Mit Pappe und Bildern den Spracherwerb unterstützen

Kinderbücher sind ein Schlüssel zur Sprachförderung – aber nicht immer:

Die schlechteste Antwort, die ein Erwachsener auf die Frage geben kann, warum er ein bestimmtes Kinderbuch gekauft hat, ist: „Weil es mir gefallen hat“. Warum? Die Antwort ist einfach: Nicht der Geschmack eines Erwachsenen ist entscheidend, sondern der des Kindes. Schließlich ist die selbstgefällige Entscheidung der Erwachsenen eine Hauptursache dafür, dass Kinder oftmals keinen Zugang zu Büchern finden und letztlich auch die Motivation dazu.

Bücher sind das Tor zur Welt. Das gilt besonders für Bücher für die Kleinsten: die Pappbücher und Bilderbücher. Hier entdecken Kinder das Buch, lernen die Übertragung in die Zweidimensionalität und entwickeln die Sprachfertigkeit weiter. Leider klappt das immer seltener. Ein Grund: Viele Kinderbücher sind nicht wirklich für Kinder gemacht.

Mit allen Sinnen die Welt entdecken

Pappbilderbücher sind die ersten Bücher, die kleine Kinder in die Hand bekommen. Das geschieht meist im Alter von zehn Monaten bis zwei Jahren. In dieser Zeit ist für Kinder alles neu. Sie entdecken die Welt mit allen Sinnen und lernen sprechen. Das alles geschieht in ihrer engsten Umgebung.

In dieser Altersgruppe müssen Pappbilderbücher an die Alltagswelt und die Entwicklung der Kinder anschließen. So lernen die Kinder, ihre Welt in die zweidimensionale Welt des Buches zu übertragen, verarbeiten ihre Eindrücke und lernen, diese zu benennen. 

Abstrakte Kunst für kleine Kinder  

Wer mit diesem Anspruch die Buchhandlung um die Ecke besucht, erlebt so manches Mal sein blaues Wunder. Da sind zum einen wahre Kunstexperimente, die den Kindern untergeschoben werden. Abstrakte Darstellungen oder stark verniedlichte Darstellungen von Tieren und Menschen, die so stark verändert sind, dass ein Kind im Alter von ein bis zwei Jahren keine Chance hat, sie zu erkennen.

Daneben finden wir bekannte Bilderbücher ins Pappbilderbuch übertragen. Was also bisher für Kinder ab drei oder gar vier Jahren empfohlen wurde, ist jetzt durch die Pappe für Kinder ab einem Jahr geeignet? Zudem finden sich für Zweijährige so packende Themen wie Quantenphysik, Mittagsschlaf oder die Frage nach der Farbe von Küssen. Sollen das spannende Geschichten für Kleinkinder sein?

Es geht oft nur um die Erwachsenen

Sicher nicht! Aber schließlich kaufen auch nicht die Kinder sondern Erwachsene die Bücher. Denen soll der Inhalt gefallen. Zudem kann es so manche BuchhändlerIn gar nicht erwarten, die Kinder mit abstrakter Kunst zu beglücken. Während so einige Verleger meinen, die Chance nutzen zu müssen, um mit seinen Bilderbucherfolgen im Pappeformat noch einmal Reibach zu machen. Weder BuchkäuferInnen, BuchhändlerInnen noch die Verlage denken dabei an die Kinder. Im schlimmsten Fall schaden diese Bücher den Kindern, weil sie entweder überfordert sind oder nichts damit anfangen können.

Vom Meister des Pappbilderbuchs

In einem Interview mit der Literaturgarage hat Helmut Spanner, der Meister des Pappbilderbuchs, über seine Arbeit gesprochen. Schon als Student auf der Kunstakademie setzte er sich vor über 40 Jahren mit dem Pappbilderbuch auseinander. In seiner Examensarbeit widmete er sich dem Thema und stellte in einer kleinen Studie mit 50 Kindergartenkindern fest, warum sie mit so mancher Darstellung einfach nichts anfangen konnten.

Auf diesen Erkenntnissen baute er dann sein Werk auf.  „Bei den Kleinkindern geht es nur um ursprüngliche, einfache, existenzielle Dinge.“, erklärt er. Seine Bücher holen die Kinder eben dort ab, wo sie stehen. Wie auch Prof. Armin Krenz in seinem Artikel über spielen und lernen schreibt, entwickelt sich der Mensch über das Tun. Spanner bezeichnet dies als „Greiferfahrung“.

„Kinder kommen über die Hände“

„Die Kinder kommen über die Hände. Die visuelle Wahrnehmung ist am Ende des zweiten Lebensjahres erst führend. Das heißt, die taktile Wahrnehmung, die Greiferfahrung, ist wichtig, ist eine Vorstufe der rein abstrakten visuellen Wahrnehmung. So lernen die Kinder durch Greifen Wahrnehmung – sie begreifen. Was früher etwa eine Tasse war, in die das Kind reingreifen konnte, taucht jetzt im Buch auf. Hier kann es aber nicht mehr reingreifen. Es kann die Tasse auch nicht mehr umfassen. Es ist eine platte Welt. Die reale Tasse ist Natur und das Buch ist Kultur. Für einen Erwachsenen ist das alles völlig normal. Ein Kind steht aber vor einer völlig unbekannten Welt.“ sagt Spanner.

Kinder entdecken im Buch die Welt neu

Im Buch ist dann alles anders. Und die Kinder entdecken die Welt völlig neu. „Je weiter die Bilder aus dem Greifbereich hinausgehen, desto schwieriger sind sie zu erkennen, desto abstrakter sind sie. Deshalb müssen sich Pappbilderbücher für kleine Kinder möglichst nahe an die Realität halten. Meine Sachen sind nicht vom Erscheinungsbild her, sondern geistig reduziert. Das heißt etwa, dass ich eine Tasse ohne irgendwelche Muster zeichne. Weil ein Kind sonst die Muster mit der Tasse mitlernen würde. Das führt dann später im schlimmsten Fall zu Vorhängen mit Blumenmuster.“

Erste Wörter – Erste Sätze

Natürlich stammt unser Aufmacherbild aus einem der Bücher von Helmut Spanner. Es heißt „Erste Wörter – erste Sätze“ und ist in unserem Schwesterverlag Oberstebrink erschienen. Dr. Dagmar Eckart schreibt auf ihrem Buchblog dazu: „Max badet die Puppe. Lulu schaut zu. Nicki ruht sich aus. Klingt einfach, oder? Für Kinder sind solche Sätze jedoch ein Meilenstein im Spracherwerb. Das Papp-Bilderbuch ,Erste Wörter, erste Sätze’ von Helmut Spanner ist voll davon und hilft Kindern, aus Wörtern Sätze zu bilden.“

Und weiter heißt es: „Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine bunte Truppe kleiner Bären, die genau das tun, was kleine Kinder auch machen: spielen, bewegen, im Haushalt helfen und miteinander agieren. Rund 20 solcher Alltagssituationen passen auf eine Doppelseite. Das erzeugt einerseits ein leicht wimmeliges Gesamtbild, auf dem es immer etwas zu entdecken gibt. Andererseits bleibt genug Raum für kleine, alltagsnahe Details wie eine Nudel, die noch aus dem Topf heraushängt. Immer mit dabei ist ein Baby-Bär, der genau wie die größeren Bären mitmachen möchte. Nicht nur das sorgt für ein angenehm offenes Rollenbild: Ob Bären-Mädchen oder Junge – jeder macht alles und packt überall an … Es gibt erstaunlich wenig Bilderbücher für Kinder unter zwei Jahren, die die Interaktion zwischen Kindern so in den Mittelpunkt stellen.“

Wenke Bönisch von der Kinderbibliothek beschreibt dies: „Spanner verzichtet auf Details im Hintergrund, was viel zu sehr verwirren würde. Die kleinen Leser entdecken so ihre eigene Welt, wenn Taps auf Stelzen balanciert und ein Pflaster auf der Stirn auf eine Schramme hinweist. Oder wenn Tommi über die Drachenschnur fällt, weiß so manches Kind, wie weh es tut. Gestik, Mimik und vor allem die Körperhaltung ist absolut natürlich. Spanner gestaltet illustratorisch die Gegenstände so genau, als würde man sie wahrhaftig spüren – die Wärme des Holzes, das Nass des Abwaschwassers, die metallene Schubkarre. Zu jeder Szene gibt es einen ganz kurzen Satz. Auch hier bleibt Spanner bei seiner Leserschaft: Subjekt, Prädikat, mal ein Objekt. So lernen die Kleinen, die Bilder mit den ersten Wörtern, mit den ersten Sätzen zu verknüpfen. Sie dechiffrieren die Welt und die Sprache. Eine nicht einfache Aufgabe!“

Von diesem und anderen Pappbilderbüchern

Freilich hört sich das Ganze an, wie Werbung für das Buch „Erste Wörter – Erste Sätze“, das die Diplom Pädagogin und Buchhändlerin Gabriele Hoffmann als „DAS Bilderbuch für Sinn erschließenden Spracherwerb“ bezeichnet (siehe auch Video). Aber das Prinzip des Pappbilderbuches wird damit auch klar und genau deshalb haben wir es auch ins Programm genommen. Es gilt, die Entwicklung des Kindes zu beachten, vom Kind aus zu denken, seine Alltagswelt realistisch abzubilden, statt ihm die Gedanken- und Geschmackswelt der Erwachsenen überzustülpen.  

