Stimme, Klänge und Geräusche
Bei uns spielt die Musik
In unserer vom Bildschirmen bestimmten Welt, die längst unsere Kinder in ihren Bann gezogen hat, ist es zunehmend nötig, unsere Ohren wieder zu entdecken. Musik spielt dabei eine wesentliche Rolle. Doch auch da sind wir oft in der Gefahr, durch ständige Musikberieselung oder zu laut gespielte Popmusik unsere Hörfähigkeit zu verlieren.
Jeder Mensch kann singen
Jeder Mensch hat eine Stimme und kann singen. Kinder sind oft sogar im Vorteil, was das Singen betrifft. Sie haben im Gegensatz zu vielen Erwachsenen noch Spaß daran, mit ihren Stimmen zu experimentieren. Die Stimme ist unser ureigenstes Instrument, mit dem wir Töne, Klänge und Geräusche produzieren können.
Beim spielerischen Zugang zur Musik und zur eigenen Stimme kommt es weder auf Perfektion noch auf Leistung an. Viel wichtiger ist es, die Lust am eigenen Tun zu fördern und Musik erlebbar zu machen. Wer Kindern zuhört, was sie alles an Tönen und Geräuschen beim gemeinsamen Spielen erfinden und nutzen, findet ausreichend Anknüpfungspunkte, um Musik ins Spiel zu bringen.
Selbst Klangkörper sein
Im wahrsten Sinne des Wortes sind wir ja selbst alle Klangkörper. Mit unserer Stimme und unserem Körper lässt sich vortrefflich Musik machen. Andere Instrumente sind dabei zunächst nicht nötig; nur die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, selbst auszuprobieren, ohne immer schon das Ergebnis zu kennen, ist unverzichtbar. Die Beschäftigung mit Experimenten und den Versuchen, Musik zu erleben, führen bei manchen zu anfänglichen Unsicherheiten oder Zurückhaltung, legt sich aber in dem Maße, wie die Entdeckungen wachsen, was alles möglich ist. Tatsächlich steckt viel mehr in jedem von uns, als wir oft wissen.
ANSTIMMEN
Zunächst einmal geht es noch nicht ums Singen. Wir erproben mit den Kindern, was wir mit Mund und Nase alles machen können. Allein schon die Bezeichnungen dafür geben lautmalerisch wieder, was gemeint ist, wie zum Beispiel:
- Ächzen und Blubbern,
- Fauchen und Flutschen,
- Gluckern und Glucksen,
- Hauchen und Hecheln, … Japsen,
- Keuchen, Knallen, Knutschen, Rauschen,
- Schlecken, Schlucken, Schlürfen, Schmatzen,
- Schnalzen, Schnauben, Schnaufen,
- Schnüffeln und Schnuppern,
- Wispern, Zischeln und Zischen.
- Aber natürlich auch: Flöten, Fiepsen und Pfeifen.
Wie klingen verschiedene Geräusche zusammen?
Während wir diese Geräusche zusammentragen, probieren alle gemeinsam aus, wie jedes klingt. Als kleines Spiel wählen wir drei oder vier davon aus, z. B.: Ächzen, Fauchen, Hauchen und Zischen. Nachdem sich Gruppen gebildet haben zu je einem der Geräusche, kommen die Gruppen nacheinander dran. Zum Abschluss klingen auf Ansage alle Geräusche zusammen.
Die Skala der Möglichkeiten wird immens erweitert, wenn die Stimme hinzukommt:
- Babbeln, Bellen, Bibbern, Blöken, Brabbeln, Brüllen,
- Brummeln und Brummen,
- Flennen und Flüstern,
- Gackern, Gacksen, Gellen, Gickeln, Gicksen, Grölen,
- Grunzen, Gurgeln und Gurren, Heulen.
Wir probieren Tierlaute aus
Nehmen wir als Idee zum Ausprobieren nur einmal die bisher genannten Tierlaute heraus und lassen alle
- bellen wie ein Hund, gackern wie ein Huhn,
- blöken wie ein Schaf, grunzen wie ein Schwein,
- brüllen wie ein Löwe, heulen wie ein Wolf,
- brummen wie ein Bär.
