Zahl der Kindeswohlgefährdungen erreicht neuen Höchststand

Das Statistische Bundesamt berichtet von 62.300 Kindeswohlgefährdung in 2022

Nach einem leichten Rückgang im Corona-Jahr 2021 hat die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht: Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, haben die Jugendämter im Jahr 2022 bei fast 62.300 Kindern oder Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt festgestellt. Das waren rund 2.300 Fälle oder 4 % mehr als im Jahr zuvor. In weiteren 68.900 Fällen lag 2022 nach Einschätzung der Behörden zwar keine Kindeswohlgefährdung, aber ein erzieherischer Hilfebedarf vor (+2 %). Geprüft hatten die Jugendämter im Vorfeld insgesamt 203.700 Hinweismeldungen, bei denen der Verdacht auf eine mögliche Gefährdung von Kindern oder Jugendlichen im Raum stand (+3 %).

Auch langfristig hat sich die Zahl der Kindeswohlgefährdungen erhöht: In den Jahren von 2012 bis 2022 betrug der Anstieg rund 24.000 Fälle beziehungsweise 63 %. Dabei nahmen die Fallzahlen von 2017 bis einschließlich dem ersten Corona-Jahr 2020 besonders kräftig zu -und zwar jährlich um 9 % bis 10 %. Im zweiten Corona-Jahr 2021 sanken sie dann leicht (‑1 %), um im Jahr 2022 mit 4 % wieder moderat zu wachsen.

2 % weniger latente, aber 10 % mehr akute Kindeswohlgefährdungen

Fachleute hatten im Zuge der Pandemie davor gewarnt, dass ein Teil der Kinderschutzfälle durch die Kontaktbeschränkungen unerkannt bleiben oder erst mit Verzögerung nach Ende der Pandemie auffallen könnte. Auch wenn die neuen Ergebnisse zunächst eher nicht auf einen solchen allgemeinen Nachholeffekt hindeuten, gibt es doch Auffälligkeiten: So gingen zwar die latenten Fälle -also jene, bei denen eine gegenwärtig vorliegende Gefahr nicht eindeutig bestätigt werden konnte, aber ein ernster Verdacht verblieb – im Jahr 2022 auf 28.900 zurück (‑2 %). Gleichzeitig sind aber insbesondere die akuten (eindeutigen) Fälle von Kindeswohlgefährdung mit 10 % vergleichsweise stark auf 33.400 Fälle gestiegen.

Etwa vier von fünf gefährdeten Kindern waren jünger als 14 Jahre

Etwa vier von fünf (79 %) aller 62 300 von einer Kindeswohlgefährdung betroffenen Kinder waren jünger als 14 Jahre, etwa jedes zweite sogar jünger als 8 Jahre (47 %). Während Jungen bis zum Alter von 11 Jahren etwas häufiger von einer Kindeswohlgefährdung betroffen waren, traf dies ab dem 12. Lebensjahr auf die Mädchen zu. Die meisten Minderjährigen wuchsen bei alleinerziehenden Müttern oder Vätern (42 %) oder bei beiden Eltern gemeinsam (38 %) auf, 10 % bei einem Elternteil in neuer Partnerschaft und weitere 9 % in einem Heim, bei Verwanden oder in einer anderen Konstellation. Knapp die Hälfte der betroffenen Jungen und Mädchen (47 %) nahm zum Zeitpunkt der Gefährdungseinschätzung bereits eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch, stand also schon in Kontakt zum Hilfesystem.

In 22 % aller Fälle lagen mehrere Arten von Vernachlässigung und Gewalt vor

In den meisten Fällen von Kindeswohlgefährdung (59 %) hatten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung festgestellt. In über einem Drittel (35 %) gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen. In 27 % der Fälle wurden Indizien für körperliche Misshandlungen und in 5 % Anzeichen für sexuelle Gewalt gefunden. Den Jugendämtern zufolge gab es darunter auch Fälle, bei denen die Betroffenen mehrere dieser Gefährdungsarten -also Vernachlässigungen, psychische Misshandlungen, körperliche Misshandlungen oder sexuelle Gewalt gleichzeitig erlebt hatten. 2022 traf dies auf 22 % aller Fälle von Kindeswohlgefährdung zu. Dieser Anteil ist seit 2015 kontinuierlich gewachsen, damals hatte er noch bei 16 % gelegen.