Natürlich hat Spanner noch viel mehr Pappbilderbücher wie etwa die Bestseller „Erste Bilder – erste Wörter“ oder „Ich bin die kleine Katze“ publiziert. Oder denken wir nur an die Bücher von Eric Carle wie etwa „Die kleine Raupe Nimmersatt“, die schon seit über 50 Jahren aus keinem Kindergarten mehr wegzudenken ist.

Und wie soll es nun sein?

Auf die Frage, wie denn ein Pappbilderbuch für Kinder sein sollte, antwortet Spanner: Nahe an der Realität muss es sein, ästhetisch, also geschmacksbildend, es muss einfach sein, echt und ohne Unstimmigkeiten, emotional … Es ist nicht der freie künstlerische Stil, der im Pappbilderbuch gefragt ist. Die Ansprüche gehen vom Kind aus. Ich kann mich eben nicht als freier Maler im Pappbilderbuch verwirklichen. Da bin ich falsch. Das ist eine andere Kategorie. Es geht um die Kinder. Aber nicht in dem Sinne, nur das zu befriedigen, was die Kinder sehen wollen.“ Weitere Infos zu Helmut Spanner unter https://www.helmut-spanner.de.

Vom Wesen der Tiere

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Aufgrund der Hintergründe sind die kleinen Pappbilderbücher etwas komplexer als jene von Helmut Spanner. Deshalb sind die Bücher für Kinder erst ab 18 Monaten geeignet. Dabei hält sich Botman mit den Hintergründen zurück. Diese sind lediglich die Bühne für die Tiere.

Dr. Wenke Bönisch lobt die detailgetreuen und realistischen Abbildungen. „Man spürt fast schon das weiche Fell der Katze oder den harten Panzer der Schildkröte.“, schreibt Sie in ihrer Rezension. Zu jeder Abbildung gibt es einen kleinen Reim, in dem eine Eigenschaft des Tieres hervorgehoben wird. Die Reime bilden den Wortschatz und das Sprachgefühl der Kleinkinder. Mehr Informationen zu den Büchern von Loes Botman finden Sie hier.




Warum Eltern ihren Babys vorsingen sollten

Spiellieder prägen die Sprachfähigkeiten von Kleinkindern

Eltern singen ihren Babys oft Wiegenlieder oder fröhliche Spiellieder vor. Doch wie reagieren Babys auf diese alltäglichen Gesänge – und welche Rolle spielen sie für die kindliche Entwicklung? Diesen Fragen ist ein Forschungsteam der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der University of East London in einer aktuellen Studie nachgegangen. Das Fazit: Welche Lieder Eltern mit ihren Kleinen singen und wie Babys auf unterschiedliche Rhythmen reagieren, hängt mit der späteren Sprachentwicklung der Kinder zusammen. Die Studie erscheint aktuell im Fachjournal Developmental Cognitive Neuroscience.

Vom Instinkt zur bewussten Aktion

Musik spielt eine tiefgreifende Rolle im menschlichen Alltag – und das schon von ganz früh. Weltweit singen Eltern instinktiv für ihre Babys in vielerlei alltäglichen Situationen, etwa beim Wickeln oder Spielen. Dabei wollen sie ihre Kleinen beruhigen, deren Aufmerksamkeit gewinnen oder einfach gemeinsam Spaß haben. Forscherinnen und Forscher aus dem Wiener Kinderstudien Labor der Universität Wien haben sich nun gefragt, wie junge Säuglinge auf unterschiedliche, von der Mutter vorgesungene Rhythmen reagieren und welche Folgen die Wahrnehmung und Verarbeitung dieser Rhythmen für die Sprachentwicklung hat. 

Musik motiviert

Die akustischen Merkmale von Kinderliedern variieren abhängig von ihrem Verwendungszweck: Spiellieder zeichnen sich durch eine höhere Rhythmik, ein schnelleres Tempo und höhere Tonhöhen aus. Sie sind zudem musikalisch vielfältiger und komplexer als Schlaflieder. Letztere sind durch ein langsames Tempo, tiefere Tonhöhen und weniger musikalische Variation gekennzeichnet, um Babys zu beruhigen und beim Einschlafen zu helfen. In einer neuen Studie haben Mütter ihren sieben Monate alten Babys zwei bekannte Kinderlieder vorgesungen – ein Schlaflied („Schlaf, Kindlein schlaf“) und ein Spiellied („Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann“).

Bei den Säuglingen wurde dabei die Gehirnaktivität mittels Elektroenzephalographie (EEG) gemessen. Zusätzlich wurden die rhythmischen Bewegungen (etwa wippen oder strampeln) der Babys beobachtet. Als diese Kinder 20 Monate alt waren, wurden die Eltern mittels Fragebogen über den Wortschatz ihrer Kleinkinder befragt.

Schlaflieder und Spiellieder

Durch moderne Analyseverfahren konnten die Forscherinnen und Forscher zeigen, dass es möglich ist, anhand der Gehirnaktivität der Babys die neurale Verarbeitung beider Arten von Liedern zu beobachten. Dazu Studienerstautorin Trinh Nguyen: „Unsere Ergebnisse zeigten, dass es den Babys leichter fiel, das Schlaflied mit ihrer Gehirnaktivität zu ,tracken’“. Damit ist gemeint, dass die Gehirnwellen den Klang des Gesangs widerspiegeln. Das liegt wahrscheinlich am langsamen Tempo und den einfachen Strukturen des Liedes.

Mehr rhythmische Bewegungen zeigten die Säuglinge allerdings während des Spiellieds.“ Die etwas komplexeren musikalischen Strukturen der Spiellieder könnten anregender sein und die Kinder dadurch motivieren, sich mehr zur Musik zu bewegen. Spannenderweise wirkte sich aber nur das neuronale Tracking in Kombination mit rhythmischen Bewegungen beim Spiellied positiv auf die Größe des Wortschatzes der Kinder im Alter von 20 Monaten aus.

Auf das Lied kommt es an

Die Studie legt nahe, dass die Art und Weise, wie Babys auf unterschiedliche Lieder reagieren, mit ihrer späteren sprachlichen Entwicklung zusammenhängen könnte. Dies eröffnet Möglichkeiten für weitere vertiefende Forschung, um die Mechanismen und genauen Zusammenhänge zwischen musikalischer Wahrnehmung und Sprachentwicklung besser zu verstehen. In weiterführenden Studien untersucht das Forschungsteam zum Beispiel, welche musikalischen Elemente (Tonhöhe, Tempo, Klangfarbe) für Babys besonders anregend sind.

Die Erkenntnisse könnten für die Entwicklung von Interventionsprogrammen hilfreich sein, die die musikalische Interaktion zwischen Eltern und Babys gezielt fördern. Dies könnte von der Frühförderung bis zum Kindergarten und darüber hinaus reichen, um die kognitive und sprachliche Entwicklung von Kindern zu unterstützen.

Originalpublikation:

Trinh Nguyen, Susanne Reisner, Anja Lueger, Sam V. Wass, Stefanie Höhl, & Gabriela Markova: Sing to me, baby: Infants show neural tracking and rhythmic movements to live and dynamic maternal singing. In: Developmental Cognitive Neuroscience, 2023.
DOI: 10.1016/j.dcn.2023.101313

Theresa Bittermann, Universität Wien




Beobachtung und Dokumentation: Ansätze und Praxishilfen für die Kita

Fachbeiträge, Videos und Praxismaterial zum Download rund ums Thema

„Beobachtung ist die Grundlage für eine Pädagogik, in der das KIND und sein Recht auf eine möglichst förderliche Entwicklung im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Mit der Beobachtung fängt jede entwicklungsförderliche Pädagogik an und bildet den Grundstein (das Fundament) für wertschätzende Beziehungserlebnisse sowie begleitende Entwicklungsimpulse“, schreibt Prof. Armin Krenz in seinem Beitrag mit dem Titel „Kindliche Entwicklungsprozesse beobachten und dokumentieren“, den wir bei SPIELEN und LERNEN publiziert haben.

Damit dies einfacher gelingt, ist ein Konzept für die systematische Beobachtung in der Kita notwendig. Eine ganze Reihe von Arbeitshilfen und Instrumente können dabei sehr nützlich sein. Sehr gefragt ist unser Leitfaden zur Vorbereitung für Entwicklungsgespräche, den wir seit langer Zeit schon gratis zum Download anbieten. Bei unserer Internetrecherche ist uns vor allem der deutsche Bildungsserver aufgefallen. In der Rubrik „Entwicklungs- und Bildungsprozesse beobachten und dokumentieren“ finden sich zahlreiche Anregungen und Praxishilfen.

