Zuckerfalle im Glas: Warum süße Getränke für Kinder ein Risiko sind

Wie gezuckerte Limonaden, Tees und Säfte das Risiko für Übergewicht und Krankheiten bei Kindern erhöhen – und was Eltern dagegen tun können

Immer mehr Kinder in Deutschland kämpfen mit Übergewicht – eine Entwicklung, die nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die langfristige Gesundheit bedroht. In einer aktuellen Pressemitteilung warnt die Stiftung Kindergesundheit eindringlich vor dem hohen Zuckerkonsum durch süße Getränke, der eine zentrale Rolle bei dieser Entwicklung spielt.

Jedes sechste Kind in Deutschland ist übergewichtig

Nach Angaben der Stiftung bringt fast jedes sechste Kind hierzulande zu viel auf die Waage. Rund 5,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen gelten sogar als adipös – also krankhaft fettleibig. Eine der Hauptursachen: zuckerhaltige Getränke wie Limonade, Cola, gesüßter Tee, Fruchtsäfte und Schorlen.

Laut einer Marktstudie von Foodwatch, auf die sich die Stiftung bezieht, konsumiert in Deutschland fast jedes sechste Kind ein- bis dreimal täglich ein zuckerhaltiges Getränk. Vier Prozent trinken sogar viermal täglich Limo, Cola oder andere gezuckerte Flüssigkeiten.

Zucker in flüssiger Form – ein unterschätztes Risiko

Die Stiftung Kindergesundheit macht deutlich: Der Zusammenhang zwischen dem Konsum süßer Getränke und der Gewichtszunahme ist wissenschaftlich belegt. „Eine Analyse von elf internationalen Studien kommt zu dem Ergebnis, dass ein regelmäßiger Konsum zuckerhaltiger Getränke für etwa ein Fünftel des Risikos der Fettleibigkeit im Kindes– und Jugendalter verantwortlich ist“, betont Professor Dr. Dr. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt sowie Vorsitzender der Stiftung.

Auch der durchschnittliche Zuckergehalt der Getränke spricht für sich: 7,3 Prozent Zucker pro 250 ml – das entspricht etwa sechs Würfeln Zucker pro Glas. Zucker wirkt dabei nicht nur auf das Gewicht, sondern erhöht auch das Risiko für Typ-2-Diabetes und Karies.

Appell an die Politik: Zuckersteuer auch in Deutschland?

Angesichts der hohen Gesundheitskosten – rund 1,8 Milliarden Euro jährlich für übergewichtige Kinder und Jugendliche in Deutschland – fordert die Stiftung ein stärkeres politisches Engagement. Eine Sonderabgabe auf gezuckerte Getränke, wie sie international bereits erprobt wird, könnte auch hierzulande Anreize für eine gesündere Getränkeauswahl schaffen.

„Wir hoffen sehr auf die Bereitschaft der Politik zu konsequenten Maßnahmen“, so Professor Koletzko. „Die Lasten des kindlichen Übergewichts sind enorm – medizinisch, sozial und wirtschaftlich.“

Was Eltern tun können: Wasser fördern, Regeln setzen

Neben politischen Maßnahmen sieht die Stiftung aber auch Eltern in der Verantwortung. In ihrer Mitteilung gibt sie praktische Tipps für den Alltag:

  • Kinder sollten regelmäßig Wasser trinken – fünf bis sechs Gläser täglich.
  • Wasser sollte jederzeit verfügbar sein, etwa in einer eigenen Flasche oder Karaffe.
  • Mit Zitronenscheiben, Minze oder gefrorenen Beeren lässt sich Wasser geschmacklich aufwerten.
  • Zu jeder Mahlzeit gehört ein zuckerfreies Getränk – idealerweise Wasser.

Gezuckerte Getränke hingegen sollten Ausnahmen bleiben. In Kitas und Schulen empfiehlt die Stiftung, komplett auf süße Getränke zu verzichten.

Umgang mit Süßem: Maß und Vorbildwirkung

Auch beim Thema Süßigkeiten empfiehlt die Stiftung klare Regeln: keine Belohnung mit Schokolade, keine Vorratshaltung und keine offenen Süßigkeiten im Haus. Kinder sollten früh erfahren, dass Zucker die Zähne angreift – und dass Zähneputzen nach dem Naschen Pflicht ist.

Eltern sollten dabei mit gutem Beispiel vorangehen: Wer selbst ständig nascht, sendet widersprüchliche Signale.

Die Pressemitteilung der Stiftung Kindergesundheit ist ein Weckruf: Zuckerhaltige Getränke sind keine harmlosen Durstlöscher, sondern ein ernstzunehmender Risikofaktor für Übergewicht und Folgeerkrankungen bei Kindern. Ein Umdenken in Familien, Bildungseinrichtungen und der Politik ist dringend erforderlich.

Quelle: Giulia Roggenkamp, Pressemitteilung Stiftung Kindergesundheit




Das Programm „Klimaspürnasen“ gibt es künftig in neun Bundesländern

Nach dem Start in Bayern soll das Gesundheits- und Umweltprojekt für Kitas nun deutlich ausgeweitet werden

Die Folgen des Klimawandels werden für alle von uns zu einer gesundheitlichen Herausforderung. Kinder sind eine besonders anfällige Gruppe. Sie sind den negativen Auswirkungen stark ausgesetzt. Angesichts dessen ist es aus Sicht der Stiftung Kindergesundheit notwendig, Kinder schon früh für die Wechselwirkung zwischen Umwelt und Gesundheit zu sensibilisieren.

Eigenverantwortung für Umweltschutz und Gesundheit fördern

Die Stiftung hat deshalb in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK) das Präventionsprogramm „Klimaspürnasen – Gesundheit und Umwelt im Kindergarten“ entwickelt. Damit können Kinder zwischen drei und sechs Jahren die Zusammenhänge einer gesunden Umwelt mit der eigenen kennenlernen. Mit anschaulichen Spielen und Experimenten sollen Kindergartenkinder für einen umweltbewussten und gesundheitsförderlichen Lebensstil sensibilisiert und ihre Eigenverantwortung im Hinblick auf Umweltschutz und Gesundheit gezielt gefördert werden.

