Selbstbestimmtes Essen fördert die Gesundheitskompetenz

Jedes Kind hat ein Recht darauf, darüber zu bestimmen, wann und was es isst

Viele Eltern kennen das: Sie bemühen sich, frische und abwechslungsreiche Gerichte zu kochen, doch kaum steht das Essen auf dem Tisch, verzieht das Kind das Gesicht und ruft „Iih!“. Diese Reaktion ruhig hinzunehmen, erfordert eine Menge Gelassenheit.

Erwachsene haben klare Vorstellungen davon, wie Kinder essen sollen: sauber und ordentlich, gesund und in der richtigen Menge. Kinder hingegen haben eigene Bedürfnisse, die sie beim Essen ausleben und befriedigen wollen. Oft prallen die Vorstellungen der Erwachsenen und die Bedürfnisse jüngerer Kinder bei Tisch aufeinander. Die Entwicklung eines eigenständigen, gesunden und genussvollen Essverhaltens wird durch diesen Konflikt erschwert. Die Stiftung Kindergesundheit plädiert daher für einen zweigleisigen Weg zu einer gesundheitsfördernden Esskultur: Einen gelassenen Umgang mit den Nahrungsvorlieben des Nachwuchses, begleitet von einer frühzeitigen Ernährungsbildung. 

Eigenständigkeit statt Zwang am Esstisch

„Ich rate allen Eltern, Druck und Stress von den Familienmahlzeiten fernzuhalten. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern eine umfassende Erfahrung, die auch Einfluss auf die körperliche und emotionale Gesundheit unserer Kinder hat“, so Professor Dr. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt an der Universität München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Damit sich Kinder gesund ernähren, ist es zunächst einmal wichtig, dass Eltern für ein abwechslungsreiches und vollwertiges Angebot sorgen. Kinder sollten jedoch das Recht haben, selbst mitzuentscheiden und auszuwählen, was und wie viel davon sie essen möchten. Diese Autonomie hilft ihnen dabei, eine positive Beziehung zum Essen zu entwickeln und das Vertrauen in das eigene Sättigungsgefühl zu stärken“, betont Koletzko weiter. Dies bedeute, dass Kinder bei Mahlzeiten eine gewisse Entscheidungsfreiheit haben sollten, während Erwachsene die Rahmenbedingungen festlegten. 

Solange Kinder gesund sind und ihr Körpergewicht im Normbereich liegt, könnten Eltern darauf vertrauen, dass Kinder ihr Essverhalten eigenständig regulieren und die Menge an Nahrung aufnehmen, die sie benötigen. Das Angebot spiele hier eine wichtige Rolle. „Die Entscheidung darüber, ob ein Kind hungrig ist, welche Nahrung es auswählt und wie viel es davon isst, liegt in der individuellen Entscheidungsfreiheit jedes Kindes. So kann sich ein gesundes Gefühl für die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben entwickeln. Dies kann auch zur Vermeidung eines gestörten Essverhaltens beitragen“, erläutert Koletzko.

Für die Eltern sei es wichtig, ein gesundes Essverhalten vorzuleben. Dazu gehöre auch die Reflexion der eigenen Biografie in Bezug auf das Essen: Welche Werte und Regeln wurden mir als Kind vermittelt? Welche emotionale Beziehung habe ich zum Essen? Womit belohne ich mich? Entsprechen meine Vorstellungen, wie und was mein Kind essen soll, dem Entwicklungsstand des Kindes? Wo kann ich Abstriche machen, was ist mir wichtig? Diese Fragen sollten sich Eltern stellen.

Wählerisches Essverhalten bei Kindern meist kein Grund zur Sorge

Wissenschaftliche Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass es nicht hilfreich ist, wenn Eltern das Essverhalten ihrer Kinder durch Druck und Verbote beeinflussen wollen. Eine US-amerikanische Forschungsgruppe von der Universität Michigan untersuchte den Einfluss eines wählerischen Essverhaltens (sogenanntes „picky eating“) im Kindesalter auf den Bodymaßindex (BMI) im Lebensverlauf. Dafür verfolgte sie 317 Kinder zwischen 4 und 9 Jahren über einen mehrjährigen Zeitraum. Das Ergebnis: Wählerisches Essverhalten in der Kindheit scheint eine feststehende Charaktereigenschaft zu sein, die unabhängig vom elterlichen Versuch gegenzusteuern über Jahre bestehen bleibt. Außerdem legten die Studienergebnisse nahe, dass das „picky eating“ vor einem höheren BMI schützen könnte. Weitere Studien haben gezeigt, dass selbst Kinder, die beim Essen sehr wählerisch sind, äußerst selten zu dünn sind oder Mangelerscheinungen aufweisen.

Kinderleicht gesund: Ein Podcast erklärt, wie es geht

Statt sich also zu sehr zu sorgen und deshalb Druck aufzubauen, sollten Eltern ihre Kinder darin unterstützen, frühzeitig Gesundheitskompetenz in Sachen Ernährung zu erlangen. Zu diesem Zweck hat die Stiftung Kindergesundheit den 10-teiligen Podcast „Hör dich fit“ entwickelt. Der Podcast richtet sich an Kinder im Vor- und Grundschulalter und vermittelt kindgerechte Informationen über gesunde Ernährung, gemeinsames Einkaufen und Kochen sowie einen ausgewogenen Lebensstil. Eingebettet in spannende Geschichten erhalten Kinder praktische Tipps und lernen, wie sie gesunde Entscheidungen treffen können. Der Podcast wurde jüngst mit dem „Wir sind IN FORM“-Logo der Bundesregierung ausgezeichnet und ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen, darunter Spotify, Apple Podcasts und Google Podcasts, verfügbar. In der letzten Folge geht es um das Thema „selbstbestimmt Essen“ – ein Kinderrecht, wie Randi Benner, Projektleiterin und Verantwortliche für den Podcast, findet.

„Kinder sollten wissen und erfahren, dass sie sich auch am Esstisch selbstbestimmt und selbstwirksam beteiligen können. Leider gibt es aber noch immer Betreuungseinrichtungen oder Familien, in denen Kinder im Zusammenhang mit Essen ausgeschimpft werden, der Nachtisch als Druckmittel benutzt wird oder sie zum Probieren und Aufessen gezwungen werden. Das sehen wir sehr kritisch“, betont Benner. Artikel 24 der auch von Deutschland unterzeichneten UN-Kinderrechtskonvention sichere allen Kindern das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit zu. Essen sei ein zentrales Element von Gesundheit, positive Erfahrungen bei den Mahlzeiten legten den Grundstein für ein gesundheitsförderndes Ernährungsverhalten. Deshalb setze sich die Stiftung Kindergesundheit dafür ein, dass Kinder sich selbstbestimmt an Essenssituationen beteiligen können und dabei unterstützt werden, gesunde Ernährungsgewohnheiten zu entwickeln.

