Mehrheit der Jugend fürchtet um berufliche Zukunft

Studie der Bertelsmann-Stiftung: Die Corona Krise führt zu zunehmender Verunsicherung

Die Corona-Krise führt zu einer wachsenden Verunsicherung junger Menschen im Hinblick auf die Situation am Ausbildungsmarkt. 71 Prozent aller Befragten – das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr – sind der Ansicht, dass sich die Chancen auf einen Ausbildungsplatz durch Corona verschlechtert haben. Bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sind es sogar 78 Prozent. Für zukünftige Studierende sieht es deutlich besser aus: Weniger als ein Viertel (24 Prozent) aller Befragten glaubt, die Chancen auf einen Studienplatz seien durch Corona beeinträchtigt. Zu diesen Ergebnissen kommt die zweite Ausgabe einer repräsentativen Befragung von iconkids & youth im Auftrag der Bertelsmann Stiftung im Frühjahr 2021.  

Kaum Vertrauen in die Politik

Die Unterschiede in der Beurteilung der Zukunft sind nachvollziehbar, sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung: „Wer das Abitur hat, besitzt quasi eine Studiengarantie. Jugendliche mit niedrigeren Schulabschlüssen lassen wir in Krisenzeiten allein. Das ist nicht gerecht.“ 

53 Prozent der Jugendlichen haben den Eindruck, die Politik tue wenig oder gar nichts für Ausbildungsplatzsuchende. Das sind noch einmal drei Prozent mehr als bei der Befragung im August vergangenen Jahres. Weitere 20 Prozent sagen, dass die Politik zwar eher viel tue, aber noch immer nicht genug. „Wir müssen jedem jungen Menschen eine Ausbildungsperspektive geben, gerade in der Krise“, fordert Dräger. Das sei eine Frage der Chancengerechtigkeit und diene der Fachkräftesicherung. „Jede Krise vernichtet dauerhaft Ausbildungsplätze. Das war 2008 so und wird auch jetzt wieder so sein. Ausbildungsprämien für Betriebe reichen leider nicht, um diese Entwicklung aufzuhalten. Wir brauchen eine Ausbildungsgarantie.“ 

Ausbildung nach wie vor sehr attraktiv für junge Menschen 

Das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung ist auch im zweiten Corona-Jahr groß: 41 Prozent der 14- bis 20-Jährigen, die noch Schüler:innen einer allgemeinbildenden Schule sind, möchten auf jeden Fall eine Ausbildung machen. Weitere 36 Prozent sind noch unentschieden. Das bedeutet, dass fast vier Fünftel der Schüler:innen eine Ausbildung zumindest als Möglichkeit in Betracht ziehen. 

Jugendliche, die ihren Ausbildungsplatz schon angetreten oder bereits eine Zusage erhalten haben, sind mit ihrer Wahl höchst zufrieden: Mehr als 80 Prozent geben auf einer fünfstufigen Skala die beiden positivsten Bewertungen ab. Bemerkenswert ist, dass die Zufriedenheitsquote bei Jugendlichen mit niedriger Schulbildung mit 95 Prozent besonders hoch ist. „Das Potenzial der beruflichen Bildung ist nach wie vor sehr groß. Wir müssen alles daransetzen, dieses auch zu realisieren“, so Dräger. 

Berufsorientierung: Im Dschungel der Wegweiser 

Die große Mehrheit (79 Prozent) der Jugendlichen in Deutschland hält zwar das Informationsangebot zur Berufswahl insgesamt für ausreichend, allerdings beklagen 54 Prozent von ihnen, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in der Fülle von Informationen zurechtzufinden. Was speziell das schulische Angebot zur Berufsorientierung betrifft, so schneiden Hauptschulen in den Einschätzungen der Schüler:innen besonders gut ab: 43 Prozent der Jugendlichen mit niedriger Schulbildung geben an, gut bis sehr gut über Berufe informiert zu sein. Umgekehrt zeigt sich die größte Unzufriedenheit bei den jungen Menschen mit hoher Schulbildung: Hier fühlen sich lediglich 23 Prozent gut bis sehr gut informiert und fast die Hälfte von ihnen (47 Prozent) hält sich für nicht so gut oder gar nicht gut informiert. 

