Wie die Sensibilisierung für Zahngesundheit gelingt

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Die flächendeckende Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen – damit befasst sich die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg

Die flächendeckende Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen – damit befasst sich die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg (LAGZ). Die gemeinnützige Einrichtung feiert dieses Jahr ihr 70-jähriges. Doch wie genau wird diese Aufgabenstellung umgesetzt? Ein wesentlicher Bestandteil ist die Gruppenprophylaxe in Kindertagesstätten, Grund-, Haupt- und Förderschulen sowie an weiterführenden Schulen. Wie läuft das ab? Was passiert da eigentlich? Ein Blick hinter die Kulissen zeigt die tägliche Arbeit der Prophylaxe-Fachkräfte und den Umgang mit der jungen Generation.

Felix – der Hase – spickt durch die Türe. Das Kuscheltier will wissen, ob die Kinder schon bereit sind für seinen Auftritt. „Jaaaa!“, schallt es gemeinschaftlich aus dem Gruppenraum der Frösche. Später wird er auch noch das Team Tiger besuchen, um ihnen allerhand zur Mundhygiene zu erzählen. Mit im Schlepptau hat der kleine Geselle aus Fell einen riesigen Koffer. Was da wohl drin ist? Vesperbrötchen oder Gummistiefel? „Zahnsachen!“, behauptet der kleine Jonas ganz selbstbewusst.

Sowohl das Kuscheltier als auch der Koffer gehören zum Equipment von Petra Wulff. Die Prophylaxe-Fachkraft der LAGZ absolviert heute in einem Esslinger Kinderhaus ihre Termine. Bereits seit 1995 ist sie täglich im Dienst der Zahngesundheit unterwegs. Als Fachfrau für Zahngesundheit und Zahnmedizinische Fachangestellte arbeitete sie viele Jahre in einer Zahnarztpraxis, befasst sich mit der Individualprophylaxe der Patienten. Nach der Elternzeit entschied sie sich für die Tätigkeit bei der LAGZ.

Im Kindergarten hängen bunte Luftballons aus Papier an der Wand. Am Fenster kleben kreative Zeichnungen von Bäumen. Und an der Seite gluckert ein Aquarium. Die 15 Kinder sitzen im Stuhlkreis, freuen sich schon auf den angekündigten Besuch. Lukas im rot-weißen Ringelshirt ist total konzentriert, bohrt sich nervös in der Nase. Die Spannung ist groß, alle halten sich die Augen zu – dann zaubert Petra Wulff plötzlich eine große rote Zahnbürste aus dem Koffer.

Gruppenprophylaxe: breitenwirksam und flächendeckend

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Wer weiß etwas über Milchzähne? Die Kleinen sprudeln vor Begeisterung: „Bei Ben hat der Zahn schon mit vier gewackelt und mit fünf ist er dann rausgefallen“, weiß sein Nebensitzer zu berichten. „Ich habe hier einen Wackelzahn“, freut sich Mohammed und reißt den Mund weit auf, um mit dem Zeigefinger ganz tief hinein zu zeigen. „Hier hinten habe ich schon neue Zähne!“, sagt die sechsjährige Sana stolz. Und Jounes hat mitbekommen, dass die Leute im Altersheim nur noch zwei Zähne vorne unten haben.

Ob Karies- oder Parodontalprophylaxe, ob Ernährungsaufklärung oder -beratung, ob Früherkennung oder Zahnschmelzhärtung: Die qualifizierten Prophylaxe-Fachkräfte sind täglich im gesamten Bundesland unterwegs. Die Aufgabe besteht darin, Gruppenprophylaxe breitenwirksam und flächendeckend durchzuführen. Mehr als 200 Prophylaxe-Fachkräfte sowie Zahnärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind in Baden-Württemberg im Einsatz. Unterstützt werden sie von mehr als 700 niedergelassenen Zahnärzten, die als Patenzahnärzte agieren.

