Unterschriftenaktion: Tausende Kitas in NRW vor dem Aus?

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Ein Bündnis Freier Träger fordert eine bessere Kita-Finanzierung

Die Freien Kita-Betreiber in Nordrhein-Westfalen befinden sich akutell wohl in akuter Existenznot. Grund dafür ist nach einer gemeinsamen Mitteilung der freien Träger, dass die Pauschalen, mit denen die Landesregierung den Kita-Betrieb durch die freien Träger vergütet, erst im August dieses Jahres erhöht werden sollen, während die Tarife bereits im vergangenen Sommer angehoben wurden.

Wer seither seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Tarif bezahlt hat, muss nun meist mit wachsenden Finanzlöchern zurecht kommen. Laut dem Bündnis der freien Träger sind einige Kita-Träger bereits in die Insolvenz geraten.

Überbrückungshilfe reicht nicht aus

Tatsächlich hat die Landesregierung eine Überbrückungshilfe in Höhe von 100 Millionen Euro als Überbrückungshilfe angekündigt. Rechnet man diese Summe aber auf die rund 8.000 Kitas in freier Trägerschaft im Land um, bleiben gerade einmal 12.500 Euro für jede Einrichtung übrig. Gerade für größere Kitas reicht dieses Geld nicht ansatzweise aus.

Leider hat die Landesregierung in NRW unter Ministerpräsident Hendrik Wüst nicht auf unsere Anfrage reagiert. Dabei drohen dramatische Konsequenzen. Immerhin stellen die Freien Träger mittlerweile rund 75 Prozent aller Kitas im bevölkerungsreichsten Bundesland. In Zeiten des akuten Arbeitskräftemangels, in denen etliche Eltern darauf angewiesen sind, für ihre Kinder einen guten sicheren Kita-Platz zu haben, drängt sich die Frage auf, warum die Regierung aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen ein solches Risiko einzugehen, zumal ab März die nächste Tariferhöhung ansteht.

Mitarbeitende sollen anständig bezahlt werden

„Die Mitarbeitenden freier Träger sind keine Beschäftigten zweiter Klasse – auch ihr Leben hat sich stetig verteuert und sie sollen anständig bezahlt werden“, steht in dem Papier, das Träger mit Einrichtungen in ganz NRW als „Kita-Bündnis NRW“ unterzeichnet haben. Mit Blick auf die Landesregierung heißt es: „Wenn es wirklich auch in ihrem Sinne ist, dass auch unsere Mitarbeitenden von den dort erzielten Steigerungen profitieren dürfen, sind ihre aktuellen Refinanzierungspläne staatlich verordnete Insolvenzverschleppung.“

Modellrechnungen

Eine Modellrechnung der Träger zeigt, dass die Refinanzierung der Personalkosten auch nach der Erhöhung im August kommenden Jahres nicht ausreicht, um Gehälter nach TVöD zu zahlen – geschweige denn, die freien Träger für die bereits in diesem Jahr gezahlte Inflationsausgleichsprämie zu entschädigen.

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Grafik 1 zeigt eine Modellrechnung für die Personalkosten zur Betreuung einer Gruppe von 20 Kindern zwischen zwei und sechs Jahren. Die untere Kurve zeigt den Betrag, den freie Träger zur Refinanzierung dieser Kosten nach dem Kinderbetreuungsgesetz (KiBiz) erhalten – sowie die prozentualen Steigerungen dieser Beträge in den vergangenen Jahren. Die obere Kurve zeigt, welcher Betrag notwendig ist, wenn freie Träger die letzten Tarifsteigerungen im TVöD auch an ihre Mitarbeitenden weitergeben wollen. Quelle: Kita-Bündnis NRW

Wie viel Rücklagen die freien Träger aus der Refinanzierung bilden dürfen, ist gedeckelt. Die Kita-Betreiber rechnen vor: Selbst diejenigen, denen es gelungen ist, den maximal zulässigen Betrag anzusparen, werden ihre Rücklage mittlerweile aufgebraucht haben, wenn sie nach Tarif bezahlen. Ihnen bleibt nur, von Krediten zu leben, die ihre finanziellen Spielräume noch weiter beschränken werden.

