Corona: keine Auswirkungen auf Mathekompetenzen von Neuntklässlern

Bildungspanel von Wissenschaftler:innen des LIfBi zeigt keinen negativen Effekt auf die mathematische Kompetenzen

Haben Schüler:innen in Mathe weniger gelernt, weil sie von Schulschließungen 2020/21 betroffen waren? Diese Frage können Wissenschaftler:innen des LIfBi nun erstmals anhand eines Vergleichs verschiedener Schuljahrgänge beantworten. Mit Daten des Nationalen Bildungspanels kann die Entwicklung der Mathekompetenzen von Jugendlichen von der 7. bis zur 9. Klasse verfolgt werden – und das im Vergleich zweier Jahrgänge, von denen einer die Sekundarstufe mit, der andere ohne Pandemie durchlaufen hat. Die Ergebnisse zeigen, dass die Corona-Einschränkungen keinen negativen Effekt auf die Mathekompetenzen hatten und bestätigen damit nicht Vermutungen der PISA-Studie und des IQB-Bildungstrends von 2022.

Befürchtungen einer lebenslangen Benachteiligung der „Generation Corona“, also Schülerinnen und Schüler, die von den Schulschließungen betroffen waren, wurden schon während der Pandemie in drastischen Bildern geschildert. Dass die Einschränkungen tatsächlich deutliche Folgen auf das Lernen hatten, wurde mittlerweile in zahlreichen Studien beschrieben. Auch Ergebnisse aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) zeigten bereits 2021, dass Schülerinnen und Schüler beim Distanzunterricht weniger Zeit in das Lernen investierten. Studien wie der IQB-Bildungstrend und PISA zeigten 2022 deutliche Kompetenzrückstände von Neuntklässlerinnen und -klässlern im Vergleich zu jenen Neuntklässler:innen, die 7 bzw. 3 Jahre zuvor an den jeweiligen Vorläuferstudien teilgenommen haben. Allerdings können die in diesen wiederkehrenden Querschnittstudien gefundenen Unterschiede auch andere Ursachen haben. Sie lassen sich also nicht zuverlässig als Effekte der Corona-Pandemie interpretieren.

Stärke des Nationalen Bildungspanels: Langzeitbegleitung von Kohorten mit und ohne Corona-Einschränkungen

Langzeitstudien wie das NEPS begleiten Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum und können damit Aufschluss über die Lernentwicklung geben. So lassen sich sowohl Veränderungen in der Kompetenzentwicklung über mehrere Schuljahre hinweg dokumentieren als auch Gruppen miteinander vergleichen, die die Schule zu unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen durchlaufen haben. Für die aktuelle Studie wurden die Daten von 6.048 Jugendlichen verwendet, die zwischen 2012 und 2015 bzw. zwischen 2018 und 2021 in der Sekundarstufe verschiedener Schulformen waren. In beiden Kohorten wurden mehrmals Kompetenztests durchgeführt. Die Auswirkungen der Schulschließungen auf die mathematische Kompetenzentwicklung können so in einem deutschlandweiten Kohortenvergleich sichtbar gemacht werden. Zur Messung der mathematischen Kompetenzen mussten die Jugendlichen mathematische Zusammenhänge in realitätsnahen Aufgaben erkennen und flexibel anwenden. Die Tests gingen damit über das reine Abfragen von Schulwissen hinaus.

Befürchtungen können nicht bestätigt werden

Die Auswertung der NEPS-Daten bestätigt die Befunde aus wiederkehrenden Querschnittstudien mit Schüler:innen in der Sekundarstufe in Deutschland nicht, im Gegenteil. Die Kompetenzzuwächse von der 7. bis zur 9. Klasse fallen in Mathematik bei beiden Alterskohorten nahezu identisch aus. In beiden Kohorten gibt es in fast gleichen Anteilen Schülerinnen und Schüler mit überdurchschnittlichen bzw. unterdurchschnittlichen Kompetenzwerten. Die Kompetenzen sind in beiden Kohorten im Mittel gleich stark ausgeprägt, unabhängig davon, ob die Kinder Schulschließungen erlebt haben oder nicht. Auch wenn Gruppenunterschiede zwischen Mädchen und Jungen, Schüler:innen an Gymnasien im Vergleich zu Schüler:innen anderer Schulformen und Jugendlichen aus akademischen beziehungsweise nicht-akademischen Elternhäusern berücksichtigt werden, zeigen sich parallele Zuwächse für die verschiedenen Gruppen über die beiden Kohorten hinweg.

„Die Vermutung, dass es durch die Pandemie zu Einbrüchen in den Mathematikkompetenzen der betroffenen Jugendlichen gekommen ist, lässt sich mit den Daten des Nationalen Bildungspanels nicht bestätigen. Obwohl das Lernen in der Pandemie weniger strukturiert war, die Schülerinnen und Schüler weniger Kontakt zu Lehrkräften hatten, mehr auf sich gestellt waren und weniger Zeit in das Lernen investiert wurde, ist der Kompetenzzuwachs in der Sekundarstufe vergleichbar mit dem von Jugendlichen, die ihre Schulzeit normal durchlaufen haben“, fasst Autorin Dr. Lena Nusser die Ergebnisse zusammen. Diese vergleichsweise positiven Ergebnisse gelten für den Bereich Mathematik, oder genauer für mathematische Kompetenzen, wie sie im Rahmen der NEPS-Studie erfasst wurden.

Kompensation durch selbstgesteuertes Lernen?

Ein Grund für die kaum vorhandenen negativen Effekte auf die Leistungsentwicklung könnte darin liegen, dass bei Jugendlichen in der Sekundarstufe die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen deutlich stärker ausgeprägt ist als beispielsweise bei Grundschülerinnen und -schülern. Die Jugendlichen konnten die Einbußen durch Corona womöglich selbst recht gut kompensieren – zumindest im Bereich Mathematik. Ob die Pandemie in anderen Bereichen, insbesondere emotional und motivational, längerfristige Folgen für die Jugendlichen hat, lässt sich aus den Befunden nicht ableiten. Offen bleibt auch, welche Auswirkungen die Corona-Einschränkungen auf die Kompetenzentwicklung von jüngeren Schülerinnen und Schüler unterhalb der 7. Klasse hatte.

Die Auswertung ist als Transferbericht in der Reihe NEPS Corona & Bildung unter dem Titel „Geringere Lernzuwächse durch coronabedingte Einschränkungen im Bildungsbereich? Ein Kohortenvergleich zu Entwicklungen in der Sekundarstufe“ erschienen. Der Bericht steht auf https://www.lifbi.de/Transferberichte als Download zur Verfügung.

