Studie: Methylphenidat auch bei ADHS-Langzeittherapie sicher

Wahrscheinlichkeit für Wachstumsstörungen, psychiatrische oder neurologische Nebenwirkungen nicht erhöht

Ein internationales Forscherteam hat festgestellt, dass das am häufigsten verschriebene Medikament zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen auch im Rahmen einer Langzeittherapie über zwei Jahre im Allgemeinen sicher ist und die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Wachstumsstörungen, psychiatrischen oder neurologischen Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen nicht erhöht.

Die Ergebnisse zeigten sich in einer naturalistischen, prospektiven, kontrollierten Längsschnittstudie, die Forscherinnen und Forscher des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Tobias Banaschewski (Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und stellvertretender Direktor des ZI) zusammen mit einem internationalen Forscherteam unter der Leitung von Forschern der UCL School of Pharmacy und der Universität Hongkong (Dr. Kenneth Man und Prof. Ian Chi-Kei Wong) sowie Prof. David Coghill, Department of Paediatrics, University of Melbourne durchgeführt haben. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „The Lancet Psychiatry“ veröffentlicht.


Alles über ADS: Symptome, Ursachen, Folgen und Hilfen

Dr. Elisabeth Aust-Claus und Dr. Petra-Marina Hammer stellen mit Optimind ein Team-Konzept für die Betreuung von Kindern mit ADS vor: Wenn Eltern, Lehrer und Therapeuten zusammen arbeiten, kann die Lebensqualität der Kinder schnell verbessert werden!

  • Alles über ADS: Symptome, Ursachen und Folgen
  • Umfassende Hilfe für Kinder mit ADS: Das Optimind-Konzept
  • Individuell abgestimmte Leitfäden für Eltern, Lehrer:innen und Kinderärzte
  • Bist du ein Zappelphilipp oder ein Träumer? Kindgerechte Erklärung von ADS
  • Mit zahlreichen Fallbeispielen, Checklisten und Tipps für den Alltag mit ADS

Das ADS-Buch: Neue Konzentrationshilfen für Zappelphilippe und Träumer
Sotfcover, 320 Seiten, zahlreiche vierfarbige Abbildungen
ISBN: 978-3-96304-038-2
20 €
Mehr dazu


Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten Entwicklungsstörungen. Weltweit sind etwa 7 Prozent aller Kinder und 2 Prozent aller Erwachsenen von ADHS betroffen. Unbehandelt geht ADHS unter anderem mit einem erhöhten Risiko für emotionale Probleme, schlechte schulische Leistungen, Schulausschlüsse, Schwierigkeiten bei der Arbeit und in Beziehungen sowie Kriminalität und Drogenmissbrauch einher.

Langfristige Sicherheit von Methylphenidat

Methylphenidat ist in vielen Ländern das am häufigsten verschriebene Medikament zur Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen. Die kurzfristige Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit wurde durch zahlreiche randomisierte kontrollierte Studien belegt. Hingegen gab es nur wenige Daten zur Sicherheit und Verträglichkeit einer langfristigen Behandlung mit Methylphenidat. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) lehnte daher die Aufnahme von Methylphenidat in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel ab und äußerte „Bedenken hinsichtlich der Qualität und der Grenzen der verfügbaren Nachweise in Bezug auf Nutzen und Schaden“.

Um die Bedenken hinsichtlich der langfristigen Sicherheit in der Behandlung mit Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS auszuräumen, finanzierte die Europäische Union das Projekt ADDUCE (Attention Deficit Hyperactivity Disorder Drugs Use Chronic Effects). Im Rahmen des EU-Projektes wurde eine naturalistische Studie unter Beteiligung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim durchgeführt und die Auswirkungen einer Langzeitbehandlung mit Methylphenidat auf Wachstum und Entwicklung sowie auf psychiatrische, neurologische und kardiovaskuläre Gesundheitsfolgen bei Kindern und Jugendlichen untersucht.

Langfristige Einnahme von Methylphenidat führt nicht zu verlangsamtem Wachstum

Für die ADDUCE-Studie wurden 1410 Kinder und Jugendliche aus 27 europäischen Zentren für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Vereinigten Königreich, Deutschland, der Schweiz, Italien und Ungarn rekrutiert. Die Studie ist insofern einzigartig, als es sich um die erste prospektive Studie handelt, in der Kinder und Jugendliche mit ADHS, die eine Langzeitbehandlung mit Methylphenidat erhielten und solche, bei denen keine Pharmakotherapie erfolgte, direkt miteinander verglichen wurden.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die langfristige Einnahme von Methylphenidat nicht mit Beeinträchtigungen des Wachstums oder mit einem höheren Risiko für psychiatrische oder neurologische Symptome einherging. Tatsächlich zeigte sich bei der langfristigen Einnahme von Methylphenidat ein durchschnittlich sehr geringer Anstieg des Blutdrucks und der Pulsfrequenz, wenn man die Methylphenidat-Gruppe mit der Gruppe ohne Methylphenidat verglich. Diese Erhöhungen werden jedoch nicht als schwerwiegend oder gesundheitsschädlich angesehen. Frühere Untersuchungen aus dem ADDUCE-Projekt haben zudem gezeigt, dass die Behandlung mit Methylphenidat das Risiko für Suizidversuche nicht erhöht und das Risiko, Opfer von körperlicher Misshandlung zu werden, senken kann.


ADS – Das Erwachsenenbuch

Dieser ADS-Ratgeber bietet wichtige Hilfestellungen und praktische Tipps für Betroffene und klärt über Symptomatik und Umgang mit der Diagnose ADS im Er-wachsenenalter auf.

  • ADS erkennen: Typische Symptome von Erwachsenen
  • Wissenschaftliche Hintergründe zu ADS-Varianten mit und ohne Hyperaktivität
  • Konkrete Praxis-Tipps: So meistern Sie den Alltag mit ADS
  • ADS-Problematik in Beziehung und Familie: Was Sie als Angehörige wissen müs-sen
  • Therapie und Medikamente: Behandlungsmethoden für ADS bei Erwachsenen

Aufmerksamkeits-Defizit- Syndrom: Neue Konzentrations- und Organisationshilfen für Ihr Berufs- und Privatleben
Sotfcover, 352 Seiten, zahlreiche vierfarbige Abbildungen
ISBN: 978-3-934333-06-2
19,80 €
Mehr dazu:


„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Methylphenidat in der Langzeitbehandlung von Kindern mit ADHS im Allgemeinen sicher und gut verträglich ist. Allerdings sind in Einzelfällen auch stärkere Anstiege von Pulsfrequenz und Blutdruck möglich, so dass regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden sollten“, sagt Prof. Dr. Dr. Tobias Banaschewski, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und stellvertretender Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit.

Die ADDUCE-Studie wurde durch das Siebte Rahmenprogramm der EU unterstützt. Die Originalstudie wurde in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.

Torsten Lauer/Zentralinstitut für Seelische Gesundheit