Manche App zur Kindersicherung gefährdet die Privatsphäre der Kinder

Bis zu 80 Prozent der Eltern verwenden Apps, um die Sicherheit und Privatsphäre ihrer Kinder zu schützen

Bis zu 80 Prozent der Eltern verwenden Apps, um die Sicherheit und Privatsphäre ihrer Kinder zu schützen. Die Apps bieten verschiedene Funktionen: von der Beschränkung der Online-Zeit der Kinder und der Inhalte, die sie sehen können, bis hin zur Aktivitätsüberwachung und Standortverfolgung.

Eine Studie hat nun „offizielle“ Apps zur Kindersicherung, die im Google Play Store verfügbar sind, mit „sideloaded“ oder „inoffiziellen“ Apps zur Kindersicherung verglichen, die aus anderen Quellen erhältlich sind.

Die Studie verglich 20 sideloaded Apps zur Kindersicherung mit 20 aus dem Google Play Store und untersuchte dabei Datenschutzrichtlinien, Android-Package-Kit-Dateien (die zum Verteilen und Installieren von Android-Apps verwendet werden), Anwendungsverhalten, Netzwerkverkehr und Funktionen.

Heimliches Ausspionieren

Das Team stellte fest, dass sideloaded Apps ihre Präsenz vor den Telefonbenutzer*innen eher verbergen – eine Vorgehensweise, die bei offiziellen Store-Apps verboten ist. Sie erforderten auch übermäßige Berechtigungen – Regeln, die festlegen, worauf Apps auf dem Telefon zugreifen können, darunter „gefährliche“ Berechtigungen wie den jederzeitigen Zugriff auf persönliche Daten, wie zum Beispiel den genauen Standort.

Darüber hinaus übertrugen drei sideloaded Apps vertrauliche Daten unverschlüsselt. Die Hälfte hatte keine Datenschutzrichtlinie. Acht von 20 Apps wurden als potenzielle Stalkerware identifiziert.

Schmaler Grad zwischen Schutz und Überwachung

Leonie Tanczer, leitende Autorin der Studie von der UCL: „Apps zur Kindersicherung sind ein beliebtes Mittel, um die Sicherheit von Kindern online und persönlich zu gewährleisten, und können nützliche Werkzeuge für Eltern sein, um die Gefahren zu meistern, denen Kinder in der heutigen Welt ausgesetzt sind. Aber die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass viele sideloaded Apps ernsthafte Probleme in Bezug auf Datenschutz, Zustimmung und sogar Sicherheit haben. Wenn eine App beispielsweise versucht, ihre Präsenz auf dem Gerät zu verbergen, ist das nichts anderes als Stalkerware. Sobald man beginnt, die Sicherheitsvorkehrungen zu entfernen, die offizielle Store-Apps haben müssen, ist es ein schmaler Grat zwischen legitimer Nutzung und unethischer Überwachung oder in extremen Fällen häuslicher Gewalt.“

Heimliche Screenshots und Abhören von Anrufen

Die Forscher*innen beobachteten mehrere besorgniserregende Verhaltensweisen von sideloaded Apps zur Kindersicherung, die ihrer Meinung nach für Apps, die als Kindersicherheitstools vermarktet werden, ungeeignet sind. Beispielsweise enthielten die Apps Funktionen zum Abfangen von Nachrichten von Dating-Apps wie Tinder.

Viele sideloaded Apps enthielten auch die Möglichkeit, Screenshots aus der Ferne zu machen, Anrufprotokolle anzuzeigen, Nachrichten zu lesen und sogar Anrufe abzuhören.

Die Forscher*innen stellten fest, dass Entwickler*innen aufgrund einer Gegenreaktion auf Apps, die beispielsweise zum Erwischen untreuer Ehepartner*innen vermarktet werden, stattdessen dazu übergegangen sind, Apps als Tools zur Kindersicherung zu vermarkten.

Fehlende Einwilligung der Kinder

Eva-Maria Maier, Erstautorin der Studie, die die Arbeiten im Rahmen ihrer Abschlussarbeit im Studiengang IT Security an der FH St. Pölten verfasst hat, sagt dazu: „Das Hauptproblem bei der umfangreichen Funktionalität dieser inoffiziellen Apps ist die Einwilligung. Wenn Eltern eine offene, transparente Beziehung zu ihrem Kind haben, sollten sie diese Apps nicht auf dem Telefon ihres Kindes verstecken oder auf so viele private Informationen zugreifen müssen. Das wirft ernsthafte Fragen darüber auf, ob Kinder wissen, wie sie verfolgt werden und wie sich dies auf ihre Privatsphäre und Rechte auswirkt. Auch wenn Eltern glauben, dass ihnen das Wohl ihres Kindes am Herzen liegt, birgt das Sammeln so vieler persönlicher Informationen Risiken, da es häufig zu Massendatenlecks kommt.“

Datenleak von Überwachungsapp

Im Jahr 2015 wurde der Entwickler der mSpy-App gehackt und zehntausende Kundendatensätze wurden online geleakt, darunter auch die persönlichen Daten von Kindern. Im Jahr 2024 wurden Kundendienstunterlagen von mSpy online geleakt, was Aufschluss darüber gab, wie Kund*innen die Apps nutzten, darunter das Ausspionieren von Partner*innen, die des Fremdgehens verdächtigt wurden. mSpy ist eine sideloaded App und wird derzeit als Überwachungssoftware für Eltern vermarktet.