Link zur vollständigen Studie




Investitionen in Spielplätze sind meist nicht von der kommunalen Finanzlage abhängig

Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks zeigt, dass weiter viele Spielflächen verschwinden

Investitionen der Städte in Deutschland in den Erhalt und die Modernisierung von Spielplätzen sind vorrangig keine Frage der kommunalen Finanzlage. Das ist das zentrale Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes unter den 81 Großstädten in Deutschland.

Gemeinden investieren sehr unterschiedlich in Spielplätze

„Die Zahl und Größe der Spielplätze sowie die Ausgaben für laufende Instandhaltungen und Investitionen sind gemessen an der Zahl der Kinder in den Städten und der Finanzkraft der Kommunen in … unterschiedlich. So finden sich zwischen Kiel im Norden bis Freiburg im Süden Kommunen, die trotz klammer Kassen überdurchschnittlich hohe Ausgaben bei den Spielplätzen leisten, ebenso wie Städte mit überdurchschnittlicher Finanzkraft, die sich hier eher knauserig zeigen. Das zeigt, dass Investitionen der Städte in den Erhalt und die Modernisierung von öffentlichen Spielplätzen vorrangig eine Frage des politischen Willens und keine Frage der kommunalen Finanzlage sind“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Viele Kommunen kürzen

Die Zahlen zeigen auch, dass es in einigen Kommunen in den vergangenen Jahren deutliche Kürzungen der finanziellen Mittel, und in vielen Kommunen lediglich Fortschreibungen der Haushaltsansätze gegeben hat, womit inflationsbereinigt immer weniger Geld für die Spielplätze zur Verfügung steht. Gleichzeitig gibt es in einigen Kommunen aber auch starke finanzielle Zuwächse für Instandhaltungen von und Investitionen in Spielplätze. Umso wichtiger ist es, die vorhandenen Finanzmittel sinnvoll unter Beteiligung der Kinder einzusetzen.

Recht auf Spiel

„Jedes Kind muss täglich die Möglichkeit haben, selbstständig im Freien zu spielen. Es ist für ein gesundes Aufwachsen essenziell und spätestens in Zeiten des digitalen Lernens besonders deutlich geworden“, sagt Ute Eckardt, Leiterin des Arbeitskreises „Spielen in der Stadt“ der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz.

Weiterhin Trend zum Rückbau und zur Umwidmung

„Das Deutsche Kinderhilfswerk beobachtet in zahlreichen Kommunen zudem den Trend, dass seit Jahrzehnten bewirtschaftete Spielplätze teilweise oder vollständig rückgebaut oder gar in Bebauungsplänen festgesetzte Spielflächen zu Bauland erklärt und veräußert werden. Zudem werden viele informelle Spielräume, wie zum Beispiel Brachflächen trotz hohem Spielwert zunehmend dem Neubau von Gebäuden und Straßenverkehrsmaßnahmen geopfert“, so Hofmann.

Keine repräsentativen Ergebnisse

An der Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes unter den 81 Großstädten in Deutschland hatten 69 Kommunen teilgenommen. Die Ergebnisse der Umfrage sind aufgrund der sehr unterschiedlichen Definitionen der Kommunen, was unter Instandhaltungsausgaben (nur „reine“ Ausgaben, die dem Spielen der Kinder direkt zugutekommen oder beispielsweise auch Grünpflege) oder Investitionsausgaben (nur kommunale Finanzmittel oder beispielsweise auch eingeworbene Drittmittel und Spenden) gefasst wird, nicht repräsentativ. Aufgrund der hohen Rücklaufquote der Umfrage und im Anschluss geführter Gespräche mit den Kommunen können aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes aber klare Tendenzen und Aussagen aus den Angaben der Städte abgeleitet werden.