Ansätze und Konzepte

Für alle, die erst einmal einen groben Überblick zum Thema haben wollen, bietet sich das Video zum Thema „Bildungsdokumentation“ von „Schulen ans Netz e.V.“ an. Der kleine Film ist so einfach und eingängig, dass ihn auch Laien gut verstehen können. Mit einer Gesamtlänge von 3:56 Minuten ist er auch gut für einen Elternabend als Einstieg zum Thema geeignet:

Unter den Ansätzen und Konzepten zur systematischen Beobachtung fanden wir vor allem den Beitrag zum Wahrnehmenden Beobachten stark. Die Website zu dem prozessorientierten Verfahren zur Beobachtung und Dokumentation bietet neben zahlreichen Downloads, etlichen Literaturtipps und Praxisbeispielen eine ganze Reihe Online-Vorträge, in denen Prof. Dr. Marjan Alemzadeh durch die vier praktischen Schritte des Wahrnehmenden Beobachtens führt.

Weitere spannende Beiträge finden sich etwa

Eine Vorlesung der Hochschule Hildesheim zum Thema „Kindheitspädagogische Beobachtung und Dokumentation“ von Prof. Dr. Peter Cloos ist auf Youtube zu sehen. Der Vortrag dauert etwa 75 Minuten:

Ebenfalls von der Uni Hildesheim stammt auch das Buch Organisationsentwicklung in Kitas – Beispiele gelungener Praxis“ von Cindy Mieth. Das Buch lässt sich kostenlos als PDF downloaden.

Praktische Hilfen

Verschiedene Firmen bieten aktuell eine Fülle von Software zur Beobachtung und Dokumentation an. Da wir aber keine Möglichkeiten hatten, diese zu testen und wir uns zudem auf kostenfreie Angebote konzentrieren wollten, stellen wir hier keine kompletten Programme vor.

Vieles geht aber auch ohne PC. Und die beste Variante ist, wenn die Wahl Ihnen überlassen bleibt. Das ist etwa beim Kompik-Beobachtungsbogen der Fall. Mit Kompik können Sie die Entwicklung von Kita-Kindern im Alter von 3,5 bis 6,0 Jahren beobachten und dokumentieren. Das Programm lässt sich einfach herunterladen und installieren. Der Fragebogen kann auch ohne PC in Papierform ausgefüllt werden.

Das Netzwerk frühkindliche Entwicklung BIBER bietet einen guten Überblick mit praktischen Hilfen zur Bildungsdokumentation und Portfolioarbeit. „Um die Persönlichkeitsentwicklung bestmöglich zu fördern, wird das Kind – sein Verhalten, Spiel, Bewegung, Sprache – gezielt beobachtet. Diese Beobachtungen sind Grundlage für individuelle Förderschritte, die in der Bildungsdokumentation sichtbar gemacht und festgehalten werden“, beschreibt BIBER den Inhalt der Website.

Rund um das „Bildungsbuch“ dreht sich alles auf der Seite der Gewerkschaft Bildung und Erziehung (GEW). Hier heißt es: „In nahezu allen Bildungsplänen für Kindertagesstätten wird verlangt, Bildung zu beobachten und zu dokumentieren. Aber wie lässt sich Bildung sichtbar machen? Ein Team von Pädagogen aus Praxis, Wissenschaft und Fort-/Weiterbildung geht seit Jahren dieser Frage nach und hat das Projekt ,Bildungsbuch‘ entwickelt, das zur Zeit in Kindertagesstätten praktiziert, weiterentwickelt und reflektiert wird.“ Daneben findet sich auf dem Bildungsserver auch „Das Übergangsbuch“ im PDF-Format. Hier dokumentieren Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte den Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Schule.

Ebenfalls auf dem Bildungsserver finden sich weitere Links etwa

Eine ganze Reihe weiterer Fachartikel hält auch „Das Kita-Handbuch“ bereit.

Datenschutz

Wer viel dokumentiert, sollte auch auf den Danteschutz achten. In den Beispielen, die oben aufgeführt sind, finden sich dazu etliche Leitfäden und Hinweise. Wer es noch detaillierter wünscht, sollte sich die „Empfehlungen zum Datenschutz bei Bildungs- und Lerndokumentationen in Kindertagesstätten“ downloaden. Herausgegeben hat das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz die Empfehlungen. Sie dürften aber wohl für alle Bundesländer Geltung haben.

Weitere Fachbeiträge




Auf Kinder hören – mit Kindern sprechen

Sprache ist der Motor für jede Selbstexploration und Selbstbildung

Die PowerPoint Präsentationen und Seminarunterlagen von Armin Krenz haben sich in zahllosen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Eben hat er mit „Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht“ ein neues Buch vorgelegt, in dem er jedes Kapitel mit einem Fachrartikel einleitet. Im Anschluss daran findet sich ein Abdruck der jeweiligen Powerpoint. Jedes Kapitel schließ mit einer ausfürhlichen Literaturliste.

Das Buch unterstützt pädagogische Fachkräfte dabei, in Bereichen wie Raumgestaltung, Kindheitspädagogik oder in der Beziehung zum Kind aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen. Ob in der Ausbildung, als Vorbereitung auf Gespräche im Kita-Team oder zur Auffrischung des eigenen Fachwissens.

Mit Erlaubnis des Autors publizieren wir hier ein vollstädiges Kapitel aus seinem neuen Buch „Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht“. Im Anhang finden Sie eine PowerPoint Präsentation von Prof. Krenz, die wir hier einen Monat lang für Sie zur Verfügung stellen.

Was Sprache bedeutet

Sprache ist Erlebnis – durch sie kann der Mensch sich selbst in Erstaunen versetzen.
Sprache ist wie ein Wunder – sie kann dazu beitragen, in völlig neue Gedankenwelten einzutauchen und gedankliche Tiefen zu erleben, die bis dahin völlig unentdeckt geblieben sind.
Sprache ist Genuss – durch sie versetzt sich der Mensch immer wieder selbst in die Lage, den eigenen Worten gerne zu lauschen.
Sprache fasziniert – durch sie ergeben sich Erkenntnisse, die bisherige (entwicklungshinderliche) Überlegungen auflösen können und innovative Gedanken provozieren.
Sprache verbindet – und lässt im ersten Augenblick unüberbrückbar erscheinende Grenzen zusammenbrechen, wodurch der Mensch ins unerwartete Erstaunen gerät.
Sprache erfreut – und bringt in Selbstgesprächen Sonne in das eigene Herz, um beispielsweise Trauer zu verstehen oder den Sinn bzw. die Bedeutung plötzlicher Irritationen zu begreifen.
Sprache beglückt – und eröffnet in einem konstruktiven Selbstgespräch gedankliche Perspektiven, die bis dahin kaum zugelassen werden konnten.
Sprache berührt – und lässt den Menschen in nachsinnende Gedankenwelten kommen, so dass neue Gedankenverbindungen geknüpft werden können und neue Gefühlswelten entdeckt werden.
Sprache ist wie die Feder eines Vogels – leicht, beschwingt und wundervoll zu betrachten, um sich selbst aus festgefahrenen Gedankenstrukturen zu befreien.
Sprache ist wie ein heller Sonnenstrahl – wegweisend für das eigene Leben, zielgebend und richtungsorientierend.

Gleichzeitig kann Sprache aber auch wie ein Schwert sein: scharf wie eine frisch geschliffene Klinge, zerstörend und vernichtend. Sie kann sich wie ein Feuer in das eigene Herz oder in die Herzen anderer Menschen brennen und eine nachhaltig destruktive Wirkung haben.

Sprache kann auch ermüden, abschrecken, Ängste provozieren und krank machen.

Sprache kann damit Selbstbildungswelten im Menschen öffnen oder verschließen und wirkt (unbemerkt) permanent entwicklungsförderlich oder entwicklungshinderlich.

Das größte Problem in der Kommunikation ist, dass wir nicht zuhören, um zu verstehen. Wir hören zu, um zu antworten.