Lukas Daniel Klausner, Forscher am Institut für IT-Sicherheitsforschung der FH St. Pölten: „Die Rechte von Kindern sind von Land zu Land unterschiedlich, aber in der Europäischen Union müssen Kinder unter 16 Jahren nicht ihre Zustimmung geben, wenn ein Elternteil eine Kindersicherungs-App auf ihrem Gerät installiert. Obwohl Kinder über 16 Jahren ihre Zustimmung geben müssen, sind es in Wirklichkeit oft die Eltern, die Geräte und Apps kaufen und einrichten. Daher vermute ich, dass die Zustimmung nicht immer erteilt wird. Diese Situation bedeutet auch, dass Kinder häufig keinen Zugriff auf ihre von Überwachungs-Apps gesammelten Daten und keine Autonomie darüber haben. Diese Apps und viele Aspekte der Online-Kultur sind relativ neu – es sind keine Probleme, mit denen sich Eltern vor einer Generation herumschlagen mussten. Ich denke, es besteht dringender Bedarf an einer öffentlichen Diskussion über die Verfügbarkeit dieser Apps, wie sie verwendet werden und wie sie aus ethischer Sicht verwendet werden sollten.“

Studie zum Thema

Eva-Maria Maier et al. „Surveillance Disguised as Protection: A Comparative Analysis of Sideloaded and In-Store Parental Control Apps“, Proceedings on Privacy Enhancing Technologies.

https://petsymposium.org/popets/2025/popets-2025-0052.php
https://doi.org/10.56553/popets-2025-0052

Über die FH St. Pölten – University of Applied Sciences

Die Fachhochschule St. Pölten steht für angewandte Forschung und internationale Vernetzung. Knapp 4.000 Studierende erhalten in zahlreichen Bachelor- und Master-Studiengängen sowie berufsbegleitenden Weiterbildungsprogrammen eine praxisorientierte Ausbildung in den Themenbereichen Medien, Kommunikation, Management, Digitale Technologien, Informatik & KI, Security, Bahntechnologie, Gesundheit und Soziales. Lehre und Forschung sind dabei eng verzahnt: Als forschungsstarke Hochschule kooperiert die FH St. Pölten mit nationalen und internationalen Partner*innen in anwendungsbezogenen Projekten. Zudem leitet sie die europäische Hochschulallianz E³UDRES² (Engaged and Entrepreneurial European University as Driver for European Smart and Sustainable Regions) und entwickelt zusammen mit Hochschulen aus neun Partnerländern zukunftsweisende Konzepte für die Hochschule der Zukunft sowie für smarte und nachhaltige europäische Regionen.

Mag. Mark Hammer, Fachhochschule St. Pölten




Online-Veranstaltung „Systemsprenger*innen – Ein Hilfeschrei?!“

sozialpaedagogische-fachtagung

Zum sozialpädagogischen Fachtag 2020 in St. Pölten:

Eben hat online der sozialpädagogische Fachtag stattgefunden. Die gemeinsame Veranstaltung der Fachhochschule St. Pölten und des Sozialpädagogischen Betreuungszentrums Schauboden widmete sich den Chancen, Möglichkeiten und Herausforderungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Feld der Sozialpädagogik.

Systeme nicht für alle geeignet

Bildungs- und Betreuungseinrichtungen müssen sich immer wieder mit dem Thema auseinandersetzen, dass Systeme offensichtlich nicht für alle Kinder und Jugendliche geeignet sind. Auswirkungen und massive Probleme in der Zusammenarbeit und im Zusammenleben, sowie Betreuungsabbrüche und Exklusion sind die Folge. Häufig ist die Rede von sogenannten „Drehtür-Klient*innen“ oder „Systemsprenger*innen“. Wie wir mit diesem Thema umgehen können und wie die Betreuung von Kindern und Jugendlichen am besten sichergestellt werden kann, war Thema des sozialpädagogischen Fachtags 2020.

Ziel: Gewährleistung des Kindeswohls

„Die Herausforderungen und die Ressourcen, die diese Kinder und Jugendlichen aufzeigen, können aber von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung von Angeboten und Strukturen sein. Ziel ist die Gewährleistung des Kindeswohls in allen Facetten“, sagt Christine Schmid, Leiterin des Lehrgangs Sozialpädagogik an der FH St. Pölten.