Valentino weiß, dass beim Hai die Zähne immer wieder nachwachsen. „Bei uns Menschen ist das nicht so, daher müssen wir auf unsere Zähne gut aufpassen und sie pflegen“, mahnt Petra Wulff. Jeder darf jetzt die XL-Zahnbürste in die Hand nehmen und hoch in die Luft strecken – aber nur, wer heute früh die Zähne auch geputzt hat. Das klappt bei allen gut – bis auf Jonas: „Meine Mama macht das auch nie, also ich auch nicht.“ Mohammed verrät, dass er morgens nur putzt, wenn er bei der Oma zu Besuch ist. Kira hingegen ist morgens und abends mit der Zahnbürste beschäftigt. Leticia hat manchmal keine Lust, vor allem wenn sie müde ist. „Ich putze nur morgens“, erwidert die kleine Mullai.

Fehlende Aufmerksamkeit im Elternhaus

Mit viel Einfühlungsvermögen, pädagogischem Fingerspitzengefühl und kindgerechter Ausdrucksweise erklärt Petra Wulff, dass Zähneputzen mindestens zwei Mal am Tag wichtig ist, völlig unabhängig von Herkunft oder Nationalität. Neben den gruppenprophylaktischen Maßnahmen geht es der LAGZ auch darum, Erziehungsberechtigte rund um Mundhygiene, Fluoridierungsmaßnahmen und gesunde Ernährung zu informieren. Wulff merkt an: „Die Kariesrisikogruppen werden immer größer, nicht in jedem Elternhaus ist Aufmerksamkeit für das Thema vorhanden. Was vor 20 Jahren noch wichtig war, verliert an Bedeutung, wird vielen Kindern nicht mehr vorgelebt.“ Dabei ist der Beitrag der Eltern ganz entscheidend für den langfristigen Erfolg, wie Wulff betont: „In der Kita wird geübt – Eltern putzen Kinderzähne sauber.“

Inzwischen hat sich Max, der blitzblank saubere und lächelnde Styroporzahn, zu den Kindern gesellt. Sein Bruder Moritz hingegen hat Zahnweh – kein Wunder, mit so einem großen schwarzen Loch. Sana zieht ihr Blümchenkleid zurecht und weiß sofort: das heißt Karies. Nikolas, der seinen Stoff-Dinosaurier nicht aus den Fingern lässt, ergänzt: „Der muss zum Zahnarzt!“ Wer isst Süßigkeiten zum Frühstück? Und wer hat gesunde Sachen dabei? Meryen mag den Apfel, wenn er hart ist und Ron die italienische Wurst. Benedikt zuckt erst die Schultern, dann fallen ihm die Reiswaffeln ein. Dass sich Zähne überhaupt nicht über Gummibärchen und andere Süßies freuen, da ist sich Ben sicher. Die anderen füllen die Liste auf mit Lollis, Zuckerwatte und Kakao.

Apropos Bakterien: „Die sind kleiner als Ameisen, kann man gar nicht sehen!“, stellt Jonas fest. Alle klatschen im Takt und sagen dabei im Chor die wichtigen Begriffe auf: Karies, Säure, Bakterien. Mit viel Interaktion, abwechslungsreicher Didaktik und Wiederholungen hält Wulff die Kinder bei der Stange. Immer wieder baut sie Bewegung ein, um die Aufmerksamkeit zurückzuerobern. Inzwischen ist auch Matteo im Sitzkreis auf dem Boden angekommen, anfangs wollte er weder seinen Namen nennen noch mitmachen. Dass viel Ideenreichtum bei der Mundhygiene gefragt ist, beweist die LAGZ mit ihren vielen Aktionen und Aktivitäten. So gibt es Hörspiele für Kindergarten und Grundschule, moderne Lehrfilme stehen seit 2023 als Material sowohl Eltern, pädagogischen Fachkräften als auch Kindern zur Verfügung. Während anfangs die unermüdlichen Fachkräfte noch mit Gebiss und Zahnbürste unterwegs waren, nutzen sie längst Maskottchen in Form von Handpuppen und zeitgemäße Videos.

Motorische Entwicklung bei Kindern

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„Habt ihr Lust auf Zähneputzen? Nehmen wir jetzt alle die große Zahnbürste nacheinander in den Mund?“, will Petra Wulff provokant wissen. Sie erntet ein lautstarkes „Neeeeee!“ in der Runde. Stattdessen trifft sich die Gruppe im Waschraum, jedes Kind darf sich aus der großen Tüte eine eigene neue Zahnbürste aussuchen.