Thomas Schäring


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Armin Krenz
Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht
20 PowerPoint Präsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen, Fachberatungen
Softcover, 336 Seiten, durchgehend vierfarbig
ISBN: 978-3-96304-613-1
29,95 €


Was Kinder dringender denn je brauchen, ist ein sprachaktives, sprechmotivierendes Lebens- und Lernumfeld:

  • Sie brauchen ungeteilte Zeiten, in denen sie mit Ausdauer und nach eigenen Zeitempfindungen Dinge in Ruhe zu Ende führen können, um Sprachgedanken zu entwickeln, zu verfolgen und auch abschließen zu können.
  • Sie brauchen vor allem Erwachsene, die ihre Ausdrucksformen wirklich verstehen, die Symbole ihres Handelns und Erzählens begreifen und sprachlich „übersetzen“.
  • Sie brauchen den Kindergarten als einen Ort, an dem sie ein aktives Mitspracherecht haben: von der Gestaltung des Tagesablaufes bis hin zur Kinderkonferenz.
  • Sie brauchen offene Ohren, die hören, was Kinder zurzeit beschäftigt und dabei immer wieder mit ihnen in einen lebendigen Kommunikationsaustausch über die kinderbedeutsamen Themen einsteigen.
  • Sie brauchen vielfältige Möglichkeiten, das wirkliche Leben – und keine künstlich gestaltete und strukturierte Welt – kennen zu lernen und dabei philosophische Betrachtungen über ihre Beobachtungen vornehmen zu können.
  • Sie brauchen eine Umgebung, in der sie sich in ihrer Individualität entwickeln können und den Fragen –sprachlich ausgedrückt – nachgehen, „Wer bin ich, was macht mich einmalig in dieser Welt, was kann ich gut und was gibt es alles zu lernen?“, bevor eine so genannte Sozialentwicklung auf sie einströmt.
  • Sie brauchen Menschen, die ihnen einen Raum zugestehen, in dem sie mit Versuch und Irrtum das Weltgeschehen um sie herum begreifen und sprachlich in Worte fassen können.
  • Sie brauchen Erwachsene (und ein entsprechendes Umfeld), die der Prozesshaftigkeit in einem Gespräch eine hohe Beachtung schenken und ihnen  als Bündnispartner zur Umsetzung ihrer ureigenen Interessen zur Seite stehen, die immer wieder sprachlich aufgenommen und weiterverfolgt werden können.
  • Sie brauchen und suchen einen Ort, an dem ihr magisches Denken ausreichend Platz findet, erlebt und sprachlich vielschichtig ausgedrückt zu werden.
  • Sie brauchen und suchen in Erwachsenen Mitspieler/innen und keine Dirigenten, die wirklich auf der Ebene von Kindern – im wahrsten Sinne des Wortes – sind und sie brauchen Erwachsene, die mit ihnen sprechen anstatt auf sie einzureden, an ihnen vorbei reden oder über sie zu sprechen.
  • Sie brauchen Menschen, die ihre Stärken sehen und nicht gegen ihre vermeintlichen Schwächen kämpfen, die ihre Stärken und Handlungstätigkeiten sprachlich begleiten (und nicht loben!).
  • Sie suchen Erwachsene, die statt eines Pessimismusses einen hohen Optimismus ausstrahlen und ihr Lebensglück durch eine reichhaltige und motivierende Sprache zum Ausdruck bringen.

Gebe es keine Kommunikation, wären die Menschen aufgeschmissen. Aber aufgrund von Smartphones merken sie nicht einmal, dass sie aufgeschmissen sind.

cool ge Poet 123

Dort, wo der Kindergarten zu einem alltagstauglichen, >bildungsorientierten und lernprovozierendem Lebensraum< geworden ist und die gesamte Kommunikation respektvoll und wertschätzend gestaltet ist, fühlen sich Kinder angenommen und verstanden. Dies schafft die notwendige Sicherheit für Kinder, sich in Sicherheit zu wissen, wodurch es ihnen leichter fällt, eigene Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke zu äußern, über ihr Gefühlserleben zu sprechen, sich auf neue Erfahrungen einzulassen, auch alte (Sprach)Muster zu verändern und mit neuen Verhaltensweisen zu experimentieren.

Wenn Kinder diesen »lernprovozierenden Bullerbü – Effekt« nicht mehr im Kindergarten erleben können, dann müssen sie auch hier resignieren, verlieren ihre Freude am Sprechen, experimentieren nicht mehr mit ihrer Sprache oder fallen in frühere Sprachformen zurück und entwickeln bzw. verfestigen zusätzlich auffällige Verhaltensweisen, die sich folgenotwendig weiter in die Schulzeit verlagern bzw. Kinder ihre Erfahrungen »auf der Straße« suchen. Das ist – auf die Gegenwart bezogen – dramatisch und wäre im Hinblick auf die Zukunft fatal. Kinder brauchen nötiger denn je einen beziehungsorientierten und lernintensiven, werteorientierten, kommunikationsinteressanten, sprachintensiven Alltags-Lebensraum, in dem Kinder immer wieder aufs Neue Freude an ihrer Sprache empfinden und gleichzeitig auch Freude daran haben, sich mit anderen Kindern und den Erwachsenen zu unterhalten — die Kindertagesstätte kann Kindern diesen Raum bieten und den Kindern nutzbar machen.

Sprechen und Hören ist Befruchten und Empfangen.

Novalis

Es besteht heute überhaupt kein Zweifel daran, was die Sprache nachhaltig fördert:  Eine „integrierte Sprachförderung“ geschieht vor allem durch die Merkmale, die Sprache außergewöhnlich stark aktivieren, provozieren, lebendig werden lassen:ein alltägliches miteinander sprechen; miteinander singen; miteinander dichten und reimen, Dialoge lebendig pflegen und gemeinsam auf die Suche nach Antworten gehen; miteinander philosophieren; Kinderaktivitäten sprachlich Begleitung; gemeinsames Genießen einer lebendigen Bewegungskultur; Geschichten vorlesen und nacherzählen; Märchen vorlesen und nachspielen; Geschichten erfinden und aufschreiben; miteinander spielen; sorgsam aufeinander hören; Hörspiele erfinden und aufzeichnen; Kindergartenzeitungen erstellen und drucken; Kinderkonferenzen gemeinsam gestalten.

„Gute Sprachförderung“ ist damit alltäglich und werteorientiert hörbar – nämlich in einer werteorientierten Kommunikations-, Interaktions-, Konflikt-, Spiel- und Sprachkultur. Sie ist anstrengend und wundervoll zugleich.

Die Menschheit zur Freiheit bringen, das heißt, sie zum Miteinander reden bringen
To bring freedom to mankind means to get them to talk to each other
Mener les hommes à la liberté veut dire les amener à dialoguer

Karl Jaspers

Armin Krenz




Die Entwicklung der Sprache spielerisch unterstützen

Sprachspile

Charmaine Liebertz hat zahlreiche Spiele entwickelt, um die Sprachbildung von Kindern zu unterstützen

Sprache ist unser wichtigstes Werkzeug für ein harmonisches Zusammenleben. Die Spielekartei Sprachförderung hilft schon den Kleinsten, ihre Sprechmotorik zu trainieren und die Zusammenarbeit im Spiel durch Sprache zu koordinieren. Die spannenden und originellen Spielideen unterstützen die natürliche Sprachentwicklung und helfen Ihnen Schwächen gezielt zu trainieren. Die drei folgenden Spiele unterstützen Kinder bei der Sprachentwicklung.

Ich bin das Auto!

Vor den Kindern stehen drei Aktionsstühle. Ein Kind beginnt, setzt sich auf den mittleren Stuhl und sagt z.B.: „Ich bin das Auto!“ Auf die Stühle rechts und links setzen sich nun Kinder, die als erste mit dem Begriff „Auto“ eine Assoziation verbinden. Sie sagen diese Assoziation laut. Das könnte „Straße, Reifen, Fahrrad …“ sein. Das Kind auf dem mittleren Stuhl darf nun entscheiden, welcher Begriff und damit welches Kind neu auf seinen mittleren Stuhl wechselt, die beiden anderen gehen zurück zu den übrigen Kindern. Und schon beginnt eine neue Runde mit dem neuen Begriff.

  • Alter: ab 4 Jahre
  • Zeit: 10 bis 15 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel

Variante

Die Assoziationsketten eignen sich auch für andere Wortarten.
Gefragt sind dann nur Adjektive* oder Verben. Größere Kinder können auch abwechselnde Assoziationsketten bilden. Nach Auto – Straße – Fahrrad wechselt z. B. „Straße“ auf den mittleren Stuhl. In der nächsten Runde sind nun Eigenschaften gefordert, die Kinder nennen Adjektive wie „gerade“ und „breit“. Bleibt etwa „breit“ übrig, dann folgen als passende Begriffe z. B. „Brücke“ und „Fluss“ (also Nomen*) und wieder folgt eine Eigenschaft. Genauso ist ein Wechsel mit Verben möglich. Nutzen Sie das Spiel auch im Fremdsprachenunterricht.

Dichterlesung

Die Kinder bilden Paare. Der Spielleiter erklärt: „Versucht, im Gespräch ganz viel über euren Partner (Eigenschaften, Vorlieben, Stärken, Schwächen usw.) zu erfahren, und macht euch dazu Notizen!“ Für die anschließende Aufgabe „Schreibt nun einen Vierzeiler über euren Interview-Partner!“ erhalten die Kinder ca. 10 Minuten Zeit. Dann sammelt der Spielleiter die Werke ein und verteilt sie neu. Es folgt die spannende Dichterlesung: Die Vierzeiler werden laut vorgelesen und die Gruppe rät, von wem hier die Rede sein könnte.

