Foto des Jahres: Kinder suchen Zuflucht zu Büchern

UNICEF kürt zum 23. Mal die Fotos des Jahres – Von Kindern uns ihrer Sehnsucht

Das UNICEF-Foto des Jahres 2022 hält einen seltenen Moment von Ruhe und Glück inmitten des Konflikts im Norden Äthiopiens fest. In der zerstörten Bibliothek einer Grundschule in der äthiopischen Region Tigray vertiefen sich ein Mädchen und ein Junge in Bücher. Das diesjährige Siegerbild des argentinischen Fotografen Eduardo Soteras zeigt, was die Kinder von Tigray mit den Kindern auf der ganzen Welt teilen: das Bedürfnis, sich friedlich und neugierig mit etwas beschäftigen zu dürfen, das ihnen Freude bereitet.

Mit dem zweiten Preis wird ein Foto des amerikanischen Fotografen Ron Haviv aus einem Souterrain in Kiew (Ukraine) ausgezeichnet. Eine Gruppe von Kindern, die dort vor den Angriffen Zuflucht gesucht hat, blickt aufmerksam auf ein Kinderbuch, das ihnen gezeigt wird. Der deutsche Fotograf Daniel Pilar erhält den dritten Preis. Seine Reportage begleitet Schülerinnen in einer heimlichen Mädchenschule in der afghanischen Hauptstadt Kabul. 

„Der Wunsch, Neues zu entdecken und zu lernen, ist bei Kindern oft so groß, dass er sie die Bedrohlichkeit einer Situation vergessen lässt. Das ist die Botschaft des UNICEF-Foto des Jahres 2022“, sagte UNICEF-Schirmherrin Elke Büdenbender bei der Preisverleihung in Berlin. „Das Siegerbild fordert uns auf, alles zu tun, damit Kinder auch unter den widrigsten Umständen spielen und lernen können. Denn nur so können sie sich ihre Hoffnung und Zuversicht in Zeiten des Krieges und anderer Krisen erhalten.“

„Der Hunger nach Wissen und Bildung ist das verbindende Element der prämierten Bilder in diesem Jahr“, sagt Peter-Matthias Gaede, Mitglied der Jury und des Deutschen Komitees für UNICEF. „Gerade in Konfliktgebieten und Krisenländern sind Schulen und psychosoziale Hilfsangebote Orte der Hoffnung, die die Kinder stabilisieren und ihnen Kraft geben.“

„Die Siegerbilder zeigen das Positive im gegenwärtigen Chaos der Welt“, erklärte Prof. Klaus Honnef, Vorsitzender der Jury. „Die Kinder auf diesen Fotos symbolisieren die Kraft und den Willen durchzuhalten und weiter nach einer besseren Zukunft zu streben.“

Das Siegerbild: Äthiopiens Kinder im Krieg

Der argentinische Fotograf Eduardo Soteras dokumentiert seit 2020 besonders die Situation der Kinder im Norden Äthiopiens. Dabei fotografiert er solch rare Augenblicke wie jene des Siegerbildes: In der zerstörten Bibliothek einer Grundschule in der äthiopischen Region Tigray vertiefen sich zwei Kinder in Bücher. Das Lächeln in ihren Gesichtern verrät einen Moment des Glücks. Es ist ein seltener Moment umgeben von Zerstörung und Gewalt.

In Folge des Konflikts im Norden Äthiopiens braucht die Zivilbevölkerung dringend humanitäre Hilfe. Die Mehrheit der rund 5,2 Millionen Menschen in der Region Tigray hat unter Gewalt und Vertreibung, Unterernährung und Trinkwassermangel gelitten. Viele Gesundheitseinrichtungen und Schulen wurden zerstört.

Der zweite Preis: „Einst hatte ich ein Zuhause“

Eine Lehrerin liest einer Gruppe von Mädchen und Jungen in einem Souterrain der ukrainischen Hauptstadt Kiew Geschichten vor. Vielleicht ist es ein spannendes Märchen, das sich in den Augen der Kinder spiegelt. Aber ebenso könnten es all die von den Erfahrungen der Kinder ausgelösten Emotionen sein, die sich hier zeigen: von Angst bis Erschrecken bis Fassungslosigkeit.

In seiner Reportage zeigt der US-amerikanische Fotograf Ron Haviv Bilder von Abschied und Flucht, von verlassenen Kinderwagen, von zerstörten Brücken und zerschossenen Wohngebäuden. Und von Kellern und Metrostationen, in denen Kinder geboren werden. In denen sie spielen. Und in denen sie lernen.

