- und Schulkinder

Im Herbst/Winter 2021/2022 kann es zu höheren Inzidenzen kommen als bisher

Das Robert Koch Institut (RKI) warnt in seinem epidemiologischen Bulletin 46/2021 vor einer erhöhten Ansteckungsgefahr für Kita- und Schulkinder. „Im Herbst/Winter 2021/2022 kann es aus folgenden Gründen zu höheren Inzidenzen als bisher bei Kindern kommen, wie dies bereits zu beobachten ist: Zum einen wird das aktuelle COVID-19-Infektionsgeschehen in Deutschland zu etwa 99% von der SARS-CoV-2-Deltavariante dominiert. Diese Deltavariante weist eine höhere Basisreproduktionszahl auf als die in den früheren Infektionswellen zirkulierenden Virus varianten, sie ist also ansteckender. Zum anderen wurden im vergangenen Herbst/Winter 2020/2021 weitreichende bevölkerungsbezogene Maßnahmen ergriffen, die das Infektionsgeschehen in der Gesamtbevölkerung begrenzten. Aktuell spielt sich das Infektionsgeschehen zunehmend in der ungeimpften und nichtimmunisierten Bevölkerung ab, weshalb auch die Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen derzeit am stärksten betroffen sind“, steht im Bulletin.

Schwere Krankheitsverläufe auch bei Kindern

Die SARS-CoV-2-Infektionen bei Kindern würden zwar anders verlaufen als bei Erwachsenen, aber auch bei Kindern würden immer wieder schwere Krankheitsverläufe auftreten, die in manchen Fällen auch zum Tod führen würden. Zudem könnten auch asymptomatisch infizierte Kinder nach einer akuten SARS-CoV-2-Infektion die zwar seltene, aber schwere Folgeerkrankung PIMS (Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome)/MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children) entwickeln.Bei zunehmender SARS-CoV-2-Ausbreitung unter Kindern könnte es im Winter zu einer hohen Zahl an Infektionen im Kindes- und Jugendalter kommen.

Je mehr Kinder infiziert würden, desto höher würde dann auch die Anzahl der schweren Krankheitsverläufe ausfallen. Kinder mit Vorerkrankungen wären hiervon stärker betroffen, ebenso Kinder aus Regionen mit niedrigerem sozioökonomischem Status.

Long Covid auch bei Kindern

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist laut RKI das Risiko für mögliche Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern und Jugendlichen: Symptome, die im Anschluss an eine SARS-CoV-2-Infektion über die akute Krankheitsphase hinaus anhalten oder neu auftreten könnten. Eine große Kohortenstudie weise auf der Grundlage von Gesundheitsversorgungsdaten darauf hin, dass nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche von Langzeitfolgen nach SARS-CoV-2-Infektion betroffen seien.

Auch Kinder übertragen die Krankheit

Zudem würden auch Kinder die Krankheit an andere Kinder übertragen, auch wenn das Transmissionsrisiko noch nicht abschließend geklärt sei.

Als weiteren Grund für allgemeine Infektionsschutzmaßnahmen nennt das RKI die Reduktion von Infektionen durch weitere Atemwegserreger. Als Bespiel führt das Institut das humane Respiratorische Synzytial- Virus (RSV) an, das in Deutschland für viele Hospitalisierungen bei Kleinkindern verantwortlich sei. Seit der 31. Kalenderwoche werde es wieder regelmäßig im Sentinel der Arbeitsgemeinschaft Influenza nachgewiesen. Die Zahl der RSV-Nachweise sei in den vergangenen Wochen stark gestiegen und läge mittlerweile deutlich über den Werten der Vorjahre. Das RKI vermutet, dass dies auf die Kontaktbeschränkungen und damit auf das Ausbleiben der RSV-Saison im Winter 2020/2021 zurückzuführen sei.

Keine längerfristigen Schließungen von Kitas und Schulen

Infektionsschutz für Kinder dürfe jedoch nicht bedeuten, dass Kitas und Schulen proaktiv längerfristig geschlossen werden. „Vielmehr müssen Kitas und Schulen durch gute, altersgerechte Schutzkonzepte effektiv vor dem Eintrag von SARS-CoV-2-Infektionen und Ausbrüchen geschützt und offengehalten werden, ohne Kinder einem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen. Dadurch können auch krankheitsbedingte (reaktive) Schließungen und Ausfälle von Betreuung oder Unterricht minimiert werden. Kita- und Schulkinder können sich ihre Exposition nicht „aussuchen“:

Familien mit Kindern, die in Kitas betreut werden, sind meist aus beruflichen Gründen auf die Betreuung angewiesen; für Schulkinder besteht eine Schulpflicht. Wir sollten die COVID-19-Pandemie dazu nutzen, diese Einrichtungen jetzt und für die Zukunft sicherer zu gestalten“, heißt es im Bulletin des RKI.