  • Alter: 8 bis 11 Jahre
  • Zeit: 25 – 40 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: Papier und Stift

Variante

Die Kinder komponieren ein Lied oder schreiben eine Geschichte über ihren Interview-Partner.

Der Detektiv im Sprachwald

Ein Kind verlässt als Detektiv den Raum. Die anderen Kinder bilden Paare. Jedes Paar vereinbart ein zusammengesetztes Hauptwort (z.B. Blumentopf) von dem je ein Partner einen Wortteil (Blumen + Topf) im Gedächtnis speichert. Die Paare gehen auseinander und verteilen sich im Raum. Der nun hereingerufene Detektiv erfährt: „Im Raum stehen stumme Wortpaare. Sie sind traurig, weil sie sich verloren haben. Aber sie verbindet ein Geheimnis, ein gemeinsames Wort. Wenn du die Kinder mit dem Finger berührst, dann nennen sie dir ihr Wort. Bring die unglücklichen Paare rasch zusammen. Du darfst die Kinder so oft du möchtest berühren.“

  • Alter: 4 bis 10 Jahre
  • Zeit: 10 bis 15 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel

Variante

Der Detektiv kann viele „verlorene Wortpartner“ suchen:

  • Paare (z.B. kalt – heiß / der – Mann / Apfel – Äpfel / Auto – car usw.)
  • Drillinge (z.B. Schwein – Sau – Ferkel / gehe – ging – werde gehen usw.)
  • Gruppen (z.B. To – ma – ten – sa – lat / Geh – bitte – jetzt – einkaufen!)
kartei sprache

Die Spielekartei Sprachförderung
Charmaine Liebertz

Burckhardthaus
ISBN: 9783944548234
14,95 €
Mehr unter: www.oberstebrink.de




Sprachförderung in einer beziehungsgeprägten Sprachkultur mit Kindern

Zur „Guten Sprachförderung“ gehört eine werteorientierte Kommunikations-, Interaktions-, Konflikt-, Spiel- und Sprachkultur

Sprache als Motor der Selbstexploration und Selbstbildung

Ausgangsthesen:

  • Sprache ist Erlebnis: Durch sie kann der Mensch sich selbst in Erstaunen versetzen.
  • Sprache ist wie ein Wunder: Sie kann dazu beitragen, in völlig neue Gedankenwelten einzutauchen und gedankliche Tiefen zu erleben, die bis dahin völlig unentdeckt geblieben sind.
  • Sprache ist Genuss: Durch sie versetzt sich der Mensch immer wieder selbst in die Lage, den eigenen Worten gerne zu lauschen.
  • Sprache fasziniert: Durch sie ergeben sich Erkenntnisse, die bisherige (entwicklungshinderliche) Überlegungen auflösen können und innovative Gedanken provozieren.
  • Sprache verbindet: Und lässt im ersten Augenblick unüberbrückbar erscheinende Grenzen zusammenbrechen, wodurch der Mensch ins unerwartete Erstaunen gerät.
  • Sprache erfreut: Und bringt in Selbstgesprächen Sonne in das eigene Herz, um beispielsweise Trauer zu verstehen oder den Sinn bzw. die Bedeutung plötzlicher Irritationen zu begreifen.
  • Sprache beglückt: Und eröffnet in einem konstruktiven Selbstgespräch gedankliche Perspektiven, die bis dahin kaum zugelassen werden konnten.
  • Sprache berührt: Und lässt den Menschen in nachsinnende Gedankenwelten kommen, so dass neue Gedankenverbindungen geknüpft werden können und neue Gefühlswelten entdeckt werden.
  • Sprache ist wie die Feder eines Vogels: leicht, beschwingt und wundervoll zu betrachten, um sich selbst aus festgefahrenen Gedankenstrukturen zu befreien.
  • Sprache ist wie ein heller Sonnenstrahl: wegweisend für das eigene Leben, zielgebend und richtungsorientierend.

Gleichzeitig kann Sprache aber auch wie ein Schwert sein: scharf wie eine frisch geschliffene Klinge, zerstörend und vernichtend. Sie kann sich wie ein Feuer in das eigene Herz oder in die Herzen anderer Menschen brennen und eine nachhaltig destruktive Wirkung haben.

Sprache kann auch ermüden, abschrecken, Ängste provozieren und krank machen. Ja, Sprache kann auch eine todbringende Auswirkung haben.

Sprache kann damit Selbstbildungswelten im Menschen öffnen oder verschließen und wirkt (unbemerkt) permanent entwicklungsförderlich oder entwicklungshinderlich.

Sprache als persönlicher Kommunikationsmotor für eine entwicklungsförderliche Lebensorientierung

Kinder sind verstärkt in Ohnmachtserlebnissen, Auslieferungserlebnissen, Trennungserlebnissen, Beziehungsnöten und Bedrohungsängsten gebunden.

Ausgangsthesen:

Was Kinder daher dringender denn je brauchen, ist ein sprachaktives, sprechmotivierendes Lebens- und Lernumfeld:

  • Sie brauchen ungeteilte Zeiten, in denen sie mit Ausdauer und nach eigenen Zeitempfindungen Dinge in Ruhe zu Ende führen können, um Sprachgedanken zu entwickeln, zu verfolgen und auch abschließen zu können.
  • Sie brauchen vor allem Erwachsene, die ihre Ausdrucksformen wirklich verstehen, die Symbole ihres Handelns und Erzählens begreifen und sprachlich „übersetzen“.
  • Sie brauchen den Kindergarten als einen Ort, an dem sie ein aktives Mitspracherecht haben: von der Gestaltung des Tagesablaufes bis hin zur Kinderkonferenz.
  • Sie brauchen offene Ohren, die hören, was Kinder zurzeit beschäftigt und dabei immer wieder mit ihnen in einen lebendigen Kommunikationsaustausch über die kinderbedeutsamen Themen einsteigen.
  • Sie brauchen vielfältige Möglichkeiten, das wirkliche Leben – und keine künstlich gestaltete und strukturierte Welt – kennen zu lernen und dabei philosophische Betrachtungen über ihre Beobachtungen vornehmen zu können.
  • Sie brauchen eine Umgebung, in der sie sich in ihrer Individualität entwickeln können und den Fragen –sprachlich ausgedrückt – nachgehen, „Wer bin ich, was macht mich einmalig in dieser Welt, was kann ich gut und was gibt es alles zu lernen?“, bevor eine so genannte Sozialentwicklung auf sie einströmt.
  • Sie brauchen Menschen, die ihnen einen Raum zugestehen, in dem sie mit Versuch und Irrtum das Weltgeschehen um sie herum begreifen und sprachlich in Worte fassen können.
  • Sie brauchen Erwachsene (und ein entsprechendes Umfeld), mit denen der Prozesshaftigkeit eine höhere Beachtung geschenkt wird als dem Herstellen von irgendwelchen »ästhetischen Produkten« und sie brauchen diese Erwachsenen als Bündnispartner zur Umsetzung ihrer ureigenen Interessen, die immer wieder sprachlich aufgenommen und weiterverfolgt werden können.
  • Sie brauchen und suchen einen Ort, an dem ihr magisches Denken ausreichend Platz findet, erlebt und sprachlich vielschichtig ausgedrückt zu werden.
  • Sie brauchen und suchen in Erwachsenen Mitspieler/innen und keine Dirigenten, die wirklich auf der Ebene von Kindern – im wahrsten Sinne des Wortes – sind und sie brauchen Erwachsene, die mit ihnen sprechen anstatt auf sie einzureden, an ihnen vorbei reden oder über sie zu sprechen.
  • Sie brauchen Menschen, die ihre Stärken sehen und nicht gegen ihre vermeintlichen Schwächen kämpfen, die ihre Stärken und Handlungstätigkeiten sprachlich begleiten (und nicht loben!).
  • Sie suchen Erwachsene, die statt eines Pessimismusses einen hohen Optimismus ausstrahlen und ihr Lebensglück durch eine reichhaltige und motivierende Sprache zum Ausdruck bringen.
  • Sie suchen Mitmenschen, die sich auf Erfahrungen einlassen und keine Dogmen (Lehrsätze) verbreiten und sie brauchen Erwachsene, die statt »moralisierender Ratschläge für andere Werte« selbst ihr eigenes Leben auf der Grundlage einer verinnerlichten Wertemoral gestalten.
  • Sie wünschen sich Menschen, die loslassen können, statt sich auf bestimmte Rollen und Vorhaben/Ziele zu fixieren (und damit auch sprachlich flexibel sind) und sie suchen Erwachsene, die sie statt erziehen zu wollen ganzheitlich (auch sprachlich)begleiten.
  • Kinder brauchen Menschen, die Selbsterfahrung auf sich nehmen, statt eigene Gedanken, Gefühle und Muster auf Kinder zu projizieren und sie suchen Erwachsene, die mit ihnen auf die Suche nach Wahrheiten gehen, statt im Sinne von Recht oder Unrecht zu debattieren und eigene Standpunkte auf Kinder übertragen.

