Foodwatch fordert Limo-Steuer für überzuckerte Getränke

Martkstudie: 86 Prozent der Getränke für Kinder sind überzuckert

Ein Großteil der Getränke für Kinder ist überzuckert. Das ist das Ergebnis einer umfassenden Marktstudie der Verbraucherorganisation foodwatch. Demnach enthalten 117 von insgesamt 136 untersuchten Getränken (86 Prozent) mehr als fünf Gramm Zucker je 100 Milliliter. Für diesen Zuckergehalt wäre in Großbritannien die Limo-Steuer fällig. Im Schnitt enthielten die Limos, Energydrinks und Fruchtsaftgetränke 7,8 Prozent Zucker, das sind mehr als sechseinhalb Zuckerwürfel pro 250-Milliliter Glas. foodwatch forderte die Ampel-Regierung auf, endlich eine Limo-Steuer nach britischem Vorbild einzuführen. In Großbritannien haben die Hersteller als Folge der Steuer den Zuckergehalt in ihren Getränken stark reduziert. Und auch der Zuckerkonsum von Kindern sank. Zum Schutz der Kindergesundheit brauche es außerdem effektive Werbeschranken für ungesunde Produkte und eine gesetzliche Altersgrenze für den Verkauf von Energy-Drinks.  

„Der Konsum zuckerhaltiger Getränke im Kindes- und Jugendalter ist ein wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht, Diabetes und Herzerkrankungen. Wirksame Maßnahmen zur Reduktion des Süßgetränke-Konsums sind deshalb dringend notwendig”, sagte Prof. Dr. med. Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung Stoffwechsel und Ernährung an der Kinderklinik der Universität München.

Fläschchen mit Saugverschluss

Für die Marktstudie hat foodwatch in den fünf größten Supermärkten (Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Kaufland) sämtliche Getränke eingekauft, deren Verpackung Kinder und Jugendliche ansprechen soll, beispielsweise durch den Aufdruck von Tieren und Comicfiguren oder durch eine besonders „coole“ Produktgestaltung wie etwa bei Eistees oder Energydrinks. Getränke, die in einer fast ausschließlich von Kindern getrunkenen Darreichungsform verkauft werden, wurden ebenfalls einbezogen (Trinkpäckchen oder kleine Flaschen mit Saugverschluss). Zu den untersuchten Produkten gehören etwa Limonaden, Fruchtsäfte, Energydrinks, Mineralwasser und Eistees. Milchbasierte Getränke wurden nicht berücksichtigt. 

„Unsere Marktstudie zeigt: Ausgerechnet Getränke für Kinder und Jugendliche sind maßlos überzuckert. Es ist perfide und verantwortungslos, wie die Getränkeindustrie Kinder mit Zuckerbomben ködert und damit deren Gesundheit aus Spiel setzt”, sagte Luise Molling von foodwatch.

Einige Ergebnisse der foodwatch-Marktstudie im Überblick:

  • Mehr als jedes zweite Kindergetränk (57 Prozent) ist mit einem Zuckergehalt von über acht Gramm je 100 Milliliter stark überzuckert.
  • Das zuckrigste Getränk im Supermarkt, das eher an ältere Kinder beworben wird, ist der Energy Drink “Guava Flavour“ der Lidl-Eigenmarke „Kong Strong“. Er enthält 15,6 Gramm Zucker auf 100 Milliliter. Mit nur einer Dose nimmt ein Teenager 78 Gramm Zucker zu sich, das entspricht 26 Zuckerwürfeln und ist mehr als dreimal soviel, wie Kinder und Jugendliche maximal am Tag zu sich nehmen sollten.
  • Die bei Kindern beliebten Trinkpäckchen sind besonders stark gesüßt — sie enthalten im Durchschnitt ganze 8,6 Prozent Zucker.
  • Nur vier der 136 getesteten Produkte (drei Mineralwasser und ein Nektar) würden einen grünen Nutri-Score (A oder B) erhalten. Knapp ein Viertel (23 Prozent) würden mit einem gelben C gekennzeichnet (meist reine Säfte, Schorlen sowie süßstoffgesüßte Getränke).
  • Der Großteil der Kindergetränke, knapp drei Viertel (74 Prozent), erhielte einen orangenen oder roten Nutri-Score (D oder E).
  • Säfte sind auch keine gesunden Durstlöscher: Unter den zuckrigsten Getränken mit einem Zuckergehalt von über acht Gramm je 100 Milliliter finden sich auch viele reine Fruchtsäfte.
  • Lediglich drei der 136 Kindergetränke enthielten weder Zucker noch Süßstoffe.

Süßgetränke bilden eine Hauptquelle für den Zuckerkonsum von Minderjährigen

Mit nur einem 250-Milliliter-Glas eines durchschnittlich gesüßten Getränks nimmt ein Kind bereits knapp 20 Gramm Zucker und somit vier Fünftel der vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte maximal empfohlenen Tagesmenge an Zucker zu sich. Laut Weltgesundheitsorganisation gelten zuckrige Getränke als wesentliche Treiber für Adipositas und damit verbundene Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

„Bei der Prävention ernährungsbedingter Krankheiten versagt die deutsche Ernährungs- und Gesundheitspolitik auf ganzer Linie. Das Motto ist offenbar: Konzernprofit vor Kinderschutz”, kritisierte Luise Molling. Statt mit einer Limo-Steuer, umfassenden Werbeschranken und einer gesetzlichen Altersgrenze für den Verkauf von Energydrinks eine gesunde Kinderernährung zu fördern, setze man vor allem auf freiwillige Maßnahmen der Industrie. Eine Studie der TU München belegte erst kürzlich, dass die Getränkeindustrie ihren ohnehin wenig ambitionierten Zielen bei der Zuckerreduktion meilenweit hinterherhinkt. Zwischen 2015 und 2021 reduzierte sich der durchschnittliche Zuckergehalt in Erfrischungsgetränken lediglich um zwei Prozent, während in Großbritannien im gleichen Zeitraum durch die Limo-Steuer eine Reduktion um 29 Prozent erfolgt ist. Laut einer aktuellen Studie der Universität Cambridge sank damit auch der Zuckerkonsum bei Kindern und Erwachsenen. 

Quellen und weiterführende Informationen:

Quelle: FoodWatch




Die Bedeutung des Spiels in den Bildungsplänen der Länder

Aussagen, die in den Bildungsrichtlinien/Bildungsgrundsätzen und Bildungsprogrammen der Bundesländer zum Spiel auf- und ausgeführt sind

Jedes Bundesland hat Bildungsrichtlinien bzw. einen Bildungsplan bzw. eine Bildungskonzeption bzw. Bildungsempfehlungen für Kindertageseinrichtungen veröffentlicht, in denen mehr oder weniger ausführliche Hinweise zum Bedeutungswert des Spiels auf- und ausgeführt werden. Diese Ausführungstexte unterstützen damit die kindheitspädagogischen Fachkräfte, dem Spiel in der Praxis eine entsprechende Wertschätzung beizumessen und in die Praxis aufzunehmen. Gleichzeitig kann es hilfreich sein, die genannten Texte in die eigene Einrichtungskonzeption aufzunehmen oder den Text als Ausgangspunkt für einen Elternbrief oder einen Elternabend zu nutzen, um die Berücksichtigung des Spiels zu belegen. Es gilt daher, nicht nur die hohe und nicht zu vernachlässige Bedeutung des Spiels mit eigenen, persönlich orientierten Behauptungen vorzubringen, sondern den Spielgrundsatz „Spielen ist Lernen; es trägt entscheidend zu einer persönlichkeitsförderlichen Bildung, einer besseren Schulvorbereitung und einer nachhaltigen Lernbereitschaft bei“ fachlich zu belegen. Dazu dienen sowohl die vielen wissenschaftlich belegten Argumente als auch die bundeslandspezifischen Hinweise. Aus diesem Grund werden nun im folgenden die entscheidenden Aussagen exemplarisch aus acht Bundesländern vorgestellt:

„Das Recht des Kindes auf Spiel ist nicht nur ein Recht auf Erholung und Übung, sondern ein Recht auf Lebensfülle schlechthin; Spiel und Heiterkeit gehören zur Harmonie des menschlichen Wesens."
(Johann Christoph Friedrich GutsMuths)

In den Grundsätzen zur Bildungsförderung für Kinder von 0 – 10 Jahren des Landes Nordrhein-Westfalen finden sich folgende Aussagen:

„Die Bedeutung des Spiels für frühkindliche Bildungsprozesse im Elementarbereich. Spielen ist als eigenständige und schöpferische Leistung des Kindes zu begreifen. Das Spiel ist die wichtigste Form des selbstbestimmten, lustbetonten Lernens in der elementaren Bildung. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) […] Es verbindet immer einen Sinn mit dem Spiel und seinen Inhalten. […] Das Kind gebraucht seine Fantasie, um die Welt im Spiel seinen eigenen Vorstellungen entsprechend umzugestalten. Nur die Handlung, in der die Spielabsichten und Ziele des Kindes verwirklicht werden, ist wesentlich – und nicht das Ergebnis. Das Spiel stellt in besonders ausgeprägter Weise ein selbstbestimmtes Lernen mit allen Sinnen dar, mit starker emotionaler Beteiligung, mit geistigem und körperlichem Krafteinsatz. Es ist ein ganzheitliches Lernen, weil es die Entfaltung der Persönlichkeit des Kindes und seinen gesamten Entwicklungs- und Lernprozess fordert und fördert. Spielen und Lernen sind deshalb keine Gegensätze, sondern sind in vielerlei Hinsicht eins und gehören untrennbar zusammen. (S. 13)“ (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) „Die ureigene Ausdrucksform und das zentrale Mittel eines Kindes, sich seine Welt anzueignen, ist das Spiel. Von Anfang an setzt sich das Kind über das Spiel mit sich und seiner Umwelt auseinander; hierüber kann es seine Wahrnehmungen verarbeiten und neu strukturieren.  Spiel als bildender Prozess baut auf den sinnlichen, körperlichen, emotionalen, sozialen, kognitiven, ästhetischen und biografischen Erfahrungen auf, die das Kind gemacht hat. Es nutzt das Spiel, um seine Potenziale zu differenzieren, sie in neuen Situationen auszuprobieren, Erkenntnisse aus Erfahrungen neu zu ordnen bzw. zu erweitern und ihnen neuen Sinn zu geben. Das Spiel ist eine selbstbestimmte Tätigkeit des Kindes, in der es seine Lebenswirklichkeit konstruiert und rekonstruiert. Das Spiel dient dem Kind zur Vermittlung zwischen der Welt (Außen) und dem eigenen Ich (Innen). Im Spiel kann das Kind seine aktuellen Erfahrungen mithilfe der Fantasie so ‚umdeuten‘, dass sie zu seinen bisherigen Erfahrungen anschlussfähig sind.“ (S. 12)