Quelle: Mitteilung des Deutschen Kinderhilfswerks




Selbstbild ErzieherInnen: Kompetent und stark im Fördern von Selbstvertrauen

OECD lässt in Deutschland über 3000 pädagogische Fachkräfte befragen: 

Die gute Nachricht: Fast alle Fachkräfte in der Kita sind mit ihrem Beruf und ihrer aktuellen Tätigkeit zufrieden.  Gesellschaftlich anerkannt fühlt sich aber nur jede Dritte. Das sind zwei Ergebnisse der OECD-Studie TALIS Starting Strong. Die groß angelegte Erhebung führt die Organisation in neun Ländern durch. An der Befragung haben hierzulande weit über 3.000 Fachkräfte im Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) teilgenommen. Dabei unterteilt die Studie in Fachkräfte im Bereich Krippenkinder (U3) und Kindergartenkinder (Ü3).

Zu wenig Geld und Anerkennung

Rund 94 Prozent der Befragten sind demnach mit ihrer Arbeit zufrieden. Nur 36 Prozent fühlen sich dagegen gesellschaftlich anerkannt. Zudem ist wenig überraschend ein geringer Prozentsatz mit seinem Gehalt zufrieden. Im Ü3-Bereich sind es 26 Prozent, im U3-Bereich mit 29 Prozent etwas mehr.  

Wenn es schon mit dem Geld und der Anerkennung nicht so richtig klappt, sind doch die meisten mit der Leitung ihrer Einrichtung zufrieden. Nur 32 Prozent der Befragten im Ü3-Bereich und 26 Prozent im U3-Bereich wünschen sich mehr Unterstützung.

Stress bei der Arbeit entsteht aus dem Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und den dafür vorhandenen Ressourcen.

Fehlen von Personal ist größter Belastungsfaktor

Als größte Belastungsfaktoren zählen hierzulande „Zusätzliche Pflichten aufgrund der Abwesenheit von pädagogischen Fachkräften“, „zu viele Kinder in der Gruppe“ und „mangelnde Ressourcen“. Dazu zählen etwa die finanzielle Unterstützung, materielle Ressourcen und Personal. Aus dem Mangel an letzterem kommt es auch zu Spannungen. So stellen für etwa 33 Prozent der MitarbeiterInnen im Ü3-Bereich und 27 Prozent im U3-Bereich zusätzliche Aufgaben aufgrund von Personalausfällen eine „sehr starke“ Belastung bei der Arbeit dar.

Personalmangel Gefahr für die Qualität des Angebots

In beiden Bildungsbereichen gibt jede fünfte Einrichtungsleitung an, dass der Personalmangel angesichts der Zahl der angemeldeten Kinder die Fähigkeit ihrer Einrichtungen, den Kindern ein qualitativ hochwertiges Umfeld zu bieten, stark beeinträchtigt.

Super Ausbildung und wenig Weiterbildung

Dabei sind die deutschen Fachkräfte prima geschult. Die Ausbildung gehört zu den besten in den Ländern, die an der Befragung teilnehmen. In Deutschland haben 97 Prozent des Personals im Kindergartenbereich und 96 Prozent des Personals im Krippenbereich ein Ausbildungsprogramm absolviert, in dem sie speziell für die Arbeit mit Kindern qualifiziert wurden. Zudem beinhaltete die Ausbildung bei rund 80 Prozent ein Praxismodul.

Anders sieht es im Bereich der Fort- und Weiterbildungen aus: Im Vergleich zu den anderen Ländern werden in Deutschland im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen für Fachkräfte meist nur wenige Themenbereiche abgedeckt. Die Folge daraus ist, dass nur ein relativ kleiner Anteil des Personals die eigene Ausbildung in Bereichen wie der Arbeit mit Kindern mit unterschiedlichem Hintergrund (rund 35 Prozent) oder der Pädagogik (rund 25 Prozent) vertieft.

