Bundesrat fordert Mutterschutz für Selbstständige

Selbstständige sollen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung die gleichen Mutterschutzleistungen erhalten wie Arbeitnehmerinnen

Selbstständige sollen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung die gleichen Mutterschutzleistungen erhalten wie Arbeitnehmerinnen. Dies fordert der Bundesrat von der Bundesregierung in einer Entschließung, die auf eine Initiative von Nordrhein-Westfalen und Hamburg zurückgeht.

Geringer Frauenanteil bei Selbstständigen 

Der Bundesrat begründet seine Forderung mit dem immer noch auffällig niedrigen Anteil von Frauen bei Unternehmensgründungen und in der Geschäftsführung von Start-Ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen. 

Gleichbehandlung mit Arbeitnehmerinnen

Die deutsche Rechtsordnung enthalte Regelungen für Arbeitnehmerinnen, Beamtinnen und Richterinnen – nicht jedoch für Selbstständige. Es müssten gleichwertige Verhältnisse in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen werden, um den Frauenanteil unter den Selbstständigen zu erhöhen. Daher sei es notwendig, die bestehenden Nachteile für selbständige Schwangere oder Mütter in der Zeit nach der Entbindung abzubauen, um so einen wichtigen Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern zu leisten.

Unternehmerinnen im Handwerk besonders betroffen

Gerade junge Unternehmerinnen hätten oft noch keine Rücklagen für eine ausreichende Vorsorge. Ihnen drohten beim Ausfall durch Schwangerschaft und Geburt Auftragseinbußen und Umsatzrückgänge, die bis zur Insolvenz führen könnten. Unternehmerinnen im Handwerk seien besonders betroffen, da die Arbeit oft körperlich belastend und in dieser Lebensphase der Investitionsbedarf besonders hoch sei. Daher müssten für Gründerinnen und Selbstständige Instrumente geschaffen werden, die einerseits Rückhalt zur Gründung geben und andererseits schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern, verlangt der Bundesrat. Finanziert werden könnten diese Instrumente durch Bundesmittel oder durch Schaffung eines solidarischen Umlagesystems.

Wie es weitergeht

Die Entschließung wird der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, wann sie sich mit den Länderforderungen befasst. Feste Fristvorgaben gibt es hierfür nicht.

Quelle: Deutscher Bundesrat




Warum Mütter ihre eigenen Kinder am Geruch erkennen können

Schwangerschaft verändert das Gehirn: Stammzellen formen den Geruchssinn bei Wöchnerinnen

Im Tierreich gilt: Eltern müssen ihren Nachwuchs am Geruch erkennen. So ist gewährleistet, dass sie ihre eigenen Jungen aufziehen. Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Fiona Doetsch am Biozentrum der Universität Basel hat nun bei Mäusen gezeigt, dass genau zu diesem Zweck im Riechkolben des Gehirns vorübergehend neue Nervenzellen gebildet werden. Sie entwickeln sich während der Schwangerschaft und verschwinden einige Wochen nach der Geburt wieder. Diese neuen Neuronen im Gehirn der Mutter sorgen dafür, dass sie die eigenen Kinder am Geruch erkennt.

Neue Neuronen aus neuronalen Stammzellen

Doch woher stammen diese neuen Neuronen? Sie entstehen aus sogenannten neuronalen Stammzellen. Dies sind unreife Zellen in bestimmten Regionen des erwachsenen Gehirns. Doetschs Team untersucht Stammzellen in der sogenannten ventrikulär-subventrikulären Zone bei ausgewachsenen Mäusen. Diese bilden Nervenzellen, die in den Riechkolben wandern. In früheren Arbeiten konnten die Forschenden bereits zeigen, dass einige dieser Stammzellen durch Reize wie Hunger und Sättigung aktiviert werden. Bislang war jedoch unklar, ob auch andere Stimuli bestimmte Pools von Stammzellen anregen.