Originalpublikation:

Nusser, L., Lockl, K., Gnambs, T., Wolter, I., & Artelt, C. (2024). Geringere Lernzuwächse durch coronabedingte Einschränkungen im Bildungsbereich? Ein Kohortenvergleich zu Entwicklungen in der Sekundarstufe. NEPS Corona & Bildung 10. Leibniz Institut für Bildungsverläufe. https://www.lifbi.de/Portals/2/Corona/NEPS_Corona-und-Bildung_Bericht_10-Lernzuw%C3%A4chse.pdf

Iris Meyer/Leibniz-Institut für Bildungsverläufe




Family matters: Wie Herkunft und Bildung den Lebensweg beeinflussen

Startup-Gründer:innen kommen häufiger aus Akademikerhaushalten: Dabei ist neben der Bildung vor allem das Netzwerk der Eltern entscheidend

Startup-Gründer:innen kommen häufiger aus einem Akademikerhaushalt: Sechs von zehn haben mindestens einen Elternteil mit akademischem Abschluss. Insgesamt ist der Akademikeranteil bei Eltern von Gründer:innen zudem im Vergleich zur vergleichbaren Altersgruppe der Gesamtbevölkerung deutlich höher: 53 Prozent der Väter und 38 Prozent der Mütter von Gründer:innen haben einen akademischen Abschluss, wohingegen der Akademikeranteil in der Bevölkerung zwischen 55 und 74 Jahren lediglich bei 21 Prozent (Männer) und 15 Prozent (Frauen) liegt.  Unter den Gründer:innen selbst liegt der Akademikeranteil sogar bei 85 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich mit Blick auf den Beruf der Eltern: Bei 38 Prozent der Gründer:innen war mindestens ein Elternteil selbstständig tätig – 24 Prozent haben sogar Unternehmen mit Angestellten geführt. „Ein familiärer unternehmerischer Hintergrund ist ein wichtiger Treiber für Startup-Unternehmer:innen. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die Hürden für Innovator:innen ohne diesen Zugang ungleich höher sind. Das muss sich ändern“, sagt Julia Scheerer, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann Stiftung.

Schieflagen vorhanden – können aber ausgeglichen werden

Unternehmerisch tätige Eltern fungieren mit ihren Netzwerken häufig als Vorbilder und Türöffner. Zwei Drittel der Gründer:innen aus Unternehmerfamilien geben an, dass sie dank ihres familiären Umfeldes Kontakt zu anderen Unternehmer:innen erhalten haben. So erleben diese schon früh Vorbilder in ihrem Umfeld, während Gründer:innen mit anderem Hintergrund (Beamtentum oder Arbeiterschaft) diese Karriereoption seltener kennenlernen – hier hatten nur 14 Prozent der Befragten über das familiäre Umfeld Kontakt zu Unternehmer:innen. Zudem bestärken Akademiker- und Unternehmereltern ihre Kinder wesentlich häufiger mit Blick auf ihre Gründung. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig Vorbilder, Netzwerke und persönliche Unterstützung für Startup-Gründer:innen sind. Ganz zentral sind unternehmerische role models – bisher inspirieren häufig die Eltern junge Menschen für eine unternehmerische Laufbahn. Das ist wichtig, aber um unser Potenzial auszuschöpfen, sollten wir Vorbilder in Schulen und Gesellschaft sichtbarer machen. Dann begeistern wir mehr junge Menschen fürs Gründen und schaffen erste Kontaktpunkte“, sagt Franziska Teubert, Geschäftsführerin beim Startup-Verband.

Potenziale heben – die Startup-Gründung als Chance

Ein weiterer relevanter Aspekt sind die wirtschaftlichen Ressourcen: 70 Prozent der befragten Gründer:innen, deren Eltern selbst Unternehmer:innen sind, geben an, dass sie sich in schwierigen Situationen auf finanzielle Unterstützung ihrer Eltern verlassen können. Das gleiche gilt immerhin für 57 Prozent der Gründer:innen mit Beamteneltern. Bei Kindern aus Arbeiterfamilien beträgt der Wert nur noch 14 Prozent.  Zudem haben Gründer:innen mit Unternehmereltern (63 Prozent) häufiger als ihre Pendants aus Arbeiterfamilien (46 Prozent) externes Kapital eingesammelt – und beschäftigen im Mittel etwa doppelt so viele Mitarbeitende.

Doch so unterschiedlich die Startpositionen sind, zeigt sich bei den Befragten auch eine klare Parallele: Unabhängig von der sozialen Herkunft wollen neun von zehn Gründer:innen nach der aktuellen Gründung wieder ein Startup aufbauen. Auch beim Thema Mindset und der Bereitschaft, groß zu denken, zeigen sich zwischen den Gruppen kaum Unterschiede. „Erfolgreiche Startups sind also ein Hebel, um mehr Chancengerechtigkeit in der Wirtschaft zu schaffen“, sagt Scheerer.

Zusatzinformationen:

Für die Studie „Startups und soziale Herkunft – Was Gründer:innen prägt und antreibt“ der Bertelsmann Stiftung und des Startup-Verbands wurden 1.800 Gründer:innen befragt. Der seit 2012 jährlich durchgeführte Start-up Monitor (DSM) wurde hierzu in der Befragungswelle 2023 um Fragen zur sozialen Herkunft ergänzt.

Quelle: Pressemitteilung der Bertelsmann Stiftung




Nikitin-Spiele zu gewinnen: Der Knobelspaß für Kinder ab 4 Jahren

Nikitin_Gewinnspiel

Nikitin: Die Welt spielerisch entdecken

Jedes Kind ist anders und jedes Kind hat unterschiedliche Voraussetzungen. Aber alle Kinder sind neugierig und wollen spannende Entdeckungen machen. Nikitin begleitet die Kinder auf ihrem aufregenden Entdeckungsweg und unterstützt sie bei der Entwicklung ihrer Fähigkeiten sinnvoll.

Kognitive, motorische und soziale Kompetenzen, Kreativität, Wahrnehmung und Ausdrucksvermögen – mit Nikitin wird alles spielerisch gefördert.

Schritt für Schritt werden die Kinder u.a. zum Bauen, Kombinieren, Sprechen, Malen oder Vergleichen angeregt. Passende Vorlagenhefte beginnen ganz leicht und werden nach und nach kniffliger. So ist für jedes Kind etwas dabei, ganz unabhängig vom individuellen Entwicklungsstand.