Millionen Ukrainerinnen mit ihren Kindern sind innerhalb des Landes auf der Flucht oder suchen in den Nachbarländern Schutz. Fast 1000 Schulen waren, Stand November 2022, beschädigt, fast 130 komplett zerstört – mindestens 400 Kinder hatten durch Artilleriebeschuss ihr Leben verloren, 800 ihre körperliche Unversehrtheit.

Der dritte Preis: Die versteckte Mädchenschule

Die Reportage des deutschen Fotografen Daniel Pilar erzählt von einer heimlichen Mädchenschule im afghanischen Kabul. Er hat sie in einem behelfsmäßig hergerichteten Gebäude am Rande der Hauptstadt entdeckt, verborgen in einem Hinterhof. Hier unterrichtet eine junge mutige Lehrerin auch Mädchen der 7. und 8. Klasse. Und hier zeigt sich, dass deren Bildungshunger stärker ist als jedes Verbot. So anonym wie die Lehrerin müssen allerdings auch die Eltern bleiben, die ihre Töchter auf solche Schulen schicken.

Seit die Taliban im August 2021 erneut die Macht in Afghanistan übernommen haben, ist Mädchen der Besuch weiterführender Schulen wieder verboten. Mehr als einer Million Mädchen werden hierdurch Bildungschancen verweigert – während das Risiko von Ausbeutung, Missbrauch und früher Verheiratung steigt. Solidarität mit den Mädchen regt sich im Verborgenen, wie die versteckte Mädchenschule zeigt.

Sieben weitere Reportagen hob die Jury mit ehrenvollen Erwähnungen hervor:

  • Agoes Rudianto, Indonesien, Reportage:  Wie Rifki seine Armut versilbert (Indonesien)
  • Amnon Gutman, Rumänien, Reportage: Rette sich, wer kann (Ukraine)
  • Fabio Bucciarelli, Italien, Reportage: Toxischer Stress (Ukraine)
  • Federico Rios Escobar, Kolumbien, Reportage: Der harte Marsch zu einem ungewissen Ziel (Kolumbien)
  • Irina Werning, Argentinien, Reportage: „Das Versprechen“ (Argentinien)
  • Mads Nissen, Dänemark, Reportage: Der hohe Preis für einen Frieden, der keiner ist (Afghanistan)
  • Shayan Hajinajaf, Iran, Reportage: „Die zwei Flügel eines Schmetterlings“ (Iran)

Eine Ausstellung mit allen prämierten Arbeiten ist bis Mitte Januar im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin zu sehen. Anschließend werden die Fotoreportagen vom Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V. ausgestellt und sind ab dem 18. Januar 2023 für die allgemeine Öffentlichkeit im Willy-Brandt-Haus zugänglich.

UNICEF-Foto des Jahres

Zum 23. Mal zeichnet UNICEF Deutschland mit dem internationalen Wettbewerb „UNICEF-Foto des Jahres“ Bilder und Reportagen professioneller Fotojournalistinnen und -journalisten aus, die die Persönlichkeit und die Lebensumstände von Kindern auf herausragende Weise dokumentieren. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Nominierung durch eine*n international renommierte*n Fotografie-Expert*in.

Eine Übersicht aller ausgezeichneten Fotoreportagen finden Sie auf www.unicef.de/foto.

Niklas Klütsch: Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von UNICEF




„Digitale Kompetenzen spätestens ab der Sekundarstufe vermitteln“

Studie des Leibniz Instituts stellt enorme Kompetenzunterschiede fest

In der deutschen Bevölkerung sind die digitalen Kompetenzen ungleich verteilt. Vor allem ältere Menschen ab 50, Frauen, Personen mit geringer formaler Bildung oder Migrationshintergrund weisen unterdurchschnittliche digitale Kompetenzen auf. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung http:/rwi-essen.de.

Bildungspanel ausgewertet

Die Datenauswertung des Nationalen Bildungspanels zeigt auch, dass bei Jugendlichen große Kompetenzunterschiede bestehen, die stark vom Elternhaus beeinflusst werden, wie es heißt. Ist demnach mindestens ein Elternteil erwerbstätig, haben Jugendliche zudem eine um bis zu 7,5 Prozentpunkte höhere digitale Kompetenz als Kinder arbeitsloser Eltern.