Bedenklich stimmt zudem die Situation bei den Leitungskräften. Nur 35 Prozent der LeiterInnen im Kindergarten- und 43 Prozent der Leitungen im Krippenbereich geben an, dass sie eine Schulung dafür erhielten, pädagogische Leitungsaufgaben wahrzunehmen. Das ist das niedrigste Niveau unter den teilnehmenden Ländern.

Stark bei der sozial-emotionalen Entwicklung

Am stärksten fühlen sich die Fachkräfte bezüglich ihrer Fähigkeiten, Kinder in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung zu fördern. Bezüglich der Arbeit mit Kindern mit unterschiedlichen Hintergründen oder im Hinblick auf die Nutzung digitaler Medien zur Förderung des Lernens fühlen sie sich dagegen schwächer. Während etwa 95 Prozent der pädagogischen Fachkräfte in beiden Bildungsbereichen angeben, dass sie Kinder dabei helfen können, Selbstverstrauen aufzubauen, berichten weniger als 10 Prozent dasselbe für den Einsatz digitaler Medien.  Damit befinden sie sich in bester Gesellschaft mir ihren KollegInnen in den anderen Ländern.

Gute Kommunikation und Teilnahme

Am meisten lernen die Fachkräfte wohl von ihren Kolleginnen. In beiden Bildungsbereichen beteiligt sich das meiste pädagogische Personal wöchentlich oder sogar täglich an gemeinsamen Aktivitäten  über verschiedene (Alters-)Gruppen hinweg. Leider geben nur 40 Prozent ihren KollegInnen auch so häufig Feedback über ihre berufliche Praxis.

Sehr positiv ist das Bild bezüglich der Beteiligungsmöglichkeiten. 80 Prozent des pädagogischen Personals in Deutschland ist der Meinung, dass ihre Einrichtung ihnen die Möglichkeit bietet, sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.

Gesundheitliche Probleme

Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Anteil am pädagogischen Personal, das erwägt, die eigene Arbeitsstelle wegen gesundheitlicher Probleme aufzugeben in Deutschland hoch. Das könnte auch auf ein erhöhtes Burnout-Risiko hindeuten. 25 Prozent der Befragten im Kindergartenbereich und 22 Prozent im Bereich Krippe erwägt den Ausstieg.

Empfehlungen für die Politik

Aufgrund dieser Erkenntnisse empfiehlt die OECD für Deutschland folgendes:

  • Schaffen von Bedingungen zur Förderung informellen, kollaborativen Lernens unter pädagogischen Fachkräften und Ausrichtung des Fort- und Weiterbildungsangebots hin zu Teamfortbildungen.
  • Verbesserung der Ausrichtung von Fort- und Weiterbildung auf verschiedene Karrierestufen unter Berücksichtigung der Bedarfe der Fachkräfte und der Qualität der Fort- und Weiterbildungsaktivitäten.
  • Status und Anerkennung erhöhen, indem sichergestellt wird, dass die Gehälter der Fachkräfte mit ihren Verantwortlichkeiten im Einklang stehen und indem Wege für den beruflichen Aufstieg innerhalb des FBBE-Sektors besser definiert werden.
  • Unterstützung von Fort- und Weiterbildung für Leitungen, indem in neue Modelle von Leitungsfortbildung investiert wird und kontinuierliche berufliche Fort- und Weiterbildung erleichtert wird.

Die vollständige Studie auf englisch finden Sie hier:
https://www.oecd-ilibrary.org/education/building-a-high-quality-early-childhood-education-and-care-workforce_b90bba3d-en 

Eine Ländernotiz für Deutschland finden Sie unter:
http://www.oecd.org/education/school/TALIS-Starting-Strong-2018-Vol2-Germany-de.pdf