Wo muss der Daumen hin? Wie viel Zahnpasta braucht es? Wie riecht die? Beim gemeinsamen Putzen geht es erst hin und her an den Backenzähnen, dann wird der Mund geschlossen, damit sich die Bürste rundherum im Kreis bewegt und anschließend in die Backenseite rutscht. Dass der dreijährige Benedikt das besonders gut kann, fällt Petra Wulff gleich auf. Und auch, welche Kinder in ihrer motorischen Entwicklung wie weit sind – erst recht, wenn daheim nur elektrisch geputzt wird.

1,5 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter bis 16 Jahren in etwa 7.000 Kindertagesstätten und rund 4.100 Schulen werden in Baden-Württemberg von der LAGZ begleitet. Hinzu kommt die frühkindliche Betreuung der unter Dreijährigen in Kindertagesstätten sowie die Betreuung von Menschen mit Behinderung. Die Gesundheitserziehung durch Stärkung von Kompetenz und Selbstverantwortung ist ein wesentlicher Aspekt. „Die Arbeit gibt mir viel, ich betreue Kinder zwischen einem Jahr und 15 Jahren. Jeder Tag ist anders und ich weiß nie, was mich in einer Einrichtung so erwartet“, reflektiert Wulff. Was ihr auffällt: dass viele Kinder nicht regelmäßig zum Zahnarzt gehen. Für die zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen zu sensibilisieren, gehört ebenfalls zu den Aufgaben der LAGZ. Hinzu kommt die Reizüberflutung an Lebensmitteln: „Gerade Emigranteneltern sehen, was es hier alles zu kaufen gibt. Auch wenn es Eltern gut meinen: Zucker gehört zumindest nicht morgens auf den Speiseplan.“

Die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg (LAGZ)

Seit 1954 befasst sich die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg (LAGZ) als gemeinnützige Einrichtung mit der flächendeckende Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen. Die Dachorganisation trägt dazu bei, die Idee einer nachhaltigen Zahngesundheitsförderung fest in Politik und Gesellschaft zu verankern.

Quelle: Pressemitteilung der Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg e.V. (LAGZ)




Viele Mineralwässer sind toll – einige aber problematisch

Öko-Test findet in einigen Mineralwässern erhöhte Gehalte von Pestizidabbauprodukten

Öko-Test hat 54 Classic-Mineralwässer getestet. Die meisten überzeugen im Test, aber in 14 Produkten hat das beauftragte Labor Substanzen nachgewiesen, die die Verbraucherschützer kritisieren: Neben Bor, Nickel und Uran waren auch Süßstoffe und Abbauprodukte von Pestiziden dabei.

Bor, Nickel und Uran

Das Problem: Bor, Nickel und Uran sind zwar natürlichen Ursprungs, können jedoch in bestimmten Mengen schädliche Effekte für die Gesundheit haben. Für diese Stoffe gibt es Grenz- beziehungsweise Anforderungswerte, die die betroffenen Mineralwässer zu mehr als 50 Prozent ausschöpfen. Öko-Test wertet hier ab.

Pestizidabbauprodukte und Süßstoffe

Punktabzug gibt es auch für nachgewiesene Pestizidabbauprodukte und Süßstoffe. Süßstoffe gelangen unter anderem über menschliche Ausscheidungen in den Wasserkreislauf. Pestizide trägt der Mensch in die Böden ein, durch die das Wasser sickert. Daraufhin können sie in tiefer gelegene Grundwasserschichten und schließlich auch in unseren Wasserflaschen landen.

„Zwar geht von den nachgewiesenen Pestizidmetaboliten keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung aus, aber von ‚ursprünglicher Reinheit‘ kann aus unserer Sicht keine Rede mehr sein“, sagt Öko-Test-Redakteurin Marieke Mariani. Öko-Test bewertet keines dieser Produkte besser als „ausreichend“. „Die Nachweise in Mineralwasser zeigen auch, wie dringend der Einsatz von Pestiziden besser reguliert werden muss“, so Mariani.

Gute und auch umweltfreundliche Alternative

Eine gute und auch umweltfreundlichere Alternative zu Mineralwasser in Glas- oder PET-Flaschen sehen die Verbraucherschützer in Leitungswasser, dessen Qualität in Deutschland engmaschig kontrolliert wird.