Materialpaket mit Anregungen und Kopiervorlagen

Die teilnehmenden Kindergärten erhalten ein wissenschaftlich ausgearbeitetes Materialpaket mit detaillierten Anregungen zu pädagogischen Aktivitäten und Kopiervorlagen. Auf der Homepage der Klimaspürnasen ergänzen digitalisierte Materialien für pädagogische Fachkräfte sowie Informationen und Tipps für Eltern das Konzept des Programms.

Denn eine intakte Umwelt sei die Grundvoraussetzung für die gesunde Entwicklung von Kindern, erklärt Prof. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt und Vorstand der Stiftung Kindergesundheit. Die Klimaspürnasen seien ein wichtiger Beitrag zur Gesundheitsförderung und nachhaltigen Bekämpfung der klimabedingten Gesundheitsrisiken.

Nähere Informationen zum Programm unter https://www.klimaspuernasen.de/index.php

Quelle: Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Klimawandel und Gesundheit: Expertenteam entwickelt Bildungsprojekt

„KlimaChecker“ heißt das Bildungsprojekt, das die Stiftung Kindergesundheit mit Unterstützung von zehn Betriebskrankenkassen startet

Die Stiftung Kindergesundheit startet mit Unterstützung von zehn Betriebskrankenkassen ein innovatives Bildungsprojekt, das Kinder und Jugendliche direkt ins Zentrum globaler Herausforderungen rückt. „KlimaChecker“ heißt das Programm, das Schülerinnen und Schüler zu Entdeckerinnen und Problemlösern macht.

Wenn Schülerinnen und Schüler künftig eine Weltreise per Segelboot unternehmen, geht es ihnen nicht um Abenteuer, sondern um eine Mission: Den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Gesundheit zu verstehen. In einer spannenden Rahmenerzählung begleiten die Kinder und Jugendlichen ein virtuelles Segelboot auf seiner Reise um die Welt.

Kombination von wissenschaftlich fundiertem Wissen mit didaktisch aufbereiteten Materialien

Das pädagogische Konzept der „KlimaChecker“ kombiniert hierbei wissenschaftlich fundiertes Wissen mit didaktisch aufbereiteten Materialien: An verschiedenen Stationen warten spannende Lerninhalte und multimediale Aufgaben auf die jungen Entdecker. So erleben diese, wie der Klimawandel beispielsweise durch zunehmende Hitze oder Luftverschmutzung die Gesundheit und Lebensräume verändert.

Prof. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit, betont: „Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Wir zeigen Jugendlichen, dass sie nicht Opfer, sondern Gestalterinnen und Gestalter sein können.“

Unterstützt wird das Projekt von einem breiten Bündnis der Betriebskrankenkassen: BKK Landesverband Bayern als Vertreter aller BKK Landesverbände, BKK ProVita, BMW BKK, mkk – meine krankenkasse, BKK VerbundPlus, Mobil Krankenkasse, Audi BKK, SKD BKK, Krones BKK, BKK ZF & Partner und Salus BKK.

Wertvolle Initiative, um eine proaktive Haltung gegenüber dem Klimawandels zu vermitteln

„Aus Sicht der Betriebskrankenkassen sind Projekte wie ,KlimaChecker‘ wertvolle Initiativen, um Kindern und Jugendlichen schon frühzeitig eine proaktive, lösungsorientierte Haltung gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels zu vermitteln. Es werden Impulse für mehr Eigeninitiative gesetzt und das Bewusstsein für die Bedeutung gesunderhaltender Maßnahmen gestärkt“, sagt Dr. Ralf Langejürgen, Vorstand des BKK Landesverbandes Bayern.

Weitere Informationen unter: https://www.kindergesundheit.de/

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Die Gesundheitsförderung gehört fest in den Schulalltag integriert

Die Stiftung Kindergesundheit veröffentlicht den „Kindergesundheitsbericht 2024 – Fokus: Schule & Gesundheit“

Die Stiftung Kindergesundheit sieht dringenden Handlungsbedarf für eine stärkere Gesundheitsorientierung an deutschen Schulen. Laut ihrem aktuellen Kindergesundheitsbericht sieht sie ein enormes Potenzial für Prävention und Gesundheitsförderung an Schulen, das durch strukturelle Mängel oft nicht ausgeschöpft werde.

„Unsere Kinder und Jugendlichen verbringen zehn bis 13 Jahre ihres Lebens in der Schule. Sie ist deshalb ein sehr zentraler und entscheidender Ort für eine gesunde Zukunft unserer Gesellschaft. Die Schulpflicht nimmt auch den Staat in die Verantwortung, die Gesundheit und das Wohlergehen von Schülerinnen und Schülern zu schützen“, erklärt Prof. Dr. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt sowie Vorstand der Stiftung Kindergesundheit.

Wenig Bewegung, schlechtes Schulessen und ungleiche Teilhabe

Gesundheitskompetenz werde an Schulen jedoch zu wenig vermittelt, Bewegungsangebote fehlten, das Schulessen sei häufig von schlechter Qualität und nicht für alle Kinder zugänglich. Besonders betroffen seien Kinder mit chronischen Erkrankungen und aus sozial benachteiligten Gruppen, so Prof. Dr. Heidrun Thaiss, Präsidentin der Dt. Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin.

Psychische Belastungen nicht ausreichend adressiert

„Hinzu kommt, dass die zunehmenden psychischen Belastungen der Schülerinnen und Schüler nicht ausreichend adressiert werden“, ergänzt Prof. Marcel Romanos, Präsident der Dt. Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie.

Gemeinsam mit den beiden Fachgesellschaften fordert die Stiftung Kindergesundheit, Gesundheitsförderung dauerhaft und strukturell in den Schulen zu verankern. Ein wichtiger Schritt sei die bessere Vernetzung und Koordination der verschiedenen Akteure im Schulbereich. Dazu gehöre, allen Kindern und Jugendlichen den flächendeckenden Zugang zu Schulsozialarbeit und Schulpsychologie zu ermöglichen und bundesweit Schulgesundheitsfachkräfte zu etablieren.

Wohlbefinden und Bildungschancen langfristig stärken

„Wenn wir Gesundheitsförderung fest in den Schulalltag implementieren, schaffen wir eine Umgebung, die das Wohlbefinden und die Bildungschancen aller Kinder langfristig stärkt – und das nicht nur für die Kinder, sondern auch im Hinblick auf die Vermeidung zukünftiger Gesundheitskosten, zum Beispiel durch bessere Information und Aufklärung über Impfprävention“, betont Koletzko.