Sprache als Wertefaktor in einer Welt zunehmender Werteverluste

Sprache kann als ein lebensbedeutsamer Wertefaktor nur dann einen subjektiven Wert durch das Kind selbst erhalten, wenn folgende Merkmale gegenwärtig sind:


Alle Bücher, die von Armin Krenz bei Burckhardthaus erschienen sind, finden Sie hier.


Ausgangsthesen:

Die Kindergartenzeit ist keine Zeitspanne eines vorgezogenen Schulübens, sondern ein Leben und Lernen mit Kindern in Sinn zusammenhängenden, ganzheitlichen Vorhaben, die sich auf das aktuelle Leben der Kinder mit ihren Themenschwerpunkten bezieht.Die Elementarpädagogik ist kein Ort, an dem Kinder gesagt bekommen, was sie machen können/sollen/müssen, sondern an dem die Themen der Kinder verstanden und sprachlich/ inhaltlich konkret aufgegriffen werden.Der Kindergarten hat für eine Atmosphäre zu sorgen, in der sich Kinder angenommen und wertschätzend behandelt fühlen – nur dann kann Sprache gedeihen. Dabei ist die Umgebung von Kindern als ein Ort zu erfassen, an dem sie sich selber fordern und eigenmotiviert fördern können.Der Kindergarten hat sich Kindern als ein Ort zu zeigen, in dem das Leben pulsiert, in dem Realitäten erfahren werden können und der jede aufgesetzte Künstlichkeit aufgibt.Er hat Kindern die entwicklungsförderliche Möglichkeit zu bieten, unverarbeitete Erfahrungen aufzuarbeiten, um sich von alltäglichem Erwartungsdruck und biographisch ausgelösten Belastungen zu befreien.Der Kindergarten muss ein Ort sein, an dem der Phantasiereichtum von Kindern jede Arbeitsschablone überflüssig macht und die Person der Erzieherin ein von Kindern geliebter Teil der Gruppe ist.Der Kindergarten gestaltet dabei seine Arbeit aus einem Selbstverständnis heraus, in dem zunehmend eingesetzte Therapieprogramme durch das gemeinsame, ganzheitliche Leben immer mehr überflüssig werden.

Damit wird der Kindergarten zu einem Ort, an dem mit Kindern zusammen gekocht und gelacht wird, Freude regiert und Regeln gemeinsam ausgehandelt werden, Kinder noch Kinder sein können und nicht als »unfertige Erwachsene« betrachtet werden, geachtete Rückzugsecken bestehen und Kinder selbstverständlich jeden Tag ihr Spielzeug mitbringen können, Jungen ebenso wie Mädchen zu ihren besonderen Rechten kommen und Gewalt von einer natürlichen Aggression unterschieden wird. Ein Ort, an dem es ebenso Ablehnung, Abgrenzung und Auseinandersetzungen gibt wie unter den Erwachsenen und dabei natürliche Wege gesucht und miteinander gegangen werden, um solche Grenzen zu überwinden; an dem jedes Kind das verbriefte Recht auf Meinungsäußerung besitzt und vor allem das Kind in Erwachsenen ein Modell für das Gesagte erlebt.

Dort, wo der Kindergarten zu einem alltagstauglichen, „bildungsorientierten und lernprovozierendem Lebensraum“ geworden ist, fühlen sich Kinder angenommen und verstanden. Dies schafft die notwendige Sicherheit für Kinder, sich auf neue Erfahrungen einzulassen, auch alte (Sprach)Muster zu verändern und mit neuen Verhaltensweisen zu experimentieren.

Wenn Kinder diesen „lernprovozierenden Bullerbü-Effekt“ nicht mehr im Kindergarten erleben können, dann müssen sie auch hier resignieren und entwickeln bzw. verfestigen auffällige Verhaltensweisen, die sich folgenotwendig weiter in die Schulzeit verlagern bzw. Kinder ihre Erfahrungen „auf der Straße“ suchen. Das ist – auf die Gegenwart bezogen – dramatisch und wäre im Hinblick auf die Zukunft fatal. Kinder brauchen nötiger denn je einen beziehungsorientierten und lernintensiven, werteorientierten Alltags-Lebensraum — der Kindergarten kann ihn bieten und Kindern nutzbar machen.

Es besteht heute überhaupt kein Zweifel daran, was die Sprache nachhaltig fördert:  Eine „integrierte Sprachförderung“ geschieht vor allem durch die Merkmale, die Sprache außergewöhnlich stark aktivieren, provozieren, lebendig werden lassen:ein alltägliches miteinander sprechen; miteinander singen; miteinander dichten und reimen, Dialoge lebendig pflegen und gemeinsam auf die Suche nach Antworten gehen; miteinander philosophieren; Kinderaktivitäten sprachlich Begleitung; gemeinsames Genießen einer lebendigen Bewegungskultur; Geschichten vorlesen und nacherzählen; Märchen vorlesen und nachspielen; Geschichten erfinden und aufschreiben; miteinander spielen; sorgsam aufeinander hören; Hörspiele erfinden und aufzeichnen; Kindergartenzeitungen erstellen und drucken; Kinderkonferenzen gemeinsam gestalten.

„Gute Sprachförderung“ ist damit alltäglich und werteorientiert hörbar – nämlich in einer werteorientierten Kommunikations-, Interaktions-, Konflikt-, Spiel- und Sprachkultur. Sie ist anstrengend und wundervoll zugleich.

Literaturhinweise:

Albers, Timm: Sag mal! Krippe, Kindergarten und Familie: Sprachförderung im Alltag. Beltz Verlag, Weinheim 2011
Beci, Veronica: Sprache ist überall. Das Praxisbuch zur alltagsintegrierten Sprachbildung. Ökotopia Verlag, Münster 2019
Gräßer, Melanie + Hovermann, Eike (Hrsg.): Alltagsintegrierte Sprachbildung in der Kita. Die Sprachentwicklung von Kindern wahrnehmen, begleiten und unterstützen. Verlag Klett Kita GmbH, Stuttgart 2021
Jungmann, Tanja/ Morawiak, Ulrike/ Meindl, Marlene: Überall steckt Sprache drin. Alltagsintegrierte Sprach- und Literacy-Förderung für 3- bis 6-jährige Kinder. Ernst Reinhardt Verlag, München, 2. Aufl. 2018
Sachse, Susanne + Volkmann, Gesina (Hrsg.): So funktioniert alltagsintegrierte Sprachbildung.  Verlag an der Ruhr, Mülheim 2018

Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz,
Honorarprofessor a.D., Wissenschaftsdozent für Entwicklungspsychologie und Entwicklungspädagogik




Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist

Förderung der sprachlichen Bildung als Teil der Qualitätsentwicklung

Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ fördert das BMFSFJ seit 2016 die sprachliche Bildung als Teil der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung. Das Bundesprogramm richtet sich vorwiegend an Kitas, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf besucht werden. Das Programm verbindet drei inhaltliche Schwerpunkte: alltagsintegrierte sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik und die Zusammenarbeit mit Familien. Für jede Sprach-Kita stellt das Programm eine zusätzliche Fachkraft zur Verfügung. Die zusätzlichen Fachkräfte werden im Verbund von einer externen Fachberatung begleitet. Bundesweit ist etwa jede 10. Kita eine Sprach-Kita. Davon profitieren fast 500.000 Kinder und ihre Familien.

Ab 2021 legt das Bundesprogramm Sprach-Kitas einen neuen Fokus auf den Einsatz digitaler Medien und die Integration medienpädagogischer Fragestellungen in die sprachliche Bildung. Digitale Medien gehören heute in vielen Familien zum Alltag und damit zum Sprachumfeld von Kindern aller Altersgruppen. Deshalb greift das Programm digitale Medien bei der sprachlichen Bildung auf. Der neue Schwerpunkt Digitalisierung des Bundesprogramms dient dazu, medienpädagogische Ansätze in der sprachlichen Bildung zu stärken sowie digitale Bildungs- und Austauschformate für die Fachkräftequalifizierung und die Programmabläufe besser nutzbar zu machen.

Weitere Informationen finden Sie hier.




Sprachförderung von Kindern ohne Deutschkenntnisse

multicultural kindergarten

Vom Umgang mit Sprachproblemen – Spiele für die Sprachbildung

Viele Menschen, mit denen ich mich über die Aktivitäten mit den Flüchtlingskindern unterhalten habe, fragen mich, wie wir mit den Sprachproblemen zurechtkommen. Natürlich gibt es Probleme bei der Verständigung. Allerdings führt dies mitunter auch zu kuriosen und lustigen Situationen.

