Wie Kinder ihre Umwelt wahrnehmen und erleben

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Wahrnehmung ist unser Schlüssel zur Welt

Hier lernen Kinder auf ihre Umwelt zuzugehen und auf sich selbst zu achten. Sie trainieren ihre Aufmerksamkeit und können ihre Faszination für Neues intensiv erleben. Konzentration und Entspannung sind zwei der ursprünglichsten und wichtigsten Fähigkeiten des Menschen. Die Spiele unterstützen die Kinder dabei einen zufriedenen und ausgeglichenen Charakter zu entwickeln, der sie fit für die Schule und das soziale Miteinander im Leben macht. Hier haben wir drei Spiele von Dr. Charmaine Liebertz für Sie zur Auswahl.

Händequiz

Fünf bis sechs Kinder bilden einen Kreis. In der Mitte des Kreises steht ein Kind in der Rolle des Handlesers. Alle Mitspieler reichen ihm stumm die Hand. Der Handleser betrachtet und befühlt jede Hand genau und versucht, sich ihren Besitzer zu merken. Nun werden die Augen des Handlesers verbunden und ein Mitspieler reicht ihm erneut die Hände. Welchem Kind gehört wohl diese Hand? Rät er richtig, dann geht’s mit wechselnden Rollen weiter: Diesmal spielt das erratene Kind den Handleser.

Variante: Mit sauberen Füßen (z. B. im Freibad) kann man auch Fußquiz spielen!

  • Alter: 5 bis 9 Jahre
  • Zeit: 5 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: 1 Augenbinde

Das sprechende Gesicht

»Wisst ihr eigentlich, dass uns das Gesicht über seine Mimik sehr viel mitteilen kann, bei­nahe so viel, als könne es sprechen?«

Der Spielleiter teilt die Kinder in zwei Gruppen ein, die sich in zwei Reihen mit dem Gesicht gegenüber stehen. »Gleich werden die Spieler der einen Reihe erraten müssen, welche Gefühle sie in den Gesichtern der anderen Reihe wahrgenommen haben.« Nun geht der Spielleiter zwischen beide Reihen, zeigt aber nur einer Reihe den Zettel mit der pantomimischen Aufgabenstellung, z. B. Verliebtsein. Bei Kindern, die noch nicht lesen können, flüstert der Spielleiter die Anweisung ins Ohr.

Daraufhin dreht sich die Reihe um und konzentriert sich auf die pantomimische Umsetzung. Auf ein vereinbartes Signal hin dreht sich die Reihe erneut um und zeigt ihre mimische Darbietung. Die gegenüberstehende Reihe errät das Gefühl; das Spiel geht im Wechsel weiter.

  • Alter: 5 bis 12 Jahre
  • Zeit: 5 bis 10 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: vorbereitete Zettel mit diversen Aufgabenstellungen

Das sinnliche Gesicht

»Wisst ihr, dass man in einem Gesicht lesen kann wie in einem Buch? Dort stehen zwar keine Worte aber viele verschiedene Empfindungen.« Der Spielleiter teilt die Kinder in fünf Sinnes-Gruppen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten) und erklärt: »Jede Gruppe erhält gleich von mir ein Blatt mit verschiedenen Aufgaben. Lest sie genau durch und versucht sie lautlos mimisch — also nur mit dem Gesicht — darzustellen. Besprecht und einigt euch in eurer Gruppe auf die beste Mimik. Denn gleich werden eure Mitspieler aus den anderen Gruppen erraten müssen, welches Erlebnis ihr mimisch darstellt.« Nun verteilt der Spielleiter die Aufgabenzettel z. B.:

1. Gruppe — Ich sehe …

  • meine(n) beste(n) Freund(in)
  • ein furchtbares Monster
  • eine erstaunliche Akrobatiknummer im Zirkus

2. Gruppe — Ich höre …

  • näherkommende bedrohliche Schritte
  • fröhliche Musik
  • eine traurige Geschichte

3. Gruppe — Ich rieche …

  • ein wohlriechendes Parfüm
  • stinkende Socken
  • mein Lieblingsgericht

4. Gruppe — Ich schmecke …

  • eine saure Zitrone
  • cremiges Eis
  • zu heiße Suppe

5. Gruppe — Ich taste …

  • einen Eisblock
  • auf eine heiße Herdplatte
  • das weiche Fell eines Kaninchens

  • Alter: 6 bis 11 Jahre
  • Zeit: 15 bis 20 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: Zettel mit Aufgaben für die Sinnesgruppen (s. Rückseite)