Der Kindergesundheitsbericht 2024 greift zahlreiche Themen zur psychischen und körperlichen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern auf. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben vielfältige Einblicke in ihre jeweiligen Fachgebiete und liefern fundierte Erkenntnisse für die gesundheitspolitische Diskussion.

Der Bericht

Der „Kindergesundheitsbericht 2024 – Fokus: Schule & Gesundheit“ der Stiftung Kindergesundheit enthält eine breite Palette an wichtigen Themen der mentalen und körperlichen Gesundheit Kinder und Jugendlicher und führt die wichtigsten Daten aus Studien der vergangenen Jahre zusammen. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben einen vertieften Einblick in ihr Fachgebiet. Ziel ist es, eine Informationsgrundlage für die notwendige gesundheitspolitische Diskussion zu schaffen und diese gleichzeitig anhand von Maßnahmenvorschlägen und Lösungsansätzen zu konkretisieren.

Der Kindergesundheitsbericht 2024 entstand in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V. (DGSPJ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (DGKJP).

Die Autorinnen und Autoren

Bettine Bredereck, Priv.-Doz. Dr. Katharina Bühren, Lena Duske, Martin Grauduszus, Nadine Haunstetter, Dr. Ulrike Horacek, Lisa-Marie Huber, Prof. Christine Joisten, Dr. Josephine Kasel-Seibert, Robert Keiß, Prof. Dr. Berthold Koletzko, Prof. Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong, Dr. Frank W. Paulus, Anna Philippi, Antje Radetzky, Prof. Dr. Matthias Richter, Prof. Dr. Marcel Romanos, Hans-Joachim Röthlein, Theresa Schierl, Nikola Schmidt, Dr. Petra Schulze-Lohmann, Ulrich Striegel, Prof. Dr. Heidrun Thaiss, Prof. Dr. Klaus Überla

Quelle: Pressemitteilung der Stiftung Kindergesundheit




RSV – die unterschätzte Gefahr für Babys und kleine Kinder

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über eine wenig bekannte Virusinfektion

Schnupfen, Husten und Atembeschwerden sind häufige Begleiter der ersten Lebensjahre. Doch nicht nur die allgegenwärtigen Erreger von Erkältungen oder einer Virusgrippe verursachen diese Symptome bei Kindern und Erwachsenen. Hinter der Infektion steckt öfter als bisher vermutet das „Respiratorische Synzytial-Virus“, abgekürzt RSV, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme.

Obwohl nur wenige Menschen seinen Namen kennen, füllt der tückische Krankheitserreger in den kälteren Monaten des Jahres die Betten der Kinderkliniken: Das RS-Virus ist weltweit verbreitet und die häufigste Ursache von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern. Jährlich gibt es etwa 95 RSV-bedingte Atemwegserkrankungen und 16 Krankenhausaufenthalte pro 1000 Kindern im ersten Lebensjahr. Ein schwerer Verlauf des RS-Virus lässt sich kaum vorhersagen und eine Infektion kann schlimmstenfalls sogar tödlich verlaufen.

„Das RS-Virus ist die Ursache einer besonders häufigen und belastenden Virusinfektion, die das Atmungssystem befällt. Schon bis zum zweiten Geburtstag machen nahezu alle Kinder Bekanntschaft mit dem Keim“, sagt Kinder- und Jugendarzt Prof. Dr. Johannes Liese, Leiter des Bereichs Pädiatrische Infektiologie und Immunologie an der Universitäts-Kinderklinik Würzburg und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Kindergesundheit. Er stellt fest: „Dieses Virus ist der häufigste Grund weltweit für atemwegsbedingte Krankenhausaufenthalte von Kindern in den ersten fünf Lebensjahren.“

Altersabhängige Auswirkungen einer Ansteckung

Das RS-Virus löst akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Alter aus. Besonders gefährdet sind Säuglinge. „Neugeborene sind deshalb stärker anfällig, weil ihr Immunsystem noch nicht ausgereift ist“, erläutert Prof. Dr. Johannes Liese. „Aber auch ältere Frauen und Männer ab 60 Jahren gehören zur Risikogruppe.“
Medikamente zur gezielten, antiviralen Behandlung von RSV-Infektionen gibt es nicht, es stehen jedoch verschiedene Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung. Professor Liese: „So können sich zum Beispiel werdende Mütter schon während der Schwangerschaft aktiv impfen lassen, um ihr Kind von Anfang an vor dem RS-Virus zu schützen.“
Zur RSV-Immunisierung stehen mittlerweile vier durch die EU-Kommission zugelassene Präparate zur Verfügung: Zwei davon sind Impfstoffe, zwei sind so genannte monoklonale Antikörper.

Symptome wie bei einer Virusgrippe

Die weite Verbreitung der RSV-Viren in der Bevölkerung wurde lange Zeit unterschätzt. Dabei führen sie jedes Jahr in Herbst und Winter zu ausgedehnten Epidemien.

Eine Ansteckung mit dem RS-Virus verursacht bei Säuglingen und Kleinkindern, aber auch bei älteren Erwachsenen eine Reihe von Beschwerden, die von leichten erkältungsähnlichen Symptomen bis zu schweren Atemwegserkrankungen, wie Bronchiolitis, Bronchitis oder Lungenentzündung reichen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit.
In ihrem zeitlichen Auftreten ähneln RSV-Infektionen der Influenza. In Deutschland beginnt die RSV-Saison in der Regel im Oktober und dauert etwa drei bis fünf Monate, meist bis März.

Eine Infektion mit zwei Gesichtern

Gesunde, ältere Kinder überstehen eine RSV-Erkrankung meist ohne direkte Komplikationen. Drei bis sechs Tage nach der Ansteckung beginnt die Krankheit zunächst langsam als Schnupfen über zwei bis drei Tage. Fieber kann, muss aber nicht vorhanden sein. Nach einigen Tagen folgen dann Atembeschwerden, Schnaufen und keuchender Husten. Nach etwa vier bis sieben Tagen geht es dem Kind meist wieder besser.

