Brain-Drain-Effekt: enorme Herausforderung für die Pädagogik

22 Studien und ein Ergebnis: Gedächtnisleistungen und Aufmerksamkeit sind stark negativ beeinflusst

Ein Blick in die Parlamente zeigt: viele Abgeordnete hören nicht zu, sondern wischen, was das Zeug hält. Selbst auf der Regierungsbank ist diese Haltung weit verbreitet, was Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Herbst 2022 dazu bewogen hat, eine „Handy-Enthaltsamkeit“ im Deutschen Bundestag anzumahnen. Solch ein Verhalten schade der Außenwirkung der Demokratie, so Bas.

Erste Studie von Adrian F. Ward

Viel schwerwiegender als der unkontrollierte Gebrauch ist jedoch ein Effekt, der in der Forschung als Brain-Drain-Effekt bezeichnet wird. Klaus Zierer, Lehrstuhlinhaber für Schulpädagogik, erläutert: „Der Brain-Drain-Effekt geht zurück auf die gleichnamige Studie von Adrian F. Ward und Kollegen aus dem Jahr 2017, die als erstes belegten, dass alleine die Anwesenheit des Smartphones sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Gedächtnisleistung reduziert.“

Wie so oft in der psychologischen Forschung konnten diese Ergebnisse nicht Eins zu Eins repliziert werden, so dass sich die Frage stellt, ob es den Brain-Drain-Effekt nun wirklich gibt oder nicht. Dieser Forschungsfrage geht deshalb eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Zierer in einer kürzlich veröffentlichten Meta-Analyse „Does the Brain Drain Effect Really Exist?“ nach.

Gedächtnisleistungen und Aufmerksamkeit sind stärker betroffen

Hierfür suchten sie internationale Studien, die sich mit diesem Effekt befassten. Sie fanden 22 solcher Studien, die im Ergebnis bestätigen, was Ward und Kollegen bereits 2017 festgestellt hatten: Die bloße physische Präsenz des Smartphones beeinflusst die kognitive Leistungsfähigkeit ihrer Besitzerinnen und Besitzer, wenn auch unterschiedlich: Gedächtnisleistungen und Aufmerksamkeit sind stärker betroffen als das Erledigen einfacher Leistungstests, beispielsweise Buchstabieren. Interessant ist auch, dass kulturelle Unterschiede in den Studien festzustellen sind. In Asien beispielsweise sind die negativen Effekte noch stärker ausgeprägt als in Nordamerika und Europa. Ein Grund für divergierende Ergebnisse sieht Zierer in sich immer mehr anbahnenden und ausbreitenden Abhängigkeitsmechanismen: „Menschen, die bereits viel Zeit mit ihrem Smartphone verbringen, sind von der Abwesenheit des Smartphones mittlerweile sogar mehr gestresst als von der Anwesenheit.“

Der Gebrauch digitaler Medien muss reguliert, kontrolliert und begleitet werden

Dieses Ergebnis ist vor allem für Bildung und Erziehung hochrelevant, da Kinder und Jugendliche Smartphones besonders intensiv nutzen. Die Augsburger Forscher der Meta-Analyse, Tobias Böttger, Michael Poschik und Klaus Zierer, kommen in dieser Frage zu einer klaren Empfehlung: Der Gebrauch digitaler Medien muss aus pädagogischen Gründen reguliert, kontrolliert und begleitet werden. Medienerziehung müsse deshalb zwei Perspektiven umfassen: „Zum einen müssen insbesondere Kinder vor einer inhaltlich und zeitlich unkontrollierten Nutzung von Smartphones geschützt werden.“

Dafür seien auch generelle Verbote insbesondere in Schulen hilfreich, wie es zuletzt die UNESCO in ihrem Global Education Monitoring Report (2023) angesprochen habe. Hierbei sei vor allem an die Grundschule, aber auch an die Unterstufen der weiterführenden Schulen zu denken. „Zum anderen müssen schulische Konzepte entwickelt werden“, argumentiert die Augsburger Forschergruppe in ihrem Artikel, „die Jugendliche an die Nutzung von Smartphones mit Augenmaß heranführen und dabei ein hohes Maß an Selbstreflexion und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt stellen.“ Dies erfordere auch seitens der Lehrpersonen nicht nur technische Kenntnisse, sondern vor allem auch Wissen über das Ablenkungspotenzial von Smartphones und deren Einfluss auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit und allgemeine kognitive Leistungen. „Es wäre unverantwortlich, die naive Nutzung digitaler Medien unreflektiert in pädagogische Kontexte zu übertragen“, betont Zierer.