Das günstigste mit „sehr gut“ bewertete Mineralwasser im Test ist das Nassauer Land Classic von Oberselters Mineralbrunnen für 0,43 Euro pro Liter.

Weitere Informationen und den aktuellen Test finden Sie in der Juniausgabe des ÖKO-TEST-Magazins und unter: oekotest.de/14615

Quelle: Pressemitteilung Öko-Test




Mädchen bis zu sechs Stunden im Social Web

Suchtähnliches Nutzungsverhalten wirkt sich negativ auf Gesundheit sowie Wohlbefinden aus

Manche weibliche Teens verbringen bis zu sechs Stunden am Tag mit ihren Smartphones. Ein wesentlicher Teil dieser Mädchen dürfte laut einer Studie der University of Helsinki süchtig nach sozialen Medien sein. Die Experten bringen eine derartige Abhängigkeit mit einer schlechteren Gesundheit und einem geringeren Wohlbefinden in Zusammenhang. Neuere Untersuchungen zeigen eine Zunahme der Angstgefühle bei diesen Mädchen mit der Nutzung der sozialen Medien. Details sind in den „Archives of Disease in Childhood“ nachzulesen.

Untersuchung in Finnland

Für die Studie haben die Forscher alle 49 Oberschulen der drei großen finnischen Städte Helsinki, Espoo und Vantaa kontaktiert. Insgesamt nahmen 21 geografisch und sozioökonomisch unterschiedliche Schulen teil. 1.164 Mädchen zwischen 15 und 16 Jahren entschlossen sich zur Teilnahme. Sie repräsentieren 59 Prozent der Schülerinnen der teilnehmenden Schulen und etwas über 29 Prozent der Schülerinnen im Untersuchungsgebiet. Alle Teenager wurden ersucht, Schätzungen über ihre tägliche Nutzung der Smartphones abzugeben.

Mit 656 Mädchen haben 56 Prozent der Teilnehmerinnen Infos zur Verfügung gestellt. 564, also 86 Prozent, lieferten Screenshot-Daten für einen Zeitraum von drei bis sieben Tagen sowie Daten zur Nutzung von durchschnittlich sieben Apps. Die verbleibenden 92 Mädchen leiteten nur Screenshot-Daten für einen bis zwei Tage weiter und keine Infos zu den benutzten Apps. Mit 508 Schülerinnen stellten 44 Prozent keine Screenshot-Daten zur Verfügung. Sie wurden jedoch in den Analysen in Hinblick auf eine mögliche Sucht und ihr Wohlbefinden berücksichtigt.

Umfangreiches Datenmaterial

Für eine mögliche Suchtdiagnose wurde die „Bergen Social Media Addiction Scale“ (BSMAS) genutzt. Die Gesamtzahlen können hier von sechs bis 30 Punkten reichen. Je höher der erzielte Wert ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Sucht. Zudem wurden weitere validierte Skalen zur Feststellung von Angstgefühlen und der Körperwertschätzung eingesetzt. Die Teens selbst haben ihre Gesundheit, Stimmung, Müdigkeit und Einsamkeit mithilfe von visuellen Analogskalen bewertet.

Für 565 Teens konnte die durchschnittliche tägliche Handy-Nutzung, basierend auf den Daten für zumindest drei Tage, ermittelt werden. Mit 298 Mädchen standen für 28 Prozent der Teilnehmerinnen entsprechende Daten für einen Zeitraum von sieben Tagen zur Verfügung. Insgesamt ergaben sich daraus Werte von 350 Minuten oder 5,8 Stunden für die jeweilige Nutzung der Smartphones. Davon entfielen auf die sozialen Medien 231 Minuten oder 3,9 Stunden.

Die Teens selbst gingen davon aus, dass sie 5,2 Stunden pro Tag mit dem Handy verbrachten. Zwischen Wochentagen und dem Wochenende konnte dabei kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. 205 Mädchen verbrachten weniger als drei Stunden pro Tag mit den sozialen Medien. Bei 77 Schülerinnen, also 14 Prozent, lag dieser Wert allerdings bei mehr als sechs Stunden. Basierend auf der Auswertung der BSMAS-Ergebnisse waren mit 183 Teilnehmerinnen 17 Prozent der Teens möglicherweise von den sozialen Medien abhängig.