Die Schwere der Erkrankung hängt allerdings stark vom Alter der betroffenen Person ab, betont die Stiftung Kindergesundheit. Bei jungen Säuglingen, Kleinkindern unter 2 Jahren, ehemaligen Frühgeborenen, immungeschwächten Patientinnen und Patienten, Kindern mit chronischen Herz- oder Lungenkrankheiten sowie bei genetischen Erkrankungen wie Trisomie 21 können die Infektionen schwerer verlaufen. Häufig treten auch asthmaähnliche Symptome, Mittelohrkomplikationen und Pseudokrupp als Begleiterscheinungen auf.
Steigt die Infektion bis zu den Lungenbläschen hinab (Bronchiolitis), wird die Atmung deutlich beeinträchtigt. Das Kind stöhnt und gibt pfeifende Geräusche („Wheezing“) von sich, beim Einatmen wird die Haut zwischen den Rippen deutlich eingezogen und die Nasenflügel weit geöffnet („Nasenflügel-Atmung“).

„Eine lebenslange Immunität vor dem RS-Virus gibt es leider nicht“, bedauert Infektions-Experte Professor Liese. „Man kann wie bei der Grippe bis in das Erwachsenenalter immer wieder daran erkranken. Erneute Infektionen sind häufig, auch da es verschiedene RSV-Typen (RSV A und RSV B) gibt.“ Bei Kindern nimmt die Erkrankungsschwere jedoch mit der Zahl der wiederholten RSV-Infektionen und dem zunehmenden Alter ab.

Risiken bei Kindern und Erwachsenen

Durch RSV besonders gefährdet sind Babys, die zu früh – vor der 35. Schwangerschaftswoche – auf die Welt gekommen sind. Ihr Immunsystem ist noch nicht voll funktionstüchtig, manchmal haben sie auch durch die Beatmung in einem Inkubator (Brutkasten) eine vorgeschädigte Lunge, heute allerdings deutlich seltener als früher.
Gefährlich werden kann eine RSV-Infektion aber auch für Säuglinge und Kleinkinder mit angeborenen Herzfehlern oder einem chronischen Lungenleiden, sowie für Kinder mit Immundefekten oder unter einer immunsuppressiven Therapie bei einer Krebskrankheit. Bei diesen Kindern liegt die Sterblichkeit nach ihrer Aufnahme in einem Krankenhaus selbst unter den heutigen intensivmedizinischen Möglichkeiten bei etwa einem Prozent.
Die meisten der erkrankten Säuglinge, die stationär versorgt werden müssen, waren zuvor jedoch gesund und keine Frühgeburten.

Bei älteren Personen ist eine Unterscheidung von RSV von anderen Viruskrankheiten wie Influenza oder SARS-CoV-2 kaum möglich, da sich die Symptome ähneln: Sie leiden unter Beschwerden wie Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit und Fieber.
Bei Kindern und Erwachsenen, die unter Asthma oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden, verläuft die RSV-Infektion oft besonders belastend. Patienten mit einem schweren Verlauf müssen häufig stationär aufgenommen und dort im Schnitt 12 Tage lang behandelt werden. Der Anteil von Patienten, die wegen einer RSV-Infektion auf die Intensivstation gebracht werden müssen, ist um 40 bis 60 Prozent höher als bei einer Influenza.

Impfungen für Schwangere, Babys und Senioren

Zum Schutz empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit Juni 2024 die passive Immunisierung für alle Neugeborenen und Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison unabhängig von Risikofaktoren. Das Mittel wird einmalig in den Oberschenkelmuskel des Babys gespritzt. Studien haben gezeigt, dass das Risiko eines RSV-bedingten Krankenhausaufenthaltes durch diese Passivimmunisierung deutlich reduziert werden konnte. Auch die Dauer des Krankenhausaufenthaltes wird gesenkt.

Eine weitere Schutzmöglichkeit vor RSV bietet die Impfung werdender Mütter. Sie können sich schon in der Schwangerschaft impfen lassen, um ihr ungeborenes Kind durch die Weitergabe ihrer eigenen Antikörper gegen RSV zu schützen. Die mütterliche Impfung wurde Ende August 2023 zugelassen, ist bisher aber in Deutschland von der STIKO noch nicht allgemein empfohlen. Die Impfung soll die Säuglinge bis zu ihrem 6. Lebensmonat vor RSV-Infektionen schützen. Für Personen ab 60 Jahre sind zwei RSV-Impfstoffe zugelassen.
RSV-Erkrankungen sind meldepflichtig

Die Diagnose einer RSV-Infektion wird meist im Krankenhaus gestellt. Es kommen dabei Antigentests aus Nasen-Rachen-Abstrichen und Nasen-Rachen-Spülwasser zur Anwendung. Seit Juli 2023 wird eine Erkrankung an RSV dem Gesundheitsamt gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich gemeldet.

Weitere Informationen

Für weitere Informationen hat die Stiftung Kindergesundheit ein Informationsvideo und einen Informationsflyer für Eltern erstellt:
https://www.powerversum.de/media/RSV_Das_Respiratorische_Synzytial_Virus.php
https://www.kindergesundheit.de/Info/_docs/SKG_RSV_Flyer_240926_final.pdf

Giulia Roggenkamp/Stifutng Kindergesundheit




Rheuma ist eine unterschätzte Krankheit bei Kindern und Jugendlichen

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über ein Leiden, das oft nur schwer zu erkennen ist, aber immer besser behandelt werden kann

Viele Menschen glauben, Rheuma sei eine typische Krankheit schmerzgeplagter alter Frauen und Männer. Das stimmt so aber nicht: In Deutschland leiden neben den rund zwei Millionen erwachsenen Rheumatikern etwa 40.000 Kinder und Jugendliche an einer rheumatischen Erkrankung, d.h. einer Entzündung von Gelenken und Organen. Rheuma tritt bei Kindern etwa genauso häufig auf wie Diabetes oder Krebs und zählt damit zu den häufigsten chronischen Leiden im Kindesalter, berichtet die in München beheimatete Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.