Quellenhinweis: Kita-Portal.de / Leitfaden Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 – 10 NRW: Bildungsgrundsätze. Mehr Chancen durch Bildung von Anfang an. Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0-10 Jahren in Kindertagesbetreuung und Schulen im Primarbereich in Nordrhein-Westfalen.  Verlag Herder, 2. korrigierte Auflage 2018. https://www.kita.nrw.de/system/files/media/document/file/Bildungsgrundsaetze_Stand_2018.pdf

In der Bildungskonzeption für 0-10jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern sind folgende Aussagen zum Spiel enthalten:

„Dem Spiel kommt bei der Bildung und Erziehung von Kindern vor dem Schuleintritt eine grundlegende Bedeutung zu. Spielen und Lernen sind keine Gegensätze, denn spielen ist immer auch lernen. Das Spiel wurzelt in dem grundlegenden Bedürfnis des Kindes, sich mit seiner sozialen und materiellen Umwelt vertraut zu machen, sie zu begreifen und auf sie einzuwirken. Die treibenden Kräfte sind seine Neugier und seine Eigenaktivität. Kinder dieser Altersgruppe entdecken vor allem spielerisch ihre Welt und lernen so wichtige Dinge über sich, andere und über für sie wesentliche Zusammenhänge. Kinder erleben im Spiel ihre „Selbstwirksamkeit“. Das Spiel ist somit eine elementare Form des Lernens und bringt die Kinder in ihren Lern- und Entwicklungsprozessen, d. h. in der Aneignung von entwicklungsangemessenen Kompetenzen, entscheidend voran.“ (S.84)

Quellenhinweis: Bildungsserver MV/ Die Bildungskonzeption für 0-10jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern: Bildungskonzeption für 0-10-jährige Kinder in Mecklenburg-Vorpommern. Grundlage für die individuelle Förderung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege in Mecklenburg-Vorpommern. Hrsg.: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 2024. https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/bm/Publikationen/?id=24717&processor=veroeff

Im Sächsischen Bildungsplan finden sich folgende Ausführungen zum Spiel:

„Spiel im Alltag ist die Hauptaneignungstätigkeit der Kinder im Alter zwischen null und sechs Jahren. Aber auch für ältere Kinder ist der spielerische Zugang zur Welt entscheidend für ihre Entwicklung, denn Spielen ist Lebensbewältigung (Oerter 1993 und 2002) und Kultur hat ihren Ursprung im Spiel (vgl. Huizinga 1994). Im Spiel inszenieren Kinder sich selbst, ihre Erfahrungen, Potenziale, Stärken, aber auch Probleme, Schwächen und Konflikte. Dabei erproben und formulieren Mädchen und Jungen auch ihre Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit (vgl. Focks 2002). Erzieher/innen müssen deshalb wahrnehmen, was Kinder spielen und wie sie spielen, um zu erkennen, was jedes Kind im Spiel lernt, und ihre Wahrnehmungen unter einem geschlechtssensiblen Blickwinkel reflektieren.

Das kindliche Spiel selbst kann unter dieser Perspektive als wichtiger und eigenständiger Lernprozess gesehen werden, in welchen auch pädagogische Fachkräfte involviert sind. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Sie werden zu aktiven Beobachter/innen, die mit allen Sinnen das Spielgeschehen verfolgen. Sie leiten nicht an, sondern nehmen teil und liefern gegebenenfalls Spielanstöße. Sie nehmen die individuellen Prozesse und Themen der Kinder wahr, dokumentieren und reflektieren diese. Durch Erwachsene inszenierte Beschäftigungseinheiten und Spielangebote verfehlen ihr Ziel, wenn Spiel und Lernen als unabhängig voneinander in unterschiedlichen Situationen gedacht werden, denn im Spiel erschließen sich Kinder die sie umgebende Welt und lernen dabei. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

›Spiel könnte ein Modell für alle Formen von sozialen und sachlichen Beziehungen abgeben, in denen Räume der Freiheit im Verhältnis zwischen Subjekt und Welt verwirklicht werden.‹ (Schäfer 1995, S. 175) Spiel ist demnach für das Individuum als eigener Entwicklungs- und Lebensbereich wichtig, der in seiner Wirkung auf die gesamte Persönlichkeit Beachtung finden muss. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Das Subjekt kann im wahrsten Sinne des Wortes ›Spiel-Räume‹ finden, wenn es sich mit den inneren und äußeren Einflüssen – mit der Wirklichkeit – auseinandersetzt.

Spiel aktiviert und ist selbst Aktivität, Spiel regt dazu an, sich mit seiner Umwelt (Natur und Kultur, anderen Menschen) auseinander zu setzen. Kreativität und Phantasie scheinen das Fundament zu bilden, auf dem Individuen in der Lage sind, allein oder gemeinsam Probleme zu lösen und/oder einfach nur Freude am Tun zu entwickeln. Kommunikations- und Aushandlungsprozesse sind Voraussetzung und Ergebnis von Spielphasen in Kindertageseinrichtungen sowie in familiären Zusammenhängen; zum Teil sind sie sogar das Spiel selbst. Spiel kann aus diesem Grund nicht auf eine ergänzende, einübende oder Erholungsfunktion beschränkt werden. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Es hat einen ganz eigenen Stellenwert in den ersten Lebensjahren und darüber hinaus. Spielen findet an Orten und in Situationen statt, in denen Spielräume vorhanden, erreichbar und gestaltbar sind.

Eine Einengung der Spielphantasien wird nicht zuletzt vorgefertigtem Spielzeug, der immer dichter werdenden Besiedelung, der Mediatisierung von Kindheit oder dem Leistungsdruck angelastet. Dies trägt neben vielen Grundlagen und anderen Faktoren mit dazu bei, dass Kinder häufig nicht mehr in der Lage sind, aus Materialien wie Papier und Holz kreativ Neues entstehen zu lassen. Demgegenüber ermöglichen es Materialien, die eine vielfältige sinnliche Wahrnehmung zulassen (zum Beispiel Geruch, Struktur, Oberfläche und Farbe von Holz), den Kindern, eigene Ideen an den Gegenstand heranzutragen und diese spielerisch und ausprobierend umzusetzen. […] Begründer der frühkindlichen Pädagogik wie Friedrich Fröbel, Rudolf Steiner, Maria Montessori, Loris Malaguzzi oder andere in jüngster Zeit entstandene Konzepte haben sich intensiv mit dem Zusammenhang von Spielen und Lernen und der daraus resultierenden erzieherischen Rolle beschäftigt. Alle Autor/innen stellen die Bedeutung des kindlichen Spiels als wichtige Tätigkeit dar, bei der Kinder lernen und sich bilden. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

Das kindliche Spiel ist ein Ausdrucksmittel, in dem alle Sinne angesprochen werden, die zur Selbst- und Fremdwahrnehmung dienen. Kinder unterscheiden Spiel, Arbeit und Lernen nicht voneinander. Für sie hat alles spielerischen Charakter und ist veränderbar. Daraus resultierende pädagogische Situationen haben einen hohen Stellenwert. Bleibt der spielerische Charakter für Kinder und Erzieher/innen erhalten, sind sowohl angeleitete als auch freie Spiele sinnvoll. Kinder und Erwachsene können daher viel voneinander lernen, wenn sie gemeinsam in einer Atmosphäre der Anerkennung und emotionaler Zugewandtheit leben. Auf diese Weise können Kinder vielfältige Unterstützung erfahren und lernen, sich zu äußern, Freude zu erleben, mit Reaktionen auf ihr Verhalten umzugehen und sich ihrer Persönlichkeit zu entwickeln.

Es gilt, diese Lust zu erhalten, auch wenn das Kind spürt, dass das Lernen mit Mühe und Anstrengung verbunden sein kann. Entscheidend ist vor allem die Freude, welche gleichermaßen von Erwachsenen und Kindern empfunden wird, wenn sie gemeinsam spielen, erfinden, miteinander reden usw. (vgl. Göhlich 1992, S. 5). Spiel und Lernen bilden eine Einheit und beides kann nicht als voneinander getrennt aufgefasst werden.“ (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

(Kapitel 1.5, S. 24, 25)

Quellenhinweis: Kindertagesbetreuung-sachsen / Der Sächsische Bildungsplan – Kindertagesbetreuung
Sachsen: Der Sächsische Bildungsplan – ein Leitfaden für pädagogische Fachkräfte in Krippen, Kindergärten und Horten sowie für Kindertagespflege. Hrsg.: Sächsisches Ministerium für Kultus, Dresden, 2011. https://www.kita.sachsen.de/download/17_11_13_bildungsplan_leitfaden.pdf

Das Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege beschreibt die Bedeutung des Spiels in der Pädagogik wie folgt:

„Spiel ist die Hauptaneignungstätigkeit der Kinder. Spiel ist eine selbstbestimmte Tätigkeit, in der die Kinder ihre Lebenswirklichkeit konstruieren und rekonstruieren. Im Spiel setzen sich die Kinder schon früh mit ihrer Umwelt auseinander, sie erforschen, begreifen und erobern sich die Welt. Sie verbinden immer einen Sinn mit ihrem Spiel und seinen Inhalten. Für die Spielenden ist die Handlung wesentlich und nicht das Ergebnis. Im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung verändern sich auch die Spiele des Kindes. Zunächst setzt sich das Kind in sogenannten Wahrnehmungsspielen mit sich und seiner Umgebung auseinander. Später erschließt es sich die Funktion von Gegenständen und deren vielfältigen Handlungsmöglichkeiten. Von besonderer Bedeutung für die kindliche Entwicklung sind die Rollenspiele. Das Besondere des Rollenspiels besteht darin, dass Kinder das, was sie erlebt, erfahren, gesehen haben, mit Hilfe ihrer Phantasie in einer gedanklichen, »eingebildeten« Situation, rekonstruieren und neu entstehen lassen können. In selbstgewählten Themen und imaginären Spielhandlungen (in der sogenannten »Als-ob-Situation«) ist es den Mädchen und Jungen möglich, am sie so faszinierenden Leben der Erwachsenen teil zu haben, in die Phantasiewelt der Märchen einzudringen und die Welt zu erobern. Sie können vieles erleben und tun, was ihnen in der Wirklichkeit nicht möglich ist. Das phantasievolle Spiel ist für Kinder so eine Chance, sich mit Lebensbereichen und Welten auseinanderzusetzen, die ihnen im realen Leben (noch) nicht zugänglich sind. Dabei ist zu beachten, Kinder können nur das spielen, was sie erlebt, gesehen, erfahren haben oder sich in ihrer Phantasie vorstellen können. Daraus ist der Stoff – der bedeutsame Inhalt – den Kinder im Spiel verarbeiten. Wo diese beeindruckenden Erlebnisse, Kenntnisse, Erfahrungen fehlen, wird auch das Spiel allmählich inhaltsärmer und langweilig. Insofern ist auch von Bedeutung, was außerhalb des Spiels los ist, welche bedeutsamen Eindrücke und Anregungen Kinder aus dem Alltag zu einem erfüllten Spiel inspirieren und welche Erfahrungen sie nutzen können. Indem Kinder ihre Erlebnisse – auch beängstigende Ereignisse – verarbeiten und zugleich Interesse entwickeln, Neues in Erfahrung zu bringen, um ihr Spiel noch besser spielen zu können, dringen sie tiefer in für sie bedeutsame Lebensbereiche ein. Im Spiel lernen die Kinder freiwillig und mit Spaß, über Versuch und Irrtum, aber ohne Versagensängste. Im Spiel stellen sie sich die Fragen selbst, erfinden bzw. suchen dazu die Antworten. Insofern kann das Spiel Anstoß geben, sich neues Wissen und Können anzueignen; es wird zur selbst motivierten Erkenntnisquelle. Je älter die Kinder werden, desto beliebter werden Regelspiele. Ein vorgegebenes Ziel, ein genauer Spielablauf und feste Regeln organisieren das Zusammenspiel. Die Einhaltung der Regeln wird zum bestimmenden Spielelement und ist Quelle der Lust.

Im Spiel können die Kinder auch ihr Bedürfnis nach sozialen Kontakten zu Erwachsenen und zu anderen Kindern, nach Unterhaltung und Humor befriedigen. Es bietet den jüngeren und älteren Kindern vielfältige Möglichkeiten, selbstbestimmt zu handeln und mitzubestimmen, es fordert dazu geradezu heraus. Im frühkindlichen Alter ist Spielen die bedeutsamste und wirkungsvollste Art des Lernens. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Das Spiel ist Lernen mit allen Sinnen, mit starker emotionaler Beteiligung, mit geistigem und körperlichem Krafteinsatz. Es fordert und fördert die ganze Person. Wenn sich Kinder im Spiel zusammenfinden, tun sie das eben nicht, weil sie etwas lernen, sondern weil sie spielen wollen. Festgelegte pädagogische Zwecksetzungen sind dem Spiel fremd, sie zerstören das Spiel. Das Interesse am Spielvorhaben und der Inhalt des Spiels führen die Kinder zusammen. Der Inhalt des jeweiligen Spiels gibt ihnen die Handlungen, die Art des Verhaltens, der Beziehungen untereinander vor. Dadurch entwickeln sie von sich aus körperliche und geistige Anstrengung, Ausdauer und Konzentration, Einfallsreichtum und Flexibilität, Sorgfalt und Tempo, Bewältigung von Schwierigkeiten, die Einhaltung von Regeln. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) All das fordert sich das Kind im Spiel selbst ab. Es ist für Kinder ein ernstes und wichtiges Tun, ein selbstbestimmtes und ganzheitliches Lernen mit starker emotionaler Beteiligung, mit geistiger und körperlicher Anstrengung. Spielen hat einen hohen eigenständigen Wert, den kein noch so gut geplantes Frühförderprogramm ersetzen kann. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)Und auch das im Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebene »Recht auf Spiel« verpflichtet alle, die für die kindliche Entwicklung Verantwortung tragen, Voraussetzungen und notwendige Bedingungen für ein erlebnisreiches, erfülltes Spiel vom jüngsten Alter an zu sichern.“ (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) (S. 38, 39)

Quellenhinweis: Berlin.de/ Frühe Bildung in der Kita
Berlin: Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege. Hrsg.: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berlin, Aktualisierte Neuauflage 2014. https://www.berlin.de/sen/bildung/schule/bildungswege/fruehkindliche-bildung/#bildungsprogramm

In den Leitlinien zum Bildungsauftrag in den Kindertagesstätten des Landes Schleswig-Holstein, Erfolgreich starten äußern sich die Autorin, Prof. Dr. Raingard Knauer und der Autor Rüdiger Hansen wie folgt zum Spiel in der Elementarpädagogik:

„Spiel wird traditionell gekennzeichnet als freiwilliges, lustvolles, eher prozessorientiertes, symbolisches (so tun als ob) Geschehen (vgl. z. B. Einsiedler 1999, S. 15). Spielen und Bildung sind nach dem Bildungsverständnis, das den Leitlinien zugrunde liegt, keine Gegensätze. Spielen ist eine wichtige kindliche Form der Aneignung von Welt. ‚Im Spiel vollzieht sich Einübung, Entlastung, Aneignung,

Austragen von Kräfteverhältnissen, symbolische Weltdeutung, seelische Heilung und vieles mehr‘ (Schäfer 2003, S. 72). Wenn sich ein Kind einem Gegenstand oder einer Tätigkeit zuwendet und sich damit lustvoll auseinandersetzt, unterscheidet es nicht zwischen Spiel und Lernen. Kinder spielen nicht, um zu lernen. Aber sie lernen und bilden sich, wenn sie spielen. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Auch im Spiel beschäftigen sich Kinder mit den Bildungsbereichen: beim Toben, beim Kreisspiel, beim Bauen mit Klötzen, beim Rollenspiel. Wenn pädagogische Fachkräfte Kinder beim Spiel beobachten, können sie viel über die Bildungsaktivitäten des Kindes erfahren. Das Spiel ermöglicht dem Kind, seine Welterfahrungen im eigenen Rhythmus, mit allen Sinnen und aus unterschiedlichen Perspektiven zu vertiefen, zu wiederholen und zu üben.

‚Spiel …
schafft Wissen durch reiches und sinnvolles Tun;
stellt Anforderungen an die Fähigkeit, Dinge zu deuten;
beeinflusst die kognitive Entwicklung durch Denken in Symbolen;
bietet Erfahrungen mit Metakommunikation, Bedeutung und Kontext;
bietet durch gemeinsames Tun die Basis für kommunikative Kompetenz;
ist Ausdruck der individuellen Interpretation von Erlebnissen und Erfahrungen;
reflektiert Entwicklung, beeinflusst Entwicklung, hat Entwicklung zur Folge;
ermöglicht die Übertragung der Kultur.‘
(Pramling Samuelsson, Asplund Carlsson Maj (2007): Spielend lernen. Stärkung lernmethodischer Kompetenzen, Troisdorf 2007, S. 40).

(S. 50)

Quellenhinweis: schleswig-holstein.de / Leitlinien zum Bildungsauftrag in Kindertagesstätten
Schleswig-Holstein: Erfolgreich starten. Leitlinien zum Bildungsauftrag von Kindertagesstätten. Hrsg.: Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein, Kiel 2020. https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/VIII/Service/Broschueren/Broschueren_VIII/Kita/BildungsleitlinienDeutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Im Orientierungsplan für Bildung und Erziehung des Landes Niedersachsen finden sich folgende Ausführungen zum Bedeutungswert „Spiel“:

„Wir verstehen somit das Kind als aktiven, kompetenten Akteur seines Lernens, nicht als Objekt der Bildungsbemühungen anderer. Mit diesem Leitbild betonen wir die Subjektivität des Bildungsprozesses und die Wissbegierde des kleinen Kindes bei der neugierigen Erkundung seiner Welt. Das Kind lernt rasch und folgt mit einer für Erwachsene erstaunlichen Ausdauer seinen eigenen Interessen und Themen. Kindern Zeit zu lassen, ihren eigenen Rhythmus dabei zu finden, ist ein wichtiger Aspekt der Bildungsbegleitung.Das zeigt sich besonders im Spiel. Die Fähigkeit zu spielen ist dem Menschen genauso angeboren wie das Sprachvermögen. Und ebenso, wie Sprache und Sprechen sich nur in einem sprachlich anregenden Milieu gut entwickeln können, bedarf das Spiel der Kinder förderlicher Bedingungen, um einen Reichtum an Erfahrungen zu ermöglichen. Für das Krippen- und Kindergartenkind ist das Spiel die wichtigste Form der handelnden Auseinandersetzung mit seiner inneren und äußeren Welt. Es ist seine bevorzugte Methode zu lernen. Deshalb gibt es im Grunde nichts Ernsthafteres für die Kinder als das Spiel, in welchem sie sich ihre eigene Welt schaffen. (S. 11) (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) […] „In den ersten Lebensjahren bilden Kinder ihre kognitiven Fähigkeiten aus, indem sie Erfahrungen auf der Grundlage sinnlicher Wahrnehmungen machen und daraus mittels der Sprache oder auf andere Weise ihr Bild von der Welt ordnen. Das geschieht beim Spiel und bei allen weiteren Formen handelnder Auseinandersetzung mit Menschen und Dingen.“ (S. 16) (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) […] „Wenn Kinder bildnerische, musikalische oder sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten zur Darstellung eigener Ideen oder der eigenen Persönlichkeit zur Verfügung haben, wird ihre Kreativität gefördert. An dieser Stelle ist Kreativität besonders zu verstehen als kognitive Fähigkeit zur Hypothesenbildung und als Kompetenz, Probleme zu lösen. (S. 17) […] Für die sprachliche Bildung haben sich musikalische und rhythmische Formen wie Lieder, Reime, Singspiele und Ähnliches, verbunden mit Bewegung, als besonders wirkungsvoll erwiesen. Kinder lernen hierbei ganz beiläufig den besonderen Sprachrhythmus und den Satzbau der (deutschen) Sprache intensiv(er) kennen, erweitern ihren Wortschatz und begegnen der Sprache in einer Weise, die Kindern besonders viel Freude macht.“ (S. 21) […]  „Das freie Spiel in der Kindergruppe ist für Kinder eine elementare Form der Weltaneignung. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Die gezielte Beobachtung und eine sensible Wahrnehmungsfähigkeit der Fachkräfte spielen hierfür eine große Rolle. Mit einem breiten Methodenrepertoire an passenden Angeboten – von einer Anregung zum Rollenspiel bis hin zur Hilfestellung für Konfliktlösungen – setzen sie entwicklungsfördernde Impulse, die in das Freispiel der Kinder einfließen können.“ (S. 33) […] „In jeder Kultur ist das Kinderspiel elementar, jedes Kind »muss« spielen. In der Altersgruppe der Null bis Sechsjährigen kommt dem Spiel die Schlüsselrolle beim Lernen und bei der emotionalen Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Das Spiel vermittelt die kulturellen Werte und Lebensformen der jeweiligenGesellschaft. Im Spiel erproben Mädchen und Jungendie Handlungsweisen der sie umgebenden Erwachsenen. Sie nehmen sich als Vorbild, was sie in ihrerUmgebung erleben und machen es nach, ohne den moralischen Wert der Handlung zu beurteilen. Heute haben nur wenige Kinder die Gelegenheit, z. B. die Arbeitsprozesse der Erwachsenen unmittelbar mitzuerleben. Kinder verarbeiten im Spiel immer mehr auch die Eindrücke aus Fernsehen, Video und digitalen Angeboten wie Streamingdiensten. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Das Allerwichtigste in der Umgebung des Kindes sind Erwachsene, die selbst sinnvolle, zum Leben gehörende Tätigkeiten ausüben. Kinder spielen aus eigenem Antrieb, sie konstruieren und rekonstruieren im Spiel soziale Beziehungen, sie schaffen sich die passenden Bedingungen und verhalten sich so, als wäre das Spiel Wirklichkeit. Das Phänomen des freien Spiels ist seine Zwecklosigkeit. Gleichwohl verläuft das Spiel nicht willkürlich, sondern beim genauen Beobachten erkennt man gestaltende Faktoren und einen in sich geordneten Ablauf. Mit ihrer Phantasie und allen ihren körperlichen und geistigen Kräften gestalten Kinder im Spiel die Welt nach ihren Vorstellungen. Sie erproben Stärken und Schwächen und sie setzen sich mit Rollen auseinander – freiwillig und mit Spaß, mit Versuch und Irrtum und ohne Angst, denn das Spiel kann von ihnen selbst jederzeit verändert oder abgebrochen werden. Wesentlich für das Spiel ist die Handlung, nicht das Ergebnis. Kinder spielen allein und mit anderen Kindern zusammen: Die Spielart kann sich ständig wandeln – von einer kleineren zur größeren Gruppe, von der Einzeltätigkeit ins Rollenspiel. Spiele sind die tätige Auseinandersetzung des Kindes mit seiner inneren und äußeren Umwelt und ein »Begreifen« von Zusammenhängen mit allen Sinnen: Ein Kind im frühesten Lebensalter kommt vom Greifen des Spielzeugs über das Ausprobieren zu einem Verstehen der elementaren physikalischen Gesetze (z. B. der Schwerkraft) bis hin zum Konstruktionspiel (z. B. erbauen von Buden, eines Bergwerks etc.). Um zum Begriff des Denkens zu kommen, muss ein Begreifen im Physisch-Sinnlichen vorausgehen – also vom Greifen zum Begreifen. Eine andere Form des Spiels ist das Verwandlungs- bzw. das Rollenspiel, Gefühle, Sprache und Phantasie stehen hier im Vordergrund. Es ist nicht der Sinn des Spieles, ein bestimmtes Ergebnis hervorzubringen. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Es erprobt aber gleichsam als Nebenprodukt verschiedene Fähigkeiten, wie die sinnliche Wahrnehmung, die Entwicklung der Grob- und Feinmotorik sowie Sorgfalt, Interesse, Konzentration, Problembewältigung, Ausdauer, Rücksicht, Geduld und vieles mehr. Das Kind benötigt zum Spielen Zeit und eine vertraute Umgebung, in der es sich sicher fühlt.“ (S. 36)(Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

Quellenhinweis: Niedersächsisches Kultusministerium / Orientierungsplan für Bildung und Erziehung
Niedersachsen: Orientierungsplan für Bildung und Erziehung. Hrsg.: Niedersächsisches Kultusministerium. Hannover 2023. https://bildungsportal-niedersachsen.de/fruehkindliche-bildung/bildungsauftrag/orientierungsplan

In den Bayerischen Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende der Grundschulzeit lassen sich zum Bedeutungswert des Spiels in der Elementarpädagogik folgende Aussagen finden:

Das Spiel ist die ureigenste Ausdrucksform des Kindes.  Von Anfang an setzt sich das Kind über das Spiel mit sich und seiner Umwelt auseinander. Das Spiel zeichnet sich insbesondere durch zwei Kriterien aus, nämlich die Zweckfreiheit der Spielhandlung und Veränderung des Realitätsbezugs durch das Spiel. Im Spiel wird eine eigene Realität im Denken und Handeln konstruiert – bis zu den Grenzen der eigenen Fantasie ist alles möglich. In vielen ihrer Spiele können sie ihre Alltagseindrücke schöpferisch verarbeiten, sich das Leben mit eigenen Mitteln handhabbar machen. Spiel- und Lebenswelt sind damit eng verknüpft. […]

Spielen und Lernen sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille, haben mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede – beide stellen eine Beziehung zur Umwelt her und streben nach Einsicht und Sinn. Zugleich sind sie eng miteinander verknüpft. Freie Lernprozesse sind immer auch Lernprozesse, denn Kinder lernen zumindest beiläufig durch Spielen. Das Spiel ist die elementare Form des Lernens.“ (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

(S. 18, 19)

Quellenhinweis: Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. / Bayerische Bildungsleitlinie Kindertagesbetreuung
Bayern: Gemeinsam Verantwortung tragen. Bayerische Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende der Grundschulzeit. Hrsg.: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration + Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. München 2019. https://www.ifp.bayern/files/media/ifp/public/books/bildungs-erziehungsplan/62/index.html

Im Hessischen Bildungsplan, der unter der Projektleitung von Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilios Fthenakis entstanden ist, wird in folgender Weise auf das Spiel in der Elementarpädagogik eingegangen: 

Das Spiel ist die ureigenste Ausdrucksform des Kindes und im Kindesalter ein zentrales Mittel, seine Entwicklungsaufgaben und Lebensrealität zu bewältigen. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Von Anfang an setzt sich das Kind über das Spiel mit sich und seiner Umwelt auseinander. Im Spiel der Kinder lässt sich beobachten, wie sie die Realität nachspielen bzw. nachgestalten oder wechseln, indem sie sich in eine andere Welt begeben (z.B. Märchen-, Medienwelt). Kinder entwickeln hierbei Wünsche, die sie real noch nicht erfüllen können; sie wollen vor allem groß und stark sein und dieselben Tätigkeiten ausführen wie Erwachsene. Trotz seiner Vielfalt zeichnet sich ihr Spielverhalten durch drei Merkmale aus. Diese betreffen die Zweckfreiheit der Spielhandlung, die allein aufgrund ihres Anregungspotentials ausgeführt wird, die Konstruktion einer eigenen Realität im Spiel (eingebildete Situation) und die Wiederholung der Spielhandlungen, die damit den Charakter eines Rituals annehmen.

Es gibt verschiedene Formen des Spiels: sensumotorisches Spiel, erkundendes Informationsspiel, Konstruktionsspiel, Als-ob-Spiel (Symbol-, Fiktionsspiel), Rollen- und Regelspiel. Aus der Kindesperspektive zeigt sich der Sinn des Spiels in dessen existentiellen Wirkung. Kinder können sich in ihren Spielhandlungen lustvoll versenken und dabei in einen intensiven Austausch mit ihrer Umwelt treten. Dies ermöglicht ihnen wiederum Probleme im Sinne von Erfahrungen, die sie noch nicht einordnen können, im Spiel weiter zu verarbeiten und zu bewältigen. Die im Spiel zu bewältigenden Probleme betreffen zum einen Entwicklungsthematiken; dazu zählen insbesondere das Ausspielen von Macht und Kontrolle, von Allmachtsphantasien (z.B. Tiere fliegen lassen, vorgeben, selbst zu fliegen) oder der Herrschaft über Leben und Tod (z.B. Spielfiguren sterben und wieder lebendig werden lassen) sowie der Wunsch nach Herausbildung eines Selbst bzw. einer Identität (z.B. Spiele, in denen Kinder das Thema Ablösung und Abgrenzung aufgreifen). Zum anderen befassen sich Kinder im Spiel mit Beziehungsthematiken, d.h. mit jenen Erfahrungen und Problemen, die Kinder in ihren sozialen Beziehungen mit Erwachsenen und Gleichaltrigen erleben. Das Spiel bringt Kinder in ihren Lern- und Entwicklungsprozessen voran. Spielen und Lernen sind daher keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille – beide stellen eine Beziehung zur Umwelt her und streben nach Einsicht und Sinn. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

Zugleich sind sie eng miteinander verknüpft. Freie Spielprozesse sind immer auch Lernprozesse, denn Kinder lernen zumindest beiläufig durch Spielen. Das Spiel ist die elementare Form des Lernens. Und es ist Auslöser und integraler Bestandteil geplanter und moderierter Bildungsprozesse mit den Kindern. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) So gehen z.B. viele Projekte aus Spielprozessen hervor, zugleich durchdringen sich Spiel- und Projekttätigkeit. Vor diesem Hintergrund verwischen die Grenzen zwischen der herkömmlichen Trennung von Freispielprozessen und geplanten Bildungsprozessen zunehmend. Im Rahmen von Projekten können Freispielphasen enthalten sein, in denen sich die Kinder weiterhin mit dem Projektthema allein oder mit anderen Kindern auseinandersetzen. Die Qualität der Freispielprozesse lässt sich durch gezielte Unterstützungsmaßnahmen erhöhen.