„Im SBZ Schauboden haben wir oft mit Kindern und Jugendlichen zu tun, bei denen wir mit der Betreuung in sozialpädagogischen Wohngruppen an Grenzen stoßen. Neue kreative, individuell angepasste Betreuungsformen, die eine positive Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ermöglichen, zu finden, ist unsere tägliche Herausforderung. Ein fachlicher Austausch mit Kolleg*innen aus unseren und anderen Fachbereichen ist für eine qualitative Betreuung unumgänglich“, erläutert Sabine Sommerer, die Direktorin des SBZ Schauboden.

Eingehen auf Jugendliche, die Hilfe ablehnen

Eine Keynote zur Veranstaltung hielt Wolfgang Hagleitner vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck zum Thema „Systemsprenger*innen – Symptomträger der Kinder- und Jugendhilfe?“. Er stellte die Frage, wie das System der Kinder- und Jugendhilfe auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen wirkt. Hagleitner präsentierte dazu Ergebnisse einer Untersuchung von SOS Kinderdorf und Pro Juventute zu Eintritts- und Austrittsalter sowie der Verweildauer in der stationären Erziehungshilfe. Davon leitete Hagleiter mögliche Folgen dieser Entwicklungen für die sozialpädagogische Arbeit und für das System der Kinder- und Jugendhilfe ab.

Damit wir hilfreich sein können

Beate Huter und Michael Nesler vom Kinderdorf Vorarlberg hielten die zweite Keynote zu „Was es braucht, damit wir hilfreich sein können. Kreative Settings und mentalisierende Haltung in der Arbeit mit Teams und komplexen professionellen Netzwerken rund um schwer zu erreichende Kinder und Jugendliche“.

Sie präsentierten, wie die Arbeit mit schwer zu erreichenden Klient*innen die Fachpersonen, Teams und Organisationen vor große Herausforderungen stellt. Huter und Nesler zeigten unter anderem, wie öffentliche und private Kinder- und Jugendhilfe variable, kreative und individuelle Rahmen schaffen kann, um Jugendliche zu erreichen, die Hilfe ablehnen, und wie auf deren Bedürfnisse eingegangen werden kann.

Praxis, Forschung, Austausch

Der sozialpädagogische Fachtag bot neben den Inputs auch Austausch zum Thema und Kontakte ins zukünftige Forschungsfeld. So stellte er den Start eines Lehrforschungsprojektes vor: 26 Studierende des Masterlehrgangs Sozialpädagogik forschen bis 2022 zu Themen wie Best-Practice-Beispielen aus dem In- und Ausland, Umgang mit Extremsituationen im sozialpädagogischen Alltag sowie innovativen Ideen und Instrumenten rund um dieses Phänomen.

Mehr als 300 TeilnehmerInnen nahmen am sozialpädagogischen Fachtag teil, darunter unterschiedliche Berufsgruppen, VertreterInnen von Praxis-Einrichtungen, sozialpädagogischen Initiativen, verschiedenen Ausbildungseinrichtungen und EntscheidungsträgerInnen sowie FördergeberInnen. Damit erfüllt der Fachtag neben der inhaltlichen Auseinandersetzung auch eine wichtige Funktion für Sinne von Austausch und Vernetzung zum Thema.

Die Ergebnisse des Fachtags sollen Thema einer Folgeveranstaltung im Jahr 2022 sein.

Über die Fachhochschule St. Pölten

Die Fachhochschule St. Pölten ist Anbieterin praxisbezogener und leistungsorientierter Hochschulausbildung zu den Themen Medien, Wirtschaft, Digitale Technologien, Informatik, Security, Bahntechnologie, Gesundheit und Soziales. 26 Studiengänge und zahlreiche Weiterbildungslehrgänge bieten ca. 3400 Studierenden eine zukunftsweisende Ausbildung. Neben der Lehre widmet sich die FH St. Pölten intensiv der Forschung. Die wissenschaftliche Arbeit erfolgt zu den oben genannten Themen sowie institutsübergreifend und interdisziplinär. Die Studiengänge stehen in stetigem Austausch mit den Instituten, die laufend praxisnahe und anwendungsorientierte Forschungsprojekte entwickeln und umsetzen.

Über das SBZ Schauboden

Das Sozialpädagogische Betreuungszentrum Schauboden ist eines von sechs Betreuungszentren des Landes Niederösterreich und bietet in der Region Scheibbs, Melk, Amstetten und St. Pölten eine Vielzahl an verschiedenen Betreuungsformen für Kinder/Jugendliche und Mütter bzw. Väter an. Das Angebot umfasst sozialpädagogisch-inklusive Wohngruppen, teilstationäre Gruppen (Betreuung von Mo. – Fr.), Mutter-Kind-Wohnen, die Brücke – ein Zentrum für Krisenintervention und Abklärung, sozialpädagogische Kleingruppen für vier oder auch sechs Kinder und eine Wohngruppe mit dem Schwerpunkt der tiergestützten Pädagogik. Insgesamt betreut das SBZ Schauboden derzeit 111 Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 18 Jahren.

Quelle: Mark Hammer FH St. Pölten