Später können wir mit den anderen Möglichkeiten unsere Tierwelt ergänzen.
Aber tragen wir weiter zusammen:
- Jammern, Jauchzen, Jaulen, Jodeln, Johlen, Jubeln,
- Jubilieren und Juchzen,
- Keifen, Kichern, Kicksen, Kläffen, Klagen,
- Knarren, Knattern, Knurren, Kollern, Krähen,
- Krakeelen und Kreischen, Lachen und Lallen,
- Meckern und Murmeln, Nuscheln,
- Piepsen, Plappern und Plustern,
- Quäken, Quaken, Quieken und Quietschen,
- Räuspern, Raunen, Röhren und Rülpsen,
- Sabbern, Schelten, Scheppern, Schluchzen,
- Schnattern, Schnauben, Schnurren, Sirren,
- Stammeln, Stöhnen, Surren und Summen,
- Trällern, Trillern und Tschilpen,
- Wiehern, Wimmern und Winseln,
- Zirpen und Zwitschern.
Es gibt viele Bezeichnungen für Geräusche
Die Kinder werden auf viele Möglichkeiten kommen und sie gemeinsam ausprobieren. Sicherlich gibt es viel mehr Bezeichnungen für bestimmte Geräuschentwicklungen und Töne. Oft richten sich solche Begriffe nach den unterschiedlichen Sprachgebräuchen. Gemeinsam ist ihnen aber, dass solche Bezeichnungen immer schon Hinweise darauf bieten, wie der jeweilige Klang ist.
KÖRPERKLÄNGE
Mit den Füßen über den Boden schlürfen, anschließend trampeln, im Sitzen und im Stehen. Fest aufstampfen oder leichtfüßig trippeln, verschiedene Geschwindigkeiten ausprobieren.
Die Hände aneinander reiben, schneller und langsamer. Beide Hände kreuzweise aneinanderlegen und Luft zusammenpressen: zusammenlassen und aufeinanderschlagen. Die Hände falten und zusammenschlagen. Alle Möglichkeiten des Klatschens durchprobieren.
Erforschung einzelner Körperteile
Mit den Händen erforschen wir, wie einzelne Körperteile klingen: Schenkel, Knie und Waden, Hüfte und Magen, schließlich auch der Brustkorb.
Wie klingt es, wenn wir uns mit den Fäusten auf die Brust schlagen und dazu summen? Es kann ein rhythmisches Trommeln entstehen.
Zu zweit trommeln wir abwechselnd dem Partner auf den Rücken. Auch hier kann dazu gesummt werden.
Was alles ist mit den Fingern möglich? Schnipsen auf die unterschiedlichsten Weisen. Wer kann noch so schnipsen, wie sich die Kinder früher in der Schule meldeten, um dranzukommen? Das geht so:
Mittelfinger und Daumen werden mit den Innenseiten der Fingerspitzen zusammengelegt. Der Zeigefinger bleibt locker und lässt sich auf den Mittelfinger schlagen. Wenn jetzt der ganze Arm mitbewegt wird, schlägt der lockere Zeigefinger mit einem kleinen Knall auf dem Zeigefinger auf. Nicht zu fest machen, weil das auch wehtun kann.
Mit beiden Händen bzw. mit den Fingern lassen wir die Lippen blubbern. Durch lautes Ein- und Ausatmen können wir Töne machen, noch andere, wenn wir dazu summen. Wer schafft es, dass die Wangen knallen? Mit dem Mittelfinger in den wie ein O geformten, angespannten Mund fassen und von innen nach außen schlagen.
KÖRPERMUSIK
Wir komponieren eine Symphonie
Alle vorher beschriebenen Klänge und Geräusche können in unserer selbstkomponierten „Symphonie“ vorkommen. Dazu einigen wir uns auf eine bestimmte Reihenfolge und halten alles auf einer Tafel oder einem großen Papierstück fest. Auch die benötigten Symbole legen wir selbst fest. Wenn beispielsweise Klatschen dran ist, malen wir eine große Hand. Finger am Mund heißt: mit den Lippen blubbern. Eine Faust bedeutet: auf die Brust schlagen. So lassen sich für alle Geräusche leichte Symbole finden. Wichtig ist noch die unterschiedliche Lautstärke. Alles, was im unteren Teil unserer „Partitur“ aufgemalt ist, bedeutet leise. Alles, was oben gezeichnet ist, wird laut gemacht.