Originalpublikation:

Böttger, T.; Poschik, M.; Zierer, K. Does the Brain Drain Effect Really Exist? A Meta-Analysis. Behav. Sci. 2023, 13, 751. https://doi.org/10.3390/bs13090751

Michael Hallermeyer/Universität Augsburg




Musikunterricht mit dem Smartphone

Musikpädagoge setzt auf die Virtuosität der Schüler:innen an digitalen Geräten

Wer in seiner Freizeit Klavier, Cello oder Violine spielt, hat es im Schulmusikunterricht häufig leichter. Aber dieser Weg steht nicht allen Kindern offen und viele Jugendliche können oder wollen nicht über viele Jahre ein Musikinstrument lernen. Oder sie haben wenig Bezug zu klassischer Musik und den damit verbundenen Musikpraxen. Ein Smartphone oder Tablet haben hingegen fast alle und verstehen damit vielfach virtuos umgehen.

Praktiken der digitalen Gesellschaft nutzen

Warum also nicht die Möglichkeiten und Praktiken der digitalen Gesellschaft in den Musikunterricht integrieren und dadurch mehr Kindern und Jugendlichen einen Zugang zum Musiklernen und Musikmachen eröffnen? Genau darauf setzt Marc Godau, neuer Professor für Musikpädagogik und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe (PHKA), der im Mai die Nachfolge des in Ruhestand gegangenen Josef Kloppenburg angetreten hat.

In seiner Forschung zu musikdidaktischen Fragen der Digitalisierung nimmt Godau besonders das Musikmachen und Musiklernen mit digitalen Technologien wie Smartphones, Laptops oder im Internet in den Blick. Außerdem entwickelt er neue Unterrichtskonzepte, die es Schülerinnen und Schülern ermöglichen, mit analogen und digitalen Musikinstrumenten Populäre Musik zu erfinden. „Kinder und Jugendliche sollten auch im Unterricht die Musik machen können, die für sie relevant ist“, sagt der ehemalige Musik- und Deutschlehrer, der 2012 als „Lehrer des Jahres im Land Brandenburg“ nominiert wurde und sich in seiner Doktorarbeit mit Gruppenprozessen beim selbstständigen Klassenmusizieren mit Populärer Musik beschäftigt hat.

Appmusik an der Universität der Künste Berlin

Außerdem ist der Musikdidaktiker Mitbegründer der Forschungsstelle Appmusik an der Universität der Künste Berlin sowie des Kulturangebots app2music und verantwortete bis April 2022 den dualen Studiengang Musikpädagogik und Musikvermittlung in Sozialer Arbeit an der Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam.

Kreativität in (post-)digitalen Gemeinschaften

Aktuell leitet er eine von zwei Teilstudien des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojektes „MusCoDA – Musical Communities in the (Post)Digital Age“. Im Fokus des Verbundprojekts mit der Universität Erfurt steht die Erforschung von Songwriting-Prozessen als Beispiel kollektiver Kreativität in (post-)digitalen Gemeinschaften. Im Projekt an der PHKA steht die Frage im Zentrum, wie informelle, außerinstitutionelle Bands Musik erfinden, welche Technologien sie beim Songwriting einsetzen und wie sich musikalische Lern- und Bildungsprozesse insgesamt im Bereich Populäre Musik gewandelt haben. Dabei sind neben „klassischen“ Orten wie dem Konzertsaal vor allem Plattformen wie Instagram, TikTok oder Spotify zu wichtigen Kontexten des Musikmachens geworden. Die aus den (semi)professionellen Bands gewonnenen Erkenntnisse sollen in Methoden für das Musikmachen im Schulunterricht übersetzt und an Schulen erprobt werden.

„Auch du kannst Musik machen!“

„Musikunterricht sollte Schülerinnen und Schülern vermitteln ‚Auch du kannst Musik machen!‘, ihnen Partizipationsmöglichkeiten schaffen“, sagt Marc Godau, der früher in einer Rockband gespielt hat und jetzt in einer Soulband singt. Dabei sei es wichtig, neue Musikformen und -praxen wissenschaftlich zu untersuchen und im Schulmusikunterricht Realität werden zu lassen. Und dies am besten durch selbstgesteuertes kreatives Lernen.