Die Lernspiele zeichnet eine angenehme Holzhaptik aus. Klare Formen, Farben und Abbildungen unterstützen den Lernprozess. Nicht umsonst ist Nikitin ein echter Klassiker: langjährig erfolgreich, umfangreich getestet und sorgfältig überarbeitet.

Wir sind uns sicher, Nikitin macht Spaß und fördert gleichzeitig viele wichtige Fähigkeiten. Schauen Sie sich gerne auf westermann.de/nikitin um und entdecken Sie die Vielfalt unserer Lernspiele.

Unsere Top 3:

Musterwürfel: Der Start mit dem Klassiker

Aus den 16 Holzwürfeln mit bunten Farbflächen lassen sich viele fantastische Muster legen. 2 Vorlagenhefte führen in kleinsten Schritten zu immer neuen Erfolgserlebnissen. Die Kinder entdecken Lagebeziehungen und lernen, symmetrische Formen zu erkennen.

Geowürfel: 3D-Knobelei mit 7 bunten Geobausteinen

Die farbigen Geobausteine werden nach Vorlagen im Heft zu tollen Bauwerken zusammengesetzt. Dabei müssen die Kinder genau hinsehen. So wird die Wahrnehmungsfähigkeit geschult und das räumliche Vorstellungsvermögen spielerisch trainiert.

Creativo: Wer errät den Begriff zuerst?

Auf 160 Spielkarten ist jeweils 1 Begriff abgebildet. Wie die Kinder ihn darstellen, entscheidet der Drehpfeil: malen, erklären, pantomimisch darstellen oder mit Holzsteinen nachbauen. Ein Riesenspaß! Gefördert werden Ausdrucksvermögen und Kreativität.

Wir verlosen 5 Nikitin-Preise:

  1. Preis: 1x Musterwürfel, 1x Geowürfel, 1x Creativo im Wert von insgesamt 105,85 €
  2. Preis: 1x Musterwürfel und 1x Geowürfel im Wert von 75,90 €
  3. bis 5. Preis: je 1x Creativo im Wert von 29,95 €

Jetzt mitmachen und gewinnen! Stichwort: Musterwürfel. Das Gewinnspiel endet am 22.5.2024.


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Sprechen, Zuhören, Verstehen – Damit Kinder zu Glückskindern werden

glueckskinder

Eine neue Sprache für den Umgang mit Kindern

Glückskinder sind Kinder, die das Glück haben, dass Erwachsene sie bewusst positiv beeinflussen. Erwachsene, welche die Zauberkraft der Sprache kennen, die wissen, dass sie mit einem einzigen Satz die Gedanken und Gefühle eines Kindes in eine positive, lebensbejahende Richtung lenken können. Sie können mit Botschaften, die Sie tagtäglich aussenden, etwas für das Wohlergehen eines Kindes tun, indem Sie sein Selbstbild und seine Vorstellungen von der Welt positiv prägen. Al das im Sinne einer „Philosophie der positiven Grundhaltung“.

„Die höchste Form der Intelligenz ist es zu beobachten ohne zu urteilen.“

Krishnamurti, indischer Philosoph

Beobachten, ohne zu bewerten

Für die meisten von uns ist es schwierig, kleine und große Menschen zu beobachten, ohne sie zu beurteilen, zu verurteilen oder zu kritisieren. Unter einer Beobachtung verstehe ich etwas, das man sehen, hören, berühren oder riechen kann, etwas, das man mit einer Kamera aufnehmen könnte. Eine Beobachtung beschreibt. Bei einer Bewertung ziehen wir dagegen bereits unsere Schlüsse und interpretieren das Erlebte.

Das bedeutet nicht, dass wir Kindern nicht mehr unsere Bewertungen mitteilen, sondern, dass wir Beobachtungen und Bewertungen klar voneinander trennen

Und wir können Kindern durchaus sagen, was wir bei dem Beobachteten empfinden. Doch wenn man ein Kind anbrüllt: „Max, wie kannst du nur so gemein sein und Lilly ein Bein stellen!“, ist das etwas völlig anderes, als wenn man sagt: „Max, wenn ich sehe, dass du Lilly ein Bein stellst, dann habe ich Angst. Denn ich möchte, dass wir uns hier alle sicher fühlen können.“ Beobachtungen werden von den meisten von uns mit Bewertungen vermischt. Das ist gerade gegenüber Kindern besonders gefährlich, weil unsere Bewertungen direkt in das Selbstbild des Kindes eingebaut werden.

Wenn wir beispielsweise die Beobachtung machen, dass unser Kind, obwohl wir es darum gebeten haben, noch immer nicht sein Zimmer aufgeräumt hat, sind die Sätze: „Du bist aber auch faul.“, oder: „Kannst du denn nie hören, was man dir sagt?, eine reine Bewertung der Situation. Mit beiden Aussagen wird aber zugleich eine Bewertung der Gesamtpersönlichkeit vorgenommen. Ganz anders wirkt dagegen folgende Äußerung: „Du hast dein Zimmer noch nicht aufgeräumt, obwohl ich dich darum gebeten habe. Ich ärgere mich, weil ich mir wünsche, dass du selbst für Ordnung in deinem Zimmer sorgst.“ Hier wird lediglich die störende Verhaltensweise angesprochen, ohne eine verallgemeinernde Aussage über die gesamte Person zu machen.

Wenn wir Beobachtungen mit Bewertungen vermischen, neigen andere leicht dazu, Kritik zu hören

Und bekanntermaßen reagieren wir (und unsere Kinder!) auf Kritik oft mit abwehrenden Argumenten oder Gegenkritik.

Der erste wichtige Schritt hin zu einer respektvollen und offenen Kommunikation ist, zu beobachten, ohne zu bewerten – also einem anderen Menschen mitzuteilen, was wir wahrnehmen, ohne sein Verhalten zu bewerten. Wir halten uns einfach an die Tatsachen. Zum Beispiel kann ein Vater zu seinem Sohn sagen: „Du hast in den letzten drei Spielen kein Tor geschossen“, anstatt zu sagen: „Du bist ein schlechter Fußballspieler.“

Wie können wir durchs Leben gehen, ohne zu bewerten, wo unser Urteilsvermögen doch eine Fähigkeit ist, von der unser Überleben abhängen kann?