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Grafik 2 zeigt, wie sich die aktuellen Refinanzierungspläne der Landesregierung auf die maximal erlaubte Rücklage nach dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) auswirken. Diese darf niemals höher als 10 Prozent der jährlich augezahlten Pauschale nach dem KiBiz sein – ansonsten werden die Einnahmen gekürzt. Es wird deutlich: Selbst Träger, denen es gelungen ist, die höchstmögliche Rücklage zu bilden, werden diese mittlerweile aufgebraucht haben, wenn sie weiter nach Tarif bezahlt haben. Quelle: Kita-Bündnis NRW

„Um Insolvenzen abzuwenden, den Verlust weiterer Betreuungsplätze zu vermeiden und dem Abbau von Qualitätsstandards entgegenzutreten“, setzen sich die Unterzeichner für eine frühere Erhöhung der Refinanzierungspauschalen ein. Zum anderen fordern sie einen Anpassungsmechanismus, der sicherstellt, dass Tarifergebnisse und Sachkostensteigerungen künftig zeitnah und in gleicher Höhe berücksichtigt werden.

Am Bündnis der Freien Träger sind bisher educcare Bildungskindertagesstäten gGmbH, Fröbel e.V., VKJ Ruhrgebiet e.V., Villa Luna Bilinguale Kindertagesstätten, Kinderzentren Kunterbunt gGmbH und Outlaw gGmbH beteiligt.

Den kompletten Appell „Freie Träger am Limit: Rettet die Kindertagesstätten in NRW!“ und eine Mitzeichnungsmöglichkeit gibt es unter www.kita-buendnis.nrw.

Online Petition

Mittlerweile haben die Freien Träger auch eine Online Petition an die Landesregierung und den Landtag in NRW gestartet. Darin heißt es:

  1. Sorgen Sie dafür, dass die Pauschalen zeitnah erhöht und die Tariferhöhungen und Inflation der letzten 3 Jahre berücksichtigt werden und dass die freien Träger, die bereits in Vorleistung gegangen sind, eine Kompensierung erhalten – damit die Finanzierungslücke nicht noch dramatischer wird.
  2. Schaffen Sie einen Refinanzierungsmechanismus, der garantiert, dass Tarifergebnisse und Sachkostensteigerungen künftig zeitnah und in gleicher Höhe berücksichtigt werden – sodass freie Träger nicht mehr in existenzbedrohende Vorleistungen gehen müssen. Ermöglichen Sie, dass große wie kleine Träger und freie wie öffentliche Träger gleich gut in Zeiten des chronischen Fachkräftemangels agieren können.

Bis Redaktionsschluss haben hier bereits 16.563 Menschen unterschrieben. Hier geht es zur Petition: https://www.change.org/KitasinNRWretten




50.000 Unterschriften für den Erhalt der Sprach-Kitas gesucht

GEW: „Keine Einsparungen auf Kosten der frühkindlichen Bildung – mit Weitblick in die Zukunft investieren!“

„Wir machen uns gemeinsam für Erhalt und Ausbau des Programms stark, weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“, sagt Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Tausende Fachkräfte, Kinder und Familien werden im Ungewissen gelassen und sind sehr besorgt. In den Kitas gibt es viel Unverständnis und Wut über die Prioritätensetzung der Bundesregierung. Es ist ein katastrophales Zeichen und eine bittere Enttäuschung für all jene, die Hoffnungen in die Ampel-Koalition gesetzt haben.“

„Der Spracherwerb ist das Grundgerüst für erfolgreiches Lernen.“

In den Bundesländern werde gerade hektisch versucht, gewachsene Strukturen aus Eigenmitteln zu retten. Jedoch fehle es an Geld. Die Folge: Die Mittel müssten an anderer Stelle eingespart werden. „Anstatt die frühkindliche Bildung zukunftsfähig zu machen, hat die Bundesregierung einen Verteilungskampf in Gang gesetzt“, betont Siebernik. Es sei kaum abzusehen, welchen enormen Schaden die Pläne anrichten und wie viele qualifizierte Fachkräfte das Arbeitsfeld perspektivisch verlassen werden. Es sei skandalös, so Siebernik, dass die Bundesregierung hunderttausenden Kindern die Startchancen in unserer Republik dramatisch verschlechtern wolle: „Der Spracherwerb ist das Grundgerüst für erfolgreiches Lernen.“

Noch im Koalitionsvertrag Weiterentwicklung angekündigt

Noch im Koalitionsvertrag hatten die Parteien der Ampelregierung angekündigt, das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ weiterzuentwickeln und zu verstetigen. Im Haushaltsentwurf für 2023 sind jedoch keine Gelder eingestellt. Damit würde das Programm Ende 2022 auslaufen.

Die Kampagne „Sprach-Kitas retten“ macht sich für die Fortsetzung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ stark. Zentrales Element der Kampagne ist eine Petition an den Bundestag, die unter diesem Link aufgerufen und unterzeichnet werden kann https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2022/_08/_01/Petition_137016.nc.html

Ziel sind 50 000 Unterschriften in vier Wochen, damit es im Bundestag eine öffentliche Anhörung gibt. Homepage zur Kampagnenseite: www.sprachkitas-retten.de