In den Jahren bis zur Einschulung herrschen informelle und nonformale spielerische Lernformen vor. Grundlagen elementarer Bildungsprozesse bleiben sinnliche Wahrnehmung, Bewegung, Spiel und kommunikativer Austausch. Aber zugleich will kein Kind nur spielen, es will auch mit realem Leben und ernsthaftem Tun befasst sein.

Die Höhergewichtung des elementaren Bildungsauftrags hat zur Konsequenz, dass sich das beiläufige Lernen der Kinder bei ihrem Spiel zum spielerischen Lernen hin entwickelt. Dem spielerischen Lernen wird mehr systematische Begleitung und didaktische Aufbereitung zuteil. Freispiel ist wichtig, muss jedoch in angemessenem Verhältnis zu Lernaktivitäten stehen, die die Erwachsenen planen und initiieren. Das tägliche Erleben strukturierter Situationen als Lernmodell ist wesentlich. Die stimulierende und herausfordernde Funktion geplanter und gemeinsamer Lernaktivitäten in der Gruppe bringt Kinder in ihrer sozialen und kognitiven Entwicklung weiter. Wohlbefinden und Lernbereitschaft der Kinder hängen entscheidend von den Einstellungen und Kompetenzen der erwachsenen Bezugspersonen ab. Sie haben die Aufgabe, die kindlichen Lerninteressen wach zu halten, zu pflegen und herauszufordern. Kinder profitieren von vielfältigen Lernangeboten, aus denen sie möglichst oft selbstständig auswählen können.“ (S. 31)

Quellenhinweis: hessen.de/ Bildung von Anfang an
Hessen: Bildung von Anfang an. Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 – 10 Jahren in Hessen Hrsg.: Hessisches Ministerium für Soziales und Integration/ Hessisches Kultusministerium. 9. Aufl. 2019. https://sts-ghrf-ruesselsheim.bildung.hessen.de/modul/diagnostizieren_foerdern_beurteilen/bep_2019_web.pdf


Bücher von Armin Krenz bei Burckhardthaus


Der baden-württembergische Orientierungsplan für Bildung und Erziehung schätzt den Wert des Spiels in der Elementarpädagogik mit den folgenden Ausführungen ein:   

„ ‚Spiel ist nicht Spielerei, es hat hohen Ernst und tiefe Bedeutung‘ Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782–1852), deutscher Pädagoge und Gründer des ersten Kindergartens in Blankenburg/Thüringen, 1840 prägte er den Begriff ‚Kindergarten‘, der in den pädagogischen Sprachschatz der ganzen Welt einging.

Lernen und Spielen sind für Kinder ein und dasselbe. Im Spiel verwirklichen sich sowohl die allgemein menschlichen Lerngrundsätze wie auch die spezifischen Bedingungen des kindlichen Lernens auf ideale Weise. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

Der weltbekannte ungarische Musikpädagoge und Komponist Zoltan Kodaly wurde in den 50er Jahren im Rahmen einer Hörfunksendung im Radio Budapest gefragt, wie Eltern eigentlich den Lernerfolg ihres Kindes im Kindergarten und Schule kontrollieren könnten. Seine Antwort: ‚Liebe Eltern, wenn ein Kind nach Hause kommt und berichtet, dass es heute viel gelernt habe, dann seien Sie bitte sehr vorsichtig, weil das Kind möglicherweise nur wenig gelernt hat. Kommt das Kind hingegen nach Hause und berichtet, dass heute gut gespielt wurde, dann dürfen Sie sehr zufrieden sein, weil das Kind dann mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr viel gelernt hat!‘ ‚Im Kindergarten wird gespielt, in der Schule wird gelernt!‘ Viele Erwachsene fassen Spielen und Lernen als Gegensätze auf. ‚Lasst sie noch ein paar Jahre spielen, der Ernst des Lebens beginnt früh genug!‘ – war dann auch die häufig zu hörende Begründung dafür, Kinder vom Schulbesuch zurückzustellen. ‚Er ist doch noch viel zu verspielt für die Schule!‘ – ‚Verspielt sein‘ wird oft noch als Symptom mangelnder Schulfähigkeit betrachtet.

Ist es wirklich so, dass im Kindergarten nicht gelernt wird, dass das Spielen mit der Kindergartenzeit aufhört, dass in der Schule kein Platz fürs Spielen ist, dass Spielen und Lernen Gegensätze sind? Spielen ist die dem Kind eigene Art, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen, sie zu erforschen, zu begreifen, zu ‚erobern‘. Bei dieser scheinbar so mühelosen, dem inneren Antrieb folgenden, oft in die Sache versunkenen Beschäftigung durchläuft das Kind die wichtigsten Lern- und Entwicklungsprozesse der frühen Lebensjahre. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

Es setzt sich mit seiner dinglichen Umwelt auseinander: Das Baby greift neugierig und lustvoll nach einer Rassel oder einem anderen Gegenstand, führt ihn immer und immer wieder zum Mund und lernt dabei, ihn mit den kleinen Händen zu halten und zu bewegen und ‚begreift‘ dabei eine ganze Menge darüber, wie es die Dinge seiner Umgebung benutzen kann. Die Dinge selber sind dabei gar nicht so wichtig, wichtig ist die Auseinandersetzung mit ihnen, denn darin liegt der Lerneffekt. So müssen Onkel oder Tante manchmal frustriert feststellen, dass das mitgebrachte Holzauto gar nicht die primäre Aufmerksamkeit des kleinen Neffen findet, sondern das raschelnde Einpackpapier und die farbige Verpackungskordel zunächst viel interessanter sind. Mit der zunehmenden Mobilität des Kleinkindes wächst auch der Erfahrungsraum, die Menge der zu greifenden Gegenstände, die Entwicklung erweitert das ‚Spielfeld‘, gleichzeitig treibt die Lust zum Spielen das Kind auch in der Entwicklung seiner Mobilität voran: Durch das Sich-Hochziehen kommen ganz neue Dinge ins Blick- und Greiffeld, durch Gehen kommt man viel schneller zu neuen und interessanten Zielen als durch Krabbeln.

Aber Spielen ist nicht nur Auseinandersetzung mit der dinglichen Umgebung. Die soziale Umwelt, andere Menschen, sind vom ersten Tag an wichtig für das Kind. Das erste ‚soziale‘ Lächeln beim Anblick eines Gesichts fasziniert die Eltern, später lernt das Kind andere Personen in sein Spiel einzubeziehen, Regeln zu beachten und es erkennt, dass auch andere – selbst die Eltern – Regeln einhalten müssen, wenn ein geordnetes Spiel entstehen soll. Mit der Handpuppe oder im Rollenspiel können fiktive und phantastische Situationen erlebt werden. Auch die dem Menschen eigene symbolische Darstellung der Welt und des eigenen Erlebens in der Sprache und im Denken wird zum Gegenstand des Spiels und erfährt dadurch wieder neue Lernimpulse:

Es werden fremde Sprachen und Dialekte nachgeahmt, neue Wörter erfunden, Reime ausprobiert, Geheimsprachen vereinbart. In aller Regel empfinden Kinder auch das gemeinsame Singen und Musizieren als fröhliches Spiel. In Wirklichkeit aber haben sie gelernt, sich zu konzentrieren, auf andere zu hören, in Rhythmus, Takt und Tempo sicher zu sein, Gemeinschaft zu erleben und stolz auf die gemeinsam erbrachte Leistung zu sein. Gleichzeitig haben sie gelernt ihre Sprech- und Singstimme weiter zu schulen, ihren Wortschatz zu erweitern, eine Melodie mit Ausdruck zu versehen und ihre eigene Gefühlshaltung einzubringen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse haben ergeben, dass die Entwicklung des Spielverhaltens eine altersabhängige Reihenfolge hat, was sich interessanterweise über verschiedene Kulturen hinweg nachweisen lässt. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Als Ausdrucksform der kindlichen Entwicklung erweitern sich die Handlungsschemata und die Komplexität im Spiel mit zunehmendem Alter. ‚Das Spiel ist der Weg der Kinder zur Erkenntnis der Welt, in der sie leben.‘ Maxim Gorki (1868–1936), russischer Schriftsteller.

Spiel, Lernen und Entwicklung sind also untrennbar verbunden. Spiel ist notwendig für die kindlichen Lern- und Entwicklungsprozesse. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Die Rolle der Erwachsenen besteht dabei nicht nur darin, gefährliche Spielelemente zu verhindern, sondern auch darin, anregende Spielsituationen zu schaffen und vor allem, sich selber als Personen in das Spiel und damit in die Lernprozesse einzubringen: Andere Menschen sind ein wichtiger Teil der

Welt des Kindes, sie müssen deshalb auch eine Rolle in der Spielwelt des Kindes finden. Andere Menschen haben eigene Vorstellungen, Wünsche, Erwartungen, Ansprüche und Rechte. Auch das muss dem Kind vermittelt werden. Spielerisch werden auch die Grundlagen für die spätere Motivation des Kindes in der Schule, selbst im späteren Erwachsenenleben gelegt. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

Im Spiel kann das Kind zunächst etwa lernen, dass in bestimmten Situationen der Erfolg nicht vom Zufall oder von anderen Menschen, sondern ganz wesentlich von der eigenen Anstrengung abhängt. Diesen Zusammenhang von Anstrengung und Erfolg zu lernen setzt wiederum Selbstständigkeit voraus. Wenn dem Kind alles abgenommen wird, kann es die Wirkung des eigenen Verhaltens nicht lernen. Beim Spiel verleihen Kinder ihrem Tun Sinn und den Dingen Bedeutung. Fantasie- und Rollenspiele, motorische Spiele und Konstruktionsspiele, Regelspiele und alle anderen Spielformen müssen Platz haben in der Familie, im Kindergarten und in der Schule. Entscheidend für eine wirksame Entwicklungsförderung des einzelnen Kindes ist das didaktische Geschick der Erzieherin, der Lehrkräfte und gerade auch der Eltern.