Mit 37 Prozent schnitten 371 Mädchen über dem Grenzwert für eine mögliche Angststörung ab. Die täglich mit dem Handy verbrachte Zeit steht auch mit im Schnitt schlechteren Noten, einer stärkeren Sucht bei den sozialen Medien, mehr Angstgefühlen und einem schlechteren Körperbild in Zusammenhang. Eine Sucht wiederum steht mit mehr Angst, einem schlechteren Körperbild, einer schlechteren Gesundheit, mehr Müdigkeit und einem größeren Gefühl der Einsamkeit in Verbindung.

Moritz Bergman/pressetext




Die Ablenkung durch Smartphones trübt das Eltern-Kind-Verhältnis

Aktuelle Untersuchungen aus der Westschweiz und den USA zeigen Problemlagen bei allen Familienmitgliedern

Durch Unterhaltungselektronik oder Smartphones abgelenkte Eltern riskieren eingetrübte Beziehungen zu ihren Kindern. „Wir konnten zeigen, dass Qualität und Quantität der Eltern-Kind-Interaktion beeinträchtigt werden, wenn die Eltern abgelenkt sind“, sagt Nevena Dimitrova von der Hochschule für angewandte Wissenschaften und Kunst der Westschweiz. Interaktionen würden häufig durch technologische Ablenkung unterbrochen. Das könne in Familien, in denen sich die Eltern nicht ablenken lassen, nicht beobachtet werden.

Smartphone als Problem

In den USA ist das Phänomen bereits in Zahlen festgehalten worden. In einer Umfrage haben sich 68 Prozent der Eltern dazu bekannt, dass die Beziehung zu ihren Kindern leidet, weil das Smartphone gewissermaßen dazwischenfunkt. Während sich viele Studien auf die Auswirkungen von Bildschirmen auf junge Menschen konzentrieren, wird immer deutlicher, dass auch Eltern zu viel Zeit mit ihren Smartphones verbringen.

In einer Umfrage des Pew Research Center haben 31 Prozent der befragten Eltern angegeben, dass sie sich während eines Gesprächs mit ihrem Nachwuchs oft vom Smartphone ablenken lassen. Mit 46 Prozent liegen Kinder nicht allzu weit davon entfernt. „Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Bildschirmzeit nicht nur ein Problem der Jugendlichen ist. Es ist ein Familienproblem. Wir wollten aufzeigen, wie Jugendliche und Eltern mit diesem Problem umgehen“, sagte Pew-Umfragenleiterin Colleen McClain.

Technoferenz nur ein Aspekt

Der zugehörige Fachbegriff heißt Technoferenz, was so viel bedeutet wie „Technologie-Interferenz“. Sie tritt auf, wenn die Interaktion und Kommunikation zwischen Eltern und Kind durch die Verwendung digitaler Geräte gestört wird. Wobei sich das Problem nicht auf digitale Ablenkung beschränkt. In einem Test haben die Forscher festgestellt, dass sich jede Art von Ablenkung störend auf das Eltern-Kind-Verhältnis auswirkt. Allerdings seien digitale Ablenkungen häufiger und allgegenwärtig.

Wolfgang Kempkens/pressetext




Stillen senkt das Risiko der Kinder für Multiple Sklerose

Laut NAKO Gesundheitsstudie erhöht Übergewicht in der Jugend das Risiko an MS zu erkranken

Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die Ursachen der Krankheit sind noch weitgehend unbekannt. NAKO Forschende unter Federführung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) haben nun untersucht, welche Besonderheiten in Kindheit und Jugend das Erkrankungsrisiko beeinflussen könnten. Die Auswertung der Informationen von 204.273 Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie zeigte unter anderem, dass Übergewicht in der Jugend die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, an einer MS zu erkranken.

Deutschlandweit 337 von 100.000 Menschen von MS betroffen

Deutschlandweit waren schätzungsweise 337 von 100.000 Menschen im Jahre 2019 von Multipler Sklerose (MS) betroffen. Die Nervenkrankheit äußert sich durch verschiedene neurologische Symptome. Empfindungsstörungen, Sehstörungen und Muskellähmungen sind die häufigsten Frühzeichen. Für das Eintreten der Autoimmunkrankheit können nach aktuellem Stand genetische Faktoren aber auch Umwelt- und Lebensstilfaktoren, virale Infektionen sowie Vitamin D Mangel verantwortlich sein.