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Scharlach ist heute wieder auf dem Vormarsch

Die Stiftung Kindergesundheit berichtet über Streptokokken-Erkrankungen und die richtige Behandlung

Noch vor 150 Jahren starben jedes Jahr Tausende von Kindern an der ansteckenden Kinderkrankheit Scharlach. Heute lässt sie sich mit Antibiotika so gut behandeln, dass praktisch kein Kind mehr an dieser Krankheit sterben muss. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich die von Streptokokken-Bakterien ausgelöste Infektion mehr und mehr zu einer „seltenen Erkrankung“. Doch nun scheint die Situation erneut umzuschlagen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme: Kinderärzte und Apotheker beobachten eine deutliche Zunahme von Streptokokken-Erkrankungen unter ihren Patientinnen und Kunden. Das besondere Problem dabei: Viele Antibiotika und Fiebersäfte für Kinder, die zur Behandlung dieser Krankheiten benötigt werden, sind zurzeit nur eingeschränkt oder überhaupt nicht erhältlich!

Penicillin – Heilmittel des vergangenen Jahrhunderts

Die Sternstunde der Wissenschaft ereignete sich vor 95 Jahren: Der damals 47 Jahre alte schottische Mikrobiologe Alexander Fleming (1881 – 1955) stieß auf das „Heilmittel des Jahrhunderts“, auf das Antibiotikum Penicillin. Eines Tages im September 1928 – das genaue Datum ist nicht mehr bekannt – erkennt Flemming die Bakterien abtötende Wirkung der Nährlösung, in der er den Schimmelpilz Penicillium gezüchtet hatte. Er kann jedoch die antibakterielle Substanz nicht isolieren und verfolgt seine Entdeckung nicht weiter. Erst um 1940 erkennen der australische Pathologe Howard W. Florey und der Berliner Biochemiker Ernst Boris Chain die Bedeutung der Entdeckung, und nennen das Produkt ihrer Schimmelpilzkultur „Penicillin“. 1945 bekommen die drei Forscher den Nobelpreis für Physiologie und Medizin „für die Entdeckung des Penicillins und seiner Heilwirkung bei verschiedenen Infektionskrankheiten“.

Wichtigstes Medikament zur Bekämpfung von Streptokokken

Penicillin gilt nach wie vor als das wichtigste Medikament zur Bekämpfung von Streptokokken, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Diese Bakterien, von denen mittlerweile 120 verschiedene Arten bekannt sind, werden in Gruppen unterteilt, die zu unterschiedlichen Infektionen führen. Zu den drei häufigsten krankheitsauslösenden Streptokokkenarten zählen die Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae), die Gruppe A-Streptokokken (Streptococcus pyogenes) und die Gruppe B-Streptokokken (Streptococcus agalactiae). Das Bakterium Streptococcus pyogenes wird meistens durch direkten Kontakt von Speichel oder Nasensekret übertragen und soll weltweit jährlich rund 700 Millionen Infektionen verursachen.

Die kettenförmig angeordneten Streptokokken siedeln sich im Nasen-Rachen-Raum an und können schwere Infektionen verursachen

Die kettenförmig angeordneten Streptokokken der Gruppe A besiedeln häufig die Schleimhäute auch gesunder Menschen im Nasen-Rachen-Raum, ohne dass die Träger selbst erkranken. Sie sind jedoch häufige Erreger einer Streptokokken-Angina, also einer fiebrigen Hals-Rachenmandel-Entzündung (Fachbezeichnung: Tonsillopharyngitis). Sie können aber auch andere schwere Infektionen verursachen, zum Beispiel Mittelohrentzündungen (Otitis media), Lungenentzündungen (Pneumonie), Hirnhautentzündungen (Meningitis) und andere Krankheiten, von denen besonders Säuglinge, Kleinkinder sowie ältere und abwehrgeschwächte Personen betroffen sind.

Auch Großeltern können sich anstecken

Wie das Robert Koch-Institut Berlin in seinem Epidemiologischen Bulletin (8/2023) berichtet, gab es im 4. Quartal 2022 einen für die Jahreszeit ungewöhnlich frühen und starken Anstieg von schweren Infektionen durch Gruppe-A-Streptokokken. Am stärksten betroffen war die Gruppe über 65-jähriger Menschen. Ein Ende des Anstiegs ist jedoch noch nicht abzusehen: Zurzeit erkranken vor allem Kinder unter 15 Jahren und Menschen zwischen 25 und 44 Jahren an Scharlach und an von A-Streptokokken ausgelösten Infektionen.
Diese Krankheiten waren bisher nicht meldepflichtig. Angesichts der beunruhigenden Lage haben jedoch die kinderärztlichen Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) kurzfristig ein Meldesystem für Gruppe-A-Streptokokken-Infektionen und weitere komplizierte (Atemwegs-)Infektionen bei stationär behandelten Kindern eingerichtet.

Der typische Verlauf einer Scharlach-Infektion

Der Scharlach ist eine Sonderform der Streptokokken-A-Infektion, der durch spezielle Streptokokken-Typen hervorgerufen wird. Sie sind in der Lage, ein besonderes Scharlachgift zu produzieren, das den typischen Scharlachausschlag auslöst. Im Grunde ist Scharlach also eine Streptokokken-Angina mit Ausschlag. Zwei bis sieben Tage nach der Ansteckung steigt plötzlich die Temperatur stark an. Das Kind klagt über Schüttelfrost, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. Oft muss es auch erbrechen.
Ein bis zwei Tage später beginnt dann der typische Ausschlag in den Achselhöhlen und an der Innenseite der Oberschenkel und breitet sich dann auf den ganzen Körper aus.

Eine Haut wie Sandpapier

Der Scharlachausschlag besteht aus winzigen, höchstens stecknadelkopfgroßen, dicht beieinander liegenden Flecken. Wenn man mit der Handfläche über die Haut streicht, fühlt sie sich an wie Sandpapier oder eine leichte Gänsehaut. Die Erhebungen des Ausschlags sind zunächst zartrosa, später flammend rot (eben scharlachrot). Die Gesichtshaut dagegen ist glatt, aber intensiv gerötet. Die Mund- und Kinnpartie bleibt jedoch blass und wie ein Milchbart von der Rötung ausgespart.
Der Rachen des Kindes ist düster rot. Auf der Zunge entsteht zunächst ein weißgelber Belag, der nach ein bis zwei Tagen abgestoßen wird. Danach ist die Oberfläche der Zunge auffallend gerötet und sieht wie eine Erdbeere oder Himbeere aus. Fast immer sind auch die Lymphknoten am Kieferwinkel, oft auch am Hals geschwollen. Nach einigen Tagen beginnt sich die Haut insbesondere an den Handinnenflächen und an den Fußsohlen zu schuppen. An den Händen und Füßen lassen sich oft ganze Fetzen abziehen, während sich am Bauch feine Schuppen ablösen. Dieses Abschuppen dauert drei, manchmal auch mehrere Wochen.

Es gibt auch Scharlach ohne Ausschlag

Weil die Krankheit häufig leicht verläuft, ist der Ausschlag am Körper oft nur blass rosa und tritt lediglich wenige Stunden lang auf. Es gibt auch Fälle, die völlig ohne Ausschlag verlaufen. Das Kind hat nur Schluckbeschwerden, Heiserkeit und Husten. Erst nach einigen Tagen zeigt das Abschuppen seiner Haut, dass es Scharlach durchgemacht hat.
Bekommt ein Kind hohes Fieber und zeigt Scharlachsymptome, sollten die Eltern auf jeden Fall mit einem Kinder- und Jugendarzt Kontakt aufnehmen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Diagnostiziert der Arzt Scharlach, wird er dem Kind in aller Regel Penicillin verordnen. Sollte dieses Antibiotikum nicht anschlagen oder nicht gut vertragen werden, kann auf ein anderes Antibiotikum, z. B. auf orale Cephalosporine ausgewichen werden. Die antibiotische Behandlung dauert in der Regel etwa sieben bis zehn Tage.