Die Spiele haben wir aus folgender Spielekartei:

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Die Spielekartei Wahrnehmung – Konzentration – Entspannung
Charmaine Liebertz
Burckhardthaus
ISBN: 9783944548210
14,95 €
Mehr unter: www.oberstebrink.de




Die Bedeutung von Beobachtung und Wahrnehmung in Kindertagesstätten

Professionelle und humanorientierte Anforderungen an ErzieherInnen

Die gesamte pädagogische Arbeit in Kindergarten und Hort – angefangen von der Gestaltung der pädagogischen Einflussnahme auf Tagesablauf, Gesprächssituationen über Teamarbeit bis hin zum persönlichen Management – richtet sich nach der Art und Weise, wie ErzieherInnen Informationen auf- und wahrnehmen. Und da es täglich ungezählte Situationen und Ereignisse gibt, die wahrgenommen werden, ergibt sich die Notwendigkeit, sich diesem bedeutsamen Phänomen einmal in besonderem Maße zuzuwenden.

Erkenne dich selbst, bevor du Kinder zu erkennen trachtest

Wolfgang Liegle

Zunächst: Jede Reaktion des Menschen ist eine subjektiv geprägte Handlung, die sich daraus ergibt, wie, wann und wo ein wahrgenommener Reiz über die Sinnesrezeptoren, persönliche Empfindungen und die subjektive Bewertung zu einem persönlich geprägten Wahrnehmungsgegenstand wird. So spielt es eine Rolle, ob wir in guter Stimmung mit einer laut lärmenden Kindergruppe zusammen sind oder in schlechter, gereizter Stimmung mit laut lärmenden Kindern einen Teil des Tages gemeinsam verbringen, ob das Zusammensein mit ihnen am Vormittag, zur Mittagszeit oder am Ende des Arbeitstages stattfindet, ob wir gerade einen erholsamen Urlaub hinter uns haben oder seit Wochen beruflich und privat unentwegt in starkem Maße gefordert sind, ob wir durch die eigenen Kinder an einen bestimmten Lärmpegel gewöhnt sind oder nicht, ob die lärmenden Kinder in den eigenen Gruppenräumen Krach machen oder wir mit den Kindern zu Gast in einer anderen Einrichtung sind, ob die Kinder ihre lärmenden Aktivitäten nach draußen verlagern können oder ein entsprechendes Außengelände gar nicht zur Verfügung steht.

Immer (!) treten bei den vielfältigsten Wahrnehmungen persönliche, räumliche, strukturelle und organisatorische Motive und Gegebenheiten in eine Vernetzung mit der Wahrnehmung selbst. Um bei dem Beispiel der lärmenden Kinder(gruppe) zu bleiben: eine nicht unerhebliche Rolle spielt auch die Tatsache, welche Kinder den Lärm erzeugen, wie unsere Beziehung zu diesen Kindern gestaltet ist, ob wir sie mögen / wertschätzen  oder  aufgrund  eigener  „Erfahrungen“   in  ihnen  „schon  immer grenzüberschreitende Störenfriede“ gesehen haben. Wahrnehmungsergebnisse sind also die Folgen subjektiv erlebter Wahrnehmungserlebnisse, die uns dazu führen, ein bestimmtes Bild von bestimmten Situationen zu haben. Anders ausgedrückt: ein „objektiver Reizgegenstand (hier: ein bestimmter, in Dezibel zu messender Reizgegenstand Lautstärke) wird über eine Summe von Filterwirkungen zu einem individuell-persönlich gefärbten Wahrnehmungsgegenstand (hier: un/aushaltbarer Lärm/Krach).

Die Bedeutung der eigenen Persönlichkeit im Wahrnehmungsprozess

Wenn es daher – sowohl von sozialpsychologischer als auch anthropologischer Sicht – keine Objektivität einer Wahrnehmung gibt, gilt es zunächst, weniger den äußeren Reizen als vielmehr den intrapsychischen/inneren Wahrnehmungen eine hohe Wertigkeit beizumessen und sich diesen entsprechend zu widmen.


Krenz

Viele kennen Prof. Dr. Armin Krenz als Begründer des „Situationsorientieren Ansatzes“; andere aus seinen zahlreichen Fortbildungen. Zu seinen Kernthemen gehören unter anderem die Förderung der Professionalität und der Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte. Bei Burckhardthaus sind dazu spannende Bücher erschienen.