„Frühere Studien haben Hinweise geliefert, dass Einflüsse aus Kindheit und Jugend die Entstehung der MS begünstigen können. In unserer Publikation haben wir Angaben der NAKO Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Basisuntersuchung der NAKO Gesundheitsstudie zu Ereignissen und gesundheitlichen Besonderheiten in jungen Jahren analysiert. Dazu gehörten unter anderem das Geburtsgewicht, das Gewicht im Alter von zehn Jahren und im Jugendalter, die Art der Geburt, Stillzeit oder die Anzahl an Geschwistern“, berichtet Professor Dr. Heiko Becher vom Institut für Global Health am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). Von den befragten 204.273 Personen der vorliegenden Studie hatten 858 vor der NAKO-Basisuntersuchung die Diagnose MS erhalten.

Geringeres Risiko für Stillkinder

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass Personen, die als Säuglinge gestillt wurden, später ein verringertes MS-Risiko haben im Vergleich zu denen, die nicht gestillt wurden. Übergewicht im Alter von 18 Jahren im Vergleich zu Normalgewicht war mit einem erhöhten Risiko für eine MS verbunden. Für die übrigen untersuchten Faktoren und geschlechtsspezifischen Analysen wurde kein Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem MS-Risiko festgestellt.

Körperliche Aktivität spielt wohl ebenfalls eine große Rolle

„Unsere Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Übergewicht im Jugendalter und einem erhöhten MS-Risiko decken sich mit den Erkenntnissen anderer Forschender. Wie bereits in früheren Studien beobachtet, haben auch wir keinen Effekt auf das MS-Risko von höherem Geburtsgewicht oder höherem Gewicht im Alter von zehn Jahren im Vergleich zum Durchschnittsgewicht festgestellt. Das lässt vermuten, dass auch der Zeitpunkt des Übergewichts einen Einfluss auf das MS-Risiko haben könnte. Die körperliche Aktivität der Kinder und Jugendlichen spielt dabei sicherlich ebenfalls eine wichtige Rolle und sollte in zukünftigen Studien genauer untersucht werden“, sagt Anja Holz, Erstautorin und Wissenschaftlerin am Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie am UKE.

Welt-MS-Tag

Am 30. Mai 2024 lenkt der Welt-MS-Tag zum 16. Mal die Aufmerksamkeit auf die weltweit 2,8 Millionen Menschen, die mit der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose leben. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) informiert, klärt unabhängig auf, räumt Vorurteile aus. Und sie fördert Verständnis und Unterstützung für Menschen mit MS und ihre Angehörigen.

Originalpublikation

Holz A, Obi N, Ahrens W et al. Childhood and adolescence factors and multiple sclerosis: results from the German National Cohort (NAKO) BMC Neurology (2024) 24:123 https://bmcneurol.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12883-024-03620-4

Dr. Friederike Fellenberg, NAKO e.V. / NAKO Gesundheitsstudie




Perfektionistischen Eltern droht der Burnout

Forscher der Ohio State University sehen fatalen Druck von Gesellschaft und sozialen Medien

Eltern, die sich bemühen, ihre Kinder perfekt zu erziehen, müssen damit rechnen, einen Burnout zu erleiden. Das zeigt eine Studie von Forschern der Ohio State University. Sie basiert auf einer Umfrage unter 700 Eltern. 57 Prozent leiden bereits unter einem Burnout. Die Bemühungen, perfekte Eltern zu sein, sind nicht nur unrealistisch, sondern auch schädlich für Eltern und ihre Kinder, warnen die Forscher.

Chronische Überforderung

Die Gesellschaft übt den Experten nach einen immensen Druck auf Eltern aus, „perfekt“ zu sein. In ihrem Streben, dieses unrealistische Ziel zu erreichen, können sie einen elterlichen Burnout erleben. Dieser tritt auf, wenn der chronische Stress die Fähigkeit der Eltern überfordert, mit allen Situationen fertig zu werden und effektiv zu funktionieren.