Bitte das verordnete Antibiotikum auch einnehmen

„Von größter Wichtigkeit ist die unbedingte Einnahme des vom Arzt verordneten Antibiotikums, so lange, wie es vom Arzt vorgeschrieben ist“, betont Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit mit großem Nachdruck. „Mit Hilfe der Penicillin-Behandlung geht es dem Kind zwar schon nach 24 bis spätestens 48 Stunden wieder gut. Das Verschwinden der Beschwerden bedeutet aber nicht, dass damit auch die Bakterien beseitigt sind! Die Behandlungsdauer von meist zehn Tagen ist notwendig, um alle Bakterien abzutöten. Bleiben Reste im Organismus, könnte die Krankheit wieder aufflackern. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich die Erreger an das Antibiotikum gewöhnen, also eine Resistenz entwickeln“.

Bei Fieber reichlich trinken

Solange das Fieber hoch ist, braucht das Kind reichlich Wasser, Obstsäfte oder Tee mit Milch zum Trinken. Gegen die Halsschmerzen helfen Gurgeln (mit Salbei-, Eibischtee oder desinfizierenden Lösungen) und warme Halswickel. Kühle Getränke oder Eis lindern ebenso. Da einem erkrankten Kind das Schlucken schwerfällt, sollten Eltern ihm weiche oder flüssige Nahrung wie Suppen anbieten.

Mögliche Komplikationen sind Entzündungen des Mittelohres, der Nebenhöhlen und der Lunge. Eher seltene, aber gefürchtete Spätfolgen sind das akute rheumatische Fieber mit Entzündungen der großen Gelenke wie den Kniegelenken, des Herzmuskels, des Herzbeutels oder der Herzklappen sowie Entzündungen der Nieren. In solchen Fällen können bleibende Schäden entstehen. Komplikationen werden häufiger beobachtet, wenn der Scharlach nicht mit Antibiotika behandelt wurde oder die Antibiotika-Therapie vorzeitig abgebrochen wird.

Hat ein Kind die Erkrankung überstanden, ist es in Zukunft vor dem jeweiligen Giftstoff des Erregers geschützt. Da die Bakterien aber unterschiedliche Giftstoffe bilden, ist es leider möglich, mehrfach an Scharlach zu erkranken, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Dank Antibiotika schneller gesund

Kinder oder Jugendliche, die an Scharlach erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf Scharlach besteht, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Kindergärten vorübergehend nicht besuchen. Die Eltern müssen die Einrichtung über die Erkrankung ihres Kindes informieren. Scharlachkranke Kinder ohne Penicillinbehandlung gelten drei Wochen lang als „infektiös“.

Auch erkrankte Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten, wie z. B. Lehrkräfte oder Erzieherinnen und Erzieher, dürfen dort, solange sie ansteckend sind, keine Tätigkeit ausüben, bei denen sie Kontakt zu den Kindern haben.
Wann die Tätigkeit wieder aufgenommen bzw. die Gemeinschaftseinrichtung wieder besucht werden kann, entscheidet die behandelnde Kinderärztin oder der behandelnde Kinderarzt oder das zuständige Gesundheitsamt. Nach einer Antibiotika-Gabe ist das in der Regel am zweiten Tag möglich, ansonsten nach Abklingen der Beschwerden. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich.

Quelle: Stiftung Kindergesundheit/www.kindergesundheit.de




Kinder mit Autismus: ihre Schwächen, ihre Stärken

autismus

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über Autismus-Spektrum-Störungen

Autismus ist eine durch genetische und umweltbedingte Faktoren verursachte Störung der Gehirnentwicklung im frühen Kindesalter. Experten registrieren weltweit übereinstimmend eine starke Zunahme der Störung in den letzten Jahren. Inzwischen wird davon ausgegangen, dass der Anteil autistischer Menschen an der Gesamtbevölkerung bei etwa einem Prozent liegt. Das betrifft in Deutschland ungefähr 800.000 Frauen und Männer, berichtet die in München beheimatete Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.

„Viele autistische Kinder haben große Schwierigkeiten, Kontakte zu anderen Menschen, manchmal sogar zu den eigenen Eltern aufzunehmen“, sagt die Münchner Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Priv.-Doz. Dr. med. Katharina Bühren, ärztliche Direktorin des kbo-Heckscher-Klinikums und Vorstandsmitglied der Stiftung Kindergesundheit. „Diese Kinder sind nicht wie ihre Altersgenossen in der Lage, die Stimmungen oder Absichten anderer Menschen zu erfassen und weichen selbst von liebevollen Berührungen zurück, weil sie deren Absicht nicht erkennen können“.

Schon als Babys verhalten sie sich etwas seltsam

Eine autistische Störung kündigt sich meist bereits in den ersten 24 Lebensmonaten an, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. So sind autistische Babys oft übermäßig ruhig und Liebkosungen gegenüber gleichgültig. Sie reagieren nicht oder nur verzögert auf Ansprache und sind zum Beispiel teilnahmslos oder sogar ablehnend, wenn man sie auf den Arm nimmt. Sie suchen keinen Blickkontakt, lächeln nicht zurück und reichen den Eltern nicht die Arme entgegen. Auch die Sprachentwicklung ist zum Teil verzögert oder sogar schwer gestört.

Mit zunehmendem Alter entwickelt sich dann meistens eine mehr oder weniger starke emotionale Beziehung zu den Eltern und anderen vertrauten Personen. Freundschaften mit Gleichaltrigen sind jedoch rar, auch gemeinsames Spielen findet nur selten statt. „Den Kindern mangelt es an Einfühlungsvermögen“, erläutert die Kinder- und Jugendpsychiaterin: „Sie können sich nicht in jemand anderen hineinversetzen und leben in ihrer eigenen Gedanken- und Vorstellungswelt.“

Autismus wurde von den Fachleuten lange in „Frühkindlicher Autismus“, „Asperger-Syndrom“ und „Atypischer Autismus“ eingeteilt. Da sich die Formen überschneiden und unterschiedliche Ausprägungsgrade auftreten können, wird heute der Oberbegriff Autismus-Spektrum-Störungen verwendet (englisch: Autism spectrum disorder, ASD).

Bei impfskeptischen Menschen hält sich hartnäckig die Annahme, Autismus könne durch Impfungen verursacht werden. Diese Behauptung ist durch mehrere Studien wissenschaftlich eindeutig widerlegt worden, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit.