Spielfähigkeit gehört zu den resilienzfördernden Faktoren. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Hochbegabte Kinder stehen mit ihren Spielideen

oftmals allein. Deshalb ist es wichtig, Spielfreundschaften anzubahnen und sie so in die Gemeinschaft zu integrieren. Weniger aktive und wenig initiative Kinder brauchen eher Anregungen, Unterstützung sowie geeignetes Spielmaterial. Dies trifft in besonderem Maße auf Kinder mit Beeinträchtigungen in ihrer Entwicklung oder mit Behinderungen zu. So sind Konstruktionsspiele bei Kindern mit motorischen Behinderungen nur dann erfolgreich, wenn das Material stabil und gut zu greifen ist. Kinder mit Sehbeeinträchtigungen benötigen z.B. kontrastreiche Spielpläne für Regelspiele und einen gut ausgeleuchteten ‚Spielplatz‘. Nur so ist es ihnen möglich sich erfolgreich an Spielen zu beteiligen und damit auch zu lernen.

Gemeinsame Spielprozesse fördern die Entwicklung der Kinder entscheidend und geben ihnen vielfältige Lernimpulse. (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor) Damit diese Spielprozesse gelingen, benötigen manche Kinder anfänglich die behutsame Einführung und einfühlsame Unterstützung von Erwachsenen. So können sie beispielsweise in Zweiersituationen allmählich an verschiedene Spielformen herangeführt werden, bevor ihnen das Spiel in der Gruppe gelingt. Wichtig ist, dass ihre Stärken und Fähigkeiten erkannt und im gemeinsamen Alltag aufgegriffen und gefördert werden. ‚Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.‘ Friedrich Schiller (1759–1805), deutscher Dichter, Dramatiker, Philosoph und Historiker.

Spielen mit seinen vielen verschiedenen Facetten muss eine Fortsetzung in der Schule finden, ob beim Musizieren ganz allgemein, bei Spielliedern im Fremdsprachenunterricht, im Rollenspiel beim Erlernen der verschiedenen Satzformen, bei Sprachspielen, bei den Stegreifspielen, welches das freie Sprechen unterstützt oder auch bei den vielen Mathematikspielen und beim Theaterspiel. Im Spiele ausdenken und Spiele erfinden sind kleine Kinder ganz groß und entwickeln kreative und planerische Fähigkeiten, deshalb sollten sie auch in der Schule dazu ermuntert und ermutigt werden. Lernen löst das Spielen nicht ab. Es findet seine natürliche Fortsetzung in der Schule, weil Lernen und Spielen untrennbar verbundene Elemente sind.“ (Anmerkung: hervorgehoben durch den Autor)

(S. 11 ff.)  

Quellenhinweis: kultus-bw.de / Orientierungsplan-KINDERGARTEN-BW
Baden-Württemberg: Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen Kindergärten und weiteren Kindertageseinrichtungen. Hrsg.: Ministerium für Kultus und Sport. Stuttgart 2011. https://kindergaerten.kultus-bw.de/site/pbs-bw-km-root/get/documents_E924028019/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/Projekte/kindergaerten-bw/Oplan/Material/KM-KIGA_Orientierungsplan_2011.pdf

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus einem aktuellen Buchmanuskript von Prof. Dr. Armin Krenz. Dieses Buch zur Bedeutung des Spiels in der Frühpädagogik wird Mitte Oktober 2024 bei Burckhardthaus erscheinen.




Jetzt anmelden zur Tagung „Friedens- und Konfliktfähigkeit von Kindern“

Jahrestagung-mobil

Jahrestagung 2024 der Deutschen Liga für das Kind am 18. Oktober in Berlin

Zu ihrer Jahrestagung lädt die Deutsche Liga für das Kind am 18. Oktober in Berlin ein. Die Tagung beleuchtet das Thema Friedens- und Konfliktfähigkeit sowohl aus globaler Sicht als auch bis in die Familie hinein und erörtert praxisnahe Impulse für den Alltag in Kindertageseinrichtungen. Die interdisziplinäre Jahrestagung richtet sich an alle Fachkräfte, die mit Kindern und Familien arbeiten, an Studierende und Auszubildende in diesem Feld, an Verantwortliche in Politik, Justiz und Verwaltung und an alle am Thema Interessierten.

Die Vorträge am Vormittag bilden die aktuelle Situation von Konflikten in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen ab

Sie beginnen mit einem Vortrag zu Flucht und Sicherheit auf der globalen Ebene von UNICEF Deutschland. Passend dazu erhellt Dr. Areej Zindler die Lebenssituation von traumatisierten geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Deutschland und daraus entstehende Handlungsbedarfe. Dr. Susanne Witte folgt mit einem Vortrag zu Gewalterfahrungen von Kindern in Familien und rückt den Fokus von einer globalen Perspektive auf die deutsche Ebene.

Dann ertönt der Startschuss für eine neue Filmreihe:

Sie soll sich sowohl mit gewaltfreier Erziehung als auch diskriminierungssensibler Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen. Am Nachmittag geht es um die Frage „Und jetzt?“. Dafür wird Dr. Tina Malti einen Vortrag zu den sozial-emotionalen Entwicklungspotenzialen von Kindern halten und ein Rahmenmodell vorstellen. Abschließend werden Uli Jäger und Musa Al Munaizel das Konzept der Friedenspädagogik inklusiver einiger Praxisbeispiele präsentieren und die Frage erörtern, wie wir eine Friedenskultur in Einrichtungen implementieren können.

Die Jahrestagung wird im Wissenschaftszentrum Berlin, Reichpietschufer 50, 10785 Berlin, stattfinden

Die Veranstaltung beginnt um 10:00 Uhr und endet um 15:45 Uhr. Anschließend findet in denselben Räumlichkeiten ab 16:00 Uhr die Mitgliederversammlung der Deutschen Liga für das Kind statt. Hier geht es zur Anmeldung

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Liga für das Kind e.V.




Dramatisch hohe Krankheitsausfälle beim Kita-Personal

Stellungnahme_Fachkraefte

Kita-Mitarbeitende sind deutlich häufiger krank als der Durchschnitt aller Berufsgruppen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kitas sind deutlich häufiger erkrankt als andere. Insbesondere die Ausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen liegen über dem Schnitt aller Berufsgruppen. Die Bertelsmann Stiftung und das Fachkräfte-Forum appellieren, die pädagogischen Fachkräfte zu entlasten und die Ausfallzeiten durch Vertretungen aufzufangen. Dafür braucht es nicht nur Geld. Die Vertretungskräfte müssen pädagogisch qualifiziert sein, damit sie im Sinne einer guten frühkindlichen Bildung handeln können.

Am häufigsten sind Kita-Beschäftigte im Jahr 2023 aufgrund von Atemwegsinfektionen krankheitsbedingt ausgefallen, auf Platz zwei folgen bereits psychische Erkrankungen. Insbesondere die Arbeitsunfähigkeitstage infolge psychischer Erkrankungen sind im Kita-Bereich in den letzten Jahren stark angestiegen sowie deutlich höher als im Schnitt aller Berufsgruppen. Krankheitstage führen zu einem Großteil der Ausfallzeiten beim Kita-Personal. Den übrigen Teil machen Urlaub und Fortbildung aus.  

Krankenstand_Kindertagesbetreuung_Publikation_Cover

Laut Berechnungen der Bertelsmann Stiftung lagen die Ausfallzeiten in den Kitas 2023 im bundesweiten Durchschnitt bei knapp 18 Prozent der jährlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft. In Ostdeutschland betragen die Ausfallzeiten sogar knapp ein Viertel des regulären Arbeitspensums, im Westen sind es rund 17 Prozent.

(Auswertung von Krankenkassendaten als PDF)

.

Hohe Krankenstände, weniger kindgerechtes Handeln, steigende Überlastung

Das Fachkräfte-Forum, das sich aus Kita-Fachkräften, Leitungskräften und Fachberater:innen aus allen Bundesländern zusammensetzt, mahnt an, dieses Problem gezielt anzugehen.

Stellungnahme_Fachkraefte_Forum-cover

In einem gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten Positionspapier zeigt das Forum die Folgen der Ausfallzeiten auf: „Viele Kitas stecken in einem Teufelskreis: Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt. An gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung ist vielerorts gar nicht mehr zu denken“, erklärt Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.

Bertelsmann Stiftung und Fachkräfte-Forum plädieren deshalb dafür, es gesetzlich zu verankern, dass Vertretungen durch qualifiziertes Personal für alle Ausfallzeiten finanziert werden. Denn lediglich in wenigen Bundesländern gibt es bisher konkrete Regelungen für eine verlässliche Vertretung. Legt man die aktuellen Ausfallzeiten je Bundesland zugrunde, müssten bundesweit zusätzlich knapp 97.000 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte für Vertretung eingestellt werden, davon 25.000 in Ost- und 72.000 in Westdeutschland. Dies würde zusätzliche Personalkosten von rund 5,8 Milliarden Euro pro Jahr verursachen. Dadurch ließe sich die Personalsituation in den Kitas zumindest kurzfristig stabilisieren.