Natürlich ist es sehr wichtig, dass wir Dinge für uns bewerten können, ansonsten wären wir nicht in der Lage, Entscheidungen selbst bestimmt zu treffen. Es geht viel mehr darum, eine Form der Bewertung auszuüben, die uns allen – sowohl den Kindern als auch den Erwachsenen – hilfreich ist. Denn selbst wenn das Kind, das Sie kritisiert haben, tut, was Sie möchten, handelt es wahrscheinlich eher aus Scham, der Angst vor Bestrafung oder der Hoffnung auf eine Belohnung – und nicht aus dem Wunsch heraus, die eigenen Bedürfnisse oder die eines anderen Menschen zu erfüllen.

Wenn Kinder aus solchen Motiven handeln, zahlen wir ebenso wie bei den Strafen und Belohnungen einen hohen Preis und erreichen nicht das, was langfristig unser Ziel sein sollte: Kinder in ihrer Entwicklung zu Menschen zu unterstützen, die in der Lage sind, gut für ihr eigenes Wohlergehen zu sorgen und Freude dabei empfinden, zum Wohlbefinden anderer beizutragen. In einem Kommunikationstrainingsseminar sagte unsere Seminarleiterin einmal folgenden Satz:

„Was Paula über Paul sagt, sagt mehr über Paula aus als über Paul.“

Das heißt: Wie Paula Paul beschreibt, wie sie sein Verhalten interpretiert, worauf sie den Fokus setzt, was zu erwähnen ihr besonders wichtig ist, all das gibt uns mehr Informationen über Paula als über Paul. Paul würde vermutlich von einem Freund, für den ganz andere Dinge wichtig sind und der Pauls Verhalten anders beurteilt, vollkommen anders beschrieben werden. Das zeigt uns deutlich, dass wir besonders bei der Beschreibung anderer Personen und deren Verhalten dazu neigen, Bewertungen mit Beobachtungen zu vermischen. Die Bewertungen, die wir alle vornehmen, sind zum Großteil von unserer überalterten Sprache geprägt. Erst seit wenigen Generationen leben wir nicht mehr in einer Monarchie.

Zu jener Zeit glaubten die meisten Menschen daran, dass es eine unantastbare Wahrheit gebe

Was richtig und falsch, gut und böse ist, wurde von der obersten Autorität im Staat, dem König, oder von der Kirche festgelegt. Wir wurden also noch fast alle in Königs- bzw. Kirchchensprache erzogen, der Sprache der gottgegebenen Wahrheit, die dazu dient, Menschen so zu programmieren, dass sie unterwürfig und hörig gegenüber Autoritäten sind. Die Art und Weise, wie das Denken und Fühlen gelehrt wird, hängt sehr eng mit der Sprache zusammen. Wir üben uns noch nicht lange in demokratischem Denken, einem Denken, das verschiedene Vorstellungen von richtig und falsch zulässt, sodass diese Wörter selbst ihren Sinn verlieren, weil es keine Instanz mehr gibt, die uns vorschreibt, was gut und was schlecht ist. Erst seit kurzem ist vielen Menschen bewusst, dass nicht nur die Schönheit sondern oft auch die Wahrheit im Auge des Betrachters liegt.

Abwertendes Denken erlernten wir durch ein Vokabular, mit dem wir alle aufgewachsen sind und mit dem unsere Kinder heute auch noch immer konfrontiert werden; Wörter wie: richtig, falsch, gut, schlecht, normal, unnormal, angemessen, unangemessen, kompetent, inkompetent. Wer legt eigentlich fest, was normal, angemessen und gut ist? Wenn Menschen zu solchem Denken erzogen werden, glauben sie automatisch, dass es ganz oben eine Autorität gibt, die weiß, was richtig und falsch ist. Und wenn ein Kinderhirn schon sehr früh so geformt wird, kann es in solchen Strukturen funktionieren.


Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Glückskinder
Sprechen, Zuhören, Verstehen –
Damit Ihr Kind ein Glückskind wird

Groth, Sabine
ISBN: 9783934333635
168 Seiten, 22,95 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


Wenn ich zu einem Kind sage: „Das hast du gut gemacht!“, dann tue ich so, als wüsste ich, wann etwas gut und wann es nicht gut ist. Dabei ist es für Kinder besonders wichtig, nicht mit dem Bild aufzuwachsen, dass nur Erwachsene wissen, wann Kinder etwas gut gemacht haben und wann nicht. Und was noch wichtiger ist: Dass sie nicht danach bewertet werden, ob das, was sie tun, als richtig oder falsch beurteilt wird.

Aufgabe:

Die folgende Übung trainiert das Unterscheiden von Beobachtungen und Bewertungen. Setzen Sie ein Kreuz vor die Sätze, die eine reine Beobachtung ausdrücken – ohne irgendeine Bewertung. Bedenken Sie, dass die Wörter nie, immer, jedes Mal, oft, selten, ständig usw. manchmal als Übertreibungen benutzt werden. In dem Fall vermischen sich dann Beobachtungen mit Bewertungen.

  1. Lea isst zu viel.
  2. „Du hast in den letzten drei Tagen dein Zimmer nicht aufgeräumt.“
  3. Jedes Mal, wenn ich Laura beobachtet habe, hat sie am Daumen gelutscht.
  4. „Sei doch nicht immer so aggressiv!“
  5. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du mich jemals angerufen hast.“
  6. Mehmet ist ein netter Junge.
  7. Meine Tochter hat sich noch nie gern die Zähne geputzt.
  8. Mein Sohn ist ein Frühaufsteher.
  9. Max streitet sich ständig mit anderen Kindern.
  10. „Letzte Woche bist du zwei Mal zu spät gekommen.“

Lesen Sie jetzt bitte meine Antworten und vergleichen Sie sie mit Ihren Antworten.