Unvermittelte Wutausbrüche wegen Lappalien

Autistische Kinder „leiden“ nicht, zumindest nicht körperlich: Sie haben kein Fieber, müssen keine Schmerzen ertragen oder krank das Bett hüten. Dennoch können auch autistische Kinder Qualen empfinden und zwar oft aus Gründen, die kaum jemand versteht – meist nicht einmal ihre Eltern: Fremde Dinge, die sie hören, sehen, fühlen, schmecken oder riechen, lösen bei autistischen Kindern oft ungewöhnliche Reaktionen oder unberechenbare Wutausbrüche aus. Manche Betroffene können glitschige oder klebrige Dinge nicht anfassen, andere lehnen Mahlzeiten schon wegen ihrer ungewohnten Konsistenz, ihres (grünen) Aussehens oder ihres neuen, noch unvertrauten Geschmacks ab.

Betroffene haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Struktur und Vorhersehbarkeit, brauchen Routinen und vertraute Abläufe, die ihnen Sicherheit geben. Sie haben Angst vor Neuem und möchten am liebsten alles immer beim Alten behalten. Schon kleinste Veränderungen, wie zum Beispiel das Umstellen eines Möbelstücks, bringen sie zur schieren Verzweiflung und unvermittelt zum Ausrasten.

Zwanghafte Wiederholung von Bewegungen

Nicht selten zeigen autistische Kinder ritualisierte Handlungen, die oft automatenhaft wiederholt werden. Dazu gehören zum Beispiel das Berühren verschiedener Gegenstände in der stets gleichen Reihenfolge, das zwangartige Wiederholen bestimmter Bewegungsabläufe wie zusammenhangloses Händeklatschen oder Haareausreißen, rhythmisches Kopfanschlagen, Schaukeln, Drehen, Hochschnellen und Zucken oder statuenhaftes Ausharren in einer bestimmten Position. Eine häufige Angewohnheit ist auch die sogenannte „Echolalie“, die Neigung, Laute und Worte anderer Personen zu wiederholen. So antwortet ein autistisches Kind auf die Frage „Hast Du Hunger?“ vielleicht mit demselben Satz „Hast Du Hunger?“, weil es weiß, dass es nach diesem Satz meist etwas zu Essen gibt.

Bei manchen Kindern bilden sich starke Beziehungen heraus zu scheinbar wertlosen Gegenständen wie zum Beispiel Gummibändern oder Bindfäden, und sie sind unter Umständen heftig erregt, wenn man ihnen diese Dinge wegnimmt.

Spezialisten mit phänomenalen Fähigkeiten

Einige autistische Kinder sind überdurchschnittlich intelligent und entwickeln sich zu wahren Expert*innen auf einem bestimmten Gebiet. Betroffene mit so einer sogenannten Inselbegabung werden Savants genannt. Sie haben oft geradezu phänomenale Fähigkeiten zu abstraktem und logischem Denken und geben sich häufig sehr speziellen Interessen hin, in denen sie auch Großes zu leisten vermögen.

Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten leben mit Autismus, zum Beispiel die Klima-Aktivistin Greta Thunberg, die Milliardäre Bill Gates und Elon Musk oder der Hollywood-Regisseur Steven Spielberg. Auch Einstein und Mozart und der Pop-Künstler Andy Warhol sollen Autisten sein bzw. gewesen sein.

Viele bekennen sich zu ihrer Störung. Ein von Autismus Betroffener schrieb vor einigen Jahren in der „New York Times“: „Wir haben keine Krankheit, und deswegen können wir nicht geheilt werden. Wir sind einfach so“.

ADHS – eine häufige Begleitstörung

Kinder mit Autismus neigen auch noch zu einer Reihe weiterer psychischer Begleitstörungen, wie zu übergroßen Befürchtungen, Phobien, Schlaf- und Essstörungen sowie zum herausfordernden Verhalten in Form von Wutausbrüchen und fremd -­ oder selbstverletzenden Verhaltensweisen.

Fast jede*r Zweite ist auch von einer Aufmerksamkeits-Defizit-Störung ADHS betroffen, Jungen häufiger als Mädchen.

Manche ihrer Kommunikationstörungen lassen mit der Zeit etwas nach, die meisten autistischen Kinder jedoch haben auch im Erwachsenenalter noch soziale und partnerschaftliche Probleme, weiß PD Dr. Katharina Bühren zu berichten.

Die Schuld liegt nicht bei den Eltern!

Die Ursache von Autismus ist immer noch ungeklärt. Fest steht jedoch, dass die Schuld an den Verhaltensstörungen nicht an Erziehungsfehlern der Eltern liegt, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Vermehrter Konsum digitaler Medien ab dem frühen Kleinkindalter scheint mit der Entwicklung von autistischen Zügen in Verbindung zu stehen – durch die verminderte echte soziale Interaktion können diese Kinder Gefühle und Verhaltensweisen anderer Menschen schlechter einschätzen und adäquat auf sie eingehen.

Aufgrund von deutlichen Fortschritten in der Forschung können heute immer häufiger genetische Veränderungen als Ursache identifiziert werden.

Ist eine Behandlung möglich?

Zur Behandlung von autistischen Störungen steht in Deutschland eine Reihe von therapeutischen Verfahren zur Verfügung. Für die Kernsymptomatik der Autismus-Spektrum-Störung gibt es allerdings bis heute kein Verfahren und Medikament, das einen völligen Rückgang der autistischen Symptome erreichen könnte.

Die aktuellen Leitlinien zur Therapie empfehlen grundsätzlich verhaltenstherapeutisch-übende Verfahren, da für derartige Methoden die besten Wirksamkeitsnachweise vorliegen. Durch solche Therapien, die möglichst früh beginnen sollten, können insbesondere die soziale Interaktion und die Fähigkeiten der betroffenen Kinder (und Erwachsenen) zur Kommunikation verbessert und ihre herausfordernden und seltsam anmutenden Verhaltensweisen reduziert werden.

Doch die Kapazitäten der Therapiezentren geraten derzeit zunehmend an ihr Limit, beklagen Prof. Dr. Heidrun Thaiss und Prof. Dr. Volker Mall, Präsident*innen der Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin. Der wesentliche Grund hierfür ist der personelle Engpass in fast allen medizinischen, psychosozialen und therapeutischen Berufen, der sich auch in den Autismus-Therapiezentren zeigt.

Hier gibt es weitere Informationen

Selbsthilfe-Organisationen von Autist*innn und Eltern autistischer Kinder benutzen häufig die Bezeichnungen „Auties“ (für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen) und „Aspies“ (für Menschen mit Asperger-Syndrom), um zu verdeutlichen, dass der Autismus ein Teil ihrer Persönlichkeit ist. Viele haben sich zu Selbsthilfe-Organisationen zusammengeschlossen. Hier einige Beispiele:

Bundesverband autismus Deutschland e.V.
Rothenbaumchaussee 15, 20148 Hamburg
Telefon: 040/5 11 56 04, Fax: 040/5 11 08 13 E-mail: info@autismus.de, Internet: www.autismus.de

Verein „Autismus deutsche Schweiz“
Riedhofstrasse 354,
CH-8049 Zürich
Internet: www.autismus.ch
E-mail: anfrage@autismus.ch

Österreichische Autistenhilfe
Eßlinggasse 17
1010 Wien
Telefon: +43 (1) 533 96 66 – 0
E-Mail: office@autistenhilfe.at

Weitere Internet-Adressen:
www.autisten.enthinderung.de, www.autismus.ra.unen.de,
www.aspies.de

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Psychisch kranke Kinder müssen lange auf einen Therapieplatz warten

Psychisch kranke Kinder

Stiftung Kindergesundheit: „Die Hilfesysteme sind überlastet“

Durchschnittlich 25 Wochen müssen psychisch auffällige Kinder auf einen Therapieplatz warten. Anlässlich der Europäischen Mental Health Week vom 22. bis 28. Mai 2023 fordert die Stiftung Kindergesundheit gemeinsam mit Expert*innen und ihrer Schirmherrin, Regisseurin Caroline Link, eine bessere Vernetzung der Systeme – und entschiedenes Handeln der Politik.