Der elterliche Burnout hängt stark mit internen und externen Erwartungen zusammen, einschließlich der Selbsteinschätzung, ob man sich für ein gutes Elternteil hält, der wahrgenommenen Beurteilung durch andere, der Zeit zum Spielen mit den Kindern, der Beziehung zum Ehepartner und der Sauberkeit im Haus. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass eine geringere Belastung durch strukturierte außerschulische Aktivitäten und mehr Zeit zum freien Spiel mit den Kindern psychische Gesundheitsprobleme bei Kindern wie Angst und Depression lindern könnten.

Treibsatz psychische Leiden

Noch schlimmer wird es, wenn Kinder unter psychischen Störungen leiden. Das verschärft das Burnout-Problem bei den Eltern, was oft dazu führt, dass sie ihre Kinder häufiger beschimpfen, kritisieren, anschreien oder sogar schlagen. Forscherin Kate Gawlik gibt den sozialen Medien einen guten Teil der Schuld an den Leiden der Eltern. „Wenn man Eltern auf Instagram beobachtet, frage ich mich immer: Wie schaffen sie es, immer alles im Griff zu haben, während ich es nicht habe?“

Mittlerweile hat die vierfache Mutter es im Griff. Dabei half ihr ein Ratschlag von Bernadette Melnyk, Assistenzprofessorin für Pädiatrie und Psychologie: „Positive Erziehung bedeutet, dass man seinen Kindern viel Liebe und Wärme schenkt, ihnen aber auch Struktur und Orientierung im Leben gibt. Man bringt ihnen behutsam die Konsequenzen von Verhaltensweisen bei. Ein positives Elternteil zu werden, ist ein viel besseres Ziel als zu versuchen, perfekt zu sein“, so Melnyk.

Ann Arbor/pressetext




Mehr Kindheit wagen statt sie stetig zu rauben!

Herbert Renz-Polster: MIT HERZ und KLARHEIT. Wie Erziehung heute gelingt und was eine glückliche Kindheit ausmacht

Erneut hat der Kinderarzt und renommierte Erziehungsexperte Dr. Herbert Renz-Polster ein Buch herausgegeben, das auf der einen Seite mit fundierten Aussagen zu einem kindorientierten Erziehungskompass und auf der anderen Seite mit überaus vielen Beispielen verdeutlicht, wie sich eine achtsame, partizipatorisch orientierte und zugleich respektvolle Pädagogik mit einer verantwortungsvollen und klaren Erwachsenenhaltung verbinden lässt.

Dabei befasst sich der Autor in zwölf Kapiteln mit der Bedeutung eines stabilen Lebensfundamentes, der Möglichkeit und Notwendigkeit einer innerlich verankerten Heimat, dem Gefühl einer sicher erlebten Bindung, dem Gegensatz von Entwicklungsbegleitung und Entwicklungssteuerung, dem eigenen, notwendigen Erwachsenenbewusstsein, der Frage, was eine bedürfnisorientierte Erziehung und was eine echte Autorität überhaupt ist, wie Grenzen im Umgang mit Kindern neu gedacht und umgesetzt werden können, wie eine Medienbegleitung bei Kindern aussehen sollte und schließlich warum es so wichtig ist, den Kindern ihren eigenständigen Zeitraum KINDHEIT nicht immer wieder aufs Neue zu berauben, sondern mehr Kindheit zu wagen.

Vom >guten Kern< einer kindgerechten Entwicklungsunterstützung

Renz-Polster geht mit seinen Ausführungen also der Frage nach, was denn der >gute Kern< einer kindgerechten Entwicklungsunterstützung ist, warum >Klarheit< in der Pädagogik eine so hohe Entwicklungsbedeutung für Kinder hat, was die >Geheimnisse< der kindlichen Entwicklung sind und was ein Kind braucht, um sich zu einem >Wurzelflügelwesen< zu entwickeln, damit es sein individuelles >Entwicklungshaus< errichten kann. Dabei befinden sich viele Erwachsene – Eltern ebenso wie Erzieher*innen – in der Zwickmühle zwischen >begleiten vs. steuern<. Renz-Polster schafft es, mit konkreten Beispielen diesen, auf den ersten Blick widersprüchlichen Ansatz in ein sich ergänzendes Gleichgewicht zu bringen.