Warnung vor weiterem Absenken der fachlichen Standards

Im Rahmen der Verhandlungen über die Fortsetzung des Kita-Qualitätsgesetzes sollten sich Bund und Länder auch auf einen gemeinsamen Standard einigen, der Vertretungen für Ausfallzeiten garantiert. Dafür braucht es jedoch genügend pädagogisch qualifiziertes Personal. Wie der „Fachkräfte-Radar für Kita und Grundschule“ der Bertelsmann Stiftung zeigt, gibt es aufgrund zurückgehender Kinderzahlen im Osten die Chance, freiwerdende Fachkräfte für Vertretungen zu nutzen. Dafür müssen die Länder jedoch die gesetzlichen Grundlagen für die Weiterbeschäftigung schaffen.

Dort, wo Personal fehlt, warnen Bertelsmann Stiftung und Fachkräfte-Forum davor, pädagogisch unzureichend qualifizierte Mitarbeitende auf die Personalbemessung anzurechnen. Das gilt insbesondere für die westlichen Bundesländer, wo entsprechende Tendenzen zunehmen.

„Beschäftigte ohne ausreichende pädagogische Qualifikation müssen in der Arbeit mit den Kindern enger durch die vorhandenen Fachkräfte begleitet werden – was deren Zeit noch mehr beansprucht“, so das Fachkräfte-Forum. Deshalb komme es darauf an, die pädagogische Qualifizierung von Quereinsteiger:innen berufsbegleitend voranzutreiben und bundesweite Standards für die fachliche Eignung festzulegen. „Kitas unterstützen Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In erster Linie sind sie aber für gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder verantwortlich – die gibt es aber nur mit qualifiziertem Personal“, betont Stein.

Zusatzinformationen:

Die Daten zu den Krankenständen stammen von der DAK-Gesundheit und beziehen sich auf die Jahre von 2020 bis 2023. Die Häufigkeit der Diagnosen kann Auswertungen der Techniker Krankenkasse entnommen werden. Für die Berechnung der Ausfallzeiten wurde Berlin zu Ostdeutschland gezählt, während die Krankenkassen das Bundesland krankenversicherungs- rechtlich Westdeutschland zuweisen. Bei den Urlaubstagen wurden zwei Regenerationstage berücksichtigt und die Kita-Schließtage abgezogen.

Über die Bertelsmann Stiftung: Menschen bewegen. Zukunft gestalten.

Die Bertelsmann Stiftung setzt sich dafür ein, dass alle an der Gesellschaft teilhaben können – politisch, wirtschaftlich und kulturell. Unsere Programme: Bildung und Next Generation, Demokratie und Zusammenhalt, Digitalisierung und Gemeinwohl, Europas Zukunft, Gesundheit, Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft. Dabei stellen wir die Menschen in den Mittelpunkt. Denn die Menschen sind es, die die Welt bewegen, verändern und besser machen können. Dafür erschließen wir Wissen, vermitteln Kompetenzen und erarbeiten Lösungen. Die gemeinnützige Bertelsmann Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet.

Weitere Informationen: www.bertelsmann-stiftung.de

Quelle: Pressemitteilung Bertelsmann Stiftung




Kreativität macht glücklich und erfolgreich

Mehr Kunst und Handwerk könnten laut britischer Studie die öffentliche Gesundheit stärken

Das Ausleben der kreativen Seite könnte bei allen Menschen zu einer deutlichen Verbesserung ihres Wohlbefindens führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Anglia Ruskin University. Da Kunst und Handwerk vergleichsweise erschwinglich und zugänglich sind, könnte ein verbesserter Zugang für die Öffentlichkeit einen deutlichen Aufschwung für die öffentliche mentale Gesundheit ermöglichen. Laut der leitenden Wissenschaftlerin Helen Keyes konnten beim Handwerk und künstlerischen Aktivitäten starke Effekte darauf nachgewiesen werden, wie sehr Menschen ihr Leben als sinnvoll erachten. Die Studienergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Frontiers in Public Health“ publiziert.

Großes Sample untersucht

„Tatsächlich war die Auswirkung des Bastelns größer als die Auswirkung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses. Nicht nur bringt Handwerken ein Erfolgserlebnis mit sich, es ist auch ein sinnvoller Weg zur Selbstverwirklichung. Das ist bei einem Arbeitsverhältnis nicht immer der Fall“, so Keyes weiter. Das Forscherteam analysierte ein Sample bestehend aus 7.182 Personen, die an der jährlich durchgeführten Taking-Part-Umfrage des Department for Culture, Media, and Sport teilgenommen hatten.

Die Größe des Samples ermöglichte zudem, die Auswirkungen von kreativen Künsten allgemein zu untersuchen und half dabei zu beurteilen, wie wirksam derartige Interventionen außerhalb eines klinischen Umfelds sein könnten. Soziodemografische Variablen wie Geschlecht, Altersgruppe, Beschäftigungsstatus und das Ausmaß des Mangels wurden ebenfalls berücksichtigt. Eine schlechtere Gesundheit, Arbeitslosigkeit und eine größere Mangelerfahrung führten zum Beispiel zu einem geringeren Wohlbefinden.

Kreativität macht glücklicher

Die Teilnehmenden wurden ersucht, ihre Gefühle zu bewerten, und zwar in den Bereichen Glück, Angstgefühle und Lebenszufriedenheit. Außerdem sollten sie angeben, ob sie ihr Leben für lohnenswert hielten. Weiters wurde erhoben, wie oft sich diese Personen einsam fühlten. Auf die Frage nach handwerklichen Aktivitäten im letzten Jahr, gaben 37,4 Prozent an, dass sie solche zumindest einmal in den letzten zwölf Monaten durchgeführt bzw. daran teilgenommen hatten. Personen, die sich künstlerisch oder handwerklich betätigt hatten, waren glücklicher und mit ihrem Leben zufriedener. Sie verfügten auch über ein stärkeres Gefühl, dass ihr Leben einen Sinn hat. Daher bieten künstlerischen Aktivitäten laut Keyes und ihren Kollegen eine bedeutende Chance zur Verbesserung des öffentlichen Wohlergehens.

Moritz Bergmann/pressetext.redaktion


Kinderkunst und Kreativität

Praxis und Philosophie. Fantasie und Selbstbewusstsein fördern. Kunst mit Kindern: mehr als malen und basteln! Kreativbuch für Schule, Hort, Workshops und Kunstwerkstatt

„Kinder sind Künstler, wenn man sie lässt“ – davon ist Autor Helge Nyncke überzeugt. Dieses Buch stellt einfache, aber wirkungsvolle Kreativtechniken vor, die er selbst in langjähriger Projektarbeit mit Kindern erprobt und entwickelt hat. Sein kunstpädagogisches Buch zeigt auf, wie mit wenig Materialaufwand, aber viel Gespür für den kreativen Prozess, erfüllende künstlerische Arbeit mit Kindern funktionieren kann.

Hardcover, 198 Seiten, 29,7 x 21,0 cm
ISBN 978-3-910295-01-8
25 €

Mehr zu diesem Buch




Noch immer viel zu viel Zucker in der Ernährung

Studie der Uni Bonn untersucht Ernährung von Kindern und Jugendlichen und sieht weiteren Handlungsbedarf

Hohe Mengen an Zucker in unserer Ernährung werden als einer der Risikofaktoren für Übergewicht und chronische Erkrankungen diskutiert. Forscherinnen der Universität Bonn haben die Zuckerzufuhr von Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer Langzeitstudie ausgewertet. Das Ergebnis: Die Zuckerzufuhr sinkt seit 2010 kontinuierlich, liegt aber immer noch über der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Menge. Die Studie wird im European Journal of Nutrition veröffentlicht; sie ist bereits vorab online zugänglich.

„Unsere Analyse konzentriert sich auf die Aufnahme von freiem Zucker“, sagt Dr. Ines Perrar, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften (IEL) der Universität Bonn und Erstautorin der Studie. „Es wird diskutiert, ob Zucker, ebenso wie Salz und Fette, mit der Entstehung von chronischen Erkrankungen in Verbindung steht.“ Als freien Zucker definiert die WHO jeglichen Zucker einschließlich Honig, Sirup und Fruchtsaftkonzentraten, der vom Hersteller oder bei der Zubereitung von Speisen oder Getränken im Haushalt zugesetzt wird. Auch Zucker, der von Natur aus in Säften enthalten ist, zählt dazu.

Detaillierte Informationen zu Ernährung, Stoffwechsel, Entwicklung und Gesundheit

Für ihre Analyse nutzten die Forscherinnen des IEL die Daten der „Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed“ Kohortenstudie (DONALD). Seit 1985 sammelt die DONALD Studie detaillierte Informationen zu Ernährung, Stoffwechsel, Entwicklung und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. „Die Teilnehmenden wiegen und dokumentieren einmal jährlich an drei aufeinanderfolgenden Tagen alles, was sie essen und trinken“, erklärt Prof. Dr. Ute Nöthlings, Inhaberin der Professur für Ernährungsepidemiologie am IEL. „Mithilfe unserer institutseigenen Nährstoffdatenbank können wir daraus die Zufuhr bestimmter Nährstoffe, unter anderem freien Zucker, schätzen.“

Besonders Jugendliche konsumieren zu viel Zucker

Die Autorinnen werteten nun 4.218 dieser Drei-Tage-Wiegeprotokolle von 751 Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren aus, die zwischen 2010 und 2023 erfasst worden waren. „Wir konnten feststellen, dass die Zufuhr an freiem Zucker weiterhin rückläufig ist“, sagt Ines Perrar. „Dennoch liegt die tägliche Aufnahme im Schnitt noch immer über der Empfehlung der WHO und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die maximal zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr pro Tag empfehlen.“

Bewusstsein in der Bevölkerung wächst

Bereits 2019 hatte eine Auswertung der DONALD-Daten gezeigt, dass die Zufuhr an freiem Zucker seit 2005 abnimmt und 2016 im Median bei rund 16 Prozent der Tagesenergieaufnahme lag. Dieser Wert hat sich nun nochmals auf 11,7 Prozent verringert. Als möglichen Grund für diesen Trend vermuten die Forscherinnen ein gestiegenes Bewusstsein für die gesundheitlichen Folgen des Verzehrs einer zu großen Menge bestimmter zuckerhaltiger Lebensmittel, etwa mit Zucker gesüßter Getränke.