Zunahme von schweren Fällen und Kindeswohlgefährdungen

„Die Folgen der Pandemie zeigen sich immer noch gravierend bei den Kindern und Jugendlichen. In allen Bereichen sehen wir eine Zunahme von schweren Fällen und Kindeswohlgefährdungen. Gleichzeitig gibt es einen gravierenden Mangel an Fachkräften und an Therapieplätzen. Bildungssystem, Gesundheitssystem und Jugendhilfe – alle drei sind überlastet“, konstatiert Kinderärztin Dr. med. Monika Reincke, Leiterin des Arbeitskreises Seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen des Gesundheitsbeirats der Landeshauptstadt München.

Viel zu lange Wartezeiten

Das bestätigt auch Priv.-Doz. Dr. med Katharina Bühren, ärztliche Direktorin der kbo-Heckscher-Klinikum GmbH. „Das medizinische System ist sehr gefordert. Es entstehen viel zu lange Wartezeiten. Das birgt die Gefahr einer Chronifizierung. Im stationären Bereich sehen wir dann die schweren Fälle“. Bühren, Mitglied im Vorstand der Stiftung Kindergesundheit, ist es ein großes Anliegen ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Not der Kinder und Jugendlichen zu schaffen.

Dramaserie „SAFE“ mit Caroline Link

Auch Caroline Link will dazu mit ihrer Dramaserie „SAFE“ beitragen. Sie zeigt, wie psychologische Therapie belasteten jungen Menschen helfen kann. Doch viele von ihnen suchen vergeblich nach Hilfe. In den vergangenen Jahren hat sich die Situation verschärft. „Was ist mit unserer Gesellschaft los?“ fragt sich die Regisseurin. „Ich sehe hier eine Problematik, die nicht allein in der Pandemie begründet ist. Kinder und Eltern stehen unter massivem Druck“. Kirstin Dawin, Leiterin des Kinderschutz-Zentrums München betont: „Viele Eltern sind hoch belastet. Wenn es ihnen nicht gut geht, können sie ihre Kinder nicht gut versorgen. Wir müssen die Eltern in ihrer Beziehungs- und Erziehungsfähigkeit stärken.“

Familien sind zunehmend belastet

Dass Familien zunehmend belastet sind, unterstreicht auch Dr. Dieter Reithmeier, ehemaliger Landesgeschäftsführer des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes. „Die Schule ist geprägt von einem Leistungsbegriff, der jeder Erkenntnis der Kinderpsychologie Hohn spricht. Die Schule ist die einzige Institution, wo alle Kinder über einen langen Zeitraum sind. Dieser Einrichtung müssen wir die maximalen Ressourcen zur Verfügung stellen. Doch es gibt zu wenige Schulpsychologen, zu wenige Lehrer.“, so Reithmeier weiter.

Aufklärung ist gefragt

„Wir müssen über psychische Krankheiten aufklären und Frühinterventionen stärken. Dafür ist es nötig, Ressourcen zu bündeln und Programme und Initiativen zu entwickeln, die dafür sorgen, Kinder und Jugendliche möglichst resilient zu machen“, ergänzt Kinder- und Jugendpsychiaterin Bühren. Prävention müsse niederschwellig da ansetzen, wo Kinder sind, darüber sind sich die Expert*innen einig. In der Schule, Kita, wohnortnah, niederschwellig in den Familien. In einer jeden Schule müsse es eine Anlaufstelle geben, an die sich Kinder in seelischer Not wenden können. Auch internetbasierte Programme, Gruppenprojekte und ähnliches könnten helfen. Letztlich müsse die Politik den Ernst der Lage erkennen und dauerhaft Mittel zur Verfügung stellen. 100 Millionen für „Gesundheits-Coaches“ könnten nur ein Anfang sein.

Weitere Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit zur Stärkung der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen:

  • Rechtzeitige kinder- und jugendpsychiatrische beziehungsweise psychologisch/ psychotherapeutische Diagnostik und Intervention für psychisch auffällige Kinder und Jugendliche, um zu verhindern, dass sich ernsthafte psychische Störungen entwickeln
  • Förderung dauerhafter psychosozialer, psychotherapeutischer und psychiatrischer Angebote mit niedrigschwelliger schulischer Anbindung sowie erweiterter Jugendhilfemaßnahmen in besonders belasteten Wohnquartieren
  • Massive Investitionen in sozialpädagogische Fachkräfte und Schulpsycholog*innen. Die von der Bundesregierung vorgesehenen 10 Mio. Euro für „Mental Health Coaches“ sind für die mehr als 32.000 Schulen in Deutschland nicht ausreichend.
  • Ausbau evidenzbasierter Maßnahmen und Programme zur primären und sekundären Prävention psychischer Störungen und Erkrankungen
  • Verbesserung der Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen durch eine Behandlung des Themas „mentale Gesundheit” im Lehrplan.

Giulia Roggenkamp Stiftung Kindergesundheit




„Diese Werbung macht Kinder nachweisbar krank!“

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Die Stiftung Kindergesundheit warnt vor Reklame für süße, fette und salzige Lebensmittel für Kinder

Die meisten beworbenen Produkte für Kinder enthalten laut der Stiftung Kindergesundheit zu viel Zucker, Fett oder Salz und fördern dadurch langfristig Krankheiten wie Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes Typ 2.

„Für Kinder und Jugendliche ist eine ausgewogene Ernährung für Wachstum, Entwicklung, Leistungsfähigkeit und langfristige Gesundheit besonders wichtig“, unterstreicht Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselspezialist der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Gesund zu essen lernt man als Kind: In den jungen Jahren werden all die Gewohnheiten etabliert, die im späteren Alter die Vorlieben für die Auswahl von Speisen und Getränken prägen. Die von unterschiedlichen Medien tagtäglich auf die Kinder einprasselnden Werbebotschaften fallen leider auf fruchtbaren Boden: Sie nehmen nachweislich Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten und Produktvorlieben von Kindern und Jugendlichen und können so deren spätere Gesundheit nachteilig beeinträchtigen“.