Wir machen uns durch Mimik und Gestik verständlich. Dadurch kommt es oft zu lustigen Situationen, in denen wir viel miteinander lachen. Außerdem lernen die Kinder sehr schnell die deutsche Sprache. Auch die Erwachsenen wollen so schnell wie möglich Deutsch lernen.

So entwickeln sich die Möglichkeiten der Verständigung. Auf Ausflügen wollten die Kinder wichtige Worte, die wir ihnen unterwegs vermittelt haben, gleich auf mein Mobiltelefon sprechen. Ein Junge aus Syrien, der sich erst seit zwei Wochen in Deutschland aufhielt, sprach die Worte „Nicht rumlaufen … hinsetzen! Sonst gefährlich!“ in mein Handy. Ich habe sie bis heute nicht gelöscht.

Die Sprachprobleme sind nicht wirklich das größte Hindernis. Wir können sie durch viel Fantasie, pantomimische Kreativität, Humor, situative Flexibilität und Beziehungsaufbau überwinden. Außerdem ist die Entwicklung der Sprachkompetenz der Kinder und Erwachsenen in Bezug auf das Erlernen der deutschen Sprache ein Prozess, der Zeit braucht. Wenn wir bei den vorgeschlagenen Sprachförderspielen auch die Eltern einbeziehen, kann das viel Freude bringen und wir haben alle etwas davon.


hallo hallo

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Grabbet, Regina
Ideen für Bildungsaktivitäten mit Kindern aus Flüchtlingsunterkünften
Burckhardthaus-Laetare
ISBN: 978-3-944548-25-8
112 Seiten, 12,95 €
Mehr auf oberstebrink.de


Sprache als Motor für die Identitätsentwicklung des Kindes

Die Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Kinder sind empfänglich für Signale, für Klangfarben, Laute, und Sprechmelodien. Gerade Kinder aus Syrien, Eritrea, Albanien, Afghanistan, Russland, denen die deutsche Sprache fremd ist, erahnen, durch die Art, wie wir unsere Information vermitteln, oft, was wir ihnen mitteilen möchten.

Die Sprachmelodie, die Art der Betonung, der Klang unserer Stimme, Mimik und Gestik spielen hierbei eine Rolle. Es ist erstaunlich, wie viel die Kinder so verstehen können, obwohl wir mit ihnen in deutscher Sprache sprechen, die sie noch nicht verstehen.

Die nonverbale Sprache ist Kommunikation in Handlungsprozessen. Auch bei der verbalen Kommunikation sollte Sprache in Handlungsprozesse eingebunden sein. Erst dann begreift das Kind die Bedeutung der Worte. Deshalb ist in der Sprachentwicklung von Kindern auch das begleitende Sprechen bei Handlungen so wichtig.

Ein sprachliches Trainingsprogramm sollte in kulturelle und soziale Kontexte eingebunden sein. Wichtig ist, dass Kinder spüren, dass Erwachsene sich dafür interessieren, was sie denken. Oft habe ich mir bei Spielen mit Kindern aus den Unterkünften gewünscht, ihre Sprache sprechen zu können, denn ich möchte ihre Gefühle verstehen und ihre Gedanken teilen.

Meist haben die Kinder einen großen Wunsch danach, sich zu verständigen. Wichtig ist, dass wir ihnen bei ihren Bemühungen Aufmerksamkeit schenken und ihre Versuche, sich in deutscher Sprache auszudrücken, mit Wertschätzung begleiten.

Die Kinder lernen die deutsche Sprache am Besten über Sinneserfahrungen. Wenn sie etwa einen Apfel anfassen, riechen und schmecken und dabei immer wieder das Wort „Apfel“ hören, werden sie das Wort für dieses runde, leckere Nahrungsmittel eher in ihren Gehirnzellen abspeichern, als wenn sie vor einem abstrakten Arbeitsblatt eines Sprachförderprogramms sitzen.

Bei der Sprachentwicklung brauchen Kinder persönliche Aktivität. Sie sollten die Möglichkeit der aktiven Teilnahme haben und nicht nur passiv partizipieren.

Begriffe ermöglichen dem Kind „Denkoperationen“ – Sprache leitet Denken ein, verknüpft Erinnerungen mit der Gegenwart. Sprache ermöglicht es, Gefühle auszudrücken. In Kitas und auch in der Kinderbetreuung in den Flüchtlingsunterkünften ist die Sprachförderung, die Unterstützung sprachlicher Bildungsprozesse, ein ganz wichtiger Schwerpunkt.

In der Kita kann die Sprachvielfalt noch besser genutzt werden als in den Unterkünften. Denn in letzteren fehlen die Kinder, die Deutsch als Muttersprache sprechen. Deshalb ist es so wichtig, auch den Kindern in den Unterkünften, die keinen Kitaplatz haben, den Kontakt zu deutschen Kindern zu ermöglichen. Wir sollten sprachlicher Vielfalt mit Respekt begegnen. Nur so erfahren Kinder mit Migrationshintergrund, dass sie mit ihrer Familiensprache auch dazu gehören.

Die Sprache ist Motor für die Identitätsentwicklung des Kindes. Auch außerhalb der Familie sollte das Kind die Möglichkeit haben, sich verständigen zu können.

Das Wechselspiel von kognitiver und interaktiver Entwicklung ist wichtig für die Sprachkompetenz. Wenn die Flüchtlingskinder die Erfahrung machen, dass ihre Sprache nicht ausreicht, um sich auszudrücken und zu verständigen, bemühen sie sich, alles zu tun, um die deutsche Sprache zu lernen.

Mit der ersten Sprache hat das Kind wichtige Schritte beim Aufbau seiner Identität bewältigt. Viele Erzieherinnen und Erzieher in Kitas fordern, dass Eltern mit Migrationshintergrund mit ihren Kindern Deutsch sprechen sollten. In den Flüchtlingsfamilien bemühen sich Eltern um die deutsche Sprache. Das ist für sie jedoch nicht einfach, da wenige Deutschkurse angeboten werden. Daher ist es wichtig, die Eltern wenn möglich bei den Aktivitäten zur Sprachförderung der Kinder mit einzubeziehen.

Aus der Sprachforschung ist bekannt, dass Kinder, die ihre Erstsprache beherrschen, weniger Schwierigkeiten beim Erwerb der Zweitsprache haben. Das Erlernen einer Zweitsprache ist ein kreativer Prozess. Zu Beginn ist zu beobachten, dass die Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen, im Satz Wörter auslassen, die wenig Informationen enthalten. Das Kind reduziert oft die Vielfalt in den Wortformen auf einige wenige und erleichtert sich auf diese Weise den Einstieg in die neue Sprache.

Natürlich ist die Basis des Konzeptes der situativen Sprachförderung, die Verknüpfung der Erfahrungen im Alltag mit den sprachlichen Übungen der Kinder, ihre Erlebnisse durch Sprache auszudrücken. Dieses sprachliche „Situationslernen“ der Kinder ist schon für Mitarbeiter in der Kita nicht einfach. Für die ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Kinderbetreuung ist der Ansatz noch schwieriger umzusetzen.

Da dieser Ansatz jedoch sehr sinnvoll ist, finden Sie hier einige Ideen für gezielte Aktivitäten zur Sprachförderung, die Ihnen die Vermittlung erleichtern sollen:

Sprachspiele zur Sprachförderung

Das Spiel mit der Phantasiesprache

Es ist ein schönes Gefühl für Kinder, die unterschiedliche Sprachen sprechen, sich auf eine gemeinsame Ebene zu begeben. Für ein Spielerlebnis dieser Art, schaffen wir einfach eine Phantasiesprache.
Der Spielleiter zeigt, wie es geht: Er drückt ein Bedürfnis aus. So hat er etwa Durst und möchte, dass ihm jemand etwas zu Trinken gibt. Er wählt nun erfundene Laute und sagt zum Beispiel: „Makasabadu-mokilu-dobade-schomilu!“, oder Ähnliches und zeigt dabei mit Mimik und Gestik, was er möchte.
Auch mit der Betonung seiner Stimme unterstreicht er sein Bedürfnis. Wer glaubt, herausgefunden zu haben, was der Mitspieler mit der lustigen Sprache möchte, bringt es ihm. Vielleicht unterhalten sich die beiden noch ein wenig in der Phantasiesprache. Auf jeden Fall bedankt sich der Spieler, dessen Wunsch erfüllt wurde, überschwänglich. Wer möchte, äußert dann ein anderes Bedürfnis in seiner individuellen Phantasiesprache.
Kinder mit Migrationshintergrund, ohne Kenntnisse der deutschen Sprache, sind häufig in der Situation, dass sie ihre Bedürfnisse zunächst in ihrer eigenen Sprache äußern und froh sind, wenn sie verstanden werden.
In einer Kita mit deutschen Kindern und Kindern mit Migrationshintergrund, können sich die deutschen Kinder durch das Spiel besser in die anderen Kinder hineinversetzen.