Und schon stoßen wir dabei auf die Bedeutung der eigenen Persönlichkeit im Wahrnehmungsprozess! Hier kommt es beispielsweise darauf an, wie (un)zufrieden wir mit unserem eigenen Leben sind, wie (un)ausgefüllt unsere Tages-/Lebensgestaltung ist, wie (un)gerne wir unserem gewählten Beruf nachgehen, wie (de)motiviert wir die Herausforderungen des Lebens/unseres Berufes aufgreifen und aktiv/passiv gestalten, wie (un)wichtig wir uns innerhalb unserer Tätigkeit einschätzen und verhalten, wie (un)aufmerksam wir für die vielen, kleinen Dinge im Alltag sind, wie (un)achtsam wir mit uns selbst umgehen, wie (un)sorgsam wir mit tag/täglich mit der Vielfalt alter und neuer Situationen umgehen und wie aktiv bzw. passiv, neugierig bzw. abwehrend wir uns selbst begegnen.

Schon vor vielen Jahrzehnten schrieb Dr. Janusz Korczak: „Menschen, die sich selbst nicht lieben und achten können und ihre Mitmenschen nicht zu lieben und achten vermögen, müssen Macht, Herrschaft und Kontrolle über den anderen, das Kind, und in krankhafter Verzerrung über sich selbst ausüben. Ihr Bewusstsein ist gespalten, was sie destruktiv handeln lässt, gegen sich und andere.“ (in: Klein, F.; Bad Heilbronn 1996).

Unter Berücksichtigung dieser deutlichen Aussage und in gleichzeitiger Kenntnis der Wirkung, die ErzieherInnen durch ihre ständigen Verhaltenssignale auf Kinder aussenden, kann der Aussage von Max Frisch (in seinem ersten Tagebuch) nur zugestimmt werden, wenn er schreibt: „Auch wir sind die Verfasser der anderen; wir sind auf eine heimliche und unentrinnbare Weise verantwortlich für das Gesicht, das sie uns zeigen, verantwortlich nicht für ihre Anlage, aber für die Ausschöpfung dieser Anlage.“

Vier basislegende Worte

Nehmen wir uns einmal die vier basislegenden Worte in dieser Aussage kurz vor. Wenn ErzieherInnen VerfasserInnen anderer Menschen sind, dann können sie mit BuchautorInnen verglichen werden: In Publikationen oder Konzeptionen/Manuskripten können LeserInnen schwarz auf weiß nachlesen, was die Inhalte sind. Dadurch sind Auto­rInnen für andere transparent und können zur Rechenschaft gezogen werden, was sie zu Papier gebracht haben. Gleiches gilt für Menschen, die tag-/täglich einen Ein-drucks-einfluss auf Kinder haben.

Und wenn nun beim Lesen der vorigen Zeile der Einwand käme, dass wohl auch noch Eltern „das Wesen der Kinder prägen“, so ist dies sicherlich einerseits richtig, andererseits lenkt es aber auch sofort von der vorher beschriebenen „inneren Wahrnehmung“ ab.

Zum zweiten ist in der Aussage von Frisch von einer „heimlichen“ Wirkungsweise die Rede. Heimliche Wirkungen entstehen alleine durch unsere Anwesenheit, unsere gelebten, inneren Grundgefühle, unsere nicht ausgesprochenen Empfindungen und unsere aktuelle Gestimmtheit in den vielfältigen Tagessituationen. Die Frage ist dabei nicht, ob wir als ErzieherInnen wirken wollen, sondern alleine durch unsere Anwesenheit, getreu der alten kommunikationspsychologischen Wahrheit, dass sich der Mensch nicht nicht verhalten kann. So geht es auch hier um die Wahrnehmung intrapsychischer Gegebenheiten!

Das dritte basislegende Wort lautet „unentrinnbar“. Kinder und Jugendliche können nicht ohne Weiteres den Kindergarten/Hort für immer aus freien Stücken verlassen, sondern sind vielmehr der unentrinnbaren Wirkung der ErzieherInnen ausgesetzt. Unentrinnbar – ohne Wahlmöglichkeit, je jünger ein Kind ist. Unentrinnbar im Sinne einer Ausweglosigkeit oder in der Auswahl von Alternativen. Und schließlich folgt das Wort der „Verantwortung“ für die Ausschöpfung genetischer und dispositionaler Merkmale. Ergibt sich nicht gerade aus diesem Umstand eine höchste Bedeutung für die kontinuierliche, tiefe innere Wahrnehmung, um den hunderten von objektiv gegebenen Reizgegenständen/-umständen möglichst wahrnehmungsoffen zu begegnen? Carl Gustav Jung hat es einmal so formuliert:

„Wenn wir bei einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen, ob es sich nicht um etwas handelt, das wir an uns selbst ändern müssen.“

Selbstwahrnehmung könnte im Sinne von Stephan Krebs eine faszinierende Wirkung haben. Er schreibt: „Nach und nach die alten Häute abstreifen und mir selbst näher kommen, die Masken fallen lassen und Fassaden einreißen, keinen Schein mehr wahren, keine Rollen mehr spielen bis ich mich gefunden habe, bis ich bin, wer ich bin. Was bleibt, mag kümmerlich wirken, doch es ist massiv – und echt. Nach und nach.“ Intrapsychische Reize wahrnehmen heißt, sich der eigenen Verantwor­tung für Ereignisse bewusst zu werden und Vernetzungen zwischen sich und den gezeigten Verhaltensweisen anderer zu entdecken, um aus gewonnenen Erkenntnissen Veränderungen in sich selbst zu initiieren.

Reize als Grundlagen für anstehende Beobachtungen

Nur so können dann von außen wahrgenommene Reize situationsgerecht und inhaltlich belegbar als Grundlagen für anstehende Beobachtungen dienstbar gemacht werden.

  • Für entwicklungsförderliche Raumgestaltungen im Innen- und Außenbereich von Kindertagesstätten und Horte,
  • für klare Elterngespräche und kompetente Elternbildung,
  • für die Verbesserung der Umgangs- und Kommunikationskultur im Kollegium, für eine qualitätsgeprägte Grundlagenorientierung innerhalb der Einrichtung,
  • für eine engagierte Orientierung an den tatsächlichen Grundbedürfnissen der Kinder,
  • für eine professionell-humanistische, partizipatorisch orientierte Arbeit mit Kindern und eine fachkompetente Gestaltung der Leitungsfunktion,
  • für eine zielgerichtete, persönlichkeitsbildende Fort- und Weiterbildung,
  • für eine kompetente Kooperation mit dem Träger und den einrichtungsverbundenen Institutionen sowie
  • für eine starke (berufs)politische Einsatzfähigkeit.

Wahrnehmungen sind der Schlüssel für private und berufliche Türen – sind sie mit vorgefassten Meinungen, Vorurteilen, vergangenheitsbindenden Hemmnissen, Zukunftsängsten oder anderen wahrnehmungseinschränkenden „Werten“ belegt, können weder Beobachtungen noch zielgerichtete Planungsabsichten von einem erhofften Erfolg gekrönt sein. Um beispielsweise die inhaltlich sehr bedeutsame, in der Praxis aber häufig schnell dahergesagte Worthülse – „wir holen das Kind dort ab, wo es steht“ – mit Inhalt zu füllen, ist es not­wendig, auf der Grundlage der „inneren Wahrnehmung“ nun langsam, gezielt, strukturiert, effizient und unaufhörlich in die große Aufgabenstellung der Pädagogik einzutauchen: nämlich alle Prozess- und Produktqualitäten auf der Basis von gewonnenen Erkenntnissen aus Beobachtungen heraus auf- und auszubauen.

Fragen zur Wahrnehmung und Registrierung von Vorgängen

Nach wie vor ist eine Beobachtung eine sehr aufmerksame, zeitintensive, planvolle und zielsetzungsorientierte Wahrnehmung und Registrierung von Vorgängen, die stets in ihrer besonderen Vernetzung mit anderen, gleichzeitig wirksamen Faktoren in Beziehung stehen. So ergeben sich wiederum neue Fragen:

• Mache ich etwas, weil es mir persönlich gefällt oder ist es fachlich sinnvoll, dies oder das zu tun?

• Gehe ich einer Anforderung aus dem Weg, weil ich dabei persönlich an Grenzen stoße oder ist es notwendig, an genau dieser Stelle grenzüberschreitende Erfahrungen zu wagen?

• Will ich persönlich etwas durchsetzen oder ist es tatsächlich der Entwicklungsunterstützung dienlich, wodurch Kinder/Jugendliche für den Auf-/Ausbau ihrer Kompetenzen profitieren werden?

• Lege ich eigene, subjektive Wertemaßstäbe an, wenn es um pädagogische Fragestellungen und deren Beantwortung geht oder haben die Wertevorstellungen für Kinder und ihre Entwicklung einen ethischen/ästhetischen Wert?