  1. Ich habe Satz 1 nicht angekreuzt, weil ich „zu viel“ für eine Bewertung halte.
  2. Ich habe Satz 2 angekreuzt, weil hier meiner Ansicht nach eine Beobachtung ausgedrückt wurde, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.
  3. Ich habe Satz 3 angekreuzt, weil ich finde, dass hier ebenfalls eine Beobachtung ohne Vermischung mit einer Bewertung vorliegt.
  4. Ich habe Satz 4 nicht angekreuzt, weil ich „aggressiv“ für eine Bewertung halte. Hinter dem Verhalten könnten auch andere Gefühle wie Unsicherheit oder Angst stehen. Außerdem halte ich „immer“ in diesem Fall für eine Übertreibung.
  5. Ich habe Satz 5 angekreuzt, weil meiner Ansicht nach hier ein eine Beobachtung ausgedrückt wurde, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.
  6. Ich habe Satz 6 nicht angekreuzt, weil ich „nett“ für eine Bewertung halte.
  7. Ich habe Satz 7 nicht angekreuzt, weil ich „nie“ für eine Übertreibung halte. Außerdem ist der Satz meiner Ansicht nach eine Beurteilung.
  8. Ich habe Satz 8 nicht angekreuzt, weil ich „Frühaufsteher“ für eine Bewertung halte. Bei der Beurteilung bleiben folgende Fragen offen: Steht der Sohn tatsächlich immer früh auf? Was bedeutet „früh“ für mich, für meinen Sohn und für den Zuhörer?
  9. Ich habe Satz 9 nicht angekreuzt, weil ich „ständig“ in diesem Fall für eine Bewertung halte.
  10. Ich habe Satz 10 angekreuzt, weil ich finde, dass hier eine Beobachtung vorliegt, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.

Gefühle ausdrücken

„Das Ziel im Leben ist nicht, immer glücklich zu sein, sondern all unser Lachen zu lachen und all unsere Tränen zu weinen.“

Marshall B. Rosenberg

Es war nun schon viel von Bedürfnissen und Gefühlen die Rede. Um die soll es hauptsächlich gehen, wenn wir mit einer Sprache sprechen, die unsere Kinder darin unterstützen soll, sich zu selbstbewussten und authentischen Persönlichkeiten zu entwickeln.
Die meisten von uns wurden dazu erzogen, „außenorientiert“ zu leben und nicht mit sich selbst in Kontakt zu treten. Wir wurden eher dazu trainiert, auf unseren Kopf anstatt auf unser Gefühl zu hören und uns ständig die Frage zu stellen: „Halten es die anderen für richtig, wenn ich das sage oder tue?“, anstatt uns zu fragen: „Wie geht es mir, wenn ich das tue? Wie fühle ich mich, wenn ich das erlebe? Was halte ich für richtig?“ Oftmals sind wir mehr damit beschäftigt, uns mit der Meinung und den Gefühlen anderer zu beschäftigen, anstatt auf unsere eigenen Empfindungen, Bedürfnisse und Wünsche zu achten.

Wir wurden vielleicht nicht mehr dazu angehalten, uns zu fragen: „Was sollen denn die Nachbarn denken?“ Doch wir wurden auch selten dazu aufgefordert, unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu erkunden, z. B. mit Fragen wie: „Wie fühlst du dich dabei? Was wünschst du dir? Was hältst du davon?“ Können Sie sich daran erinnern, in Ihrer Schulzeit jemals gefragt worden zu sein, wie Sie sich fühlen? Ich kann das leider nicht. Zu meiner Schulzeit wurde viel mehr Wert auf das Denken gelegt, Gefühle wurden dagegen als unwichtig betrachtet. Kein Mensch würde jedoch überleben, wenn er keine Gefühle hätte. Unsere Angst warnt uns vor Gefahren. Seelischer Schmerz macht uns darauf aufmerksam, dass unsere Bedürfnisse nicht erfüllt sind.

Und erst wenn wir die widersprüchlichsten Gefühle in uns zulassen, werden wir uns als „ganzer Mensch“ fühlen:

Sehen,
dass du nur du bist,
wenn du alles bist,
was du bist:
das Zarte
und das Wilde,
das, was sich anschmiegen will
und das,
was sich losreißen will.

(Erich Fried)

Unterdrückte Gefühle kommen uns teuer zu stehen. Das erfahren wir, wenn wir unser Gefühl von Müdigkeit mit Kaffee unterdrücken und unser Bedürfnis nach Schlaf nicht befriedigen. Irgendwann sind wir übermüdet, gereizt und werden – wenn wir das Gefühl der Müdigkeit zu lange nicht beachten – krank. Das Gleiche geschieht, wenn wir Gefühle wie Wut, Angst, Trauer unterdrücken, mit Arbeit, Schokolade, Aktivität usw., und die dahinter liegenden Bedürfnisse ignorieren. Mit der Zeit wird unser gesamter Organismus dadurch geschwächt und wir bekommen Depressionen, Ängste, Übergewicht oder andere Krankheitssymptome, die wir dann behandeln müssen. Einfacher ist es, es gar nicht so weit kommen zu lassen und dem vorzubeugen, indem wir lernen, unsere Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und diese Fähigkeit an unsere Kinder weiterzugeben.

Ebenso wenig wie das Äußern von Gefühlen wurde den meisten von uns beigebracht, die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen

Weder in der Schule noch im Elternhaus. Es ist wichtig, sich darüber klar zu sein, dass andere Menschen nicht für unsere Gefühle verantwortlich sind. Das Verhalten eines anderen Menschen kann zwar der Auslöser für ein Gefühl sein, aber es ist nicht die Ursache. Das einzige, was unsere Gefühle beeinflussen kann, ist die Haltung, mit der wir reagieren. Sie haben sicher bereits die Erfahrung gemacht, dass Sie nach sich ähnelnden Erlebnissen unterschiedlich reagierten.

Stellen Sie sich vor, ein anderer Verkehrsteilnehmer nimmt Ihnen die Vorfahrt. Das kommt immer mal wieder vor. Wenn Sie gerade abgehetzt von zu Hause losgefahren sind, nachdem die Kinder herumtrödelten und Sie noch eine Meinungsverschiedenheit mit Ihrem Partner hatten, reagieren Sie mit größter Wahrscheinlichkeit wütender, als an einem Morgen, an dem Sie gemeinsam mit ihrer Familie in aller Ruhe gefrühstückt und sich anschließend liebevoll verabschiedet haben. Sie werden dann vielleicht sogar denken: „Hoffentlich passiert ihm (dem Autofahrer, der uns die Vorfahrt genommen hat) nichts, wenn er sich nicht an die Verkehrsregeln hält.“ Sie sehen, es ist beide Male der gleiche Auslöser, aber Ihre Gefühle und Ihre Reaktion sind vollkommen unterschiedlich.

Wussten Sie übrigens, dass das Äußern von Gefühlen nicht nur in der Familie, sondern auch am Arbeitsplatz und in anderen Lebensbereichen eine ganz neue Beziehungsqualität fördern kann? Indem wir unsere Menschlichkeit und Verletzlichkeit zeigen, laden wir andere dazu ein, selbst menschlich zu handeln und sich selbst zu öffnen.