Rheuma tritt in allen Altersgruppen auf

„Es ist zu wenig bekannt, dass Rheuma-Erkrankungen in allen Altersgruppen auftreten können. Besonders Kleinkinder, Schulkinder und Jugendliche sind von ganz verschiedenen Erkrankungen betroffen, die nicht gleich als entzündlich-rheumatisch erkannt werden“, berichtet Kinder- und Jugendärztin Priv.-Doz. Dr. Annette Jansson, Leiterin der Rheumatologie des Dr. von Haunerschen Kinderspitals und des Fachbereiches Rheumatologie im integrierten Sozialpädiatrischen Zentrum der Universität München. „Besonders dann, wenn keine Gelenkentzündungen vorhanden sind, denkt man nicht auf Anhieb an Rheuma. Viele Mädchen und Jungen mit Rheuma-Erkrankungen haben deshalb einen zu langen Leidensweg, bis die richtige Diagnose gestellt und eine Behandlung eingeleitet wird“.

Bei Kindern besteht nicht jede rheumatische Erkrankung lebenslänglich, in manchen Fällen heilt sie spontan aus, ohne Folgeschäden zu hinterlassen, sagt PD Dr. Annette Jansson. Dennoch ist sie für die kleinen Patienten und ihre Familien sehr belastend. Durch gezielte Therapien lassen sich jedoch die Symptome oft gut behandeln, betont die Spezialistin der Münchner Universitätskinderklinik.

Kinderrheuma hat viele Gesichter

„Rheuma“ ist der Oberbegriff für mehr als 400 bekannte unterschiedliche Erkrankungen aufgrund von Entzündungen, die nicht durch Infektionen verursacht werden. Neben dem bekannten Gelenkrheuma werden auch Erkrankungen mit Entzündungen anderer Organe oder Systeme zu den rheumatischen Erkrankungen gezählt. Sie können in jedem Alter auftreten.

Gelenkrheuma gehört zu den Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem den eigenen Körper – in dem Fall die Gelenke – angreift und Entzündungen verursacht. Allerdings kann es auch im Rahmen von Infekten oder aufgrund anderer Ursachen zu Gelenkentzündungen kommen, die entweder spontan heilen oder mit Medikamenten heilbar sind. Sie machen 80 bis 90 Prozent aller Gelenkentzündungen aus und verlaufen häufig mild. Bei den übrigen 10 bis 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen entwickeln sich jedoch chronische Gelenkentzündungen. Bei diesen Kindern verläuft die Erkrankung oft schubweise. Es können auch Knochen, Muskeln und sogar die Augen betroffen sein. Diese Kinder benötigen eine spezielle Rheuma-Therapie.

Mädchen häufiger betroffen als Jungen

„Die bei Weitem häufigste Form der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im Kindesalter ist die ‚juvenile idiopathische Arthritis‘ JIA, also die chronische Gelenkentzündung“, erläutert Kinderrheumatologin PD Dr. Annette Jansson. Als Arthritis werden entzündliche Erkrankungen der Gelenke bezeichnet, „idiopathisch“ nennt die Medizin Krankheiten, deren Ursachen nicht genau geklärt sind.

„Die Erkrankung beginnt oft im Vorschulalter. Von ihr sind Mädchen häufiger betroffen als Jungen. Als erstes befällt die Entzündung meist die Knie- oder Sprunggelenke, es können aber auch einzelne Finger- oder Zehengelenke betroffen sein“.

Eine seltenere, aber durch wiederkehrende Fieberschübe ebenfalls sehr belastende rheumatische Krankheit ist das sogenannte „Still-Syndrom“. Sie betrifft den ganzen Körper, manchmal auch ganz ohne Gelenkentzündung. Der Organismus des Kindes reagiert mit ähnlichen Symptomen wie bei den ansteckenden Kinderkrankheiten: Das Kind fiebert oft über zwei Wochen und auf seiner Haut zeigt sich ein Ausschlag mit lachsfarbigen Flecken. Weitere mögliche Symptome sind Lymphknotenschwellungen, eine Herzbeutelentzündung, vergrößerte Leber und Milz und eine Störung der Blutbildung im Knochenmark.

Keine Lust auf Laufen und Bewegung

Anders als bei Erwachsenen äußert sich Gelenkrheuma bei Kindern oft nicht gleich mit Schmerzen, sondern durch Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit und durch Schonhaltungen.

Der chronische Entzündungsprozess im Bindegewebe führt dann aber auch bei Kindern und Jugendlichen zu Gelenkbeschwerden mit Schmerzen und Schwellungen, zu Problemen, die das Kind und die gesamte Familieüber Monate bis Jahre oder sogar Jahrzehnte belasten können. Heute weiß man, dass Bewegung und Sport auch für Kinder mit Gelenkrheuma gut und wichtig sind. Aus diesem Grund zielt die Behandlung darauf ab, dies möglichst uneingeschränkt zu ermöglichen.

Die Familie leidet mit

Die Diagnose „rheumatische Erkrankung“ verändert abrupt das Leben der Betroffenen und ihrer Familien. Priv-Doz. Dr. Annette Jansson berichtet: „Es ist für die Familie und das Umfeld schwer zu verstehen, dass manche Kinder mit Gelenkrheuma wegen der typischen Morgensteifigkeit Mühe haben, einen sehr zeitig beginnenden Schulunterricht zu besuchen. Dass sie einen langen Schulweg oft nicht ohne Hilfsmittel bewältigen können. Dass sie nicht mehr Treppen steigen können. Dass sie keinen gelenkbelastenden Schulsport absolvieren können, auch wenn die Funktionen ihrer Gelenke scheinbar unbeeinträchtigt sind“.

Als besonders gravierend erweisen sich die Behinderungen der Bewegungsfähigkeiten. Die davon betroffenen Kinder sind auf die Hilfe der Familie angewiesen: Sie muss oft eine Vielzahl von Fahrten organisieren – zu Arztvorstellungen, physiotherapeutischen Behandlungen und zu Ergotherapien, zum Heilschwimmen und zum täglichen Besuch von Kita oder Schule. Sind beide Eltern berufstätig, dann lassen sich diese Aufgaben kaum bewältigen. In der Regel ist es die Mutter, die diese Pflichten erfüllen muss, zu Lasten der übrigen Familienmitglieder und damit auch der Geschwister.