„Vielerorts hat Populäre Musik an Schulen recht wenig mit Populärer Musik zu tun, weil sich die Vermittlungsmethoden oft an Traditionen aus dem Orchester orientieren. Demgegenüber lernen in vielen Keller-Bands Kinder und Jugendliche von¬einander, nicht von einer Lehrperson oder einer Dirigentin. Vielmehr experimentieren sie auf ihren Instrumenten und schauen sich auf YouTube Tutorials oder auf TikTok Kurzvideos an“, erläutert der Wissenschaftler. Und betont: „An solchen informell-außerschulischen Lernpraktiken sollte sich auch der Schulmusikunterricht orientieren.“

Es sei nicht nur ein tolles Gefühl, sich selbst etwas beigebracht zu haben, sondern ermögliche grundlegende Kompetenzen. „Wichtig für eine künftige Musikpädagogik ist es, die diversen Musikpraxen und deren Technologien aufzugreifen“, so der Musikdidaktiker. Ob Musik auf dem Klavier, mit Apps auf dem Smartphone oder in einem Onlinechor gemacht wird, sollte sich an den Menschen und Partizipationschancen ausrichten.

Über die Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Als bildungswissenschaftliche Hochschule mit Promotions- und Habilitationsrecht forscht und lehrt die Pädagogische Hochschule Karlsruhe (PHKA) zu schulischen und außerschulischen Bildungsprozessen. Ihr unverwechselbares Profil prägen der Fokus auf Bildung in der demokratischen Gesellschaft, Bildungsprozesse in der digitalen Welt sowie MINT in einer Kultur der Nachhaltigkeit. Rund 220 in der Wissenschaft Tätige betreuen rund 3.600 Studierende. Das Studienangebot umfasst Lehramtsstudiengänge für die Primarstufe und die Sekundarstufe I sowie Bachelor- und Masterstudiengänge für andere Bildungsfelder. Die berufsbegleitenden Weiterbildungsangebote zeichnen sich durch ihre besondere Nähe zu Forschung und Praxis aus. https://www.ph-karlsruhe.de

Regina Thelen/PH Karlsruhe

Weitere Informationen:

http://www.ph-karlsruhe.de/projekte/muscoda




Grundschulkinder und Jugendliche rund 111 Minuten täglich im Netz

59 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen können sich ein Leben ohne Internet nicht vorstellen

Chatten, Videos schauen, Informationen suchen: So gut wie alle Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren (98 Prozent) nutzen ein Smartphone oder Tablet. Letzlich setzen mittlerweile ja auch voraus, dass Kinder sich viele notwendigen Informationen aus dem Netz ziehen können. Selbst die Jüngsten zwischen sechs und neun Jahren (95 Prozent) nutzen zumindest eines dieser beiden Geräte. Mit diesen oder anderen Geräten verbringen Deutschlands Kinder und Jugendliche im Alter ab sechs Jahren jeden Tag im Schnitt fast zwei Stunden (111 Minuten) im Netz.

Die Online-Zeit steigt mit dem Alter stark an: So sind Sechs- bis Neunjährige durchschnittlich 49 Minuten pro Tag im Internet und Zehn- bis Zwölfjährige eine Stunde und 27 Minuten. Jugendliche ab 13 Jahren verbringen über zwei Stunden im Netz: 13- bis 15-Jährige zwei Stunden und 20 Minuten, 16- bis 18-Jährige zwei Stunden und 46 Minuten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 900 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren befragt wurden. Die Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Kinder und Jugendlichen, bei den jüngeren im Beisein der Eltern.

Kinder haben immer früher Kontakt mit Smartphone und Tablet

Sehr früh kommen Kinder und Jugendliche mit digitalen Medien und Geräten in Kontakt. 88 Prozent der Sechs- bis 18-Jährigen verbringen zumindest ab und zu Zeit im Internet. Fast genauso viele (87 Prozent) nutzen selbstständig oder zusammen mit ihren Eltern ein Smartphone. Acht von zehn Kindern und Jugendlichen (80 Prozent) nutzen Tablets – vor allem die Jüngeren zwischen sechs und neun Jahren (86 Prozent).

Mit dem Alter nimmt die Tablet-Nutzung leicht ab. 85 Prozent der Zehn- bis Zwölfährigen verwenden Tablets, unter den 16- bis 18-Jährigen noch 74 Prozent. Smartphones hingegen gehören ab dem Grundschulalter zum Alltag dazu: Während 66 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen Smartphones nutzen, sind es bei den Zehn- bis Zwölfjährigen 92 Prozent und ab dem Alter von zwölf Jahren gibt es kaum ein Kind ohne Smartphone.