Damit Kinder lernen, ihre Gefühle zu äußern, ist es hilfreich unseren Gefühle-Wortschatz zu erweitern

Es hilft uns eher, Wörter zu benutzen, die ein Gefühl genau beschreiben, anstatt Wörter, die allgemein und vage sind. Sagen wir z. B.: „Ich habe ein schlechtes Gefühl“, dann kann das Wort „schlecht“ vieles bedeuten: ängstlich, wütend, müde, einsam, verzweifelt, verwirrt usw.

Wie wichtig und notwendig es ist, den Gefühle-Wortschatz bewusst zu erweitern, erlebte ich kürzlich in einer Schulklasse mit achtjährigen Kindern. Auf meine Frage, welche Gefühle sie kennen, wurden mir nur drei (!) Wörter genannt: fröhlich, traurig, wütend. Mehr Gefühle fielen 28 Kindern nicht ein. Ich habe dann unsere Handpuppe noch einige Gefühle wie glücklich, unsicher, aufgeregt, müde, verzweifelt aufzählen lassen. Diese kannten die Kinder zwar durchaus, aber ihnen selbst fielen noch immer keine weiteren ein. Um nun auch ihren aktiven Gefühlswortschatz zu vergrößern, haben wir uns eine Gefühle-Liste erstellt, die wir in unserem Raum aufhängten.

Nun machen wir des öfteren ein kleines Gefühle-Spiel

Jeder liest sich leise die Gefühle-Liste durch und sucht sich das Wort aus, das sein momentanes Gefühl am besten beschreibt. Wir setzten uns in einem Kreis auf den Boden, und ich werfe einem Kind den Ball zu. Dieses Kind sagt dann „Ich fühle mich …“ Wenn es möchte, kann es auch kurz den Grund für sein Gefühl nennen, beispielsweise so: „Ich fühle mich traurig, weil Lena nicht mehr mit mir spielen möchte.“ Dieses Gefühl kann dann auch körperlich ausgedrückt werden, so als werde der Körper zu einem Standbild. Was sich hier wie eine trockene, künstliche Übung anhören mag, ließ uns in Wirklichkeit viele anrührende, lustige und mitunter auch traurige Momente miteinander erleben. Immer hat sich durch dieses Spiel die Atmosphäre im Raum schlagartig verändert. Und es herrschte eine Stimmung von Offenheit und Mitgefühl.

Dieses Spiel kann ich Ihnen auch für zu Hause empfehlen. Keine Sorge, Sie brauchen sich dazu nicht im Kreis auf den Boden zu setzen. Eine kleine Runde am Frühstückstisch mit der Frage „Wie fühlst du dich heute morgen?“, oder „Wie geht es dir?“, wird eine neue Qualität der Nähe in Ihrer Familie entstehen lassen. Sie alle werden davon profitieren, wenn Sie selbst lernen, Ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu äußern.

Zur Unterstützung können Sie den Gefühle-Wortschatz, den Sie im neunten Kapitel finden, kopieren und an einem gut sichtbaren Platz aufhängen. Sicher werden Sie schon bald wahre Künstler im Umgang mit Gefühlen und deren Ausdruck werden.

Sabine Groth




Echte Freundschaft gibt es manchmal gleich nebenan

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Petr Horácek: Ein bester Freund für Bär

Warum sehen wir die Dinge nicht, die wir suchen? Eine Möglichkeit wäre, dass wir zwar eine konkrete Vorstellung von dem haben, was wir suchen, aber nicht verstehen, wie wir es finden können. Dabei scheidet oftmals das Offensichtliche aus.

So ergeht es den Bären in Petr Horáček Geschichte. Sehnsüchtig sucht Schwarzer Bär einen Freund. Dabei trifft er Brauner Bär und beide beschließen gemeinsam die Suche fortzusetzen. Dabei erleben sie die Freude der Gemeinsamkeit und der gegenseitigen Unterstützung.

Horáček nutzt in seinem Bilderbuch „Ein bester Freund für Bär“ ein altbekanntes Muster der Dramaturgie. Während der Zuschauer das Offensichtliche längst entdeckt hat, sucht der Protagonist lange Zeit verzweifelt danach. Man möchte brüllen, hinlaufen und das begehrte Stück dem hilflos Suchenden in die Hand drücken. Leider geht das aber nicht. So entsteht Spannung, die den Betrachter fast platzen lässt, bis das Objekt der Begierde endlich den Suchenden erreicht.

Im Fall der beiden Bären geht es ganz offensichtlich um den passenden Freund. Beide sind davon überzeugt, dass er nur schwer zu finden ist. Und so begleitet der Betrachter die beiden von Seite zu Seite auf ihrer Suche und darf sich an den schönen Wachs- und Buntstiftzeichnungen von Horáček freuen. Typisch für den tschechischen Künstler sind die farbenprächtigen, kräftigen Zeichnungen, in denen es ihm gelingt Stimmungen und Beziehungen auszudrücken.

Und so entwickelt sich das Nachdenken über die Bedeutung von Freunden und von Freundschaft bei der Beschäftigung mit der bunten Geschichte, die nur ein fröhlicher Anlass ist, ohne Antworten zu bieten. Vielleicht möchte Horáček uns sagen, dass wir das Angebotene einfach annehmen und wertschätzen sollten, statt es auf komplizierten, langen Wegen erreichen zu wollen. Und dass Freundschaft eine einfache Entscheidung für Gemeinsamkeit, Vertrauen und gegenseitiges füreinander da sein ist, ohne komplizierte Qualifikationsprozesse. Ein wunderbarer Auftakt für lange Gespräche.  

Gernot Körner

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Ein bester Freund für Bär
Petr Horácek

Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 32 Seiten
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3968260419
Lesealter ‏ : ‎ 4–8 Jahre
16,00 €
Von Hacht Verlag GmbH; 1. Auflage 2024




Schüler lernen als Sprachenlehrer effektiver

Studie der Universitat Oberta de Catalunya bewertet virtuellen Austausch auf Plattformen positiv

Online-Plattformen, auf denen Schüler durch Konversation Sprachen lernen, indem sie zeitweise in die Rolle des Lehrers schlüpfen, um Fehler zu korrigieren, sind ein effektiver Weg, um eine fremde Sprache zu erlernen. Das zeigt eine Untersuchung von Laia Canals von der Universitat Oberta de Catalunya (UOC). Ziel der Studie war es, den Sprachunterricht durch den Einsatz von Technologie zu optimieren und die Faktoren zu ermitteln, die das Erlernen einer Sprache erleichtern.