Das Spiel mit Gegenständen aus Kartons

In Kartons oder Koffer haben wir verschiedene Gegenstände, darunter auch Lebensmittel, gepackt, die im täglichen Leben wichtig sind. Geheimnisvoll nehmen wir nun, vielleicht nachdem wir ein Lied gesungen haben, einen Gegenstand aus dem Karton, zum Beispiel eine Tasse. Wir benennen den Gegenstand und alle wiederholen das Wort.
Wir wiederholen das so oft, bis wir das Gefühl haben, dass jedes Kind den Gegenstand kennt. Dann kommt der nächste Gegenstand dran, etwa ein Teller, ein Löffel, eine Zahnbürste, … Wenn alles wieder im Karton ist, holen wir einen der Gegenstände heraus und tun so, als wüssten wir nicht, wie er heißt. Die Kinder helfen uns weiter und wir freuen uns darüber.
Dann folgen drei weitere Gegenstände, die wir nacheinander aus dem Karton holen. Je nach Alter sind zehn bis zwanzig Gegenstände im Karton. Wir sollten dieses Spiel öfter wiederholen. Die Kinder können die Gegenstände auch auf ein Blatt Papier malen. Sie können auch ein Blatt vorbereiten, auf dem die Gegenstände abgebildet sind. Nach dem Spiel gehen wir dann alle Wörter noch einmal durch. Die Kinder sind stolz auf jedes Wort, das sie können und sprechen die Worte auch oft mit dem Zettel in der Hand ihren Eltern vor.
Wenn die Kinder die Wörter kennen, erzählen wir eine Geschichte, in der die Wörter vorkommen. Dazu holt immer eines der Kinder den passenden Gegenstand zum Wort heraus.
Wenn wir das Gefühl haben, dass die Worte den Kindern bekannt sind, tauschen wir die Gegenstände im Karton gegen andere aus. Wichtig ist, dass wir uns dabei Zeit lassen und wirklich immer nur einen Gegenstand herausnehmen, damit wir die Kinder nicht überfordern. Auch die Wiederholung ist sehr wichtig. Wir können das Spiel mit Lebensmitteln, Kleidungsstücken, Gebrauchsgegenständen und vielen anderen Dingen spielen. Auch eine Handpuppe kann zum Einsatz kommen. Sie stellt die Dinge lustig und spielerisch vor und tut dann vielleicht so, als habe sie die Worte vergessen.

Wir lernen Deutsch mit unserer Sockenpuppe

Einzelne Socken können wir im Freundes- und Bekanntenkreis sammeln oder in günstigen Geschäften kaufen. Nun gestalten die Kinder die einzelnen Socken bunt, mit Wollresten, Knöpfen, Pappe, Glitzerfäden, Filzstiften und anderem.
Jedes Kind hat somit seine besondere Socke und gibt ihr einen Namen. Die Socke „wohnt“ in einem kleinen Karton, der ebenfalls beklebt oder bemalt wird. Darauf steht dann auch der Name des Kindes, dem er gehört. Die Sockenhandpuppe hilft dem Kind Deutsch zu lernen. Sie kann „Guten Tag!“ oder „Auf Wiedersehen!“ sagen, „Ich habe Hunger“ oder „Ich habe Durst.“, „Ich muss zur Toilette“ oder „Ich möchte mit dir spielen.“ Mit Hilfe der Handpuppe macht Deutschlernen Spaß.
Wenn die Socken dann schon etwas Deutsch können, unterhalten sie sich miteinander. Lustig ist auch ein Sockentheater. Wir schneiden in eine alte Decke oder ein Bettlaken Löcher. Durch diese Öffnungen können wir die Sockenpuppen stecken. Zwei Personen halten das Laken, die Kinder stehen dahinter.
Witzig ist auch, am Anfang Musik abzuspielen, zu der alle Sockenpuppen dann aus den Löchern schauen und tanzen. Danach sollten nur noch vereinzelte Sockenpuppen ihren Auftritt haben, um sich mit deutschen Worten zu unterhalten.

Das Spiel mit dem Aufnahmegerät und der Stimme

Die Kinder finden es lustig, wenn ihre Stimme aufgenommen wird und sie die Stimme dann anhören können. Dazu können Sie moderne Mobiltelefone mit Aufnahmefunktion benutzen, aber auch alte Kassettenrekorder, die es im Secondhandladen oder auf dem Flohmarkt gibt.
Wir können Kinder mithilfe von Bilderbüchern oder Bildkarten, Bilder benennen lassen. Sie sprechen dann die Worte in das Mobiltelefon. Wenn wir die Audioaufnahme abspielen, zeigen die Kinder auf das Bild zum Wort. Lassen Sie sich Zeit und stoppen Sie zwischendurch. Später können die Kinder auch Sätze sprechen.

Kinder drehen Sprachlernvideos für Kinder

Kinder hören nicht nur gerne ihre Stimme, sie sehen sich auch gern selbst in einem Video. Sehr viel Spaß hatten wir mit den Kindern, als sie sich verkleiden durften. Ein Kind verkleidete sich als Marktfrau und hatte einen Gemüsestand. Diesen hatten wir aus Kartons, einem Tisch und Körben angefertigt. Nun pries die Marktfrau einzeln das Obst und Gemüse an, hob jedes Stück hoch und benannte es.
So kann es dann auch beim Bäcker laufen, beim Maler, im Supermarkt an der Kasse, als Polizistin verkleidet, die die Verkehrsregeln erklärt, bei einem Lehrer, der Zahlen an die Tafel schreibt und benennt … Die Kinder finden es lustig, Videos zu drehen. Außerdem lässt sich die Filmarbeit nutzen, um aus der Unterkunft herauszukommen, wenn die Kinder etwa im Zoo die Tiere benennen und filmen, am Hafen Spannendes entdecken oder im Park die Pflanzen oder Bäume identifizieren.
Kinder machen gern Spaß, deshalb können wir beim Drehen der Videos auch lustige Sachen einbauen. Ein integratives Projekt wird daraus, wenn deutsche Kitakinder diese Videos für Kinder drehen, die Deutsch lernen. Die Videos sollten wir so aufnehmen, dass sie später über einen Beamer, einen Fernseher oder Computerbildschirm den Kindern zum Lernen gezeigt werden können.

Auf den Tisch des Hauses

Die Kinder sitzen vor einem Tisch. Ein Spieler fängt an und sagt: „Auf den Tisch des Hauses bitte.“ Und dann nennt er einen Gegenstand, der im Raum ist und geholt werden muss, etwa ein Glas, ein Papier, eine Puppe. Wer zuerst den Gegenstand auf den Tisch gelegt hat, darf sich als Nächster einen Gegenstand auf den Tisch wünschen.

Geräusche-Memo

Die Kinder bilden Paare. Wir teilen jedem Paar ein Geräusch zu (etwa Tiergeräusche). Die Kinder verteilen sich im Raum. Zwei Kinder warten vor der Tür. Wenn sie wieder im Raum sind, hören sie sich das Geräusch von jedem Kind an und ordnen die Paare zu.

Funkerspiel

Jedes Kind bekommt eine Zahl. Der Funker beginnt. Er hält sich die Daumen beider Hände an die Stir nseiten und wedelt mit den Händen. Dabei sagt er: „Der Funker funkt (eine Zahl)“, zum Beispiel 3. Die „3“ muss nun ebenfalls mit den Händen an der Stirn wedeln und einer anderen Zahl zufunken. Wer nicht aufpasst, muss ausscheiden.
Wer die falsche Zahl sagt oder eine Zahl sagt, die schon ausgeschieden ist, ist auch raus. Wer bleibt übrig? Das Spiel wird nach einiger Übung immer schneller gespielt.

Reifen und Bänder

Aus Draht biegen wir einen Kreis, umwickeln ihn und befestigen Bänder daran. Alle halten sich daran fest und bewegen sich rechts und links herum zur Musik.

Ja und Nein

Die Kinder malen sich eine Ja- und eine Nein-Karte. Wir stellen nun einzelnen Kindern Fragen, etwa: „Bist du ein Junge?“ Das Kind zeigt darauf seine Ja- oder Nein-Karte. Wir überprüfen, ob das Kind richtig geantwortet hat. Wenn es falsch liegt, geben wir eine Erklärung durch Bilder, Mimik und Gestik.
Wir können etwa auch fragen: „Ist das eine Banane?“, und dem Kind einen Apfel zeigen. Das Kind entscheidet nun, ob es die Bezeichnung für richtig hält.
So lernen die Kinder Worte zuzuordnen und wir bekommen einen Eindruck davon, welchen Wortschatz sie bereits haben.

Lachen verboten

Alle stehen in einer Reihe. Ein Spieler steht vor der Reihe und sagt laut: „Lachen verboten!“ Sofort sind alle ernst.
Alle, die sich das Lachen nicht ganz verkneifen können, werden „aussortiert“. Die „aussortierten“ Spieler helfen mit, lachende Mitspieler zu entdecken. Wer bleibt übrig?

Regina Grabbet