Kitas sind Schlüsselakteure in der Leseförderung

Laut Vorlesestudie fehlen vielen Kindern zu Hause die Vorlese-Impulse

507 pädagogische Fachkräfte aus Einrichtungen, die repräsentativ für Kitas in Deutschland sind, standen in diesem Jahr für die Vorlesestudie Rede und Antwort. Damit ist die Vorlesestudie in diesem Jahr sogar repräsentativ. Sie ist ein gemeinsames Projekt von Stiftung Lesen, DIE ZEIT und Deutsche Bahn Stiftung.

Vorlesen ist ein Grundbedürfnis von Kindern

In 91 Prozent der Kitas erhalten Kinder mindestens einmal am Tag Impulse durch Geschichten. Vorlesen wird außerdem vielfältig in den Tagesablauf integriert: als festes Ritual, zu regelmäßigen Zeiten, bei spontanen Gelegenheiten oder aus pädagogischen Gründen, etwa um Kinder zu beruhigen. Die Initiative zum Vorlesen geht in allen Kitas auch von den Kindern selbst aus. Als Grund nennen 99 Prozent der Kita-Fachkräfte den Spaß der Kinder am Vorlesen, gefolgt von Nähe und Wissbegierde.

Elternarbeit essentiell wichtig

In 41 Prozent der Kitas nehmen Fachkräfte überdurchschnittlich viele Kinder wahr, denen Impulse durch Vorlesen zu Hause fehlen. Sie nennen vielfältige Gründe: Neben Nutzung anderer Medien, zu wenig Zeit und zu wenig Lust zum Vorlesen fehlt es beispielsweise in Familien mit nicht-deutscher Herkunftssprache an Lesematerial in der eigenen Sprache. Die Hälfte der befragten Fachkräfte gibt an, dass außerdem Unsicherheit und fehlende Erfahrung beim Vorlesen eine Rolle spielen. Aber auch eine fehlende Lesekompetenz der Eltern.

Deshalb zielen Aktivitäten und Expertise der Fachkräfte auch darauf ab, Eltern das Vorlesen näher zu bringen. Kita-Fachkräfte wünschen sich dazu neben Medien-Empfehlungen und Ausstattung mit Vorlesematerial auch konkrete Unterstützung für die Elternarbeit.

Vorlesen in allen Lebensbereichen der Kinder unterstützen

Kitas sind neben der Familie das wichtigste Lernumfeld für Kinder vor der Schulzeit. Dort ist Vorlesen organisch verankert. „Kitas sind vorbildliche Schlüsselakteure in der frühen Leseförderung – sie erreichen fast alle Kinder mit ihren Vorlese-Impulsen“, so Sabine Uehlein, Geschäftsführerin Programme der Stiftung Lesen. „Es ist vielfach belegt, dass diese Vorlese-Impulse Kindern helfen, ihr volles Potenzial zu entfalten. Deshalb sind Familie, Kita und auch alle Akteure in der Freizeit von Kindern dazu aufgefordert, Geschichten für sie erlebbar zu machen. Denn Vorlesen und Lesen muss fester Bestandteil aller Lebensbereiche von Kindern sein.“

Die Vorlesestudie wird seit 2007 jährlich durchgeführt. 2021 hat das Umfragezentrum Bonn (uzbonn) im Mai und Juni 507 pädagogische Fachkräfte in Kitas mündlich und online befragt. Die Einrichtungen sind repräsentativ für Kitas in der Bundesrepublik Deutschland.Alle Ergebnisse sowie Vorleseempfehlungen für Kinder zwischen einem und acht Jahren finden Sie unter: www.stiftunglesen.de/vorlesestudie.

Beim bundesweiten Vorlesetag setzen jedes Jahr hunderttausende Menschen ein Zeichen für das Vorlesen. 2021 findet er am 19. November unter dem Jahresmotto „Freundschaft und Zusammenhalt“ statt. Weitere Informationen und Anmeldung: www.vorlesetag.de

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Lesen.




Was Könige wirklich brauchen

Heinz Janisch und Silke Leffler: Ein Geschenk für den König

Ein märchenhaftes Bilderbuch stellt die Bedürfnisse des Königs in den Mittelpunkt. Mit wunderschönen collagierten Zeichnungen, die viele witzige Details zu kleinen Nebengeschichten formen. Wunderbar zum Vorlesen und gemeinsamen Anschauen!

Er ist groß. Riesig gar. Er ist glanzvoll. Und hat eine Krone auf dem Kopf. Klare Sache: er ist der König! Anscheinend regiert er gut: Denn sein Reich ist bunt gezeichnet, die Menschen sind gut gekleidet und sehen gesund aus. Und dann sagt der König: „Mir fehlt etwas.“ Ungeheuerlich eigentlich. Wie kann einem König etwas fehlen? Wann äußert ein Mann, insbesondere ein großer, riesiger, glänzender, schon ein tiefes Bedürfnis? Er regiert ja schließlich, hat seine Familie zu ordnen und zu versorgen. Das ist Arbeit, das ist Sich-Kümmern. Da ist normalerweise kein Raum für eigene Bedürfnisse, kein Raum, um überhaupt zu spüren, dass etwas fehlt.

Bereits mit diesem ersten Satz ist diesem Kinderbuch also etwas Besonderes gelungen: Die Bedürfnisse des großen Mannes, des Königs, des Vaters in den Mittelpunkt zu stellen. Und ganz wunderbar: Alle im Reich, Männer, Frauen, Kinder lieben ihn. Sie sind geradezu erschrocken, dass dem König etwas fehlt. Und sie versuchen, ihm das richtige Geschenk zu machen.

Aber nichts ist richtig. Nicht die beste Erfindung, nicht die schönsten Kleider. Er kommt mit seinem Bedürfnis nicht an, der König. Bis ein kleines Mädchen auf ihn zukommt. Ganz selbstverständlich. Sie lässt eine Leiter an den König lehnen, so groß ist der. Und sie klettert hinauf, bis ganz obenhin, bis zu seinem Gesicht. Und sie umarmt ihn. Ganz innig, ganz liebevoll. Da wird der große Mann weich, seine Augen leuchten, er bedankt sich. Denn er hat bekommen, was ihm gefehlt hat.

Das ist eine wunderbare Erkenntnis. Nicht nur für Könige und Väter, für alle Menschen: Sie können bekommen, was sie wirklich brauchen! Das funktioniert aber nur, wenn sie richtig gesehen werden. Und wenn sie sich nicht riesig machen, sondern vom Thron herabsteigen und sichtbar, berührbar werden. Das entdeckt der König in diesem Buch. Und geht in Zukunft immer wieder einfach mal aus seinem Schloss heraus und spielt mit den Kindern.

Ein Märchen? Gewiss. Es ist märchenhaft geschrieben, mit kurzen Sätzen und mit den Wörtern, die Vierjährige verstehen. Und es ist märchenhaft inszeniert, mit allen nötigen Figuren und Szenen, von den Wachen im Schloss bis zur Gärtnerin. Dazu passen die – natürlich märchenhaften – Illustrationen von Silke Leffler. Mit ein wenig Glitzer und Gold auf fast jeder Seite. Und ganz vielen Details und kleinen Geschichten die es auf jedem Bild zu entdecken gilt. Auch für die vorlesenden Eltern und Erzieherinnen. Es muss ja kein Märchen bleiben…

Ralf Ruhl

Bibliographie

Heinz Janisch (Text), Silke Leffler (Illustrationen)
Ein Geschenk für den König
annette betz 2021
Hardcover, 32 Seiten
ab 4 Jahre
ISBN 978-3-219-11901-5
14,95 Euro