Die Schere in den digitalen Kompetenzen zwischen verschiedenen sozioökonomischen Gruppen öffnet sich bereits während der Schulzeit ab der Sekundarstufe I. Während die Kinder in der sechsten Klasse noch über sehr ähnliche Kompetenzen verfügen, sind in der neunten Klasse bereits deutliche Unterschiede nach Migrationshintergrund und elterlicher Berufstätigkeit messbar.

Elternhaus beeinflusst Wissen

Den Experten nach sollten digitale Kompetenzen im formalen Bildungssektor spätestens ab der Sekundarstufe I vermittelt werden. Schulen sollten darüber hinaus Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Mädchen stärker für Themen mit Bezug zur Informatik begeistern und motivieren. Die Studie weist darauf hin, dass gerade in diesen Gruppen das Interesse an informatischen Berufsfeldern bereits gegen Ende der Schullaufbahn in der 12. Klasse nachlässt.

„Die digitalen Kompetenzen sind bereits bei Jugendlichen ungleich verteilt werden und stark vom Elternhaus beeinflusst. Somit könnte die Corona-Pandemie bestehende soziale Ungleichheiten langfristig verstärken, da der Zugang zum digitalen Unterricht für Kinder aus benachteiligten Familien schwieriger war. Die Politik sollte den Aufbau digitaler Kompetenzen spätestens ab der Sekundarstufe I intensivieren und auch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen für Frauen, ältere Menschen und Personen mit Migrationshintergrund anbieten“, sagt RWI-Forscherin Friederike Hertweck.

Quelle: pressetext.redaktion/Florian Fügemann




Hochbegabt – Damit die Klügsten nicht die Dummen sind

Hochbegabung rechtzeitig zu erkennen und die Kinder entsprechend zu fördern ist eine große Herausforderung für „Entwicklungs-Partnerschaften“. Aber auch eine große Chance.

Nach der Unendlichkeit gefragt, hat Albert Einstein einst geantwortet, dass wohl das Universum und die menschliche Dummheit unendlich seien. Nur bezüglich des Universums sei er sich nicht ganz so sicher. Einstein war ein Genie, ein Hochbegabter also. Ähnlich wie er leiden auch heute viele Hochbegabte unter der Dummheit und den Vorurteilen ihrer Umgebung. Sie gelten gerne als Produkt überehrgeiziger Eltern, die sie zu Sonderlingen mit sozialen Problemen erzogen hätten. Natürlich ist das Unsinn. Typisch hochbegabt gibt es nicht. Leider fällt eine Hochbegabung aber oft erst dann auf, wenn es zu Auffälligkeiten im Alltag kommt.

Da ist etwa der sechsjährige Jannik, der sich unterfordert fühlt und die Klasse stört oder die achtjährige Jasmin, die lieber mit älteren Kindern spielt und keine Freunde an der Schule hat. Max ist an der Grundschule ein hervorragender Schüler. Für ihn ist alles zu leicht und er überspringt eine Klasse. An der weiterführenden kommen dann die Probleme. Max erhält zunehmend schlechte Zensuren. Er mag nicht lernen und fühlt sich dumm. Max hat nie gelernt sich zu konzentrieren und zu lernen.

Wie lässt sich aber eine Hochbegabung rechtzeitig erkennen? In ihrem Buch „Hochbegabt – und trotzdem glücklich“ erklären die Psychologen Herbert Horsch, Götz Müller und Hermann Josef Spicher: „Hochbegabte Kinder haben eine sehr gute Auffassungsgabe, besitzen ein ,Elefanten-Gedächtnis’ und können gut Querverbindungen zwischen verschiedenen Sachverhalten herstellen … Wenn sich ein Kind dadurch auszeichnet, dass es viele Sachen im Kopf behält, sich an Details von Urlaubsreisen und Gesprächen erinnert und in seinen Aussagen verschiedene Aussagen miteinander verknüpft, dann ist das ein Anzeichen für eine hohe intellektuelle Begabung.“