• Nutze ich ein aktuelles Wissen für die Beantwortung pädagogischer Fragen/für die Planung aktueller Projekte/für die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Berichtsarbeit über Entwicklungsdaten der Kinder und Jugendlichen oder fantasiere ich meine Vermutungen/gedachten Bilder zu einem subjektiven Ganzen zusammen?

• Was weiß ich wirklich über Kinder, ihre Biographien, die Elternteile, ihre seelischen Grundbedürfnisse, entwicklungspsychologische Gesetzmäßigkeiten, Erzählwerte von den unendlich vielen Ausdrucksformen kindeigener Ausdrucksmöglichkeiten oder was denke ich, was es ist, dass es so ist?

• Worin können Gründe und Verstärkerwirkungen für Verhaltensirritationen der Kinder und Jugendlichen liegen, die in der Einrichtung, in mir, in einer entwicklungshinderlichen Kommunikation-/ Interaktionsstruktur, im Kollegium, an der Didaktik, in den Räumlichkeiten zu suchen und zu finden sind?

• Haben Kinder mit sich selbst Probleme, die es abzubauen gilt oder mache ich/machen wir/ macht die Institution den Kindern Probleme, so dass erst im Umfeld der Kinder Veränderungen anzuregen/anzustellen/vorzunehmen sind?

Und „falsche“ Fragen

Diese und viele weitere Fragen sind im Zuge einer Wertschätzung der Begriffe „Beobachtung“ und „Wahrnehmung“ an erster Stelle in den Mittelpunkt einer Betrachtung zu setzen. Doch stattdessen werden häufig ganz anderen Fragen mit anderen Zielsetzungen gestellt. Beispielsweise: wie können ELTERN noch zufriedener mit unserer Arbeit sein? Wie können Kinder noch früher (vor) schulisch gefördert werden? Wie können Kindergruppen bei zunehmender  Anmeldezahl   noch stärker „aufgefüllt“   werden?   Welche  Methoden  gibt  es, verhaltensirritierte Kinder „zu fördern“? Was macht Kindern „Spaß“? Wie kommen eigene Wünsche und Vorstellungen in der kollegialen Zusammenarbeit nicht zu kurz? Was sollte geschehen, damit ein persönliches Wohlbefinden in der Einrichtung gesichert/ermöglicht wird? …

Neue Stigmatisierungs- und Symptomfocussierungsprozesse

Außenpräsentanz einer Einrichtung und personale Ich-Zufriedenheit gewinnen seit Jahren im Gegensatz zu einer professionell gestalteten und humanorientierten Pädagogik an steigender Beliebtheit. Es werden Begriffe (ADS-Kind/ ADHS-Kind) in der Bezeichnung von Kindern gebraucht,   ohne   zu   bemerken,   dass neue   Stigmatisierungs- und Symptomfocussierungsprozesse zu neuen Bewertungen von Kindern führen. Aus diesem Grunde haben die Grundlagen einer kindorientierten Pädagogik, nämlich Wahrnehmung und Beobachtung, eine nicht zu ersetzende Bedeutung.

Modernistische Theorien, zeittendenziöse Aspekte, vorwiegend politisch-finanziell intendierte Diskussionen und/oder trägerspezifische Dogmen verleiten schnell dazu, subjektiv geprägte Erwartungen bzw. Vorgaben als Betrachtungsgrundlage zu akzeptieren oder diese ebenso – ohne genauere Beschäftigung – unreflektiert abzulehnen. Der wichtige Prozess einer Wahrnehmung im Hinblick auf ihre mögliche Berechtigung wäre in beiden Fällen nicht vorhanden.

Doch der Aufwand lohnt sich

Natürlich ist es für pädagogische Fachkräfte immer schwerer – zeitaufwendiger, arbeitsintensiver, kräftezehrender, anstrengender, ermüdender –, sich auf umfassende, eigene Wahrnehmungen einzulassen, grundlegende Eckwerte selbst zu erarbeiten und fachlich gesicherte Zielsetzungen zu formulieren, um dann aus gezielten Beobachtungen zu einem inhaltlich stimmigen Ergebnis zu kommen. Doch lohnt sich dieser Aufwand immer – im Hinblick auf die eigene Entwicklung, die Entwicklung der Einrichtungsqualität, der Beziehungsqualität zu Kindern, den Kolleg/innen und Eltern sowie die Entwicklung der gesamten elementarpädagogischen Profession.

(Armin Krenz)