Körpermusiken, vor allem auch unter Einbeziehung der Stimmen, können zu unterschiedlichen Themen erfunden werden, z. B. Autobahn, Bauernhof, Fabrik, aber auch Frühling, Gewitter oder eine Schiffsreise.
Wenn wir unsere Symphonie beherrschen, kann die Uraufführung stattfinden. Ein Kind übernimmt die Dirigentenrolle, erhält einen Stab oder Stock und führt ihn langsam auf der Partitur entlang.
Alle können sehen, wo wir gerade sind, und die vereinbarten Klänge oder Geräusche machen. Wichtig ist es, deutlich den Anfang und das Ende zu setzen.
Wenn die Uraufführung auf einen MP3-Player aufgenommen wird, können wir uns dann später anhören, was wir aufgeführt haben.
Wer will, kann auch ausprobieren, wie unser Werk denn klingt, wenn wir es ganz schnell oder sogar umgekehrt, also rückwärts spielen.
RHYTHMUS
Hilfreich für jüngere Kinder ist es zum Einprägen oft, wenn der Rhythmus durch die Stimme unterstützt wird.
Wir klatschen gemeinsam unterschiedliche Rhythmen. Dabei haben die Hände auch verschiedene Klatschhaltungen und sind unterschiedlich schnell. Die betonten Schläge werden mit den beiden vollen Händen ausgeführt, bei den unbetonten Schlägen benutzen wir nur die vier Finger der rechten Hand.
Klatsch auf die 1
1 und 2 und 1 und 2 und 1 und 2 und 1 und 2
Dreierklatsch
(1= betont, 2 und 3 unbetont)
1 und 2 3, 1 und 2 3, 1 und 2 3, 1 und 2 3 …
Aus dem Walzer wird etwas anderes, wenn wir die Reihenfolge umkehren und die beiden unbetonten Schläge an den Anfang setzen. Wenn es schon gut klappt, kann das Tempo gesteigert werden.
Fünferklatsch
Drei unbetonte (und schnelle) Schläge kommen zuerst, danach folgen zwei betonte (langsamere). 1 2 3 und 4 und 5, 1 2 3 und 4 und 5 …
Sechserklatsch
Fünf unbetonte Schläge, der letzte Klatsch ist betont.
1 2 3 4 5 und 6, 1 2 3 4 5 und 6, 1 2 3 4 5 und 6 …
Noch ein Sechser
Geht im Prinzip wie oben, nur dass bei der 6 mit den Fingern geschnipst wird. Wenn wir das mehrmals durchgespielt haben, können wir das variieren, indem wir bei der ersten 6 schnipsen, bei der zweiten klatschen. Wenn wir das ganz gut können, lassen wir beim zweiten Mal die 6 weg, machen also da eine Pause.
Pausen sind beim Rhythmus besonders wichtig, aber nicht ganz leicht.
Weitere Rhythmen können erprobt, nach Möglichkeit sollten auch die Vorschläge der Kinder aufgenommen werden. Vielfältiger werden die Klänge, wenn zu den Händen auch noch andere Körperteile ins Spiel einbezogen werden.
TROMMELN
Wir benutzen den Rücken eines Partners wieder als Trommel. Die Finger werden etwas gewölbt; so entsteht ein kleiner Hohlraum in den Händen. Der Rücken ist rund, der Partner atmet tief ein. Es wird nicht auf die Wirbelsäule oder die Nieren geklopft.
TROMMELSCHLANGE
Alle sitzen im Kreis, jeweils mit etwas Abstand zum Davorsitzenden. Ein Kind trommelt einen bestimmten Rhythmus auf den Rücken des Vordermanns und wiederholt das allein, bis das vor ihm sitzende Kind den Rhythmus aufnimmt und seinerseits an den Vordermann weitergibt.