Ohne Zweifel ein Erfolg, aber die Forscherinnen verweisen auf Unterschiede in den Altersgruppen: „Wir sehen im Beobachtungszeitraum insbesondere bei Jugendlichen im Alter von sechs bis 14 Jahren eine relativ hohe Aufnahme von freiem Zucker um 15 Prozent. Mit zunehmendem Alter nimmt die Zufuhr dann deutlich ab“, sagt Ute Nöthlings, die nicht nur Leiterin der DONALD Studie, sondern auch Sprecherin des Transdisziplinären Forschungsbereichs (TRA) „Sustainable Futures“ sowie Mitglied im TRA „Life and Health“ der Universität Bonn ist.

Tatsächliche Zuckeraufnahme wahrscheinlich noch höher

Die Ergebnisse stützen die aktuelle Initiative der Bundespolitik, bis 2025 den Zuckergehalt von Frühstückszerealien, gesüßten Milchprodukten, Erfrischungsgetränken und Fruchtgetränken um mindestens 15 Prozent zu reduzieren. Die Forscherinnen weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Zuckerkonsum wahrscheinlich höher ist, als die Daten der Studie nahelegen. Zum einen besteht die Gefahr einer Untererfassung aufgrund des Selbstberichts der Ernährung durch die Probandinnen und Probanden. Zum anderen ist die Studie nicht repräsentativ, da aufgrund des umfangreichen Studiendesigns eher Familien mit höherem sozio-ökonomischem Status teilnehmen und hier ein tendenziell stärkeres Bewusstsein für Ernährungs- und Gesundheitsfragen zu erwarten ist.

Publikation  

Ines Perrar, Ute Alexy, Ute Nöthlings. “Intake of free sugar among children and adolescents in Germany declines – current results of the DONALD study”. European Journal of Nutrition, 2024, ISSN 1436-6215, https://link.springer.com/article/10.1007/s00394-024-03456-1

Quelle: Information der Uni Bonn




US-Pädagogen wollen Handy-Verbot an Schulen

Psychische Gesundheit der Kinder ist laut NEA-Umfrage durch die Nutzung von Mobiltelefonen in Gefahr

Fast 3000 befragte US-amerikanische Pädagogen der Primar- und Sekundarstufe (erste bis zwölfte Klasse) schlagen Alarm: Mobiltelefone gefährden laut aktueller Umfrage der National Education Association (NEA) die psychische Gesundheit, zwischenmenschliche Fähigkeiten und das Lernverhalten von Schülern. Menschen, die beruflich mit Kindern zu tun haben, von Schulleitern bis zu Kinderärzten, äußern sich schon länger besorgt über negativen Folgen von Smartphones und sozialen Medien auf Schüler – insbesondere seit der Pandemie. Aber dass sich so viele Pädagogen einhellig in dieser Weise äußern, hat laut NEA, der größten Lehrergewerkschaft der USA, eine neue Qualität.

Sicheres Lernumfeld gefährdet

„Die psychische Gesundheit von Schülern ist ein ernstes und wachsendes Problem für Eltern und Pädagogen, das durch die Nutzung sozialer Medien und privater Geräte in Schulen noch verschlimmert wird“, so die NEA-Vorsitzende Becky Pringle. „Jeder Schüler, ob schwarz oder weiß, asiatisch oder lateinamerikanisch, einheimisch oder neu zugewandert, hat ein einladendes und sicheres Lernumfeld verdient. Dieses Umfeld kann beeinträchtigt werden, wenn die sozialen Medien die Schüler in die Schule begleiten. Um das Wohlergehen der Schüler bestmöglich zu unterstützen, sind strenge, schulweite und lokal ausgearbeitete Richtlinien unerlässlich, die den Zugang zu persönlichen Geräten während des Schultages einschränken.“

Dazu ist offenbar eine Mehrheit der Pädagogen bereit. So äußern sich jedenfalls 90 Prozent der Befragten. Ebenso viele halten die Gefährdung der psychischen Gesundheit von Schülern für ein ernstes Problem. 75 Prozent zeigen sich besorgt über schädliche Auswirkungen wie Cybermobbing, die Störung der Entwicklung sozialer Fähigkeiten und den Verlust an Unterrichtszeit. Nur 31 Prozent sind der Meinung, dass die Nutzung von Mobiltelefonen den einzelnen Lehrkräften überlassen werden sollte.

Meinung der Pädagogen hat sich geändert

Die NEA-Umfrage spiegelt die veränderte Einstellung der Lehrer zur Handynutzung in der Schule wider. In einer Umfrage des Schulforschungsinstituts EdWeek Research Center, die vor etwas mehr als einem Jahr durchgeführt wurde, waren nur 24 Prozent der Lehrer der Meinung, dass Handys auf dem Schulgelände gänzlich verboten werden sollten. Jetzt scheint es so, als seien die meisten Pädagogen umgeschwenkt.

Im Juli dieses Jahres schrieb die unabhängige Gymnasialdirektorin Jody Passanisi in der „Education Week“ einen Artikel, laut dem sie ihren vor elf Jahren mit einem Kollegen vertretenen Standpunkt zur Handynutzung in Klassenzimmern zurückzog. Damals hatten sie den Nutzen von Smartphones im Klassenzimmer gepriesen. Heute lässt Passanisi keine Handys im Unterricht mehr zu.

Handy-Verbot kein Allheilmittel

Naomi Andrews von der Brock University war vor ein paar Monaten allerdings zu dem Schluss gekommen, dass ein Handy-Verbot in Klassenzimmern kaum etwas bringen würde. Das Verbot würde zwar die Ablenkung im Unterricht verringern, doch viele der zugrundeliegenden Probleme, die sich auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auswirken, würden damit nicht gelöst.

„Wir müssen den Ursachen für diese Probleme mehr Aufmerksamkeit schenken und die Schüler beim Erwerb wichtiger Kompetenzen unterstützen: Beim sozial-emotionalen Lernen, sozialer Medienkompetenz und Beziehungsfähigkeit“, sagt Andrews. Kollege David Hutchison ergänzt, dass Eltern, Lehrer und Sozialdienstleister eine wichtige Rolle bei der Förderung der psychischen Gesundheit junger Menschen spielen sollten. „Schulen sollten sichere Räume für Schüler schaffen, in denen sie darüber diskutieren können, wie sich die Nutzung sozialer Medien und von Mobiltelefonen mit ihrer sozialen Identität und ihrem Selbstwertgefühl überschneidet.“

Wolfgang Kempkens/pressetext.redaktion




Bund stellt vier Milliarden Euro für Kita-Qualität bereit

Kabinett beschließt Entwurf für weiterentwickeltes Kita-Qualitätsgesetz  

Das Bundeskabinett hat das Dritte Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung beschlossen. Es soll am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Damit setzt der Bund sein finanzielles Engagement bei der Verbesserung frühkindlicher Bildung und Betreuung fort und unterstützt die Länder auch in den kommenden zwei Jahren mit insgesamt rund vier Milliarden Euro.

Sieben Handlungsfelder für mehr Qualität

Mit dem weiterentwickelten Gesetz können die Länder künftig in sieben prioritäre Handlungsfelder investieren, die für die Qualität der Betreuung von besonderer Bedeutung sind:

  • Bedarfsgerechtes Angebot
  • Fachkraft-Kind-Schlüssel
  • Gewinnung und Sicherung qualifizierter Fachkräfte
  • Stärkung der Leitung
  • Förderung einer bedarfsgerechten, ausgewogenen und nachhaltigen Verpflegung und ausreichender Bewegung
  • Förderung der sprachlichen Bildung
  • Stärkung der Kindertagespflege

Drei der bisherigen Handlungsfelder – räumliche Gestaltung, Verbesserung der Steuerung des Systems und Bewältigung inhaltlicher Herausforderungen – entfallen künftig.

Für die Möglichkeit, Bundesmittel zur Beitragsentlastung zu verwenden, ist eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2025 vorgesehen. Der Anteil der Bundesmittel, den die Länder für Beitragsentlastung nutzen, ist seit Jahren rückgängig. Aktuell werden dafür rund 15 Prozent verwendet. Es steht den Ländern frei, durch die zusätzlichen Bundesmittel auch umzuschichten. Von einer Erhöhung von Kita-Gebühren geht das BMFSFJ deshalb nicht aus.

Weiterer Schwerpunkt: Fachkräftegewinnung und -sicherung

Fachkräfte sind einer der größten, wenn nicht der größte Engpass für den stabilen Kita-Betrieb. Deshalb führt der Bund die Vorgabe ein, dass jedes Land künftig mindestens eine Maßnahme zur Gewinnung und Sicherung von Fachkräften ergreifen muss. Das BMFSFJ setzt damit einen klaren Schwerpunkt bei diesem Handlungsfeld.

Hintergrund

Mit einer stärkeren Konzentration der Bundesmittel auf die Qualität in der frühkindlichen Bildung ist ein klares Ziel verbunden: in den kommenden zwei Jahren soll sich die Angleichung der Kita-Qualität in Deutschland weiter beschleunigen. Das Gesetz ist so ein Zwischenschritt für die Entwicklung nationaler Bildungsstandards in Abstimmung mit den Ländern, sobald die Voraussetzungen dafür vorliegen.  

In einer gemeinsamen Erklärung vom 27. März 2024 hatten die Jugend- und Familienministerinnen und -minister von Bund und Ländern ihr Ziel bekräftigt, die Kita-Qualität gemeinsam weiter voranzubringen und den weiteren Qualitätsprozess skizziert.

Seit 2019 unterstützt der Bund die Länder mit dem Kita-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetz (KiQuTG) dabei, die Qualität in Kitas und in der Kindertagespflege sowie die Teilhabe an der frühkindlichen Bildung zu verbessern.

Weitere Informationen finden Sie auf www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/schulterschluss-fuer-mehr-qualitaet-in-der-kindertagesbetreuung–237786

Quelle: Pressemitteilung BMFSFJ