Bildung neuer Nervenzellen in der Schwangerschaft

In ihrer neuen Studie in „Science“ zeigen die Forschenden nun, dass bei trächtigen Mäusen verschiedene Pools von Stammzellen synchron aktiviert werden und neue Nervenzellen bilden. Normalerweise befinden sich viele dieser Stammzellen in einem «Schlafzustand». Werden sie in der Schwangerschaft aktiviert, so reifen seltene Arten von Neuronen heran. Zum Zeitpunkt der Geburt wandern diese vorübergehend in den Riechkolben, einer Region im Gehirn, die Informationen über Gerüche verarbeitet.

Veränderter Geruchssinn

Die neuen Neuronen haben eine wichtige Aufgabe. Während der frühen Mutterschaft sensibilisieren diese den Geruchssinn der Mutter, so dass diese ihrer Jungen am Geruch erkennt. Auch im Menschen gibt es im gleichen Hirnareal solche Stammzellen, die jedoch eigentlich ab dem frühen Säuglingsalter keine Neuronen für den Riechkolben mehr ausbilden.

Von der Maus zur Mutter

„Einige Frauen berichten über Veränderungen des Geruchsinns während der Schwangerschaft“, sagt Erstautorin Dr. Zayna Chaker. „Beim Menschen könnte es daher ähnlich sein. Auch hier könnte die Schwangerschaft Stammzellen aus ihrem Schlafzustand wecken.“

Perfektes Timing für Elternschaft

Dabei sind es verschiedene Stammzellpools, die im Verlauf einer Schwangerschaft wellenartig und zu unterschiedlichen Zeit angeregt werden. Die Wanderung der Neuronen zum Riechkolben und ihre Ausreifung fallen zeitlich mit dem Ende der Schwangerschaft zusammen. «Das Timing ist sehr präzise. Die neuen Neuronen sind pünktlich zur Geburt parat», sagt Doetsch. «Sie werden jedoch nur vorübergehend benötigt und wieder beseitigt, wenn der Nachwuchs älter und selbstständig ist.» Die Rekrutierung von Stammzellen bei trächtigen Tieren bereitet das Gehirn also punktuell auf den spezifischen Bedarf in der Mutterschaft vor.

Zukünftig möchte das Team von Fiona Doetsch untersuchen, welche Signale die Stammzellrekrutierung und Neubildung von Nervenzellen während der Schwangerschaft auslösen. Auch ist noch unklar, warum und wie die neu gebildeten Neuronen aus dem Riechkolben eliminiert werden. Außerdem stellt sich die Frage, ob bei werdenden Vätern das Gehirn auf ähnliche Weise umgebaut wird.

Gehirnplastizität durch neue Neuronen

Die beschriebenen Anpassungen im Gehirn beweisen einmal mehr, dass die sogenannte Plastizität unseres Gehirns nicht allein auf die Veränderungen der Nervenverbindungen, den Synapsen, zurückzuführen ist. Auch die Rekrutierung ausgewählter Stammzellen und die damit verbundene Bildung spezifischer Nervenzelltypen trägt dazu bei, dass sich unser Gehirn anpassen und auf veränderte Lebensbedingungen reagieren kann.

Originalpublikation

Zayna Chaker, Corina Segalada, Jonas A. Kretz, Ilhan E. Acar, Ana C. Delgado, Valerie Crotet, Andreas E. Moor and Fiona Doetsch.
Pregnancy-responsive pools of adult neural stem cells for transient neurogenesis in mothers.
Science (2023), doi: 10.1126/science.abo5199

Heike Sacher, Katrin Bühler, Universität Basel




Gesunde Entwicklung dank älterer Geschwister

Kinder mit älteren Brüdern oder Schwestern entwickeln seltener Probleme

Bereits in den ersten Lebensjahren entwickeln Kinder die kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten, die für ihre lebenslange Gesundheit und Leistungsfähigkeit die Grundlage bilden. Sind Kinder in besonders kritischen Lebensabschnitten Stress ausgesetzt, kann ihre Entwicklung jedoch langfristig Schaden nehmen. Ein besonders starker Stressfaktor für Kinder ist der Stress, dem die Mutter ausgesetzt ist, und der sich bereits während der Schwangerschaft negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Kindes auswirken kann.