Hinweise von Polizei und Justiz haben sich in zehn Jahren mehr als verdreifacht

Knapp ein Drittel (30 %) der rund 203.700 Gefährdungseinschätzungen wurden im Jahr 2022 von der Polizei oder den Justizbehörden angeregt. Rund ein Viertel (23 %) der Hinweise auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung kam aus der Bevölkerung – also von Verwandten, Bekannten, Nachbarn oder anonym. Dahinter folgten Einrichtungen und Dienste der Kinder- und Jugendhilfe, Erziehungshilfe u. a. (13 %). Jeweils etwa ein Zehntel der Hinweise auf die Gefährdungssituation gaben die Schulen (11 %) und die Familien selbst, also die betroffenen Minderjährigen (2 %) oder deren Eltern (7 %).

Eine abschließende Beurteilung, wie sich die Corona-Pandemie -etwa durch die allgemeinen Kontaktbeschränkungen, Lockdowns oder das Homeschooling -auf die Entwicklung der Kinderschutzfälle ausgewirkt hat, ist zurzeit noch schwierig. Gerade in  einer Ausnahmesituationen wie der Pandemie scheint aber das Meldeverhalten der Hinweisgeber eine besondere Rolle zu spielen: Zum Beispiel deuten die bisherigen Ergebnisse darauf hin, dass Schulen und Kitas infolge der Schul- und Kitaschließungen besonders im Jahr 2020 vorübergehend weniger Hinweise auf mögliche Kinderschutzfälle an die Jugendämter gegeben haben als zuvor und danach. Andererseits können Lockdowns und Homeoffice dazu beigetragen haben, dass bei den Behörden zeitweise deutlich mehr Meldungen aus der Bevölkerung eingegangen sind. In der Rückschau fällt auch hier das Jahr 2020 besonders auf.

Vergleichsweise stabil geblieben ist dagegen auch in Zeiten der Pandemie offensichtlich das Meldeverhalten von Polizei und Justizbehörden. Diese Hinweisgeber weisen auch im längerfristigen Vergleich eine beachtliche Entwicklung auf: 61 300 Gefährdungseinschätzungen wurden 2022 von Polizei und Justiz angeregt -gut dreimal so viele wie im Jahr 2012 (+234 %). Zum Vergleich: Im Durchschnitt hatte sich die Zahl der Gefährdungseinschätzungen im Zehnjahresvergleich in etwa verdoppelt (+91 %).

Methodische Hinweise:

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, durch eine Gefährdungseinschätzung (nach § 8a SGB VIII) das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und einer Gefährdung entgegenzuwirken. Dazu zählen in der Regel auch ein Hausbesuch und die Erörterung der Problemsituation mit dem Kind und den Sorgeberechtigten – sofern dies dem Kinderschutz nicht entgegensteht.

Weitere Informationen:

Weitere Ergebnisse stehen in der Datenbank GENESIS-Online in der Tabelle 22518 bereit. Weiterführende Informationen zum Thema Kinderschutz und Kindeswohl befinden sich auf der Themenseite „Kinderschutz und Kindeswohl“.

Quelle: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt




Je älter die Kinder, desto höher die Kosten

763 Euro im Monat geben Paare mit einem Kind für den Nachwuchs aus

Ob Kitagebühren oder Sportschuhe, Schulranzen oder Frühstücksbrote – die Ausgaben von Eltern für ihre Kinder sind vielfältig. Im Jahr 2018 gaben Paare mit einem Kind im Schnitt 763 Euro im Monat für ihren Nachwuchs aus. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, machten die Ausgaben für das Kind damit mehr als ein Fünftel (21 Prozent) der gesamten Konsumausgaben dieses Haushaltstyps in Höhe von monatlich 3 593 Euro aus. Im Vergleich zum Jahr 2013 (660 Euro) sind die Ausgaben für ein Kind um knapp 16 Prozent gestiegen, die gesamten Konsumausgaben um 17 Prozent.