Das ist besonders wichtig, weil einerseits in der heutigen Pädagogik häufig der Begriff „Achtsamkeit“ mit einer Duldung, einer Übervorsicht im Umgang mit Kindern und unklaren Sprachäußerungen verbunden ist – auch durch eine Ablehnung des Begriffes „Autorität“ – und andererseits manche Erwachsene ihrem subjektiven Verständnis von Pädagogik in der Form nachgehen, dass sie glauben, Kinder mit direktiven Anweisungen und Belehrungen steuern zu müssen. Hier führt Renz-Polster in treffsicherer Prägnanz aus, was es heißt, als „gute Autorität“ >Stärken< zu besitzen und in die Pädagogik einzubringen. Ebenso räumt der Autor auch mit dem Begriff einer >bedingungslosen Liebe< auf, indem er mit kritischen Anmerkungen der Frage nachgeht, was das letztendlich für alle Beteiligten bedeutet.

„Du kannst den anderen nur soweit bringen, wie du selbst gekommen bist“

Was zudem in diesem Buch herauszuheben ist, findet sich in den Ausführungen, sich selbst als kompetente und förderliche Entwicklungsbegleiter*in auf die Reise zum >Ich< zu begeben, denn letztlich gilt auch immer noch die Aussage des Arztpädagogen Janusz Korczak: „Du kannst den anderen nur soweit bringen, wie du selbst gekommen bist“ oder anders ausgedrückt: „Wir haben es in der Pädagogik stets mit zwei Kindern zu tun: dem Kind vor uns und dem Kind in uns.“ Schließlich werden auch Fragen des Alltags gestellt und beantwortet, etwa: „Darf ich Verbote aussprechen?“, „Darf ich mit Konsequenzen arbeiten?“, „Darf ich mich durchsetzen?“ usw. Und schließlich wendet sich Renz-Polster auch der Kita-Pädagogik mit ihren Nöten, Herausforderungen und Unzulänglichkeiten zu.

Leser*innen wissen durch den Ratgeber „Gesundheit für Kinder“, die Kolumnen im Zeit Magazin, seinen Blog www.kinder-verstehen.de und durch seine bisherigen Bücher, was sie auch von seinem neuen Buch erwarten dürfen: hilfreiche Hinweise, praktische Beispiele, aufrüttelnde Informationen und theorieuntermauerte Statements. Diese überaus lesenswerte Publikation kann sowohl Eltern als Orientierungsratgeber empfohlen werden als auch für Erzieher*innen eine hilfreiche Grundlage für spannende Elternabende sein. Ebenso sind die reichhaltigen erziehungswissenschaftlichen Hinweise gleichzeitig für Erzieher*innen ein Fundament, um die aktuelle Kita-Pädagogik einer kritischen Betrachtung zu unterziehen.     

Armin Krenz

Herbert Renz-Polster
MIT HERZ und KLARHEIT
Wie Erziehung heute gelingt und was eine glückliche Kindheit ausmacht
429 Seiten
München: Piper Verlag GmbH
ISBN: 978-3-492-07247-2
22,00 €




Podcast „emotionale Entwicklung und Förderung“ jetzt abrufbar

Neue Folge in „Der Kita Podcast für bedürfnisorientierte Pädagogik“ der Kindheitspädagogin Lea Wedewardt

Eben ist im „Kita Podcast für bedürfnisorientierte Pädagogik“ von Lea Wedewardt die neue Folge „Im Gewühle der Gefühle“ mit Stella Valentien, Diplom-Pädagogin und Leiterin des Bereichs Fortbildung und Präventionsprogramme der Deutschen Liga für das Kind, abrufbar. Stella Valentien beantwortet im Podcast unter anderem folgende Fragen:

  • Welche Gefühle gibt es und wo liegt der Unterschied zu Emotionen?
  • Wie entstehen Emotionen?
  • Können wir Emotionen steuern?
  • Was ist emotionale Kompetenz?
  • Wie können Fachkräfte Kinder im sozial-emotionalen Bereich entwicklungsförderlich begleiten?

Im Podcast wird darüber hinaus von den Bildungs- und Präventionsprogrammen der Deutschen Liga für das Kind berichtet, mit denen die sozial-emotionalen Kompetenzen von Kindern in pädagogischen Einrichtungen gestärkt werden können.

Link: https://kita-podcast.podigee.io/96-96-im-gewuhle-der-gefuhle-mit-stella-valentien

Quelle: Deutsche Liga für das Kind