In einer neuen Studie untersuchte ein Leipziger Forschungsteam, dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung, der Universität Leipzig, des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung angehören, 373 deutsche Mutter-Kind-Paare von der Schwangerschaft bis zu einem Alter von zehn Jahren anhand von Langzeitdaten aus der LINA-Kohorte (Lifestyle and environmental factors and their influence on the newborn allergy risk).

Die Mütter füllten insgesamt drei Fragebögen aus, in denen sie jeweils ihr eigenes Stressempfinden und eventuell vorhandene Verhaltensprobleme ihres Kindes bewerten sollten. Die Forschenden untersuchten zunächst, welche sozialen und Umweltfaktoren mit einem tatsächlichen Anstieg des Stressniveaus der Mütter während der Schwangerschaft im Zusammenhang stehen könnten und ob dieser Stress sich langfristig negativ auf das Verhalten des Kindes auswirkt. In einem zweiten Schritt untersuchten die Forschenden, ob Kinder, die Geschwister haben, weniger häufig Verhaltensprobleme entwickeln. Könnten Geschwisterkinder das psychische Wohlbefinden ihrer Brüder oder Schwestern steigern, indem sie die negativen Folgen mütterlichen Stresses indirekt abfedern?

Pränataler Stress kann beim Kind Verhaltensprobleme hervorrufen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sozio-ökologische Stressfaktoren, wie etwa das Fehlen adäquater sozialer Räume in der Nachbarschaft, eindeutig mit einem Anstieg des Stressniveaus in der Schwangerschaft verbunden waren. Außerdem berichteten Frauen, die während der Schwangerschaft starkem Stress – Sorgen, Traurigkeit oder Anspannung – ausgesetzt waren, häufiger über Verhaltensprobleme ihrer Kinder im Alter von sieben, acht oder zehn Jahren. „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass selbst milde Formen von pränatalem Stress noch Jahre später negative Auswirkungen auf das Verhalten von Kindern haben können und unterstreichen die Bedeutung frühzeitiger Interventionsmaßnahmen, die das Wohlbefinden von Müttern steigern und die Risiken von mütterlichem Stress bereits während der Schwangerschaft verringern können“, erklärt Federica Amici von der Universität Leipzig und vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, eine der an dem Projekt beteiligten Forscherinnen.

Eine positive Erkenntnis der Studie war jedoch, dass Verhaltensprobleme bei Kindern mit älteren Geschwistern seltener auftraten. „Kinder mit älteren Brüdern oder Schwestern, die ebenfalls im Haushalt leben, entwickeln seltener Probleme, was darauf hindeutet, dass Geschwister zur gesunden Entwicklung eines Kindes beitragen können“, erklärt Gunda Herberth vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, Koordinatorin der LINA-Studie.

Bessere Sozialkompetenz durch ältere Geschwister?

Obwohl die Anwesenheit älterer Geschwister die Wahrscheinlichkeit verringert, dass ein Kind Verhaltensprobleme entwickelt, werden dadurch die negativen Auswirkungen mütterlichen Stresses auf das kindliche Verhalten nicht ausgeglichen. Wie verringern ältere Geschwister das Auftreten von Verhaltensproblemen bei ihren Brüdern und Schwestern? Möglicherweise helfen sie bei der Herausbildung wichtiger Sozialkompetenzen – sich beispielsweise in andere Personen, ihre Gedanken- und Gefühlswelt hineinversetzen zu können – sowie dabei, Strategien zur Problemlösung zu entwickeln. Darüber hinaus können ältere Geschwister Eltern zusätzliche Lernmöglichkeiten bieten. So können Eltern ihre Erwartungen an ihre Kinder und sich selbst überdenken und möglicherweise sogar an ihren elterlichen Fähigkeiten arbeiten und diese verbessern.