Behandlung in spezialisierten Zentren

Wegen anhaltender oder erneut auftretender Beschwerden benötigen rheumakranke Kinder mitunter auch stationäre Therapien in spezialisierten Zentren. Dort muss eine komplexe Behandlung durchgeführt werden. Dabei wird unter anderem mit einer intensiven Krankengymnastik versucht, die bereits entstandenen Fehlhaltungen und Fehlstellungen zu lösen und die Beweglichkeit des erkrankten Kindes zu verbessern. Priv.-Doz. Dr. Annette Jansson: „Immer häufiger beobachten wir, dass Kinder und vor allem Jugendliche unter Schmerz-Syndromen leiden, die sie – ohne dass organische Ursachen gefunden werden können – erheblich an ihrer sozialen Teilhabe und Entwicklung hindern. Hierfür gibt es mittlerweile Zentren, die multimodale Therapie-Konzepte anbieten“.

Im Vergleich zu älteren Rheumatikern haben Kinder mit Rheuma heute deutlich bessere Heilungschancen, betont die Stiftung Kindergesundheit. Es sei jedoch entscheidend, dass das Kinderrheuma frühzeitig erkannt und angemessen behandelt wird. Bei fast der Hälfte der Patienten heilt Kinderrheuma bis zum Erwachsenenalter aus.

Hier finden Sie weitere Informationen :

www.rheuma-liga.de (Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.)
https://dgrh.de/Patienten.html (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V.)
www.gkjr.de/fur-patienten-und-eltern/krankheitsbilder/ (Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie)
www.kinderrheuma.com/kinder-jugendrheuma/medizinische-aspekte/ (Bundesverband Kinderrheuma e.V.)
www.kinder-rheumastiftung.de/kinderrheuma-2/ (Deutsche Kinderrheuma-Stiftung)
www.jungundrheuma.nrw (Deutsche Rheuma-Liga Nordrhein-Westfalen e.V)

Quelle: Julia Roggencamp, Stiftung Kindergesundheit




Das Kind hat Fieber – was tun?

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über Vor- und Nachteile von Hausmitteln und Medikamenten zur Behandlung erhöhter Temperaturen

Über die Bedeutung des Fiebers bei Kindern gehen die Ansichten von Ärzten, Ärztinnen und Eltern manchmal stark auseinander. Während Medizinerinnen und Mediziner in den vergangenen Jahrzehnten die heilsame Wirkung des Fiebers in der Bekämpfung von Bakterien und Viren schätzen gelernt haben, sind viele Eltern nach wie vor überzeugt, gestiegene Temperaturen bei ihrem Kind sofort und energisch bekämpfen zu müssen. Doch ein vorschneller Einsatz von fiebersenkenden Medikamenten kann dem Kind mehr schaden als nutzen, betont die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme: Fieber ist lediglich ein Symptom der beginnenden Erkrankung, ein Warnzeichen, das jedoch für sich allein genommen nicht gefährlich ist. Eine bewährte Faustregel von erfahrenen Kinder- und Jugendärzt*innen lautet deshalb: „Die Krankheit behandeln, nicht das Thermometer“.

Ab wann ein Kind Fieber hat

Deutlich erhöhte Temperaturen sind der häufigste Grund für die Vorstellung von Kindern in der Kinder- oder Hausarztpraxis.  Doch wann spricht man tatsächlich von Fieber? Je nach Tageszeit kann die Körpertemperatur schwanken, so ist diese z.B. abends meist etwas höher als morgens.

36,5°C bis 37,5°C: normale Körpertemperatur eines gesunden Kindes
37,6°C bis 38,4°C: erhöhte Temperatur
Ab 38,5°C: Fieber
Ab 39°C: hohes Fieber
Achtung: Bei Neugeborenen/jungen Säuglingen (0 bis 3 Monate) spricht man ab 38,0°C von Fieber!

Fühlt sich das Kind heiß an und erscheint es krank, so sollte die Körpertemperatur gemessen werden. Dies wird am besten im Po/After (rektal) mit einem digitalen Thermometer durchgeführt. Dabei sollten Eltern auf einen vorsichtigen Umgang mit dem Thermometer achten, damit die Messung schmerzfrei erfolgt. Eine Messung mit einem Infrarotthermometer im Ohr ist ebenfalls möglich, dies erfordert eine gewissenhafte Handhabung, um Fehlermeldungen oder Verfälschungen durch z.B. Ohrenschmalz zu verhindern. Auf eine Messung mit Stirnthermometern sollte verzichtet werden, da diese nicht sehr genau und zuverlässig sind.

Fieber steigert die Immunkräfte des Körpers

Die Notwendigkeit der Fieberbekämpfung mit Medikamenten wird von vielen Eltern als selbstverständlich vorausgesetzt. Diese weit verbreitete Annahme führt jedoch laut Stiftung Kindergesundheit häufig zu einer unverhältnismäßigen oder sogar schädlichen Anwendung von fiebersenkenden Medikamenten.

Fieber ist jedoch ein wichtiges Mittel des Organismus, sich selbst zu heilen, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit. Es treibt die Immunkräfte zu Hochleistungen an, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Vor allem gegen Virus-Infektionen ist Fieber besonders wirksam. Die Ausbreitung zahlreicher Viren wird bei Temperaturen über 38,5 Grad deutlich gebremst. Da Kinder noch für viele Viren anfällig sind, gegen die Erwachsene längst eine Immunität entwickelt haben, setzt ihr Körper das Abwehrmittel Fieber häufig ein.

Eine Chance für die Selbstheilung

„Bei harmlosen Beschwerden wie leicht erhöhten Temperaturen sollten Eltern nicht sofort zu Fieberzäpfchen, Säften oder Tropfen greifen, sondern der Selbstheilung des kindlichen Organismus eine Chance geben und auch bewährte Hausmittel wie Wadenwickel oder ein Abkühlbad erwägen“, empfiehlt Kinder- und Jugendarzt Prof. Dr. Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der in München ansässigen Stiftung Kindergesundheit.

Bei Kindern, die trotz erhöhter Temperatur munter sind und normal essen und trinken, müssen noch keine Maßnahmen ergriffen werden, betont der Stoffwechselexperte der Haunerschen Kinderklinik der Universität München. Steigt die Temperatur aber über 38,5 Grad an, kann der Allgemeinzustand eines Kindes beeinträchtigt werden: Es fühlt sich schlecht, hat Muskel- und Gliederschmerzen, ist appetitlos und quengelig. „Wenn ein Kind so offensichtlich leidet, ist es sinnvoll, das Fieber zu senken“, so Prof. Berthold Koletzko.