Viele Kinder und Jugendliche haben schon früh ein eigenes Gerät: So geben 36 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen an, ein Tablet zu besitzen, ab zehn Jahren ist es mehr als die Hälfte. Insgesamt besitzt jede oder jeder Zweite zwischen sechs und 18 Jahren ein Tablet (50 Prozent). Auch der Smartphone-Besitz (gesamt: 71 Prozent) steigt mit dem Alter rasant: Während 21 Prozent der Sechs- bis Neunährigen ein eigenes Handy besitzen, sind es unter den Zehn- bis Zwölfährigen schon 86 Prozent und bei den 13- bis 15-Jährigen sogar 95 Prozent.

Das bedeutet aber auch, dass bei den Sechs- bis Neunjährigen 64 Prozent kein Tablet und 79 Prozent kein Smartphone besitzen. Erst in der weiterführenden Schule scheint der Großteil der Eltern geneigt, ihren Kindern ein solches Gerät zu beschaffen. Vorher verfügt der weitaus größte Teil eben über keines der beiden Geräte, womit Grundschulehrkräfte nicht annehmen dürfen, dass ihre Schüler und Schülerinnen darüber verfügen können.

Im Langzeit-Vergleich kommen Kinder und Jugendliche der Bitkom-Studie zufolge immer früher mit digitalen Endgeräten in Kontakt. Im Jahr 2014 nutzten lediglich 20 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen ab und zu ein Smartphone, aktuell sind es 64 Prozent. Bei den Zehn- bis Elfjährigen stieg der Nutzungsanteil von 57 Prozent im Jahr 2014 auf 87 Prozent im Jahr 2022. Auch bei den 16- bis 18-Jährigen ist die Handy-Nutzung heute nochmals ausgeprägter und stieg von 88 Prozent (2014) um weitere neun Prozentpunkte auf 97 Prozent.

Messenger- und Streaming-Dienste sind beim Nachwuchs am beliebtesten

Die Zeit im Netz verbringen Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren am liebsten mit Chatten oder Video-Streaming. So verschicken mehr als acht von zehn Kindern und Jugendlichen zumindest gelegentlich Chat-Nachrichten (86 Prozent) und schauen Filme, Serien und Co. (83 Prozent) im Netz. 71 Prozent hören Radio oder Musik und 69 Prozent suchen Informationen für Schule oder Ausbildung. Sechs von zehn spielen Online-Games (61 Prozent). Vier von zehn Kindern und Jugendlichen ab zehn Jahren informieren sich über aktuelle politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachrichten (38 Prozent). Etwa ein Viertel shoppt online (23 Prozent).

YouTube ist die meist genutzte Online-Plattform

Die große Beliebtheit von Videos und Streaming zeigt sich in der Plattformnutzung: Über alle Altersgruppen hinweg dominiert das Videoportal YouTube. So nutzen 82 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen zumindest ab und zu die Internetseite oder App. Mit großem Abstand folgt Instagram. Auf dieser sozialen Plattform ist etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) aktiv – die Nutzung nimmt mit dem Alter jedoch stark zu: Während erst 17 Prozent der Zehn- bis Zwölfjährigen auf Instagram Zeit verbringen, sind es unter den 13- bis 15-Jährigen schon 60 Prozent und 84 Prozent bei den 16- bis 18-Jährigen. TikTok (gesamt: 50 Prozent) hingegen büßt mit dem Alter an Interesse ein. So nutzen zwar knapp zwei Drittel der 13- bis 15-Jährigen (63 Prozent) die Video-Plattform, die Älteren zwischen 16 und 18 Jahren allerdings nur noch zur Hälfte (52 Prozent). Deutlich geringer ist das Interesse an Facebook und Twitter: So nutzen nur zwölf Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen Twitter und elf Prozent Facebook. Von drei Prozent bzw. vier Prozent unter den 10- bis 12-Jährigen steigen die Werte bei den 16- bis 18-Jährigen auf 21 Prozent für Twitter und 17 Prozent für Facebook.

Bei den Kurznachrichtendiensten und Messenger-Apps dominiert WhatsApp die Kommunikation. Hier versenden 82 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen häufig Text-, Bild- oder Sprachnachrichten, weitere zehn Prozent manchmal. Mit deutlichem Abstand folgt Snapchat, worüber sich 52 Prozent häufig oder manchmal austauschen. Den iPhone-basierten Dienst iMessage nutzt noch etwa jede oder jeder Vierte in dieser Altersgruppe (23 Prozent) zumindest manchmal, Skype jede oder jeder Fünfte (20 Prozent). Andere Dienste wie Facebook-Messenger (zwölf Prozent) oder Telegram (acht Prozent) werden von den wenigsten verwendet.