An Lernfortschritt angepasst

„Der virtuelle Austausch ist sehr vorteilhaft, da er an die Zeit und das Tempo jedes einzelnen Schülers angepasst werden kann und sehr flexibel ist. Aber um diese Methode für authentische mündliche Übungen zu nutzen, müssen die Lehrkräfte mehr Material und didaktische Einheiten vorbereiten, die sie für verschiedene Niveaus, Kontexte und Sprachen verwenden können“, so Canals.

Canals, die an der UOC ein Austauschprogramm für verschiedene Niveaus von Englischkenntnissen organisiert, das die Konversationsfähigkeiten der Schüler verbessern soll, weist darauf hin, dass die Bereitstellung von Ressourcen Sprachlehrer dazu ermutigen würde, diese Methode anzuwenden. „Gegenwärtig bedeutet es für sie eine erhebliche Arbeitsbelastung, die sie abschrecken kann“, erklärt sie.

Plattformen für Sprachenlernen

In Europa gibt es verschiedene Plattformen, die Lehrkräfte und Studierende aus verschiedenen Universitäten und Bildungsprogrammen zusammenbringen. Zwei der bekanntesten sind „eTwinning“, eine Initiative der Europäischen Union, das Lehrkräfte und Studierende über eine virtuelle Plattform und verschiedene Webtools zusammenbringt, und „UNICollaboration“, das sich vor allem an junge Menschen richtet.

Die Anwendung „Soliya“ verfolgt ein ehrgeizigeres Ziel, denn sie bringt Universitätsstudenten aus verschiedenen Ländern zusammen, damit sie nicht nur ihre Sprachkenntnisse in Gesprächen üben, sondern auch mehr über andere Kulturen erfahren. Die Anwendung schlägt den Studierenden verschiedene Themen vor, zum Beispiel Religion oder lokale Bräuche, über die sie miteinander diskutieren können, um die Sichtweise des anderen zu verstehen und nebenbei eine fremde Sprache zu perfektionieren.

Wolfgang Kempkens. pressetext




Viel Komik und ein bisschen Grusel auf Burg Geroldseck

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Der Kinderkinofilm „Max und die wilde 7 – Die Geister-Oma“

Der zehnjährige Max hat es schwer. Er lebt in einem Seniorenheim, in dem es offenbar spukt. Seine Mitschüler mobben ihn und sein Sportlehrer wirft ihn aus der Fußballmannschaft. Hilfe bekommt er von der Seniorengruppe von Tisch sieben. Mit ihnen geht er auf Geisterjagd und versucht auch seine anderen Probleme zu lösen.

Vier Jahre nach dem ersten Kinofilm aus der Kinderkrimitrilogie „Max und die wilde 7“ ist nun der zweite mit dem Untertitel „Die Geister Oma“ angelaufen. Die Buchreihe des Ehepaars Lisa-Marie Dickmeier und Winfried Oelsner ist im Oetinger Verlag erschienen. Und weil Oelsner nicht nur Schriftsteller, sondern praktischerweise auch Regisseur ist, hat er auch Regie geführt.

Diesmal spielt Lucas Herzog den Max. Uschi Glas, Thomas Thieme und Günther Maria Halmer sind die drei wilden Alten. Es ist vor allem dieses Seniorentrio, das dem Film Witz und Charme verleiht. Die drei Vollblutschauspieler spielen ihre Rollen locker und mit jeder Menge Komik und Selbstironie. Dabei sticht vor allem Uschi Glas heraus, die eine gealterte Filmdiva spielt und mit ihrer ersten Hauptrolle als Apanatschi in einem Winnetou-Streifen kokettiert.

Grusel gibt es dafür nur weniger. Zum einen liegt die Lösung des Rätsels relativ schnell auf der Hand, zum anderen wendet sich der Film politisch korrekt und entwicklungsgerecht an Kinder ab sechs Jahren. Im Kern ist es die generationenübergreifende Freundschaft der Kinder mit den Senioren, die das Herz rührt.

Insofern sind vor allem Großeltern aufgefordert mit ihren Enkeln ins Kino zu gehen. Die drei Altstars dürften bei so manchem schöne Erinnerungen wecken.  


MAX UND DIE WILDE 7: DIE GEISTER-OMA

Ein Film von Winfried Oelsner
Regie: Winfried Oelsner
Drehbuch/Buchvorlage: Lisa-Marie Dickreiter und Winfried Oelsner
Deutschland 2024 | 94 Minuten
FSK: ab 6 Jahren


Band 2 des originellen Kinderkrimis mit dem liebenswerten Helden und der urkomischen Rentner-Gang! | ab 8 Jahren

Dickreiter, Lisa-Marie/Oelsner, Winfried
Max und die wilde 7

2. Die Geister-Oma


Wir verlosen 3 x das Buch zum Film. Das Stichwort ist : Max


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Französische Kommission empfiehlt Smartphones erst ab 13 Jahren

Nach einer Studie, die Wissenschaftler im Auftrag der französischen Regierung durchgeführt haben, fordern diese nun ein generelles Umdenken im Bereich der Bildschirmgeräte

In den Vereinigten Staaten ist derzeit eine Bewegung sehr erfolgreich aktiv, die mit dem Slogan, „Wait until eight“ dafür wirbt, dass Kinder erst in der achten Klasse ein Smarthone besitzen sollten. In Frankreich hatte nun der Präsident der Republik Emmanuel Macron eine hochrangige Kommission mit einer Studie beauftragt, die eine Antwort auf die Frage bringen sollte, ab wann Kinder ein Smartphone nutzen sollten. Die Empfehlungen, die Wissenschaftler und Experten aus ihrer Studie erarbeitet sind für einige überraschend, aber eindeutig: Sie fordern, dass Kinder erst im Alter von 13 Jahren ein Smartphone haben sollten. Die Nutzung von Social Media sollte erst Jugendlichen ab 18 Jahren erlaubt sein.

Kinder vor der profitorientierten Strategie der Tech-Industrie schützen

Während in Deutschland starke Interessengruppen wie etwa der Verband der Bildungswirtschaft didacta oder die Stiftung Lesen fordern, selbst Kleinkindern die Nutzung von Bildschirmgeräten zu ermöglichen, fordern die französischen Experten, Kinder vor der profitorientierten Strategie der Tech-Industrie zu schützen, die darauf abziele, die Aufmerksamkeit der Kinder zu fesseln und alle Formen der kognitiven Verzerrung zu nutzen, um Kinder vor ihren Bildschirmen einzusperren, sie zu kontrollieren, sie wieder zu beschäftigen und sie zu monetarisieren.