Alleinerziehende wandten 35 Prozent ihrer Konsumausgaben fürs Kind auf

Alleinerziehende mit einem Kind gaben mit durchschnittlich 710 Euro monatlich etwas weniger aus als Paare. Jedoch hatten die Ausgaben fürs Kind bei ihnen einen Anteil von 35 Prozent an den gesamten Konsumausgaben.

Die Ausgaben für Kinder bestehen unter anderem aus der materiellen Grundversorgung wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen. Hierauf entfiel rund die Hälfte der Ausgaben für Kinder. Auf Freizeit, Unterhaltung und Kultur entfielen rund 15 Prozent der Ausgaben.

Mit steigender Kinderzahl sinken die Ausgaben pro Kind

Mit steigender Kinderzahl sinken die Ausgaben pro Kind: Für zwei Kinder gab ein Paarhaushalt im Schnitt 1 276 Euro monatlich aus, für drei Kinder 1 770 Euro. Zudem zeigt sich: Je älter die Kinder, desto höher die Kosten. Paare mit einem Kind im Alter von bis zu sechs Jahren gaben 679 Euro im Monat für das Kind aus – in diesem Alter spielt die Kinderbetreuung als Ausgabeposten eine größere Rolle. Für Jugendliche von zwölf bis unter 18 Jahren gaben die Eltern in Paarhaushalten mit einem Kind mit durchschnittlich 953 Euro im Monat deutlich mehr aus. Hier fallen die höheren Ausgaben für Nahrungsmittel und die Ausgaben für Freizeit, Unterhaltung und Kultur stärker ins Gewicht.

Quelle: Statistisches Bundesamt




Immer mehr Väter nehmen Elternzeit

Jeder vierte Elterngeldbeziehende ist männlich – allerdings nur für kurze Zeit:

Windeln wechseln statt Job – zumindest eine Zeit lang? Was für viele Väter früherer Generationen noch undenkbar war, haben hierzulande 462 300 Väter im Jahr 2020 bewusst gewählt – und Elterngeld bezogen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Vatertags mitteilt, war jeder vierte Elterngeldbeziehende (25 %) im vergangenen Jahr männlich – im Jahr 2015 war es noch jeder fünfte (21 %).

Eltern können das klassische Elterngeld ab 2 bis zu 14 Monaten beziehen. Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, können für bis zu insgesamt 36 Monate das sogenannte Elterngeld Plus beantragen.

Nur kurze Auszeit vom Beruf

Die meisten Väter haben 2020 jedoch nur eine vergleichsweise kurze Auszeit vom Beruf geplant: Knapp drei von vier Vätern (72 %) planten 2020 mit der minimalen Elterngeldbezugsdauer von 2 Monaten. Zum Vergleich: Die meisten Mütter (62 %) beantragten das Elterngeld für einen Zeitraum von 10 bis 12 Monaten. Männer planten beim Elterngeldbezug mit einer durchschnittlichen Dauer von 3,7 Monaten, Frauen mit 14,5 Monaten. Die wenigsten Väter entschieden sich 2020 dafür, das Elterngeld länger als ein Jahr für eine berufliche Pause zu nutzen. Allerdings hat sich ihr Anteil seit 2015 verdoppelt. 

Väter aus Sachsen erhielten am häufigsten Elterngeld

Ein Vergleich der Bundesländer zeigte im Jahr 2020 deutliche Unterschiede, jedoch keine übergreifenden Muster wie etwa ein Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle: Väter aus Sachsen bezogen mit einem Anteil von 30,0 % am häufigsten Elterngeld, gefolgt von jenen in Bayern und in Berlin mit jeweils 27,2 %. Dagegen beantragten im Saarland (19,1 %) und Bremen (20,7 %) die wenigsten Väter Elterngeld.

Bremer Väter beabsichtigten 2020 durchschnittlich 5,4 Monate Elterngeld zu beziehen – der bundesweite Spitzenwert. Auf den Plätzen zwei und drei folgten die Väter aus Berlin (4,9 Monate) und Nordrhein-Westfalen (4,3 Monate). Am wenigsten Zeit kalkulierten Väter aus Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen mit jeweils 3,1 Monaten ein. 

Quellen: Statistisches Bundesamt und statista