69 Prozent achten in sozialen Netzwerken auf ihre Privatsphäre

Dabei achten viele Kinder und Jugendliche nach eigenen Angaben auf ihre Privatsphäre. So wissen 69 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen, die mindestens ein soziales Netzwerk nutzen, wie sie dort aktiv ihre Privatsphäre-Einstellungen ändern können. 22 Prozent wissen, dass es solche Einstellungen gibt, aber nicht, wie sie diese ändern können. Lediglich sechs Prozent ist die Möglichkeit unbekannt. Wer weiß, wie es geht, macht davon häufig Gebrauch: 83 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit entsprechendem Vorwissen haben ihre Privatsphäre-Einstellungen bereits aktiv geändert.

Grundsätzlich machen Kinder und Jugendliche viele positive Erfahrungen im Internet: 68 Prozent der 10- bis 18-Jährigen finden es gut, online immer mit Freundinnen, Freunden oder ihrer Klasse in Kontakt sein zu können. Etwa jede und jeder Dritte (31 Prozent) hat über das Netz schon neue Freundschaften geschlossen. Zudem haben knapp zwei Drittel (64 Prozent) online ihr Wissen erweitern können und ein Viertel (25 Prozent) hat so seine Leistungen in der Schule oder Ausbildung verbessert. Ob für das soziale Leben, zum Lernen oder einfach zur Unterhaltung: sechs von zehn Kindern und Jugendlichen (59 Prozent) können sich nicht vorstellen, nie wieder online zu sein.

45 Prozent haben negative Erfahrungen im Internet gemacht

Allerdings haben 35 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen das Gefühl, online zu viel Zeit zu verbringen. Und auch negative Erlebnisse gehören für sie dazu: 45 Prozent haben bei der Netz-Nutzung bereits schlechte Erfahrungen gemacht. So haben 19 Prozent Inhalte gesehen, die ihnen Angst eingeflößt haben. Etwa jede oder jeder Sechste (17 Prozent) wurde schon einmal beleidigt oder gemobbt – unter den Zwölf- bis 13-Jährigen gibt sogar fast ein Viertel (23 Prozent) an, im Netz Opfer von Mobbing oder Beleidigungen geworden zu sein. Dass Lügen über sie verbreitet wurden, sagten zwölf Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen. Sexuelle Belästigung ist ein Problem, das vor allem Mädchen betrifft: So wurde bereits fast jedes zehnte Mädchen im Alter zwischen zehn und 18 Jahren von Gleichaltrigen im Netz sexuell belästigt (9 Prozent), jedes zwanzigste Mädchen von Erwachsenen (fünf Prozent). Jungen werden hingegen sehr viel seltener damit konfrontiert (ein Prozent bzw. zwei Prozent).

Kontrolle durch Eltern nimmt mit steigendem Alter der Kinder und Jugendlichen ab

Die Rolle der Eltern bei der Mediennutzung nimmt erwartungsgemäß mit dem Alter stark ab. So dürfen drei Viertel (76 Prozent) der Sechs- bis Neunährigen sowie 58 Prozent der 10- bis 12-Jährigen nur eine bestimmte Zeit online sein. Bei den 13- bis 15-Jährigen trifft das noch auf drei von zehn zu (30 Prozent), bei den 16- bis 18-Jährigen lediglich auf fümf Prozent. Insgesamt erhalten vier von zehn Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren (41 Prozent) zeitliche Vorgaben. Komplettes Online-Verbot erhalten auch mal 31 Prozent von ihren Eltern – 39 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen, aber nur neun Prozent der 16- bis 18-Jährigen. Weiterhin sagen 44 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren, dass ihre Eltern ihnen bei der Internetnutzung nichts verbieten – unter den Sechs- bis Neunjährigen haben nur zwei Prozent alle Freiheiten. Insgesamt gibt ein Fünftel der Sechs- bis 18-Jährigen (19 Prozent) an, nichts vorgeschrieben zu bekommen.

Allerdings bekommen 59 Prozent der Kinder und Jugendlichen von ihren Eltern erklärt, was online erlaubt ist und was nicht. Bei den Sechs- bis Neunjährigen sind es 60 Prozent und bei den 16- bis 18-Jährigen noch knapp die Hälfte (47 Prozent). Das Posten von privaten Inhalten thematisieren insbesondere die Eltern bei ihrem Zwölf- bis 15-jährigen Nachwuchs (75 Prozent) – insgesamt wird bei 59 Prozent aller Kinder und Jugendlichen darüber gesprochen. Generell redet nur ein Drittel (34 Prozent) der Eltern regelmäßig mit ihren Kindern über deren Online-Erfahrungen.

