Brennpunktschulen im Blick: große Hürden, große Pläne

Studie „Schule im Brennpunkt 2025“: Große Herausforderungen, vorsichtiger Optimismus bei Schulleitungen

Die Herausforderungen an Schulen mit hohem Anteil sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher sind groß – das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Befragung „Schule im Brennpunkt 2025“ der Wübben Stiftung Bildung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. 226 Schulleitungen aus vier Bundesländern gaben dabei Einblick in ihre tägliche Arbeit. Die Erkenntnis: Mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende Unterstützung im Elternhaus und unpassende Lehrmaterialien prägen den Schulalltag – und erschweren das Lernen erheblich.

Hoher Unterstützungsbedarf schon zu Schulbeginn

Besonders alarmierend: Rund 70 Prozent der befragten Schulleitungen berichten, dass viele Kinder bereits bei Schuleintritt über zu geringe Sprach-, Fach- und sozial-emotionale Kompetenzen verfügen. Fast ein Viertel der Schülerinnen und Schüler bleibt länger als vorgesehen in der Grundschule. Dazu kommen strukturelle Probleme: Lehrpläne und Lehrwerke passen nach Einschätzung von über 70 Prozent der Befragten nicht zur Lebenswelt ihrer Schülerschaft.

Die Rolle der Eltern ist ebenfalls ein kritischer Faktor. 96,5 Prozent der Schulleitungen sehen fehlende elterliche Unterstützung als gravierendes Hindernis für den Lernerfolg der Kinder – sei es durch sprachliche Barrieren, fehlende Zeit oder mangelnde Bildungserfahrung im Elternhaus.

Große Erwartungen an das Startchancen-Programm

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen blicken viele Schulleitungen mit Hoffnung auf das neue Startchancen-Programm von Bund und Ländern. Ziel des Programms ist es, gezielt Schulen in schwieriger Lage mit finanziellen und personellen Ressourcen zu unterstützen. Laut Befragung sehen die Schulleitungen den größten Bedarf in der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern (87,3 Prozent), in der Weiterentwicklung von Unterricht und Schule (88,8 Prozent) sowie in der Professionalisierung des pädagogischen Personals (73,5 Prozent).

Ermutigend: Eine Mehrheit der Befragten ist zuversichtlich, dass zentrale Ziele des Programms in den nächsten zehn Jahren erreicht werden können – etwa die Halbierung der Zahl jener Kinder, die die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik verfehlen (64,9 Prozent), und eine spürbare Stärkung der sozial-emotionalen Kompetenzen (90,1 Prozent).

„Es kommt jetzt auf die Umsetzung an“

„Unsere Befragung verdeutlicht, dass die Schulleitungen große Hoffnungen mit dem Startchancen-Programm verbinden und mit Blick auf die Erreichung der Programmziele sehr zuversichtlich sind“, sagt Dr. Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung Bildung. Entscheidend sei nun, dass die Länder das Programm so gestalten, „dass sich die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen dadurch tatsächlich verbessern und die Unterstützung für die Schulen nicht verpufft.“

Hintergrund: Wer wurde befragt?

Für die Studie wurden ausschließlich Schulen berücksichtigt, an denen mindestens die Hälfte der Schülerinnen und Schüler entweder eine andere Herkunftssprache als Deutsch spricht oder aus Familien stammt, die Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch erhalten. Damit bildet die Befragung gezielt die Situation an sogenannten Brennpunktschulen ab. Über 90 Prozent der teilnehmenden Schulen sollen am Startchancen-Programm beteiligt sein. Die Studie wurde vom impaktlab, der wissenschaftlichen Einheit der Wübben Stiftung Bildung, durchgeführt.

Engagierte Schulleitungen vor strukturellen Herausforderungen

Die Ergebnisse der Befragung „Schule im Brennpunkt 2025“ liefern ein differenziertes Bild: Auf der einen Seite stehen massive strukturelle Herausforderungen – auf der anderen Seite zeigt sich eine engagierte Schulleitungslandschaft, die bereit ist, Veränderungen aktiv mitzugestalten. Jetzt kommt es darauf an, ob und wie das Startchancen-Programm tatsächlich als Hebel für mehr Bildungsgerechtigkeit genutzt werden kann.

Zur Studie:
Schule im Brennpunkt 2025. Eine Befragung des impaktlab der Wübben Stiftung Bildung
PDF-Link zur Studie

Quelle: Pressemitteilung von Marisa Klasen, Wübben Stiftung Bildung




Neue Studie zu alten Herausforderungen: Schulen im Brennpunkt

Kinder starten mit deutlich schwierigeren Lernvoraussetzungen

Kein Kita-Besuch, kaum elterliche Unterstützung, mangelnde Sprachkenntnisse – Schulen im sozialen Brennpunkt haben mit extremen Bedingungen zu kämpfen. So geben beispielsweise 75 Prozent der befragten Schulleitungen in der Studie „Schule im Brennpunkt 2023“ des impaktlab der Wübben Stiftung Bildung an, dass Kinder beim Schuleintritt einen hohen Unterstützungsbedarf im Bereich der Sprachkompetenzen haben. Zudem zeigt die Befragung, dass 17,4 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Schulen im Brennpunkt keine Kindertagesstätte besucht haben, im bundesweiten Vergleich sind es 8 Prozent. Mehr als jedes vierte Kind hat darüber hinaus bereits traumatische Lebenserfahrungen gemacht (etwa Flucht). Mit 100 Prozent sagen alle befragten Schulleitungen, dass die mangelnde elterliche Unterstützung das schulische Lernen der Kinder und Jugendlichen stark beeinträchtigt. Eine besonders große Barriere für die Zusammenarbeit mit Eltern ist laut der Befragung die Sprache. In der Studie, die heute anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Stiftung veröffentlicht wurde, haben Schulleitungen aus vier Bundesländern die aktuelle Situation und die Herausforderungen an ihren Schulen dargestellt und bewertet.

