Schwimmunterricht auf dem Prüfstand: Was Kindern wirklich Sicherheit gibt

Internationale Studie zeigt: Deutsche Kinder bewegen sich vergleichsweise souverän im Wasser – dennoch gibt es Handlungsbedarf im Schulschwimmen
Kinder in Deutschland verfügen im europäischen Vergleich über solide schwimmerische Grundlagen und zeigen auch bei komplexeren Anforderungen ein gutes Maß an Wassersouveränität. Das zeigen erste Ergebnisse der internationalen ALFAC-Studie (Aquatic Literacy For All Children), die nun von der Europa-Universität Flensburg, der Deutschen Sporthochschule Köln und der Universität Kassel veröffentlicht wurden. Besonders beim Schweben, Tauchen, Springen und Atmen schnitten viele Kinder gut ab – auch bei Übungen in Kleidung und unter erschwerten Bedingungen.
Allerdings zeigt sich europaweit ein deutliches Defizit beim (Unter-)Tauchen, beim mutigen Springen ins Wasser sowie bei der Einschätzung von Gefahrensituationen. Viele Kinder wählen lieber einfache Wege beim Ein- und Ausstieg und vermeiden riskantere, aber realistischere Alltagssituationen im Wasser.
Stärkere Ausrichtung des Schwimmunterrichts auf Wassersicherheit empfohlen
Die Studienergebnisse geben laut Projektleiterin Dr. Nele Schlapkohl von der Europa-Universität Flensburg wichtige Impulse für die Weiterentwicklung des Schwimmunterrichts. Nicht allein die Technik, sondern vor allem Sicherheit und Selbstvertrauen im Wasser sollten künftig stärker in den Fokus rücken – sowohl im Schulunterricht als auch im Vereinssport.
Ein ganzheitlich verstandener Schwimmunterricht, der auch das Erkennen und Einschätzen von Gefahrensituationen fördert, trägt nicht nur zur Unfallprävention, sondern auch zur Stärkung der Selbstwirksamkeit von Kindern bei. So lernen sie, sich nicht nur sicher zu bewegen, sondern ihre Umwelt auch aktiv mitzugestalten – sei es beim Schwimmbadausflug, beim Schulsport oder beim Familienurlaub am Meer.
Aquatic Literacy als Basis für kindgerechte Schwimmförderung
Das zugrunde liegende Konzept der Aquatic Literacy beschreibt umfassend die Fähigkeiten, die Kinder benötigen, um sich sicher, eigenständig und reflektiert im Wasser zu bewegen. In der Studie wurden Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren europaweit untersucht. Ziel war es, die Effektivität verschiedener nationaler Schwimmausbildungen zu vergleichen und daraus konkrete Empfehlungen für den Schwimmunterricht abzuleiten.
Gerade für ein Land wie Deutschland – mit vielen Seen, Flüssen und der Nähe zur Nord- und Ostsee – ist eine fundierte Wassersicherheit essenziell. Die Erkenntnisse aus der Studie sollen künftig in die Ausbildung von Sportlehrkräften und die Gestaltung eines praxisnahen, kindgerechten Schwimmunterrichts einfließen. Ein sicherer Schwimmunterricht beginnt nicht mit der Kraultechnik, sondern mit dem Vertrauen ins eigene Können, dem Erkennen von Risiken und dem spielerischen Üben realitätsnaher Situationen. Mit einem ganzheitlichen Verständnis von Schwimmfähigkeit lässt sich nicht nur die Zahl der Badeunfälle verringern – sondern auch die Freude und Teilhabe von Kindern an sportlichen und alltäglichen Aktivitäten im Wasser stärken.