Solange sich ein Kind wohl fühlt, ist keine Fieberbehandlung nötig

Deshalb gilt: Solange sich das Kind nicht zu krank fühlt und auch sonst einen guten Allgemeineindruck macht, muss man gegen das Fieber nicht angehen. Nicht das Fieber macht das Kind krank, sondern der Erreger, der hinter der Infektion oder der Entzündung steckt. Die Suche nach der Ursache des Fiebers ist wichtiger als seine Senkung.

Kleine Kinder ertragen hohe Temperaturen oft besser

Kleine Kinder ertragen hohe Temperaturen überdies in aller Regel viel besser als Jugendliche oder Erwachsene. Selbst hohes Fieber über 40 Grad macht ihnen oft nichts aus. Nur dann, wenn das Kind durch das Fieber leidet, unruhig und quengelig ist, Trinken und Essen verweigert, nicht schlafen kann, verwirrt ist oder wenn es schon einmal einen Fieberkrampf hatte, sind Gegenmaßnahmen nötig. Für Neugeborene und Säuglinge gilt dies selbstverständlich nicht. Sie sollten immer von einer Kinderärztin oder einem Kinderarzt untersucht werden.

Ärztlichen Rat zum Einsatz von Fiebermedikamenten für Kinder einholen!

Obwohl Medikamente zur Fiebersenkung zu den am häufigsten angewandten Arzneimitteln der Welt gehören und auch in Deutschland schon lange ohne Rezept erhältlich sind, sollten Eltern sich wegen ihrer möglichen Nebenwirkungen zu ihrem Einsatz bei Kindern ärztlich beraten lassen, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit. Sie nennt die Gründe für eine vorsichtige und gezielte Verwendung:

Am häufigsten wurde bisher die Substanz Paracetamol eingesetzt, vorzugsweise in Form von Zäpfchen. Wird sie zu lange oder zu häufig mit insgesamt zu hoher Dosis angewendet, besteht die Gefahr von schweren Leberschäden. Aktuelle Studien weisen zudem auf die Möglichkeit nachteiliger Wirkungen auf Funktionen und Strukturen des Gehirns und die Entwicklung einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) hin.

In der Wirksamkeit gegen Fieber ist die Substanz Ibuprofen dem Paracetamol gleichwertig und zur gleichzeitigen Linderung von Schmerzen sogar besser geeignet. Sie hat sich so auch bei der Behandlung von Mittelohrentzündungen bewährt. Mögliche Nebenwirkungen sind jedoch Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung sowie Blutungen in Magen und Darm. Auch Störungen der Nierenfunktionen sind möglich.

Acetylsalizylsäure („Aspirin“), sollte wegen des sehr seltenen, aber gefährlichen Risikos eines „Reye-Syndroms“ (mit der Gefahr einer schweren Leber- und Gehirnschädigung) bei Kindern unter zwölf Jahren nicht verwendet werden.

Welche Hausmittel helfen am besten?

Kinder mit Fieber brauchen viel Flüssigkeit, um das durch Schwitzen verlorene Wasser zu ersetzen. Solange das Kind zu Beginn des Fieberanstiegs fröstelt, sollten die Eltern – am besten mit einer Wolldecke oder einer Wärmflasche – für Erwärmung sorgen. Abkühlungsmaßnahmen empfehlen sich erst dann, wenn sich nicht nur Gesicht und Stirn, sondern auch die Beine und der übrige Körper des Kindes warm anfühlen.

Die meisten Kinder baden gern, deshalb empfinden sie ein fiebersenkendes Abkühlungsbad als angenehm. Die ebenfalls bewährten Wadenwickel müssen nicht kalt sein: Es reicht völlig, wenn der Temperaturunterschied zehn Grad beträgt. Verwendet man zimmerwarmes (22 Grad) oder sogar bis zu 30 Grad warmes Wasser, vermeidet man überdies das Erschrecken des Kindes.

Auch das Abwaschen des nackten Körpers mit lauwarmem oder kühlem Wasser wird von vielen Kindern als angenehm empfunden. Eine „Erkältung“ ist dabei nicht zu befürchten: Die Ursachen des Fiebers sind nicht die Temperaturen, sondern die Krankheitserreger.

Wann soll im Zusammenhang mit Fieber ärztlicher Rat eingeholt werden?

  • Wenn ein Neugeborenes/junger Säugling (0 bis 3 Monate) eine Temperatur von 38°C und mehr hat bzw. bereits bei einer geringeren Körpertemperatur, wenn das Baby nicht trinkt, schlapp ist und/oder Hautveränderungen auftreten
  • Bei Kindern unter zwei Jahren: Wenn das Fieber länger als einen Tag andauert
  • Bei Kindern über zwei Jahren: Wenn das Fieber länger als drei Tage andauert 
  • Wenn das Fieber trotz fiebersenkender Mittel nicht sinkt
  • Wenn weitere Krankheitssymptome wie etwa Kopfschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Berührungsempfindlichkeit, Hautausschlag, „Nackensteife“, Teilnahmslosigkeit o.ä. auftreten
  • Wenn ein Kind trotz fiebersenkender Maßnahmen immer noch deutlich beeinträchtigt ist
  • Wenn das Kind bei Fieber nicht trinken will
  • Wenn die Eltern unsicher sind und nicht genau wissen, was Ihrem Kind fehlt

Weitere Informationen zum Thema Kindergesundheit und zur Stiftung finden Sie hier: www.kindergesundheit.de

Quelle: Stiftung Kindergesundheit  




Selbstbestimmtes Essen fördert die Gesundheitskompetenz

Jedes Kind hat ein Recht darauf, darüber zu bestimmen, wann und was es isst

Viele Eltern kennen das: Sie bemühen sich, frische und abwechslungsreiche Gerichte zu kochen, doch kaum steht das Essen auf dem Tisch, verzieht das Kind das Gesicht und ruft „Iih!“. Diese Reaktion ruhig hinzunehmen, erfordert eine Menge Gelassenheit.