Gimmicks und Comicfiguren ködern Kinder

Eines der Zauberworte, mit dem Eltern und Kinder zum Einkauf und Konsum der Produkte der Lebensmittelindustrie verführt werden, heißt „Kinderoptik“, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Eine „Kinderoptik“ haben Produkte, auf die mindestens eines der folgenden Kriterien zutrifft:

• Der Produktname „Kind“, „Kinder“ bzw. „Kids“ oder Kinder ansprechende Produktnamen wie „Schoko Bären“;
• eine die Kinder ansprechende optische Gestaltung der Verpackung, zum Beispiel mit der Darstellung von lachenden Tieren oder Comicfiguren;
• eine Kinder ansprechende optische Gestaltung des Produkts oder einzelner Zutaten, z. B. Cerealien in Form von Bären oder Buchstaben;
• an Kinder oder Eltern gerichtete Botschaften auf den Verpackungen wie z. B. „Für Ihre Kleinen“, Hinweise auf Spiele oder Lerneffekte oder „Gimmicks“ (Zugaben) in der Packung wie z. B. Sammelbilder oder Spielzeug.
• Bei jedem Gang durch einen Supermarkt stößt man unweigerlich auf mehr oder weniger aufdringliche „Kinderoptik“, berichtet die Stiftung Kindergesundheit: Sie findet sich auf fast jeder fünften Joghurtzubereitung, auf Getränken mit Früchten, Milch oder Schokolade, auf Müsli, Cornflakes oder Frühstücksbreien.

Ist „Kinderoptik“ eine Garantie für gesunde Inhalte? Weit gefehlt, zeigt der Blick ins Joghurtregal: Ausgerechnet die Joghurtzubereitungen mit Kinderoptik haben mit 14 Gramm Zucker pro 100 Gramm einen höheren medianen Zuckergehalt als die meisten vergleichbaren Erzeugnisse, ergab eine Untersuchung des Max Rubner-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel).

Harte Fakten statt süßer Verführung

Zur Dokumentation der negativen Folgen der Werbung für die Gesundheit der Kinder hat die Stiftung Kindergesundheit ein Faktenblatt über die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammengestellt und veröffentlicht. Hier eine kurze Auswahl der wichtigsten Fakten:

• Dass die an Kinder gerichtete Werbung tatsächlich wirkt, ist bereits seit langem gut belegt. Eine 2006 veröffentlichte Analyse der wissenschaftlichen Daten durch das US-amerikanische „Institute of Medicine“ ermittelte: Die Werbung für bestimmte Produkte führte nachweislich zu einer Erhöhung des Verzehrs dieser Produkte bei 2- bis 11-jährigen Kindern und ist mit gehäufter Adipositas bei 2- bis 18-jährigen Kindern und Jugendlichen assoziiert. Die Studie ergab zudem, dass Kinder bis zum Alter von etwa 4 Jahren nicht klar zwischen Programm und Werbung unterscheiden und bis etwa 8 Jahren dem verführenden Charakter von Werbung kaum widerstehen können.
• Der „Kindergesundheitsbericht 2022“ der Stiftung Kindergesundheit zeigt einen erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Lebensmittel- und auch der Nährstoffzufuhr der Kinder und Jugendlichen. Heranwachsende verzehren zu wenig Obst, Gemüse und Getreideprodukte, aber hohe Mengen an Fleisch und Wurst, gesättigten Fetten und Salz. Besonders besorgniserregend ist ein weitaus zu hoher Zuckerverzehr aus Speisen und Getränken.
• Bei Kindern und Jugendlichen in den Industrieländern ist der Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte deutlich angestiegen, von 61,4 auf 67 Prozent der Energiezufuhr, mit einem besonders starken Anstieg des Konsums von Fertigmahlzeiten (von 2,2 auf 21,2 Prozent der Energiezufuhr). Solche hochverarbeiteten Lebensmittel haben im Mittel eine deutlich schlechtere Nährstoffzusammensetzung als nicht oder wenig verarbeitete Lebensmittel. So enthält eine Fertigpizza beispielsweise bis zu 14 Gramm Zucker (5 Würfelzucker), 20-30 Gramm ungünstige Fette, 2-4 Gramm Salz (empfohlen sind maximal 6 Gramm täglich) und insgesamt wesentlich mehr Kalorien als die selbstgemachte Variante.
• Die Europäische Union hat in ihrer Richtlinie zu Audiovisuellen Medien 2018 und in ihrem Plan zur Bekämpfung der Krebserkrankungen 2021 die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Produktplatzierungen in Nachrichtensendungen, Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen, Verbraucherschutzsendungen, religiösen Sendungen und Kindersendungen zu unterbinden. Betont wird die Wichtigkeit des Verbotes von Produktplatzierung in Kindersendungen, weil Produktplatzierung und Werbung das Verhalten von Kindern beeinflussen können und Kinder oft nicht in der Lage sind, den kommerziellen Inhalt zu erkennen.
• Freiwillige Maßnahmen zur Begrenzung der an Kinder gerichteten Werbung, wie der sogenannte „EU Pledge“ einiger großer Lebensmittel- und Getränkehersteller, zeigen keine ausreichende Wirkung. So zeigte eine von Foodwatch und der Stiftung Kindergesundheit im Jahr 2021 vorgestellte Untersuchung, dass von 283 in deutschen Fernsehsendern an Kinder beworbenen Produkten 85,5% ungesunde Lebensmittel und Getränke waren. Entsprechend fordern ebenso wie die Stiftung Kindergesundheit auch führende medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, die in der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten zusammenarbeiten, zum Schutz von Kindern ein Fernsehwerbeverbot für ungesunde Lebensmittel.
• Die Auswertung der Daten von 76 Untersuchungen belegte eindeutig die schädlichen Wirkungen der an Kinder und Jugendliche gerichteten Lebensmittelwerbung auf die Bevorzugung und den Verzehr der im Fernsehen oder auf der Verpackung für Kinder beworbener Produkte.

„Wir wissen, dass die von der Werbung beeinflussten Essgewohnheiten die Gesundheit von Kindern dauerhaft nachteilig prägen“, sagt Prof. Dr. Berthold Koletzko. „Deshalb fordern wir Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte schon seit langem, die an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung wirksam zu beschränken. Die allermeisten beworbenen Produkte sind unausgewogen und fördern langfristig ernährungsbedingte Krankheiten wie Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes Typ 2 und einige Arten von Krebs. Die Stiftung Kindergesundheit unterstützt daher die Bemühungen von Bundesminister Özdemir für eine konsequente Begrenzung der an Kinder und Jugendliche gerichteten Werbung für ungesunde Lebensmittel und Getränke. Denn die Datenlage zeigt glasklar: Diese Werbung macht Kinder krank!“

Giulia Roggenkamp/Stiftung Kindergesundheit




Wir müssen die Kinder in Bewegung bringen

Kindergesundheitsbericht der Stiftung offenbart dramatischen Bewegungsmangel

Dass sich unsere Kinder deutlich mehr bewegen sollten, fordern medizinische wie pädagogische Fachkräfte schon seit langer Zeit. Schließlich sollen sich die Kinder gesund entwickeln können. Leider verhallen diese Forderungen meist. Rund 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bewegen sich nach wie vor nicht ausreichend, beklagt die Stiftung Kindergesundheit in ihrem „Kindergesundheitsbericht“. Stattdessen verbringen sie mehr Zeit vor dem Bildschirm, können oft keinen Purzelbaum mehr schlagen und riskieren zu „Couch Potatoes“ zu werden.

„Bewegung ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden eines Kindes von fundamentaler Bedeutung“, unterstreicht der Münchner Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Schon bei Kindern und Jugendlichen und natürlich auch bei erwachsenen Frauen und Männern geht mangelnde körperliche Aktivität mit erheblichen gesundheitlichen Risiken einher. Durch Trägheit begünstigt werden beispielsweise Übergewicht und Adipositas, Typ-2-Diabetes, ein erhöhter Blutdruck und Störungen des Fett- und Blutzuckerstoffwechsels“.