Nach und nach werden alle zu Trommeln und Trommlern. Ist der Kreis geschlossen, hört das erste Kind, in diesem Fall also die letzte Trommel, nach einer Weile selbst auf zu trommeln. Auch das geht wieder die Runde durch, bis alles wieder ruhig geworden ist. Jetzt kann ein weiteres Kind einen neuen Rhythmus angeben.
TROMMELSTUHL
Wer hat schon auf dem Instrument „Stuhl“ komponiert?
Jedes Kind findet heraus, was für Klänge und Geräusche sein Stuhl hergibt. Mit möglichst vielen unterschiedlichen Geräuschen „komponiert“ jeder ein kleines Stück und führt es hinterher vor.
Jetzt kann jeder einen Rhythmus trommeln. Wenn alle ihren Rhythmus gefunden haben, beginnt wieder ein Kind, ein anderes antwortet mit seinem Rhythmus. Weitere folgen. Jeder setzt ein oder aus, wie er es für richtig hält.
TROMMELSPEKTAKEL
Eine große Trommel steht in der Kreismitte. Ein Kind geht hin und trommelt seinen Rhythmus, läuft zu einem anderen Kind und übergibt ihm die Schlegel, während alle anderen Kinder den ersten Rhythmus wiederholen.
Jetzt ist das Kind mit den Schlägeln dran, läuft in die Mitte, trommelt, alle wiederholen, die Schlägel werden weitergegeben. Alles wird schneller und hektischer, bis schließlich alle in Bewegung sind und das große Trommelspektakel zum Abschluss kommt.
TROMMELTANZ
Zum Rhythmus Bewegungen erfinden
Zu einer kleinen Trommelfolge bewegt sich ein Kind tanzend im Kreis. Zurückgekehrt an seinen Platz, spielt dieses Kind einen Rhythmus und ein anderes bewegt sich dazu. Dies geht so weiter, bis alle einmal Trommler und Tänzer gewesen sind. Besonders lustige oder schöne Bewegungen werden von allen nachgemacht.
INSTRUMENTE
Selbst gemachte Instrumente regen die Fantasie an
Wenigstens einige Hinweise auf die Vielfältigkeit des möglichen Instrumentariums sollen gegeben werden. Eine ausführliche Beschreibung würde den hier gegebenen Rahmen sprengen und erforderte ein eigenes Buch.
Neben den schon erwähnten körpereigenen Möglichkeiten, dem oft schon bekannten Orff-Instrumentarium sowie den „echten“ Instrumenten wie Flöten, Gitarren, Geigen und Klavieren sind es vor allem selbstgemachte Instrumente, die dazu anregen, eigene Fantasie mit ins Spiel zu bringen. Dabei sind vor allem alle Percussion-Instrumente verhältnismäßig einfach und schnell herzustellen.
Joghurtbecher, kleine Dosen oder andere Behälter, mit Hülsenfrüchten jeder Art gefüllt und zugeklebt, ergeben unterschiedlich klingende Rasseln.
Ratschen oder Reiben lassen sich aus Well- oder Sandpapier herstellen.
Kronkorken durchbohrt und auf Draht aufgereiht werden zu Schellen zusammengebaut. Verschiedene dieser Gebilde an einem alten Besen oder Schrubber befestigen; das ergibt einen Schellenbaum.
Triangeln lassen sich aus besonders dickem Draht herstellen, Bambusstäbe in unterschiedlich große Stücke zersägt ergeben verschiedene Flötentöne; mehrere davon zusammengebunden und durch Holzlatten vorn und hinten gehalten bilden eine kleine Panflöte.
Mehrere unterschiedlich lange Metallröhren mittels Draht an einem Querstab befestigt oder verschieden hoch gefüllte Flaschen werden zu Metall- oder FlaschenSpielen.
Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:
Bei uns spielt die Musik
Klangspiele und Spiellieder
Eckart Bücken
Burckhardthaus-Laetare
ISBN 9783944548142
9,90 €
Mehr dazu auf www.oberstebrink.de