Dr. Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung Bildung, erklärt dazu: „Unsere Studie zeigt, dass sich ungünstige Lernvoraussetzungen häufen und es für Schulen im Brennpunkt daher sehr viel schwieriger ist, ihren Bildungsauftrag zu erfüllen als für Schulen in anderen Lagen. Darauf muss Politik reagieren und diese Schulen gezielt unterstützen. Denn alle Kinder und Jugendlichen haben ein Grundrecht auf Bildung.“

Kaum Passung von Lehrplänen und Lehrwerken

Die schlechten Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern im Brennpunkt wirken sich auch auf die Passung der Lehrpläne und Lehrwerke aus, die in den Schulen genutzt werden. Mit 80 bzw. 70 Prozent hat die überwältigende Mehrheit der Leitungen der Schulen im Brennpunkt angegeben, dass sich die gängigen Lehrpläne und Lehrwerke nicht für die Kinder und Jugendlichen eignen. Das betrifft sowohl das Schwierigkeitsniveau und den Umfang als auch die inhaltlich-thematische Ausrichtung, die nicht zur Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler passen.

Personal- und Raumnot als große Herausforderungen

Weitere Probleme an den Schulen im Brennpunkt sind die räumlichen und personellen Ressourcen. Diese bewerten über 70 Prozent der Schulleitungen als schlecht. Dieser Befund geht – auch das zeigt die Befragung – mit hohen Belastungen bei dem Kollegium und den Schulleitungen einher. Trotz der besonderen Anforderungen hat mehr als die Hälfte der Schulleitungen angegeben, auf jeden Fall an ihrer Schule bleiben zu wollen. Weiterhin sind mehr als 70 Prozent davon überzeugt, dass sie die Bildungschancen der benachteiligten Schülerinnen und Schüler verbessern können.

Schulleitungen liefern Empfehlungen für Bildungsverwaltung und Politik

Um Hinweise aus diesen Ergebnissen ableiten zu können, hat die Wübben Stiftung Bildung acht Schulleitungen aus vier Bundesländern gebeten, ihre Ideen für eine bessere Unterstützung der Schulen im Brennpunkt aufzuschreiben. In der entstandenen Publikation „Chancen schaffen: Zur Situation von Schulen im Brennpunkt“ liefert das Autorenteam konkrete Empfehlungen für die Bildungsadministration und Bildungspolitik. Zu diesen zählen insbesondere eine frühzeitige sprachliche und motorische Förderung mit einer obligatorischen Vorschule, eine sozialindexbezogene und faire Personalzuweisung, Flexibilität bei der Umsetzung der Curricula und ein eigenverantwortliches und sozialindexbasiertes Chancenbudget.

Dr. Markus Warnke: „Mit Blick auf das Startchancen-Programm, das Schulen in herausfordernden Lagen unterstützen soll, haben sich bisher vor allem Bund und Länder ausgetauscht. Entscheidend ist aber auch mit den Schulen in Brennpunkten ins Gespräch zu kommen. Dafür bieten diese beiden Publikationen eine gute Grundlage und viele Anknüpfungspunkte.“

Hintergrundinformationen zur Studie und Stichprobe

Die Befragung „Schule im Brennpunkt 2023“ des impaktlab der Wübben Stiftung Bildung wurde zum ersten Mal durchgeführt. Ziel ist es, die Situation an Schulen im Brennpunkt systematisch sowie länder- und schulstufenübergreifend zu erfassen. In die Auswertung wurden nur Schulen aufgenommen, in denen entweder mindestens 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler eine andere Herkunftssprache als Deutsch haben oder mindestens 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen aus Familien kommen, die Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch erhalten (z. B. Arbeitslosengeld). Die Ergebnisse basieren auf den Einschätzungen von insgesamt 149 Schulleitungen aus Grundschulen und weiterführenden Schulen in vier deutschen Bundesländern. In der Befragung wurden folgende Bereiche in den Blick genommen: Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler, Lernen in Schule und Unterricht, schulische Ressourcen, Personal an der Schule, Eltern als Bildungs- und Erziehungspartner sowie Leitung an der Schule. Darüber hinaus sind Fragen zu der größten Herausforderung sowie positivsten Entwicklung der letzten Jahre an den Schulen eingeflossen.

Über das impaktlab

Das impaktlab ist die wissenschaftliche Einheit der Wübben Stiftung Bildung. Auf Basis wissenschaftlicher Analysen und praktischer Erkenntnisse gibt es Impulse in das Bildungssystem, um die Situation an Schulen im Brennpunkt zu verbessern.

Über die Wübben Stiftung Bildung

Die Wübben Stiftung Bildung ist eine 2013 gegründete private Bildungsstiftung mit Sitz in Düsseldorf. Ihre Vision ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft gerechte Bildungschancen erhalten. Dafür ist ein Bildungssystem notwendig, das genau das besser gewährleisten kann. Um dieser Vision näher zu kommen, berät, begleitet und unterstützt die Wübben Stiftung Bildung Akteure des Bildungssystems bei der Weiterentwicklung von Schulen im Brennpunkt.

Zur Publikation: Schule im Brennpunkt 2023: Eine Befragung des impaktlab der Wübben Stiftung Bildung: https://www.wuebben-stiftung-bildung.org/wp-content/uploads/2023/05/WSB_Schulen_im_Brennpunkt_Web.pdf

Tamara Endberg-Krenn, Wübben Stiftung Bildung