60 Minuten Bewegung am Tag

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt aus gutem Grund allen heranwachsenden Mädchen und Jungen, sich jeden Tag mindestens 60 Minuten lang mit moderater bis hoher Intensität körperlich zu bewegen, zum Beispiel durch Laufspiele, Klettern, Fahrradfahren oder Schwimmen.

Nur jedes vierte Kind bewegt sich genug!

Dieses wünschenswerte Mindestmaß an Bewegung erreichen in Deutschland laut aktuellen Daten allerdings nur 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen, heißt es im „Kindergesundheitsbericht“ der Stiftung. „Das bedeutet: Drei von vier Kindern und Jugendlichen leiden unter einem potentiell gesundheitsgefährdenden Bewegungsmangel!“, betont Professor Dr. Berthold Koletzko.
Bundesweiten Studien zufolge sind vier- bis 17-jährige Kinder und Jugendliche während einer ganzen Woche lediglich etwa sechs Stunden körperlich aktiv, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Besonders viele „Sitzenbleiber“ gibt es unter den Teenagern: Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren bewegen sich am wenigsten. Dabei liegt die Zahl der nur gering aktiven Mädchen doppelt so hoch wie die der bewegungsfaulen Jungen.

Mediennutzung verführt zu Trägheit

Die Dauer und Häufigkeit der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland nimmt schon seit Jahren zu, hat jedoch durch die Covid-19-Pandemie auch zu einer Zunahme an problematischem Medienverhalten geführt, berichtet die Stiftung Kindergesundheit.

Viele Kinder verbringen ihre Freizeit auf dem Sofa. Fernsehen, Computerspiele, Smartphones und Spielekonsolen – die beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Kindern und Jugendlichen verdrängen Sport und außerhäusliche Aktivitäten.

Benachteiligte Kinder am wenigsten aktiv

Neben dem Alter und dem Geschlecht beeinflusst auch der Sozialstatus der Kinder und Jugendlichen das Bewegungsverhalten, heißt es im „Kindergesundheitsbericht“. Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischen Status bewegen sich weniger als Kinder und Jugendliche aus bessergestellten Familien, zeigen eine deutlich geminderte Lebensqualität und leiden vermehrt unter depressiven Symptomen und psychischen Auffälligkeiten.

Zu den besonders benachteiligten Kindern gehören solche, deren Eltern eine geringe Bildung oder einen Migrationshintergrund haben oder psychisch belastet sind und Kinder in Familien, die auf beengtem Raum leben. Mädchen aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sind insgesamt am wenigsten körperlich aktiv.

Programm „TigerKids“ soll Kinder auf die Beine bringen

Allen Kindern und Jugendlichen sollten mehr Möglichkeiten und Räume für Sport- und Bewegungsaktivitäten in Alltag und Freizeit bereitgestellt werden, fordert die Stiftung Kindergesundheit.

Da die Grundlagen für eine gesunde Entwicklung bereits im frühen Lebensalter gelegt werden, hat die Stiftung Kindergesundheit gemeinsam mit der Kinderklinik der Universität München und verschiedenen weiteren Partnern das Präventionsprojekt „TigerKids“ zur Ernährungs- und Bewegungsintervention für Kindertageseinrichtungen entwickelt.

„Unser Programm ‚TigerKids‘ fördert Bewegung und gesunde Ernährung in Kindertageseinrichtungen, um Bewegungsmangel und Übergewicht vorzubeugen“ erläutert Professor Berthold Koletzko: „Es ist wissenschaftlich fundiert und wird mittlerweile von mehr als 2.500 Kindergärten und Kitas genutzt“.

Das Programm „TigerKids“ enthält auch Empfehlungen für die Eltern, wie sie unkompliziert mehr Bewegung in den Alltag ihres Kindes einfließen lassen können. Sie lauten:

  1. Reduktion von Medienkonsum: Konsumieren Sie max. 0,5 bis 1 Stunde Medien am Tag, legen Sie medienfreie Tage fest.
  2. Bewegung im Alltag: Legen Sie Distanzen zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, nutzen Sie Treppen statt Rolltreppen, beobachten Sie Ihre Schrittanzahl mit Hilfe eines Schrittzählers und vergleichen Sie innerhalb der Familie.
  3. Bewegung leicht gemacht: Kleiden Sie Ihr Kind in bequeme Kleidung, um Bewegung zu begünstigen.
  4. Mehr Kreativität in der Freizeit: Nutzen Sie das Angebot des Sportvereins, gestalten Sie das Wochenende aktiv (z.B. Wandern, Zoobesuch, Spielplatz, Schwimmbad).
  5. Ein gutes Vorbild sein: Beachten Sie, dass Kinder Ihr Verhalten nachahmen. Vermitteln Sie Freude an der Bewegung, spielen und bewegen Sie sich mit.

Das TigerKids-Projekt der Stiftung Kindergesundheit dient mittlerweile in vielen weiteren europäischen Ländern als Modell für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und wurde bereits vielfach ausgezeichnet.

Giulia Roggenkamp, Stiftung Kindergesundheit




Warum Kinder mehr Schlaf brauchen

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über Schlafprobleme von Kindern und gibt Tipps für Eltern

Ausreichender und erholsamer Schlaf ist eine wesentliche Grundlage der Entwicklung und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Dennoch schlafen viele Kinder und Jugendliche nicht genug, beklagt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme: Sie schlafen schlecht ein, wachen in der Nacht oft oder zu früh auf, fühlen sich am Morgen eher matt als erholt und starten missmutig und müde in den neuen Tag. Nach aktuellen Untersuchungen leidet heute jeder achte 12- bis 17-Jährige unter einem chronischen Schlafmangel. Guter Schlaf ist außerdem ungerecht verteilt: Mädchen sind häufiger von Schlafmangel betroffen als Jungen.

Schlafbedarf sinkt mit zunehmendem Alter

Der Schlafbedarf von Heranwachsenden verringert sich mit zunehmendem Alter, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Während Kinder im Alter von drei oder vier Jahren noch circa 11,5 Stunden schlafen, reduziert sich die nächtliche Schlafdauer bis zum Schuleintritt auf etwa 10,5 Stunden. Kinder im Grundschulalter schlafen noch circa 9,5 Stunden. Allerdings benötigen auch Jugendliche durchschnittlich noch rund 9 Stunden Schlaf. Dies ist vielen Jugendlichen und auch den Eltern oft nicht bewusst. Erst mit 17 bis 18 Jahren pendelt sich dann das Schlafbedürfnis auf täglich 7 bis 8 Stunden ein.

Tipp: Schlaftagebuch

Um den tatsächlich Schlafbedarf eines Kindes festzustellen, hilft es, in den Schulferien über zwei Wochen hinweg ein Schlaftagebuch zu führen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Man schreibt dabei genau auf, wann das Kind ins Bett geht und wann es morgens von selbst aufwacht. Daran sieht man, wie viel Schlaf es wirklich braucht, um ausgeschlafen zu sein.