Das Bulletin finden Sie unter: https://www.rki.de/…/Archiv/2021/Ausgaben/46_21.pdf…




GEW fordert: Bei Kitas muss Notbremse gezogen werden!

Die Anzahl der infizierten Kinder hat sich seit Mitte Februar vervierfacht:

Lange Zeit hieß es, Kindergärten und Schulen seien nicht die Treiber der Pandemie. Das hat sich mittlerweile geändert. Während viel über Schulschließungen nach den Osterferien gesprochen wird, sind die Kindergärten offenbar kein Thema. Jetzt fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auch hier die Notbremse zu ziehen und nur noch Notbetreuung zuzulassen.

Neue Corona Mutante greift weiter um sich

Die neue Corona-Mutante greift weiter um sich. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert deshalb eine Rückkehr zur Corona-Notbetreuung für Kinder in Kitas. „Dort steigen die Infektionen schnell“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe der Funke Mediengruppe. „Nachdem wir wissen, dass Kinder von der neuen Mutante stärker betroffen sind, muss hier wirklich die Notbremse gezogen werden“, so Tepe weiter.

Viele Einrichtungen überfordert

Immerhin nimmt die GEW nun das Thema auf. Inwieweit es sinnvoll ist, zu der alten Form der Notbetreuung zurück zu kehren ist jedoch fraglich. Viele Kindergärten und Krippen waren zu der Zeit oftmals bis zu 80 Prozent gefüllt. Auch deshalb erkrankten viele ErzieherInnen, andere mussten zuhause bleiben, weil sie zur Risikogruppe zählten. Ende des vergangenen Jahres standen ErzieherInnen an der Spitze der Krankschreibungen wegen Corona. Das führte zu Personalengpässen und damit zur Überforderung in vielen Einrichtungen.

Deshalb fordert die GEW-Vorsitzende Tepe auch eine Rückkehr zu einer „echten“ Notbetreuung in den Kitas, bis die Belegschaft geimpft sei. „Es ist nicht zu verstehen, warum die Länder hier nicht handeln.“

RKI: Neuinfektionen nehmen deutlich zu

Welche Rolle Kitas bei der Verbreitung des Coronavirus spielen, haben Wissenschaftler des Robert Koch Instituts (RKI) in der so genannten Coala-Studie untersucht. Schon der RKI-Lagebericht vom 30. März 2021 zeigt deutlich, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen unter Kindern und Jugendlichen stark ansteigt.

Zu diesem Zeitpunkt lag die Inzidenz unter Kita-Kindern bereits bei 125, während sie in der Vorwoche noch bei 100 lag. Damit hat sich die Anzahl der Infizieren Kinder seit Mitte Februar vervierfacht. In der vergangenen Woche seien 6318 Fälle in dieser Altersgruppe gemeldete worden, bei rund drei Millionen Kita-Kindern in etwa 56.000 Einrichtungen. In der Gruppe der Fünf- bis Neunjährigen, der Grundschüler also, liegt die Inzidenz mit 177 (Vorwoche: 128) mittlerweile sogar deutlich über der der Gesamtbevölkerung mit 138 (Vorwoche: 111).

Verbesserte Impf- und Teststrategie soll helfen

Laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey soll nun eine verbesserte Impf- und Teststrategie ErzieherInnen besser schützen. Wichtig sei auch, dass die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden. Das, so die Ministerin, würde in den Kitas sehr gut funktionieren. Das zeige die Studie. Das Ziel bleibe, keine erneuten flächendeckenden Schließungen von Kitas, Kindertagespflegestellen oder Schulen. In den Kitas in Deutschland sind nach Angaben von Giffey im Schnitt momentan etwa 75 Prozent der Plätze belegt.

Der 3. Quartalsbericht des RKI

Leider konnten wir den Bericht vom 1. April 2021 nicht erhalten. Im 3. Quartalsbericht des RKI vom 11. März 2021 der Corona-Kita-Studie, den wir hier zum Download bereitstellen, hießt es zum Thema Abstandsregeln. „Das Abstandhalten kann insbesondere zwischen Beschäftigten und den Kindern der eigenen Gruppe überwiegend nicht oder schlecht umgesetzt werden, zuletzt betraf dies drei Viertel der Einrichtungen.“ Dagegen konnten die Kontaktmöglichkeiten, insbesondere zwischen Gruppen, im Zeitraum Oktober bis Januar 2021 nach Einschätzung der befragten Leitungen zunehmend erfolgreich umgesetzt werden.

Es bleibt also spannend, wie sich Bundesregierung und Bundesländer in den kommenden Tagen entscheiden.