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„Besonders beeindruckt waren wir, was für eine wichtige Rolle Geschwisterkinder für eine gesunde Kindesentwicklung spielen“, fasst Anja Widdig zusammen, die an der Universität Leipzig, am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung forscht. „Wir hoffen, dass die Ergebnisse unserer Studie dabei helfen werden, die Bedürfnisse von Kindern und ihren Geschwistern in den Fokus einer integrativen öffentlichen Gesundheitspolitik zu rücken – um für sie ein gesundes Umfeld zu schaffen, dass zu ihrem Wohlergehen beiträgt und die Herausbildung qualitativ hochwertiger Geschwisterbeziehungen fördert.“

Originalveröffentlichung:

Federica Amici, Stefan Röder, Wieland Kiess, Michael Borte, Ana C. Zenclussen, Anja Widdig & Gunda Herberth

Maternal stress, child behavior and the promotive role of older siblings

BMC Public Health, 29 April 2022

https://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12889-022-13261-2




So geht das mit den Geschwisterchen

Ein-Baby-wird-geboren

Pauline Oud: Ein Baby wird geboren

In Mamas Bauch wächst ein Baby und Hanna wird bald große Schwester. Wie kommt das Baby da hinein? Und was macht es da drin? Alle wichtigen Fragen um Schwangerschaft und Geburt beantwortet dieses Bilderbuch alltagsnah und mit einem sanften Lächeln.

Es gibt Torte! Hanna freut sich natürlich. Aber was ist der Grund zum Feiern? Papa – das ist der mit dem merkwürdigen Bart – und Mama – das ist die mit dem seligen Lächeln – erzählen es ihr: Sie bekommt ein Geschwisterchen. Natürlich hat Hanna viele Fragen. Vor allem: Wie kommt das Baby da hinein?

Papa ist ganz stolz: „Dafür habe ich gesorgt“, sagt er. Und Mama relativiert sofort: „Dabei habe ich auch mitgeholfen.“ Es folgt, sehr kindgerecht mit knappen Worten beschrieben und mit angenehm klaren Bildern illustriert, die Geschichte mit den Eiern und den Samen. Selbstverständlich muss Hanna das sofort in der Kita erzählen und es ergeben sich sofort noch mehr Fragen: Wie hat der Papa das gemacht? Also den Samen in die Mama hineingekriegt? Mit einer Operation? Der Arztkoffer wird herbeigeholt und ein lustiges Doktorspiel entspinnt sich.

Mit sehr viel Witz erklärt Pauline Oud in diesem sehr freundlichen Bilderbuch, wie sich das Baby im Bauch entwickelt, ob Männer auch Kinder kriegen können, ob Oma und Opa auch schwanger sind (wegen Opas dickem Bauch) und wie zwei Männer oder zwei Frauen ein Baby bekommen können. Alles wird anhand typischer Kinderfragen beantwortet, in kurzen Abschnitten, ohne eher an Eltern gerichtete Vorträge. Auf der letzten Doppelseite ist noch einmal der gesamte Schwangerschaftsablauf in Bildern dargestellt.

Ein klasse Buch für die jüngeren Kita-Kinder, das sich wunderbar zum Einstieg in Gespräche zu allen Themen rund um Körper und Gefühle eignet. Nur dem Papa hätte ich eine etwas größere Rolle gewünscht. Also außer der Geschichte mit dem Samen und dem Wickeln nach der Geburt. Denn da beteiligen sich Männer heutzutage deutlich stärker, auch während der Schwangerschaft. Dennoch: ein absolut gelungenes Bilderbuch!

Ralf Ruhl

Bibliographie

Pauline Oud
Ein Baby wird geboren
Hardcover, 40 Seiten
ab 3 Jahre
Coppenrath 2021
ISBN 978-3-649-63720-2
15,00 Euro