Guter Schlaf macht schlau und schlank

„Sind Kinder oder Jugendliche unausgeschlafen, zeigen sich vielfältige Auswirkungen auf Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden“, sagt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: „Der Mangel an Schlaf führt zu Schläfrigkeit am Tage, beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit und das Gedächtnis und hat nicht selten schlechtere schulische Leistungen zur Folge. Zu wenig Schlaf macht außerdem manche Kinder fahrig oder auch aggressiv“.

Langfristige Folgen

Schlafmangel in den jungen Jahren kann auch langfristige Folgen haben, berichtet die Stiftung Kindergesundheit: Im Schlaf wird das Wachstumshormon produziert, das für das Knochenwachstum benötigt wird. Manche Kinder, die andauernd zu wenig oder schlecht schlafen, erreichen deshalb möglicherweise später nicht die Körpergröße, die sie bei ausreichendem Schlaf hätten.

Eine besonders schwerwiegende Folge von Schlafstörungen geriet erst in den letzten Jahren in den Fokus der Wissenschaft, nämlich der Einfluss des Schlafes auf das Körpergewicht. Professor Berthold Koletzko berichtet: „Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine zu kurze Schlafdauer mit gehäuftem Auftreten von Übergewicht und Adipositas bei Kindern verbunden ist. Eine längere Schlafdauer kann ein hilfreicher Faktor zur Normalisierung des Körpergewichts sein“.

Schlaf-Risiko: Exzessive Nutzung von Medien

Fernsehgeräte, Handys und Smartphones begleiten heute viele Kinder und Jugendliche bis ans Bett und hindern sie am Schlafen, beklagt die Stiftung Kindergesundheit. Die Folgen kann man sich leicht denken: Wie eine Studie der Universität Koblenz-Landau in Landau in der Pfalz zeigte, waren Jugendliche, die nachts gewollt oder ungewollt durch ihr Smartphone geweckt wurden, tagsüber häufiger müde und neigten dazu, im Unterricht einzunicken.

Die Ergebnisse der Landauer Untersuchung stimmen mit den Daten überein, die in der 2015 veröffentlichten Deutschen Azubi-Gesundheitsstudie (DAG) mit über 13.000 Auszubildenden im Alter zwischen 16 und 25 Jahren ermittelt wurden. Auch in dieser Studie kam es heraus, dass Jugendliche mit hohem Medienkonsum weniger ausgeruht und leistungsfähig sind, häufiger in der Schule und am Arbeitsplatz fehlen, häufiger unter Schlafstörungen leiden und ein geringeres Wohlbefinden haben. Sie bewegen sich außerdem weniger, nehmen mehr koffeinhaltige Getränke zu sich und schlafen weniger und schlechter.

Blaulicht hemmt das Schlafhormon

In einer weiteren Studie kalifornischer Wissenschaftler zeigte sich, dass allein die Anwesenheit eines „small screens“ in der Bettumgebung von Jugendlichen, wie es ein Smartphone oder ein Tablet-PC darstellt, die Schlafzeit um 20,6 Minuten verkürzt. Einer der Gründe für die schlafkillende Wirkung der Geräte liegt offenbar in dem blauen Licht ihrer LED-Bildschirme. Helles Licht hemmt die Produktion von Melatonin, des Hormons, das die innere Uhr steuert, müde macht und das Einschlafen fördert.

Die LED-Bildschirme der meisten digitalen Medien enthalten einen höheren Anteil von blauem Licht. Dadurch führt das Betrachten von Bildschirmen am Abend und in der Nacht zu späterem Einschlafen und zu einer Verlangsamung der inneren Uhr und damit zu einer erhöhten Müdigkeit am nächsten Morgen – mit entsprechenden Folgen für die Leistungen in der Schule und am Arbeitsplatz.

Guter Schlaf – bessere Noten

Erholsamer Schlaf macht jedoch klüger: Während der Nachtruhe ordnet das Gehirn die Lernerfahrungen des Tages und arbeitet an Problemlösungen. Schlafmangel dagegen führt zu Erinnerungslücken, reduziert die Arbeitsleistung am Tage um 25 Prozent und macht durch die Schädigung des Immunsystems anfälliger für Krankheiten.

Eine Bestätigung erbrachte eine kürzlich veröffentlichte Studie niederländischer Wissenschaftler an der Universität Leiden, für die 1.400 Studenten befragt wurden. Sie ergab bei jedem dritten Studenten einen chronischen Schlafmangel. Diese Studenten litten häufiger unter Konzentrationsstörungen und schnitten bei Prüfungen schlechter ab als ihre ausgeschlafenen Kommilitonen.

Verzicht auf Digitale Medien vor dem Schlafen

Um den gesundheitsschädlichen Medienkonsum bei Jugendlichen zu reduzieren, sollte die Nutzung von Smartphones möglichst klar geregelt werden, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Ein wichtiger Ansatzpunkt für mehr Leistung und besseres Wohlbefinden sei der Verzicht auf digitale Medien schon in den letzten zwei bis drei Stunden vor dem Schlafen und erst recht in der Nacht.

Wer gut schläft, ist gesünder, erfolgreicher und lebt länger

Studien haben gezeigt, dass Menschen, die zwischen sieben und neun Stunden pro Nacht schlafen, ein geringeres Sterberisiko zeigen, als solche mit kürzeren Schlafzeiten. Schlafgestörte Menschen haben dagegen ein fünffach höheres Risiko, während eines Jahres einen schweren Unfall in Haushalt, Beruf oder Verkehr zu erleiden als Menschen mit gesundem Schlaf.

Zehn Tipps für einen gesunden Schlaf

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin DGKJ hat für ihre Elterninformationen folgende Liste zur Förderung des Schlafes bei Grundschulkindern erstellt:

  1. Regelmäßige Einschlaf- und Aufstehzeiten einhalten. Schlafrituale, wie z. B. ein Lied singen, beruhigende Musik hören oder eine Geschichte erzählen fördern diese Regelmäßigkeit.
  2. Das Kind wird erst dann zum Schlafen gelegt, wenn es müde ist.
  3. Zubettgehen sollte Spaß machen und keine Strafe darstellen.
  4. Das Bett ist zum Schlafen gedacht. Im Bett sollten die Kinder weder lesen, noch spielen, fernsehen oder gar herumtoben.
  5. Zwischen Abendmahlzeit und Zubettgehen sollte genügend Zeit sein. Leichte Kost kann schlaffördernd wirken.
  6. Koffeinhaltige Getränke sind für Kinder generell zu vermeiden.
  7. Sport oder aufregende Aktivitäten wie Fernsehen, Computerspiele, spannende Lektüre u. ä. vor dem Schlafengehen behindern einen erholsamen Schlaf.
  8. Störende Lichtquellen, Lärmgeräusche und extreme Temperaturen im Schlafzimmer des Kindes sollten beseitigt oder reduziert werden. Kurz: das Ambiente muss stimmen.
  9. Möglicherweise schläft Ihr Kind deshalb nachts schlecht, weil der Mittagsschlaf nicht mehr nötig ist?
  10. Nachts werden viele Informationen des Tages verarbeitet – Träumen ist normal. Ein Kind ist ausgeschlafen, wenn es rasch wach wird und sich tagsüber aktiv beschäftigt.

Quelle: Stiftung Kindergesundheit (https://www.kindergesundheit.de/)