10 Hinweise für Hochbegabung (nach Horsch, Müller und Spicher)

  1. Kann sich schnell und leicht Fakten merken und hat ein ,Elefanten-Gedächtnis’.
  2. Kann gut Sachverhalte und Probleme auseinanderlegen, schlussfolgern, verallgemeinern und Transfer leisten. Erkennt gut Gemeinsamkeiten und Unterschiede und erfasst zugrundeliegende Systematiken und Prinzipien.
  3. Kennt, versteht und spricht viele Wörter, hat eine flüssige Sprache, klaren Ausdruck. und bildet auffallende Satzkonstruktionen. Verwendet ungewöhnliche Ausdrücke.
  4. Wendet sich früh Buchstaben und Zahlen zu. Liest, schreibt und rechnet früh.
  5. Malt und zeichnet auf hohem Niveau, gestaltet aufwändige Gebilde, Details und Besonderheiten.
  6. Ist kreativ, phantasievoll und hat ungewöhnliche Ideen und Lösungswege.
  7. Ist hochaktiv, ermüdet nicht leicht, hat viel Energie und Ausdauer.
  8. Ist immer an Neuem interessiert, fragt viel und will alles wissen.
  9. Will eigene Erfahrungen machen, ausprobieren und seinen eigenen Weg gehen.
  10. Entwickelt sich früh sprachlich und motorisch, durchläuft Entwicklungsphasen schnell oder überspringt sie.

Das heißt zwar zunächst wenig, sollte dennoch genügend Anlass bieten, einen spezialisierten Psychologen aufzusuchen, der standardisierte IQ-Tests durchführt.  Ab einem IQ von 130 gilt der Mensch als hochbegabt. Das trifft etwa auf zwei Prozent unserer Bevölkerung zu. Die Tests sind wichtig:

  1. Weil es zur Identitätsfindung eines Kindes gehört, zu wissen, was mit ihm los ist.
  2. Weil der falsche Erziehungs- und Bildungsweg zu nachhaltigen Problemen führt.
  3. Weil jedes Kind das Recht auf individuelle Förderung hat. Zwar entwickelt sich Hochbegabung aus den Genen. Was daraus entsteht, hängt von der Umgebung ab.

Für diese und vor allem für die Eltern stellen hochbegabte Kinder eine ordentliche Herausforderung dar.

Die siebenjährige Milena will immer alles wissen. Als sie beim Einkaufen einen Einbeinigen sieht, fragt sie ihre Mutter: „Wieso hat der nur ein Bein?“ Die Mutter erklärt, dass dem Mann vermutlich aus gesundheitlichen Gründen das Bein abgenommen wurde. Jetzt will Milena selbstverständlich wissen, was das für eine Krankheit sein kann. Als die Mutter dann von einer knochenzerstörenden Krankheit berichtet, ist Milena zunächst zufrieden, möchte dann aber genau wissen, was der Arzt mit dem Bein macht. Milena überlegt, kombiniert und sobald sie etwas unlogisch findet, hakt sie nach. Was so anstrengend sein kann, ist der Forschergeist, der in späteren Jahren zu hervorragenden Innovationen für die ganze Gesellschaft führen kann. Leider gibt es für Hochbegabte aber nur unzureichend Fördermöglichkeiten.

International zurück

Für den Hochbegabtenforscher Prof. Albert Ziegler ist es geradezu bedrückend wie wenig hierzulande für die Förderung Hochbegabter geschieht. „Wir hängen international weit hinterher“, erklärt der Professor, der auch als Generalsekretär die internationale Begabungsforschervereinigung leitet.  Dabei müsse jedes Kind, Förderung entsprechend seiner individuellen Fähigkeiten erhalten. Das gelte für weniger begabte Kinder wie für hochbegabte. „Wir verlieren jeden Tag Möglichkeiten. Wir müssten schon im Kindergarten stärker fördern.“

Tatsächlich entwickeln derzeit viele Einrichtungen Konzepte zur Förderung Hochbegabter. Die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) stellt auf www.dghk.de entsprechende Links zur Verfügung. Die Würzburger Kindertagesstätte St. Stephan etwa hat sich unter dem Motto „Kleine Kinder – große Begabung“ dem Thema verschrieben. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Kunst, Musik und Philosophie sowie in der Hinführung der Kinder zu demokratischem Handeln. „Hochbegabte werden bei uns nicht nur in der kognitiven Entwicklung gefördert, sondern es findet immer Bildung der gesamten Persönlichkeit statt. Wir geben Kindern Raum, in selbstinitiierten Projekten zu lernen, Gleichgesinnte kennenzulernen, ihre Kreativität zu entfalten, ihren Wissensdurst zu stillen und sich als Mitglied einer Gruppe zu erleben“, heißt es hier.

Perfekt also für eine ganzheitliche Entwicklung. Denn Begabung ist keineswegs nur auf geistiges Potenzial bezogen, sondern auch auf  sportliche, musische oder künstlerische Leistungen.