Erwachsene haben klare Vorstellungen davon, wie Kinder essen sollen: sauber und ordentlich, gesund und in der richtigen Menge. Kinder hingegen haben eigene Bedürfnisse, die sie beim Essen ausleben und befriedigen wollen. Oft prallen die Vorstellungen der Erwachsenen und die Bedürfnisse jüngerer Kinder bei Tisch aufeinander. Die Entwicklung eines eigenständigen, gesunden und genussvollen Essverhaltens wird durch diesen Konflikt erschwert. Die Stiftung Kindergesundheit plädiert daher für einen zweigleisigen Weg zu einer gesundheitsfördernden Esskultur: Einen gelassenen Umgang mit den Nahrungsvorlieben des Nachwuchses, begleitet von einer frühzeitigen Ernährungsbildung. 

Eigenständigkeit statt Zwang am Esstisch

„Ich rate allen Eltern, Druck und Stress von den Familienmahlzeiten fernzuhalten. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern eine umfassende Erfahrung, die auch Einfluss auf die körperliche und emotionale Gesundheit unserer Kinder hat“, so Professor Dr. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt an der Universität München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Damit sich Kinder gesund ernähren, ist es zunächst einmal wichtig, dass Eltern für ein abwechslungsreiches und vollwertiges Angebot sorgen. Kinder sollten jedoch das Recht haben, selbst mitzuentscheiden und auszuwählen, was und wie viel davon sie essen möchten. Diese Autonomie hilft ihnen dabei, eine positive Beziehung zum Essen zu entwickeln und das Vertrauen in das eigene Sättigungsgefühl zu stärken“, betont Koletzko weiter. Dies bedeute, dass Kinder bei Mahlzeiten eine gewisse Entscheidungsfreiheit haben sollten, während Erwachsene die Rahmenbedingungen festlegten. 

Solange Kinder gesund sind und ihr Körpergewicht im Normbereich liegt, könnten Eltern darauf vertrauen, dass Kinder ihr Essverhalten eigenständig regulieren und die Menge an Nahrung aufnehmen, die sie benötigen. Das Angebot spiele hier eine wichtige Rolle. „Die Entscheidung darüber, ob ein Kind hungrig ist, welche Nahrung es auswählt und wie viel es davon isst, liegt in der individuellen Entscheidungsfreiheit jedes Kindes. So kann sich ein gesundes Gefühl für die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben entwickeln. Dies kann auch zur Vermeidung eines gestörten Essverhaltens beitragen“, erläutert Koletzko.

Für die Eltern sei es wichtig, ein gesundes Essverhalten vorzuleben. Dazu gehöre auch die Reflexion der eigenen Biografie in Bezug auf das Essen: Welche Werte und Regeln wurden mir als Kind vermittelt? Welche emotionale Beziehung habe ich zum Essen? Womit belohne ich mich? Entsprechen meine Vorstellungen, wie und was mein Kind essen soll, dem Entwicklungsstand des Kindes? Wo kann ich Abstriche machen, was ist mir wichtig? Diese Fragen sollten sich Eltern stellen.

Wählerisches Essverhalten bei Kindern meist kein Grund zur Sorge

Wissenschaftliche Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass es nicht hilfreich ist, wenn Eltern das Essverhalten ihrer Kinder durch Druck und Verbote beeinflussen wollen. Eine US-amerikanische Forschungsgruppe von der Universität Michigan untersuchte den Einfluss eines wählerischen Essverhaltens (sogenanntes „picky eating“) im Kindesalter auf den Bodymaßindex (BMI) im Lebensverlauf. Dafür verfolgte sie 317 Kinder zwischen 4 und 9 Jahren über einen mehrjährigen Zeitraum. Das Ergebnis: Wählerisches Essverhalten in der Kindheit scheint eine feststehende Charaktereigenschaft zu sein, die unabhängig vom elterlichen Versuch gegenzusteuern über Jahre bestehen bleibt. Außerdem legten die Studienergebnisse nahe, dass das „picky eating“ vor einem höheren BMI schützen könnte. Weitere Studien haben gezeigt, dass selbst Kinder, die beim Essen sehr wählerisch sind, äußerst selten zu dünn sind oder Mangelerscheinungen aufweisen.

Kinderleicht gesund: Ein Podcast erklärt, wie es geht

Statt sich also zu sehr zu sorgen und deshalb Druck aufzubauen, sollten Eltern ihre Kinder darin unterstützen, frühzeitig Gesundheitskompetenz in Sachen Ernährung zu erlangen. Zu diesem Zweck hat die Stiftung Kindergesundheit den 10-teiligen Podcast „Hör dich fit“ entwickelt. Der Podcast richtet sich an Kinder im Vor- und Grundschulalter und vermittelt kindgerechte Informationen über gesunde Ernährung, gemeinsames Einkaufen und Kochen sowie einen ausgewogenen Lebensstil. Eingebettet in spannende Geschichten erhalten Kinder praktische Tipps und lernen, wie sie gesunde Entscheidungen treffen können. Der Podcast wurde jüngst mit dem „Wir sind IN FORM“-Logo der Bundesregierung ausgezeichnet und ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen, darunter Spotify, Apple Podcasts und Google Podcasts, verfügbar. In der letzten Folge geht es um das Thema „selbstbestimmt Essen“ – ein Kinderrecht, wie Randi Benner, Projektleiterin und Verantwortliche für den Podcast, findet.

„Kinder sollten wissen und erfahren, dass sie sich auch am Esstisch selbstbestimmt und selbstwirksam beteiligen können. Leider gibt es aber noch immer Betreuungseinrichtungen oder Familien, in denen Kinder im Zusammenhang mit Essen ausgeschimpft werden, der Nachtisch als Druckmittel benutzt wird oder sie zum Probieren und Aufessen gezwungen werden. Das sehen wir sehr kritisch“, betont Benner. Artikel 24 der auch von Deutschland unterzeichneten UN-Kinderrechtskonvention sichere allen Kindern das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit zu. Essen sei ein zentrales Element von Gesundheit, positive Erfahrungen bei den Mahlzeiten legten den Grundstein für ein gesundheitsförderndes Ernährungsverhalten. Deshalb setze sich die Stiftung Kindergesundheit dafür ein, dass Kinder sich selbstbestimmt an Essenssituationen beteiligen können und dabei unterstützt werden, gesunde Ernährungsgewohnheiten zu entwickeln.

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit