Denn jeder junge Mensch ist eine große Chance für die Zukunft der Gesellschaft

Motto des Weltkindertags am 20. September 2024: „Mit Kinderrechten in die Zukunft“

Der Weltkindertag am 20. September steht im Jahr 2024 unter dem Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern zum 70. Geburtstag dieses Tages, dass die Politik ihre Prioritäten verstärkt auf Kinder ausrichten muss. „Denn jeder junge Mensch ist eine große Chance für die Zukunft unserer Gesellschaft. Und es ist das Recht jedes Kindes, sich gut zu entwickeln und sein Leben gestalten zu können – ganz gleich, woher es kommt oder welchen Aufenthaltsstatus es hat“, heißt es in einer Erklärung von UNICEF Deutschland.

In Kinder zu investieren, sei gerade jetzt notwendig, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Gleichzeitig gälte es, die Kinder- und Menschenrechte als demokratische Gesellschaft gegenüber jeglicher Form von Diskriminierung zu verteidigen.

Zuversicht und Ideen

„Wir brauchen Vielfalt und die Zuversicht und Ideen der jungen Generation, um unsere großen Zukunftsaufgaben als demokratische Gesellschaft zu meistern. Deshalb ist es gerade in einer Zeit großer Krisen und Herausforderungen so wichtig, sich entschlossen für jedes Kind und seine Rechte einzusetzen”, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Mit dem Motto des Weltkindertags im Jahr 2024 möchten wir das besonders unterstreichen.“

„Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten mit vielfältigen Fähigkeiten. Staat und Zivilgesellschaft müssen mehr dafür tun, dass sie stark und gleichberechtigt mit ihrer Kreativität und Kompetenz unsere Gesellschaft mitgestalten können“, sagt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Die Grundlage dafür ist die UN-Kinderrechtskonvention. Die muss in Deutschland endlich vollständig umgesetzt werden.“

70 Jahre Weltkindertag

Rund um den Weltkindertag am 20. September 2024 werden bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder, ihre Rechte und ihre Zukunft aufmerksam machen. 70 Jahre, nachdem der Weltkindertag eingeführt wurde, weisen UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk mit dem Motto 2024 darauf hin, dass die Interessen und Rechte der Kinder auch heute richtungweisend für politische Entscheidungen der Gegenwart und Zukunft sein müssen.

Diskriminierung und Hass in jeglicher Form dürfen keinen Platz in der Gesellschaft haben. Die Zusagen im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen müssen bis zum Ende der Legislaturperiode umgesetzt werden – dazu gehören beispielsweise die Verbesserung von Bildungs- und Teilhabechancen für jedes Kind, unabhängig von Herkunft oder Einkommen der Eltern und die Absicherung kindgerechter Lebensbedingungen für geflüchtete Kinder. Zudem fordern UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk von Bund und Ländern nachdrücklich die ebenfalls im Koalitionsvertrag angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.

Im September 1954 empfahlen die Vereinten Nationen ihren Mitgliedstaaten die Einführung eines weltweiten Tages für Kinder. Sie wollten damit den Einsatz für Kinderrechte stärken, die Freundschaft unter Kindern und Jugendlichen auf der Welt fördern und die Regierungen auffordern, die weltweite UNICEF-Arbeit zu unterstützen. Inzwischen wird der Weltkindertag in über 145 Staaten am 20. September gefeiert; seit 1989 sind die Kinderrechte mit einer UN-Konvention für jedes Kind verbrieft.

Quelle: Niklas Klütsch/UNICEF Deutschland




Grundschulen so ausstatten, dass sie ihren Auftrag erfüllen können!

Grundschulverband weist auf schwaches Startchancenprogramms hin und fordert Richtungswechsel

Seit vielen Jahren schon weist der Grundschulverband darauf hin, dass die Grundschulen unterfinanziert und mit Aufgaben überfrachtet sind. Er fordert eine Änderung dieser Praxis. Das im Koalitionspapier groß angekündigte Startchancen-Programm der Bundesregierung kommt, so der Plan, erst zum Schuljahr 2024/2025 an den Start und zwar statt für die angekündigten 4.000 Schulen nur für 1.000. Ganz aktuell streicht das Land Nordrhein-Westfalen Mittel für den gemeinsamen Unterricht. Auch in anderen Bundesländern steht zu fürchten, dass am Bildungshaushalt gespart wird. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass von diesen Sparmaßnahmen einmal mehr die Grundschulen besonders betroffen sein werden.

„Kein gutes Zeugnis für das deutsche Bildungssystem“

Im Abschnitt „Bildung: Kein gutes Zeugnis für das deutsche Bildungssystem“ benennt der UNICEF- Bericht aktuelle Mängel im Bildungsbereich unmissverständlich:

  • Knapp 47.000 junge Menschen verlassen jährlich ohne Abschluss die Schule.
  • Betroffen sind hierbei in besonderem Maße Kinder und Jugendliche, die im Ausland geboren sind und in Deutschland zur Schule gehen.
  • Der Anteil von Kindern und Jugendlichen, die die unterste Kompetenzstufe des Lesens nicht erreicht haben, liegt bei rund 21 Prozent.

Vor dem Hintergrund dieser wenig befriedigenden Ergebnisse zur aktuellen Lage beleuchtet der Bericht die Ausgaben für den Bildungsbereich und damit die öffentlichen Investitionen in Bildung und stellt fest: Die Ausgaben für Bildung sind im internationalen Vergleich für den Grundschulbereich sehr niedrig: „Deutschland investierte hier 2019 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit 1,2 Prozentpunkte weniger als Spitzenreiter Schweden. Von den betrachteten Ländern investiert nur Rumänien noch weniger in die Grundschulbildung (0,5 Prozent). Dabei sind gerade die Grundschulen für Kinder wichtig. Hier entscheidet sich, ob Kinder unabhängig von der sozio-ökonomischen Herkunft ihre Talente entfalten können.“

Die Situation von in Armut lebenden Kindern und Jugendlichen hat sich verschärft

Prekär sind sowohl die Aussagen des UNICEF-Berichts, als auch die des aktuellen Deutschen Schulbarometers zur Kinderarmut: Die Situation von in Armut lebenden Kindern und Jugendlichen hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren verschärft. Deutlich sichtbarer wird, dass immer häufiger das Geld für zentrale Dinge des Schulalltags fehlt und Schulmaterialien, Ausflüge oder das Mittagessen nicht finanziert werden können.

Der Grundschulverband stellt fest: Es ist höchste Zeit für Investitionen in Bildungschancen und fordert:

  • Die Grundschulbildung ist besonders in den Fokus zu nehmen. Es ist sicherzustellen, dass Grundschulen personell und sächlich so ausgestattet sind, dass sie ihrem Auftrag, allen Kindern eine grundlegende Bildung zu vermitteln, auch gerecht werden können! Dazu gehört auch, dass den Grundschulen künftig endlich angemessen digitale Medienausstattungen zur Verfügung stehen.
  • Anstehende Haushaltskürzungen dürfen nicht zu Lasten von Kindern in Armutslagen gehen!
  • Es ist Aufgabe der Politik, Familien und Schulen in sozial herausfordernder Lage schnell, unbürokratisch und wirksam zu unterstützen!
  • Wir fordern auf Bundes- und Landesebene politisch längst fällige Entscheidungen zur Verbesserung der Startchancen von allen Kindern!

Weitere Informationen und Rückfragen:
Dipl.-Päd. Edgar Bohn, Vorsitzender Grundschulverband e.V.
Mobil: 0151 67 20 28 35
Mail: edgar.bohn@grundschulverband.de
Internet: www.grundschulverband.de




Kinder vor dem Bundeskanzleramt: „Wir wünschen uns ein geiles Leben“

Weltkindertag 2023: UNICEF und Deutsches Kinderhilfswerk schaffen Kindern eine kreative Bühne für eine bessere Zukunft

Das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland rufen zum heutigen Weltkindertag Politik und Gesellschaft dazu auf, sich mit Unterstützung der jungen Generation lautstark für die Verwirklichung der Kinderrechte einzusetzen und ihre Bedeutung für eine gute und gerechte Zukunft für alle hervorzuheben! Heute jung zu sein bedeutet, täglich mit Krisen, Unsicherheit und Zukunftssorgen konfrontiert zu sein. Zur Halbzeit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung ist es deshalb umso wichtiger, das globale Versprechen einzuhalten, kein Kind zurückzulassen.

Mehr politisches Engagement von Staat und Gesellschaft für Kinder!

Vor dem Bundeskanzleramt in Berlin forderten die beiden Organisationen heute in Anwesenheit von Bundesfamilienministerin Lisa Paus, zahlreichen Kindern und Jugendlichen sowie der Band Glasperlenspiel ein stärkeres politisches Engagement von Staat und Gesellschaft für eine bessere Zukunft junger Menschen.

Eine Schulklasse der Löcknitz-Grundschule aus Berlin präsentierte dabei einen Kinderrechte-Song, dessen Text sie gemeinsam mit Glasperlenspiel zur Melodie des Hits „Geiles Leben“ umgeschrieben hatten. Den Song nutzten die Kinder, um mit einer gemeinsamen Stimme auf ihre Anliegen und Forderungen aufmerksam zu machen. Zudem formulierten Kinder und Jugendliche des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes und des UNICEF-JuniorBeirats ihre Gedanken zu Zukunftsthemen wie Bildung, Teilhabe und der Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.

Paus: Alle Kinder verdienen besondere Aufmerksamkeit, Schutz und Förderung

Bundesjugendministerin Lisa Paus: „Kinder und Jugendliche wachsen heute in belastenden Zeiten auf. Umso wichtiger ist es, ihre Probleme zu lindern, ihnen eine Stimme zu geben und dass sie mitentscheiden – vor allem, wenn es um ihre Zukunft geht! Ich gratuliere allen Kindern und Jugendlichen herzlich zum Weltkindertag – mit der Botschaft: Mischt euch ein, pocht auf eure Rechte und gestaltet die Zukunft mit! Eure Perspektiven und Ideen sind in der alternden Gesellschaft unverzichtbar. Als Bundesfamilienministerin streite ich für die UN-Kinderrechte: Alle Kinder verdienen besondere Aufmerksamkeit, Schutz und Förderung auf dem Weg ins Erwachsenenleben. Ist ein Land kinderfreundlich, tut das der ganzen Gesellschaft gut. Deshalb bin überzeugt: Um hier voranzukommen, sollten die Kinderrechte auch in unserem Grundgesetz festgeschrieben werden. Und schon jetzt schaffen wir mit der Kindergrundsicherung einen Weg, endlich die vielfache Kinderarmut in Deutschland grundlegend zu bekämpfen. Armut hindert die Jüngsten daran, zuversichtlich ins Leben zu starten. Wir wollen ein Sicherheitsnetz für Familien aufspannen. Alle Leistungen, auf die junge Menschen ein Recht haben, sollen unkompliziert ankommen. Davon können in Deutschland Millionen Kinder und Jugendliche profitieren.“

Stimmen für eine gute Zukunft

Marisol Ferreira Lopes (18), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats: „Der Zugang zu Bildung ist für so viele Kinder weltweit noch immer ein unerfüllter Traum! Ich wünsche mir für die Zukunft, dass sich die globale Bildungssituation verbessert, indem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kinder weltweit sicher lernen können.“

Gloria Dargatz (18), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats: „Wir, die junge Generation, sind die Zukunft dieses Landes. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren und brauchen starke Rechte – jetzt! Nur so können uns Schutz und Mitspracherecht garantiert werden. Wir fordern daher: Kinderrechte ins Grundgesetz!“

Ella Gottschling (18), Mitglied des UNICEF-JuniorBeirats: „Jedes Kind hat Rechte – egal mit welchen Voraussetzungen es auf die Welt kommt. Gemeinsam muss dafür gesorgt werden, dass eine bestmögliche Grundlage für Förderung und Teilhabe geschaffen wird, damit alle Kinder die Chance auf eine gute und gerechte Zukunft haben.“

Jonte Mai (16), Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Damit alle Kinder in Deutschland eine gute Zukunft haben, muss unsere Mitbestimmung gestärkt werden. Wir sind aktive Mitglieder der Gesellschaft – warum also werden wir von Wahlen ausgeschlossen? Die Zukunft unseres Landes hängt von uns ab. Gebt uns eine Chance, diese mitzugestalten!“

Ella-Marie Hönemann (13), Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Die Politik sollte Kinder und Jugendliche stärker in ihre Entscheidungsfindung integrieren, beispielsweise beim Thema Umweltschutz. Dazu braucht es eine gemeinsame Gesprächsebene, bei der wir uns auf Augenhöhe treffen müssen. Und zwar so schnell wie möglich, denn es geht um unsere Zukunft.“

Sophie Koxholt (16), Mitglied im Kinder- und Jugendbeirat des Deutschen Kinderhilfswerkes: „Gerechte Chancen sind die Grundlange dafür, dass jedes Kind eine gute Zukunft haben kann. Alle Kinder sollten die Möglichkeit haben, ihre Ziele zu erreichen – egal, wo sie herkommen oder in welcher Familie sie aufwachsen.“

Georg Graf Waldersee, Vorstandsvorsitzender UNICEF Deutschland: „Die Situation der Kinder im Blick gibt die Halbzeit der Agenda 2030 Anlass zur Sorge. Viele Fortschritte weltweit sind ins Stocken geraten. Immer noch gibt es in Deutschland zu viele Kinder, deren Rechte nicht ausreichend berücksichtigt werden. Gemeinsam mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der jungen Generation selbst müssen wir dafür sorgen, dass die Kinderrechte stärker in den Mittelpunkt unseres Handelns rücken – mit dem Augenmerk auf besonders benachteiligte Kinder. Nur wenn alle Kinder angemessen geschützt, gefördert und beteiligt werden und Chancen auf ein gutes Aufwachsen haben, können die nachhaltigen Entwicklungsziele Realität werden. Es gibt viele gute Beispiele, die zeigen, dass Kinder und Jugendliche ihre Zukunft durch eigene Ideen gestalten können.“

Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes: „In Sonntagsreden werden der jungen Generation vielerlei Versprechungen gemacht, im Alltag müssen wir dann insbesondere in der politischen Debatte in Deutschland eine geradezu sträfliche Vernachlässigung ihrer Belange wahrnehmen. Kinderinteressen werden systematisch ausgeblendet, obwohl sie als ein vorrangiger Gesichtspunkt ins Zentrum politischer Überlegungen und praktischen Handelns gehören. Dafür braucht es dringend die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, eine konsequente Politik zur Überwindung der Kinderarmut in Deutschland sowie eine mehr als deutliche Stärkung der demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen.“

Bundesweite Aktionen zum Weltkindertag

Zum Weltkindertag am 20. September finden bundesweit zahlreiche Demonstrationen, Feste und andere Veranstaltungen statt, die auf die Situation der Kinder und Jugendlichen aufmerksam machen und ihre Anliegen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen.

UNICEF Deutschland lädt Kinder jeden Alters und ihre Familien in vielen Städten und Gemeinden dazu ein, an kreativen Mitmach-Aktionen teilzunehmen. Sie können ihren Teil zu einem Kinderrechte-Puzzle beitragen oder mit bunten Kreidebildern auf Straßen, auf Bürgersteigen und in Garageneinfahrten ihre Sorgen, Wünsche, Ideen und Vorstellungen für eine bessere Zukunft für Kinder zum Ausdruck bringen.

Um den Forderungen der jungen Generation Nachdruck zu verleihen, können Eltern, Nachbar*innen und Passant*innen Fotos der kreativen Erzeugnisse der Kinder unter dem Aktions-Hashtag #wiestarkwäredasdenn in den Sozialen Medien posten. Alle Beiträge der Kinder werden auch auf www.unicef.de/weltkindertag veröffentlicht. Dort gibt es weitere Informationen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert den Weltkindertag mit einem großen „Kinderrechte-Spezial“ für Kinder in ganz Deutschland. Und das einen ganzen Monat lang: Auf www.kindersache.de/weltkindertag können Kinder und Jugendliche seit Anfang September mehr über ihre Rechte erfahren, thematische Unterhaltungsangebote wahrnehmen oder selbst aktiv und kreativ werden. Der Fokus liegt dabei auf partizipativen Angeboten, die sich an der Lebenswelt von Kindern orientieren, um Kinderrechte nicht nur abstrakt zu erklären, sondern erlebbar zu machen.

Inhaltlicher Schwerpunkt dieses „Monats der Kinderrechte“ ist das Thema Zukunft, und dabei insbesondere das Erreichen der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele („Sustainable Development Goals – SDGs“). Denn diese sind in Gefahr – und damit auch die Verwirklichung der Kinderrechte, da jedes der in der Agenda 2030 verankerten Ziele eine zentrale Bedeutung für Kinder und ihr Wohl hat.

Quelle: Pressemitteilung Deutsches Kinderhilfswerk




Foto des Jahres: Kinder suchen Zuflucht zu Büchern

UNICEF kürt zum 23. Mal die Fotos des Jahres – Von Kindern uns ihrer Sehnsucht

Das UNICEF-Foto des Jahres 2022 hält einen seltenen Moment von Ruhe und Glück inmitten des Konflikts im Norden Äthiopiens fest. In der zerstörten Bibliothek einer Grundschule in der äthiopischen Region Tigray vertiefen sich ein Mädchen und ein Junge in Bücher. Das diesjährige Siegerbild des argentinischen Fotografen Eduardo Soteras zeigt, was die Kinder von Tigray mit den Kindern auf der ganzen Welt teilen: das Bedürfnis, sich friedlich und neugierig mit etwas beschäftigen zu dürfen, das ihnen Freude bereitet.

Mit dem zweiten Preis wird ein Foto des amerikanischen Fotografen Ron Haviv aus einem Souterrain in Kiew (Ukraine) ausgezeichnet. Eine Gruppe von Kindern, die dort vor den Angriffen Zuflucht gesucht hat, blickt aufmerksam auf ein Kinderbuch, das ihnen gezeigt wird. Der deutsche Fotograf Daniel Pilar erhält den dritten Preis. Seine Reportage begleitet Schülerinnen in einer heimlichen Mädchenschule in der afghanischen Hauptstadt Kabul. 

„Der Wunsch, Neues zu entdecken und zu lernen, ist bei Kindern oft so groß, dass er sie die Bedrohlichkeit einer Situation vergessen lässt. Das ist die Botschaft des UNICEF-Foto des Jahres 2022“, sagte UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender bei der Preisverleihung in Berlin. „Das Siegerbild fordert uns auf, alles zu tun, damit Kinder auch unter den widrigsten Umständen spielen und lernen können. Denn nur so können sie sich ihre Hoffnung und Zuversicht in Zeiten des Krieges und anderer Krisen erhalten.“

„Der Hunger nach Wissen und Bildung ist das verbindende Element der prämierten Bilder in diesem Jahr“, sagt Peter-Matthias Gaede, Mitglied der Jury und des Deutschen Komitees für UNICEF. „Gerade in Konfliktgebieten und Krisenländern sind Schulen und psychosoziale Hilfsangebote Orte der Hoffnung, die die Kinder stabilisieren und ihnen Kraft geben.“

„Die Siegerbilder zeigen das Positive im gegenwärtigen Chaos der Welt“, erklärte Prof. Klaus Honnef, Vorsitzender der Jury. „Die Kinder auf diesen Fotos symbolisieren die Kraft und den Willen durchzuhalten und weiter nach einer besseren Zukunft zu streben.“

Das Siegerbild: Äthiopiens Kinder im Krieg

Der argentinische Fotograf Eduardo Soteras dokumentiert seit 2020 besonders die Situation der Kinder im Norden Äthiopiens. Dabei fotografiert er solch rare Augenblicke wie jene des Siegerbildes: In der zerstörten Bibliothek einer Grundschule in der äthiopischen Region Tigray vertiefen sich zwei Kinder in Bücher. Das Lächeln in ihren Gesichtern verrät einen Moment des Glücks. Es ist ein seltener Moment umgeben von Zerstörung und Gewalt.

In Folge des Konflikts im Norden Äthiopiens braucht die Zivilbevölkerung dringend humanitäre Hilfe. Die Mehrheit der rund 5,2 Millionen Menschen in der Region Tigray hat unter Gewalt und Vertreibung, Unterernährung und Trinkwassermangel gelitten. Viele Gesundheitseinrichtungen und Schulen wurden zerstört.

Der zweite Preis: „Einst hatte ich ein Zuhause“

Eine Lehrerin liest einer Gruppe von Mädchen und Jungen in einem Souterrain der ukrainischen Hauptstadt Kiew Geschichten vor. Vielleicht ist es ein spannendes Märchen, das sich in den Augen der Kinder spiegelt. Aber ebenso könnten es all die von den Erfahrungen der Kinder ausgelösten Emotionen sein, die sich hier zeigen: von Angst bis Erschrecken bis Fassungslosigkeit.

In seiner Reportage zeigt der US-amerikanische Fotograf Ron Haviv Bilder von Abschied und Flucht, von verlassenen Kinderwagen, von zerstörten Brücken und zerschossenen Wohngebäuden. Und von Kellern und Metrostationen, in denen Kinder geboren werden. In denen sie spielen. Und in denen sie lernen.

Millionen Ukrainerinnen mit ihren Kindern sind innerhalb des Landes auf der Flucht oder suchen in den Nachbarländern Schutz. Fast 1000 Schulen waren, Stand November 2022, beschädigt, fast 130 komplett zerstört – mindestens 400 Kinder hatten durch Artilleriebeschuss ihr Leben verloren, 800 ihre körperliche Unversehrtheit.

Der dritte Preis: Die versteckte Mädchenschule

Die Reportage des deutschen Fotografen Daniel Pilar erzählt von einer heimlichen Mädchenschule im afghanischen Kabul. Er hat sie in einem behelfsmäßig hergerichteten Gebäude am Rande der Hauptstadt entdeckt, verborgen in einem Hinterhof. Hier unterrichtet eine junge mutige Lehrerin auch Mädchen der 7. und 8. Klasse. Und hier zeigt sich, dass deren Bildungshunger stärker ist als jedes Verbot. So anonym wie die Lehrerin müssen allerdings auch die Eltern bleiben, die ihre Töchter auf solche Schulen schicken.

Seit die Taliban im August 2021 erneut die Macht in Afghanistan übernommen haben, ist Mädchen der Besuch weiterführender Schulen wieder verboten. Mehr als einer Million Mädchen werden hierdurch Bildungschancen verweigert – während das Risiko von Ausbeutung, Missbrauch und früher Verheiratung steigt. Solidarität mit den Mädchen regt sich im Verborgenen, wie die versteckte Mädchenschule zeigt.

Sieben weitere Reportagen hob die Jury mit ehrenvollen Erwähnungen hervor:

  • Agoes Rudianto, Indonesien, Reportage:  Wie Rifki seine Armut versilbert (Indonesien)
  • Amnon Gutman, Rumänien, Reportage: Rette sich, wer kann (Ukraine)
  • Fabio Bucciarelli, Italien, Reportage: Toxischer Stress (Ukraine)
  • Federico Rios Escobar, Kolumbien, Reportage: Der harte Marsch zu einem ungewissen Ziel (Kolumbien)
  • Irina Werning, Argentinien, Reportage: „Das Versprechen“ (Argentinien)
  • Mads Nissen, Dänemark, Reportage: Der hohe Preis für einen Frieden, der keiner ist (Afghanistan)
  • Shayan Hajinajaf, Iran, Reportage: „Die zwei Flügel eines Schmetterlings“ (Iran)

Eine Ausstellung mit allen prämierten Arbeiten ist bis Mitte Januar im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin zu sehen. Anschließend werden die Fotoreportagen vom Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V. ausgestellt und sind ab dem 18. Januar 2023 für die allgemeine Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus zugänglich.

UNICEF-Foto des Jahres

Zum 23. Mal zeichnet UNICEF Deutschland mit dem internationalen Wettbewerb „UNICEF-Foto des Jahres“ Bilder und Reportagen professioneller Fotojournalistinnen und -journalisten aus, die die Persönlichkeit und die Lebensumstände von Kindern auf herausragende Weise dokumentieren. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Nominierung durch eine*n international renommierte*n Fotografie-Expert*in.

Eine Übersicht aller ausgezeichneten Fotoreportagen finden Sie auf www.unicef.de/foto.

Niklas Klütsch: Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von UNICEF




Was Unternehmen über Kinderrechte wissen

UNICEF Schweiz und Liechtenstein und das UN Global Compact Netzwerk Schweiz und Liechtenstein veröffentlichen Studie

Kinderarbeit, die Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen sowie die Sicherheit von Kindern in Geschäftslokalitäten und Veranstaltungen – dies sind die Kinderrechtsthemen, welche für die teilnehmenden Unternehmen der eben veröffentlichten Studie von UNICEF Schweiz und Liechtenstein und dem UN Global Compact Netzwerk Schweiz und Liechtenstein besonders relevant sind.

Was wissen Unternehmen über Kinderrechte?

UNICEF Schweiz und Liechtenstein und das UN Global Compact Netzwerk Schweiz und Liechtenstein haben eben die Studie «Addressing Children’s Rights in Business – An Assessment from Switzerland and Liechtenstein» veröffentlicht. Diese Grundlagenstudie untersuchte, welche Kenntnisse Unternehmen hinsichtlich der Kinderrechte haben, wie Kinderrechte in ihren täglichen Aktivitäten und unternehmenseigenen Richtlinien berücksichtigt und verankert sind, und welchen Herausforderungen Unternehmen bezüglich Kinderrechten gegenüberstehen. Darüber hinaus soll die Studie eine Grundlage für die künftige Arbeit von Unternehmen, der Zivilgesellschaft, der Politik sowie der Verwaltung im Bereich Unternehmensverantwortung für Kinderrechte schaffen.

Reduktion auf Bekämfpung von Kinderarbeit

Die aktuelle Studie verdeutlicht die vielfältigen Auswirkungen von Unternehmen auf Kinder und ihre Rechte – sowohl in ihren Lieferketten wie auch in ihren eigenen Geschäftstätigkeiten in der Schweiz und in Liechtenstein. Besonders auffällig ist, dass sich Unternehmen der Breite der Kinderrechtsthemen, die für sie möglicherweise relevant sind, meist nicht bewusst sind. Vielmehr reduzieren sie Kinderrechte in der Wertschöpfungskette auf die Bekämpfung von Kinderarbeit.

In ihren eigenen Geschäftsprinzipien spielen zudem Produktsicherheit und die Sicherheit von Kindern in den eigenen Geschäftseinrichtungen und Veranstaltungen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus machen die meisten untersuchten Unternehmen keine Verbindung zu weiteren kinderrechtsrelevanten Engagements, wie etwa im Umweltbereich oder zur Familienfreundlichkeit. Viele Unternehmen engagieren sich philanthropisch in mehreren Bereichen, die Kinderrechte tangieren, wie Bildung oder Gesundheitsversorgung.

Impulse für Unternehmen schaffen

Die Wichtigkeit von verbindlichen Gesetzgebungen, welche die Kinderrechte umfassend berücksichtigen, wurde gleich an mehreren Stellen in der Studie hervorgehoben. Neue Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht schärfen das Bewusstsein von Unternehmen für Kinderrechte und schaffen Impulse für Unternehmen, sich verstärkt mit Kinderrechten auseinanderzusetzen. Gesetze schaffen für Unternehmen aber auch Rechtssicherheit mit verbindlichen Vorgaben, die sich gegen innen und nach aussen richten.

Die Studie wurde vom Geneva Center for Business and Human Rights und dem Centre for Children’s Rights Studies der Universität Genf verfasst. Die Resultate basieren auf einer Desk-Analyse von öffentlich zugänglichen Dokumenten von 60 Unternehmen, einer Online-Umfrage mit 54 teilnehmenden Unternehmen sowie 15 Vertiefungsinterviews. 

Die Studie steht hier zum Download zur Verfügung.

Quelle: UNICEF Schweiz und Liechtenstein




„Jeder siebte junge Mensch lebt mit einer psychischen Belastung“

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UNICEF-Bericht zur Situation der Kinder in der Welt 2021 zu mentaler Gesundheit

Laut dem Bericht „On My Mind: Die mentale Gesundheit von Kindern fördern, schützen und unterstützen“ litt weltweit bereits vor der Pandemie ein bedeutender Anteil der Kinder und Jugendlichen unter erheblichen psychischen Belastungen. Gleichzeitig wird weltweit wenig in ihre psychische Gesundheit investiert. 

Aktuellen Schätzungen zufolge lebt jeder siebte junge Mensch zwischen zehn und 19 Jahren weltweit mit einer diagnostizierten psychischen Beeinträchtigung oder Störung wie Angststörungen, Depressionen oder Verhaltensauffälligkeiten. Weltweit nehmen sich jedes Jahr rund 46.000 junge Menschen zwischen zehn und 19 Jahren das Leben – ein junger Mensch alle elf Minuten. In der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen ist Suizid die vierthäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen, Tuberkulose und Gewalttaten. 

Hilfsangebote sind Mangelware

Gleichzeitig besteht eine große Lücke zwischen dem Bedarf an Hilfsangeboten und den verfügbaren finanziellen Mitteln im Bereich der psychischen Gesundheit. So geben die Regierungen weltweit, laut dem Bericht, weniger als zwei Prozent ihres Gesundheitsbudgets hierfür aus. 

„Es waren lange, lange 18 Monate für uns alle – insbesondere für Kinder. Aufgrund der landesweiten Lockdowns und der pandemiebedingten Einschränkungen haben Kinder prägende Abschnitte ihres Lebens ohne ihre Großeltern oder andere Angehörige, Freunde, Klassenzimmer und Spielmöglichkeiten verbracht – Schlüsselelemente einer jeden Kindheit“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore.

Auswirkungen sind gravierend

„Die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sind gravierend. Gleichzeitig sind sie nur die Spitze des Eisbergs, denn bereits vor der Pandemie litten viel zu viele Kinder an psychischen Belastungen, die unberücksichtigt blieben. Regierungen investieren nicht ausreichend in die mentale Gesundheit, um dem großen Hilfebedarf gerecht zu werden. Auch dem Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und dem späteren Lebensverlauf wird nicht genügend Bedeutung beigemessen.“

„Die Förderung der psychischen Gesundheit junger Menschen ist kein Luxus, sondern ein wichtiger Beitrag für ihr Wohlbefinden, ihre Entwicklung und ihre Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft”, erklärte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Wir müssen das Thema aus der Tabuecke holen und Kindern und jungen Menschen die Unterstützung geben, die sie brauchen.”

Belastungen der psychischen Gesundheit während der Covid-19-Pandemie

Die Pandemie hat einen hohen Tribut von Kindern und Jugendlichen gefordert. Laut den Ergebnissen einer von UNICEF und Gallup im Sommer 2021 durchgeführten internationalen Umfrage unter Heranwachsenden und Erwachsenen in 21 Ländern gab jeder fünfte befragte junge Mensch (19 Prozent) zwischen 15 und 24 Jahren an, sich häufig deprimiert zu fühlen oder wenig Interesse an Dingen zu haben oder daran, etwas zu unternehmen. In Deutschland sagte dies einer von vier der befragten jungen Menschen (24 Prozent). 

Fast zwei Jahre seit Beginn der Pandemie sind die Belastungen für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen nach wie vor schwerwiegend. Laut aktuellen UNICEF-Schätzungen war weltweit mindestens eines von sieben Kindern direkt von landesweiten Lockdowns betroffen; 1,6 Milliarden Kinder haben Schulunterricht verpasst und Lernstoff versäumt.

Die Veränderungen im Alltag, die Unterbrechung der Bildung, der Wegfall von Freizeitmöglichkeiten sowie finanzielle und gesundheitliche Sorgen in den Familien führen dazu, dass viele junge Menschen unter Angstgefühlen leiden, wütend sind und voller Sorgen in ihre Zukunft schauen. Beispielsweise ergab eine Online-Umfrage, die Anfang 2020 in China durchgeführt wurde, dass etwa ein Drittel der Befragten sich ängstlich oder besorgt fühlten.

Hohe Kosten für die Heranwachsenden und die ganze Gesellschaft

Diagnostizierte psychische Störungen wie ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörungen), Angstzustände, Autismus, bipolare Störungen, Verhaltensstörungen, Depressionen, Essstörungen und Schizophrenie können schwere Folgen für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben. Sie können auch ihre Lernmöglichkeiten und ihre Fähigkeit, ihr Potenzial zu verwirklichen, beeinträchtigen. Auch ein geringeres Einkommen im Berufsleben kann die Folge sein.

Der persönliche Preis, den die betroffenen Kinder und Jugendlichen zahlen, ist nicht zu beziffern. Den Gesellschaften gehen laut einer in dem Bericht aufgeführten neuen Analyse der London School of Economics enorme Beiträge verloren. Die Verluste in Folge von psychischen Beeinträchtigungen und Störungen, die zu Erwerbsunfähigkeit oder zum Tod von jungen Menschen führen, belaufen sich demnach auf schätzungsweise rund 390 Milliarden US-Dollar pro Jahr. 

Schutzfaktoren

Laut dem UNICEF-Bericht beeinflusst ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren die mentale Gesundheit von Kindern. Dazu zählen genetische Faktoren, Erfahrungen in der frühen Kindheit, der Umgang und die Erziehung in der Familie, Erfahrungen in der Schule sowie zwischenmenschliche Beziehungen. Belastungen durch Gewalt oder Missbrauch, Diskriminierung, Armut, humanitäre Krisen und gesundheitliche Notlagen wie die Covid-19-Pandemie wirken sich stark auf die psychische Gesundheit aus.

Schutzfaktoren wie liebevolle Bezugspersonen, ein sicheres schulisches Umfeld und positive Beziehungen zu Gleichaltrigen können hingegen dazu beitragen, das Risiko psychischer Beeinträchtigungen und Störungen zu verringern. Allerdings erschweren Vorurteile und Stigmatisierung sowie mangelnde öffentliche Finanzierung von entsprechenden Hilfsangeboten, dass Kinder und Jugendliche die Förderung und Unterstützung erhalten, die sie benötigen.

Forderungen von UNICEF

UNICEF ruft mit seinem Bericht zur Situation der Kinder in der Welt 2021 Regierungen und Partner aus der Privatwirtschaft und die Öffentlichkeit dazu auf, die mentale Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Betreuenden zu fördern, gefährdete Kinder zu schützen und besonders verletzliche Kinder zu unterstützen. 

  • Es braucht dringend mehr Investitionen in die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in allen Bereichen der Gesellschaft, nicht nur im Gesundheitswesen. Ziel sollte es sein, einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz zum Schutz, zur Förderung und zur Unterstützung zu entwickeln; 
  • Evidenzbasierte, übergreifende Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale Sicherung sollten ausgeweitet werden. Dazu gehören Elternprogramme, die eine flexible, liebevolle Unterstützung und Betreuung der Kinder und die psychische Gesundheit von Eltern und Erziehenden fördern. Schulen sollten die psychische Gesundheit durch qualitative Hilfsangebote und ein positives Lernumfeld unterstützen; 
  • Das Schweigen über psychische Erkrankungen muss gebrochen, Stigmata bekämpft und Aufklärung im Bereich der psychischen Gesundheit gefördert werden. Die Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen müssen ernst genommen werden.  

„Psychische und körperliche Gesundheit gehören zusammen – wir können es uns nicht leisten, das länger anders zu sehen“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Fore. „Seit viel zu langer Zeit fehlt es an Investitionen und einem Verständnis dafür, was psychische Gesundheit ausmacht. Das muss sich ändern: Denn eine gute psychische Gesundheit ist entscheidend dafür, dass Kinder ihre Potenziale verwirklichen können.“

Eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse des Berichts finden Sie hier.

Der vollständige, englischsprachige Report steht hier zur Verfügung.




UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2021

Kinderhilfsorganisation fordert Gipfel für Kinder, Jugendliche und Familien zur Bewältigung der Corona-Krise

Die Kinderhilfsorganisation UNICEF fordert einen Gipfel für Kinder, Jugendliche und Familien zur Bewältigung der Corona-Krise: Schon vor der Covid-19-Pandemie kämpfte ein beträchtlicher Teil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit mentalen Problemen und fehlenden Chancen. Dies ist Ergebnis des UNICEF-Berichts zur Lage von Kindern in Deutschland 2021.

Report „Kinder – unsere Zukunft“

Der Report unter dem Titel „Kinder – unsere Zukunft!“ warnt vor gravierenden Konsequenzen der Covid-19 Pandemie für das kindliche Wohlbefinden. Die Pandemie verschärft bestehende Probleme und stellt auch Eltern vor große Herausforderungen, ihre Kinder bestmöglich zu unterstützen. 

„Der Sicherung der Kinderrechte muss jetzt höchste Priorität eingeräumt werden. Es gilt, einen Gipfel für Kinder, Jugendliche und Familien zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise einzuberufen. Und dort muss auch Kindern und Jugendlichen selbst eine Stimme gegeben werden“, so Georg Graf Waldersee, Vorstandsvorsitzender von UNICEF Deutschland.

Solidarität mit den Jüngeren

„Die jungen Menschen in Deutschland haben in der Pandemie große Solidarität bewiesen“, so Elke Büdenbender, UNICEF-Schirmherrin. „Aber je länger die Krise dauert, umso größer wird die Belastung gerade für die jungen Menschen und umso stärker kommen sie an ihre Grenzen. Jetzt müssen wir Älteren Solidarität mit den Jüngeren zeigen und uns aktiv für ihre Interessen bei der weiteren Bewältigung der Pandemie einsetzen.“

Daten zum subjektiven Wohlbefinden gesammelt

Der bekannte Familiensoziologe Prof. Dr. Hans Bertram hat für UNICEF-Deutschland die verfügbaren Daten zum subjektiven Wohlbefinden von Kindern, ihren Beziehungen zu Freundeskreis und Familie, zur Bildungssituation, Gesundheit, ihrem Verhalten und möglichen Risiken sowie zur materiellen Situation bis zum Ausbruch der Pandemie ausgewertet. Befunde neuerer Untersuchungen zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die Lebenssituation von Kindern und ihren Familien ergänzen die Analyse: Danach waren schon vor der Pandemie mehr als jedes fünfte Mädchen und nahezu jeder siebte Junge im Alter von 15 Jahren unzufrieden mit ihrem Leben. Bei weniger privilegierten Kindern, bei Kindern mit einer Einwanderungsgeschichte oder Mobbingerfahrungen war die Lebenszufriedenheit geringer als im Durchschnitt. Rund 16 Prozent der Mädchen schätzen sich als depressiv ein. 13 Prozent der Mädchen erhielten verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel. In Griechenland waren es nur 2,8 Prozent.

Unterstützung und Rückhalt entscheidend

Die Unterstützung und der Rückhalt durch die Familie ist für Kinder entscheidend. Vor der Krise fühlte sich laut LBS Kinderbarometer die Mehrheit der Kinder in Deutschland in der Familie „meist gut“, „gut“ oder sogar „sehr gut“. Bereits 2015 schätzten in einer PISA-Untersuchung 91 Prozent der befragten Kinder ihre Eltern als unterstützend und interessiert an ihrer schulischen Entwicklung ein. Es mehren sich jedoch die Hinweise, dass derzeit viele Familien an ihre Grenzen stoßen. So gaben bei einer aktuellen Befragung von mehr als 1.000 Eltern in Deutschland über die Hälfte der Väter oder Mütter an, dass die Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten den Stress in ihren Familien deutlich erhöht haben. Ein Teil berichtet zudem von einem gestiegenen aggressiven Verhalten gegenüber den Kindern. 

Familien haben viel aufgefangen

„Die Familien haben durch ihre große Anpassungs- und Improvisationsfähigkeit im vergangenen Jahr unglaublich viel aufgefangen. Aber die private Lebensführung kann öffentliche Räume nicht ersetzen“, sagte Prof. Dr. Hans Bertram. „Mädchen und Jungen brauchen unbedingt öffentliche Räume wie Schulen, Kindergärten und Sportvereine, um sich gut entwickeln zu können. Der direkte Austausch mit Gleichaltrigen ist entscheidend, um die Kompetenzen zu erwerben, die sie in unserer Gesellschaft brauchen.“ 

Der UNICEF-Bericht zeigt weiter, dass die gute Konjunktur der vergangenen Jahre nicht ausreichend genutzt wurde, um relative Kinderarmut zurückzudrängen. So waren 2019 in Deutschland 1,48 Millionen Kinder unter 16 Jahren von Armut betroffen. Dies entspricht einer Armutsgefährdungsquote nach Sozialleistungen von 12 Prozent. Dies bedeutet zwar einen leichten Rückgang um 2,6 Prozentpunkte im Vergleich zu 2014. Allerdings haben bestimmte Gruppen wie die Kinder von alleinerziehenden Elternteilen und Kinder mit Einwanderungsgeschichte weiterhin ein stark erhöhtes Armutsgefährdungsrisiko.

„Wohlbefinden und Rechte von Kindern jetzt stärken“

UNICEF Deutschland ruft vor der Bundestagswahl die Politik dazu auf, das Wohlbefinden und die Rechte von Kindern in Deutschland gerade jetzt zu stärken. Es muss sichergestellt werden, dass

  • Bildungseinrichtungen sowie soziale Dienste und Angebote insbesondere in benachteiligten Quartieren personell und finanziell gut ausgestattet sind;
  • benachteiligte Kinder sowohl durch materielle Leistungen als auch durch Infrastrukturleistungen stärker unterstützt werden. Bestehende Leistungen sollten gebündelt und unbürokratisch ausgezahlt werden, beispielweise in einer Kindergrundsicherung.
  • die Kinderrechte im Grundgesetz umfassend festgeschrieben werden. 

Quelle: Pressemitteilung von UNICEF Deutschland

Kinder – unsere Zukunft! Der UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2021

In einer neuen Analyse für das Deutsche Komitee für UNICEF zeichnet der Familiensoziologe Prof. Dr. Hans Bertram ein detailliertes Bild der Lage von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Grundlage ist eine Auswertung der aktuellsten empirischen Daten zum subjektiven Wohlbefinden, Beziehungen zu Freundeskreis und Familie, Bildung, Gesundheit, Verhalten und Risiken sowie zur materiellen Situation vor dem Ausbruch der Pandemie. Befunde neuerer Untersuchungen zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die Lebenssituation von Kindern und ihren Familien sowie europäische Daten ergänzen die Analyse.

Der UNICEF-Bericht ist somit eine wichtige Basis, um das kindliche Wohlbefinden in Deutschland besser zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen für politische Maßnahmen abzuleiten. Eine UNICEF-Information zur Studie mit zentralen Ergebnissen und Empfehlungen finden Sie hier:

UNICEF-Information zum UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2021

Hier geht es zur Studie




„Kinderrechte jetzt!“ – Motto des Weltkindertags

UNICEF und Deutsches Kinderhilfswerk fordern ein kinderfreundlicheres Deutschland

Das Motto des diesjährigen Weltkindertags am 20. September lautet „Kinderrechte jetzt!“. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk unterstreichen damit im Wahljahr, dass es dringend an der Zeit ist, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern und damit die Weichen für ein kinderfreundlicheres Deutschland zu stellen.

„Kinder werden kaum gehört“

Gerade während der Covid-19-Pandemie wurde deutlich, dass Kinder kaum gehört und ihre Belange häufig hintenangestellt würden, so die Kinderhilfsorganisationen. Das Bundeskabinett habe im Januar einen Formulierungsvorschlag für eine Ergänzung im Grundgesetz verabschiedet, der in den kommenden Monaten diskutiert werde. Dieser sei aus der Sicht von UNICEF und dem DKHW jedoch noch unzureichend. Hier brauche es auch eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft, damit die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden, so die Mitteilung.

Kinderrechte: Chancen für kinderfreundlicheres Land

„Die Aufnahme der Kinderrechte in unsere Verfassung wäre eine echte Chance, die Grundlagen für ein kinderfreundlicheres Land zu schaffen“, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Die Politik sollte diese Chance nutzen und sich auf eine kluge Formulierung verständigen. Denn ein Land, das die Rechte und die Interessen von Kindern stets besonders berücksichtigt und damit auch alle Familien stärkt, ist ein Land, in dem Kinder stark gemacht werden für die Herausforderungen der Gegenwart und für die Welt von morgen. Das ist nicht nur im Interesse unserer Kinder und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse unserer ganzen Gesellschaft.“

Eindeutiges Bekenntnis zu Kinderrechten

„Die Corona-Krise zeigt uns, Kinder brauchen mehr als jemals zuvor ein eindeutiges Bekenntnis zur umfassenden Verwirklichung ihrer Rechte – über alle Parteigrenzen hinweg“, erklärt Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Es liegt nun in den Händen von Bundestag und Bundesrat, entscheidende Weichen für das Aufwachsen der jungen Menschen und künftigen Generationen in unserem Land zu stellen. Ob Kinder und ihre Familien im September zum Weltkindertag die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz als einen tatsächlichen Fortschritt oder nur als Alibi-Erklärung empfinden werden, hängt davon ab, ob Bund und Länder ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen nachkommen.“

Zahlreiche Initiativen bundesweit

Zum Weltkindertag am 20. September 2021 machen bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder aufmerksam. In Berlin und Köln sind für Sonntag, den 19. September 2021, die beiden zentralen Aktionen geplant.