Anregungen für Erziehungsteams

Dennoch stehen bei Hochbegabung in erster Linie die intellektuellen Fähigkeiten im Mittelpunkt. „Ein hochbegabtes Kind bringt optimale Voraussetzungen mit, Informationen aufzunehmen, zu ordnen und zu verstehen, sinnvolle Schlüsse daraus zu ziehen und angemessen zu handeln. Zudem ist das hochbegabte Kind in der Lage, schneller und mehr zu lernen und dieses Wissen sinnvoll umzusetzen“, schreiben Horsch, Müller und Spicher.

Sie halten in Ihrem Buch eine ganze Reihe Anregungen und Empfehlungen für ganze Erziehungs- und Bildungsteams bereit. Denn auch hier gilt: Erziehung und Bildung sind nicht individuelle, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Gerade bei hochbegabten Kindern sollten Eltern, Erzieherinnen, Lehrer und Therapeuten zusammenwirken. In dieser „Entwicklungs-Partnerschaft“ kommt den Eltern besondere Bedeutung zu. Sie sind Anlaufstelle, Koordinatoren und Träger von Informationen für das ganze Team.

Aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Hochbegabtenförderung ermuntern die drei Psychologen Eltern herauszufinden, ob Ihr Kind mehr Anforderung braucht. Falls es so ist sollten die Eltern jedoch kein tägliches Fortbildungsprogramm buchen.

Fördern durch fordern

Sie sollten sich mehr der Förderung durch Fordern und dem Bereitstellen von Möglichkeiten widmen. Sachbücher, Literatur, Familien- und Knobelspiele, Theater-, Zoo-, Museums- und Kinobesuche sind meist deutlich effektiver als private Unterrichtsstunden. Die Stärken des Kindes und nicht die Defizite stehen dabei im Vordergrund. Für Kinder ist es wichtig, sich gerade in den Bereichen zu entfalten, in denen sie sehr gute Veranlagungen haben. Hier können sie ihre Leistungsfähigkeit erforschen. Das Erleben der eigenen Stärken unterstützt das Kind auch darin, im Fall von Problemen, eigene Lösungen zu finden. Weiter raten sie zu folgendem:

  1. Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen: Sprechen Sie mit Ihrem Kind über freudige und traurige Ereignisse und wie Menschen aussehen, die unglücklich oder glücklich sind. Fördern Sie die Empathie Ihres Kindes, dass es lernt, sich in andere hineinzuversetzen. Das ist die Grundlage, sich angemessen verhalten zu können.
  2. Vertrauen Sie auf die Fähigkeiten ihre Kindes: Fordern Sie es, aber trauen Sie ihm zu, dass es selbst Probleme löst und sich entwickelt. Ist eine Hürde zu groß, wird es Sie rufen.
  3. Entwicklungsrisiken beachten – Entwicklungsanreize geben: Zu geringe Anforderungen in der Grundschule können zur Demotivation führen und in der weiterführenden Schule dann zu Lernproblemen. Auch hochbegabte Kinder brauchen Orientierung. Fordern und fördern Sie ihr Kind, damit es sich entsprechend seiner Fähigkeiten anstrengen kann und sein  Potenzial ausschöpft.

Die Basis schaffen

In der Arbeit mit hochbegabten Jugendlichen mit Problemen haben Horsch, Müller und Spicher festgestellt, dass diese oftmals das Lernen nicht gelernt haben. Es fehlt einfach die Basis. Das zeigt, dass frühes Fördern hauptsächlich späteren Problemen vorbeugt.

In einer Bildungsszene, die zwar schleppend aber doch konstant unter dem Stichwort der Inklusion die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Menschen auch als Chance anerkennt, sollten Hochbegabte künftig weniger auf Vorurteile stoßen. Denn, so Ziegler: „Hochbegabung ist die schönste Eigenschaft, die man haben kann.“

Gernot Körner

Buchtipp:

Herbert Horsch, Götz Müller und Dr. Hermann Fischer sind international anerkannte Experten auf dem Gebiet der Hochbegabung. Mit ihrem Buch Hochbegabt – und trotzdem glücklich wollen sie helfen, eine Hochbegabung zu erkennen, sie sinnvoll zu nutzen, mögliche Probleme zu vermeiden und bereits vorhandene zu lösen. Sie wenden sich dabei nicht nur an Familien, sondern auch an Lehrer, Erzieherinnen und Therapeuten. Viele anschauliche Fallbeispiele schildern die unterschiedlichen Situationen und Probleme hochbegabter Kinder. Darüber hinaus gibt es ein Kapitel, das sich direkt an die Kinder wendet.
Oberstebrink 2012, 432 Seiten, 24,90 Euro.

Hier können Sie das Buch bestellen