Kinder würden in diesem neuen Technologiemarkt zur „Ware“, heißt es in dem Bericht, und weiter: „Wir wollen, dass [die Industrie] weiß, dass wir gesehen haben, was sie tun, und wir werden sie nicht damit durchkommen lassen“.

Kinder unter drei Jahren sollten keine Bildschirmgeräte nutzen

Wie in allen anderen Studien, in denen es um die körperliche und psychische Gesundheit von Kindern geht, kommen auch die französischen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Kinder unter drei Jahren nicht mit Bildschirmen in Berührung kommen sollten und kein Kind unter elf Jahren ein Telefon haben sollte. Jedes Telefon, das ein Kind zwischen elf und 13 Jahren erhalte, solle ein Mobiltelefon ohne Internetzugang sein. Das Mindestalter, ab dem ein Smartphone mit Internetzugang erlaubt sein sollte, wurde auf 13 Jahre festgelegt.

Jugendliche sollte nur Zugang zu „ethischen“ sozialen Medien haben

Laut dem Bericht, der unter der Leitung der Neurologin Servane Mouton und Amine Benyamina, dem Leiter der Abteilung für Psychiatrie und Suchtkrankheiten am Paul-Brousse-Krankenhaus entstanden ist, sollte ein 15-Jähriger nur Zugang zu sogenannten „ethischen“ sozialen Medien wie Mastodon haben. Herkömmliche, massenhaft vermarktete, profitorientierte soziale Medien wie TikTok, Instagram oder Snapchat sollten Teenagern erst ab 18 Jahren zugänglich sein. Teenager sollten auch besser über die wissenschaftlichen Hintergründe der Notwendigkeit von ausreichend Schlaf aufgeklärt werden.

Die Wissenschaftler fordern noch viel mehr: Selbst auf Entbindungsstationen sollten Telefone und Bildschirme so weit wie möglich eingeschränkt werden, um die Bindung zwischen Eltern und ihren Babys zu fördern. Auch bei Tagesmüttern und -vätern sollte die Handynutzung thematisiert werden, so der Bericht.

Ausnahme für Audiogerät zum Geschichtenerzählen

Für Kinder bis zum Alter von sechs Jahren sollten Bildschirme aller Art „stark eingeschränkt“ und nur sehr selten für Bildungsinhalte genutzt werden, wenn sie in Begleitung eines Erwachsenen sitzen. In Kindergärten sollten Bildschirme für Kinder unter sechs Jahren ganz verboten werden. In Grundschulen sollten Kinder keine individuellen Tablets oder digitalen Geräte zum Arbeiten erhalten, es sei denn, es handle sich um eine spezielle Behinderung.

Der Bericht schlug außerdem vor, angeschlossenes Spielzeug zu verbieten, es sei denn, es werde als Audiogerät zum Geschichtenerzählen verwendet.

Unterschiedliche Haltungen in Deutschland und Frankreich

In Deutschland fordert etwa die Vorstandsvorsitzende der Stiftung Digitale Chancen, die Literaturwissenschaftlerin Jutta Croll, die die miniKIM-Studie durchführt:  „Auch kleinere Kinder sollten Zugang zu digitaler Kommunikation und Interaktion haben und bei der Nutzung unterstützt werden, um ein gutes Aufwachsen mit Medien zu gewährleisten.“ Die Neurologin Mouton erklärt dagegen:  „Vor dem Alter von sechs Jahren braucht kein Kind einen Bildschirm, um sich zu entwickeln. Tatsächlich können Bildschirme die Entwicklung in diesem Alter behindern“.

Eltern sind „Opfer einer mächtigen Technologieindustrie“

Die Wissenschaftler erklären, sie wollten die Eltern nicht tadeln, die selbst „Opfer einer mächtigen Technologieindustrie“ seien. Sie fordern, Eltern sollten stattdessen dabei unterstützt werden, das zu vermeiden, was sie als „Techno-Konferenz“ bezeichneten – wenn Eltern durch das ständige Überprüfen ihrer eigenen Telefone ihre Fähigkeit beeinträchtigen, sich auf das Gespräch mit ihren Kindern, das Essen oder das Spielen mit ihnen zu konzentrieren.

Dies schade der emotionalen Entwicklung junger Menschen, heißt es in dem Bericht. Dazu gehörten auch Erwachsene, die auf ihren Handys scrollten, während sie kleine Kinder fütterten, oder Haushalte, in denen ständig ein Fernseher im Hintergrund lief.

Gesellschaft soll mehr tun

Die Wissenschaftler erklären, dass die Eltern zwar keine Schuld treffe und dass in der Gesellschaft insgesamt mehr getan werden solle, etwa indem Erwachsene die Möglichkeit gegeben werde, sich außerhalb der Arbeitszeit von der Arbeit abzuschalten, Bildschirme an öffentlichen Orten einzuschränken, bildschirmfreie Restaurants und Cafés einzuführen oder Eltern ihr Handy in eine Box zu legen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen.

Die Wissenschaftler erklären, dass „elterliche Kontrollen“ nicht als ausreichendes Mittel zum Schutz der Kinder angesehen werden sollten. Vielmehr seien sie ein unwirksames Ablenkungsmanöver, mit dem die Tech-Industrie hausieren gehe, um sich aus der Verantwortung zu stehlen, Algorithmen zu entwickeln, insbesondere in den sozialen Medien, die darauf ausgerichtet seien, Kinder süchtig zu machen und zu monetarisieren.

Technik muss im Dienste des Mensachen stehen

Benyamina sagt: „Die Technik ist und bleibt ein fantastisches Werkzeug, aber sie muss im Dienste der Menschen stehen und darf nicht auf die Bedienung eines Produkts reduziert werden“. Die Bildschirme hätten negative Auswirkungen auf Kinder „in Bezug auf ihr Sehvermögen, ihren Stoffwechsel … ihre Intelligenz, Konzentration und kognitiven Prozesse“.

Was nun in Frankreich geschieht, ist noch offen. Noch im Januar erklärte Präsident Macron, dass es Verbote und Restriktionen geben könne.

Quellen: Studie, The Guardien, Pressemitteilung Stiftung Ravensburger Verlag, Stern