Quelle: Pressemitteilung Bitkom




Umfrage: Kinder in Baden-Württemberg sitzen zu viel vor dem Bildschirm

AOK warnt vor Augenschäden und Entwicklungsproblemen:

Gut jedes zweite Kind in Baden-Württemberg (51 Prozent) schaut an einem durchschnittlichen Tag mindestens eine Stunde auf einen Fernsehbildschirm, Monitor oder auf ein Smartphone-Display. Am Wochenende ist es sogar noch mehr. Jeder Dritte (34 Prozent) gibt an, dass sein Kind mehrmals pro Woche fragt, ob es länger fernsehen oder Computer, Laptop, Tablet beziehungsweise Smartphone nutzen darf. An erster Stelle der von Kindern hierzulande genutzten Geräte steht der Fernseher (78 Prozent). Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts forsa unter 507 Eltern von Kindern zwischen 1 und 18 Jahren, die im Auftrag der AOK Baden-Württemberg im November 2020 durchgeführt wurde.

Viele Jugendliche schauen fast drei Stunden täglich

„Heranwachsende verbringen inzwischen ebenso viel Zeit vor dem Bildschirm wie in der Schule“, sagt Dr. Hans-Peter Zipp, Kinder- und Jugendarzt bei der AOK Baden-Württemberg und bezieht sich dabei auf die 40 Prozent der 15 bis 18-Jährigen, die laut Forsa-Studie täglich drei Stunden oder länger vor dem Bildschirm sitzen. Viele und vor allem ältere Kinder verbringen hierzulande sehr viel Zeit vor einem Bildschirm. Die deutliche Mehrheit der in Baden-Württemberg befragten Eltern (67 Prozent) gibt an, dass ihr Kind an einem durchschnittlichen Samstag bzw. Sonntag mindestens eine Stunde auf einen Bildschirm schaut – darunter 27 Prozent, die schätzen, dass es sogar mindestens drei Stunden sind, was vor allem Jungen betrifft.

Eltern berichten über Beschwerden bei Kindern

Knapp die Hälfte der befragten Eltern (44 Prozent) bemerken laut Forsa-Befragung bei ihrem Kind mindestens eine der folgenden Beschwerden oder Verhaltensweisen: Konzentrationsprobleme (14 Prozent), ungesunde Ernährung oder unregelmäßiges Essen (13 Prozent), Schlafprobleme (11 Prozent) und Kurzsichtigkeit (10 Prozent). Für den AOK-Experten Dr. Zipp ist diese Rückmeldung Anlass zur Besorgnis, „da häufige Mediennutzung vor allem im Kindesalter die allgemeine Entwicklung gefährden kann.“ 

Draußen spielen statt klotzen

Um die Kinder und Jugendlichen vom Bildschirm fernzuhalten und beispielsweise einer Kurzsichtigkeit vorzubeugen, hat Dr. Zipp einen einfachen Tipp: „Täglich etwa zwei Stunden raus an die frische Luft. Das senkt das Risiko, dass eine Kurzsichtigkeit entsteht oder sich stark ausprägt.“ Wie wichtig dieser Ratschlag für den Nachwuchs in Baden-Württemberg ist, verdeutlicht ein Blick auf die Umfrageergebnisse der Forsa-Studie: Gut jeder fünfte Befragte (22 Prozent) sagt, dass sein Kind in der Freizeit keinen Sport treibt – dies trifft erwartungsgemäß vor allem auf Kinder von ein bis drei Jahren zu, aber auch rund ein Viertel der 15-bis 18-Jährigen treibt laut ihrer Eltern privat keinen Sport.

Anmerkung der Redaktion

Natürlich kann eine Befragung, bei der lediglich 507 Eltern befragt werden, nicht wirklch repäsentativ sein. Das gilt auch dann, wenn sie sich lediglich auf ein einzelnes Bundesland wie Baden-Württemberg bezieht. Forsa ist in unseren Augen ein hochprofessionelles Institut, bei dem sicher auch die Methode gepasst hat. So gibt die Studie zumindest eine Tendenz in der Gesellschaft wieder.

Quelle: Pressemitteilung AOK Baden-Württemberg