Lebenserwartung für Mukoviszidose-Erkrankte steigt auf 60 Jahre

Aktuelle Auswertungen aus dem Deutschen Mukoviszidose-Register belegen einen Zuwachs von drei Lebensjahren

Die durchschnittliche Lebenserwartung für Menschen mit Mukoviszidose ist im Vorjahresvergleich um drei Jahre gestiegen: Sie liegt nun bei 60 Jahren, wie aus dem eben veröffentlichten Berichtsband aus dem Deutschen Mukoviszidose-Register hervorgeht. Des Weiteren verweist der Berichtsband u.a. auf eine kontinuierliche Abnahme der Exazerbationshäufigkeit (das gleichzeitige Auftreten aller drei Leitsymptome – AHA: Auswurf, Husten, Atemnot – bei deutlicher Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes ) im Krankheitsverlauf, weitere Verbesserungen bei der Lungenfunktion sowie eine wachsende Anzahl der übergewichtigen bis adipösen CF-Patienten. Neu im Deutschen Mukoviszidose-Register ist das Online-Patientenportal MUKOme, das ab 2024 das Patient Empowerment stärken und die medizinischen Registerdaten um Patient-Reported Outcomes (PRO) ergänzen soll.

Berichtsband auf Basis der Daten bis 2022

„Der aktuelle Berichtsband wertet Daten bis Ende 2022 aus – wir sehen damit zunehmend deutliche Effekte der im August 2020 in Europa zugelassenen Dreifachtherapie (Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor, ETI) in verschiedenen Bereichen.“, erläutert Prof. Dr. Lutz Nährlich, medizinischer Leiter des Deutschen Mukoviszidose-Registers. „Die durchschnittliche Lebenserwartung hat von 57 auf 60 Jahre einen Sprung nach oben gemacht. Und auch bei der Entwicklung der Lungenfunktion zeigt sich ein sehr positiver Trend: Bis zur Volljährigkeit hat die Hälfte der Betroffenen eine normale oder sogar bessere Lungenfunktion. Doch trotz dieser großartigen therapeutischen Erfolge ist die multidisziplinäre Betreuung der Patienten in den CF-Ambulanzen weiterhin unverzichtbar – weil mit den Veränderungen neue Behandlungsbedarfe entstehen, und weil wir die Patientengruppe nicht vergessen dürfen, die von den Modulatoren nicht profitieren kann. Entweder weil sie nicht darauf ansprechen oder aufgrund der Mutation nicht profitieren oder wegen schwerer Nebenwirkungen die Therapie abbrechen müssen.“

Therapie mit CFTR-Modulatoren für fast 6000 Patienten

Eine Therapie mit den verschiedenen CFTR-Modulatoren kommt derzeit für fast 6.000 Patienten (von gut 8.000) in Frage. Die Dreifachkombination ETI, die aktuell ab sechs Jahren zugelassen ist, nimmt eine wachsende Zahl der Kinder und Jugendlichen (60,5 % der 6 bis 11-Jährigen und 73,6 % der 12 bis 17-Jährigen) sowie rund drei Viertel der erwachsenen Betroffenen (76,5 %) ein.

Exazerbationen und Antibiotikatherapien gehen zurück

Neben der Zunahme von Lebenserwartung und Lungenfunktion ist ein weiterer Erfolg der CFTR-Modulatortherapie der deutliche Rückgang der Exazerbationshäufigkeit bei vielen Betroffenen – sie hat sich in den vergangenen sieben Jahren halbiert. In 2015 mussten noch bei 70-80 % der erwachsenen CF-Patienten antibiotische Behandlungen aufgrund von Exazerbationen durchgeführt werden, in 2022 nur noch bei max. 30 %. Und auch die Anzahl der Mukoviszidose-relevanten Krankenhausaufenthalte ist von 50-70 % (2015) auf 20-25 % (2022) zurückgegangen.

Gut ein Fünftel der Erwachsenen mit CF sind übergewichtig

Die kontinuierliche Verbesserung des Ernährungsstatus‘ der über viele Jahre stark untergewichtigen Patienten führte in 2022 erstmals zur Überschreitung des BMI-Zielwerts bei Erwachsenen (BMI: Body Mass Index). „Dass immer mehr Menschen mit Mukoviszidose inzwischen Normalgewicht erreichen, ist ein großer Fortschritt. Allerdings zeigt die Gewichtsentwicklung bei gut einem Fünftel (22 %) der erwachsenen Betroffenen inzwischen einen eher besorgniserregenden Trend: Sie sind übergewichtig bis adipös.“ so Dr. Miriam Schlangen, in der Geschäftsführung des Mukoviszidose e.V. verantwortlich für den Fachbereich Forschung, Therapieförderung und Gesundheitspolitik. „Weitere Forschung zum Thema Ernährung unter Modulatortherapie sowie eine individuell angepasste Ernährungsberatung werden in der Mukoviszidose-Versorgung weiter an Bedeutung gewinnen“, ist Schlangen überzeugt.

Neu: MUKOme – das Online-Patientenportal des Deutschen Mukoviszidose-Registers

Eine Motivationshilfe, das Gewicht und auch andere krankheitsrelevante Parameter in einem gesunden Rahmen zu halten, könnte für die Betroffenen künftig MUKOme, das Online-Patientenportal des Deutschen Mukoviszidose-Registers sein. In Form einer elektronischen Patientenakte bietet die Weboberfläche MUKOme den Nutzern einen Einblick in ihre im Register dokumentierten persönlichen Gesundheitsdaten. Hierzu gehören u.a. die letzten Lungenfunktionsmessungen, das Gewicht und die Medikation. Ziel der in 2024 startenden Anwendung sind eine Stärkung des Patient Empowerment sowie eine Ergänzung der im Register enthaltenen medizinischen Daten um Patient-Reported Outcomes (PRO).

Informationen zum Deutschen Mukoviszidose-Register: https://www.muko.info/was-wir-tun/register
Mukoviszidose: Cystische Fibrose, CF.

Hintergrund-Informationen über Mukoviszidose

In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

Über den Mukoviszidose e.V.

Der Mukoviszidose e.V. vernetzt die Patienten, ihre Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose zu ermöglichen. Um die vielfältigen Aufgaben und Ziele zu verwirklichen, ist der gemeinnützige Verein auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen. Die Mukoviszidose Institut gGmbH ist eine hundertprozentige Tochter des Mukoviszidose e.V.

Carola Wetzstein, Mukoviszidose Institut – gemeinnützige Gesellschaft für Forschung und Therapieentwicklung mbH




Bilinguale Bildung durch die Immersionsmethode

phorms

Internationale Fachkräfte machen es möglich

Sprachwissenschaftler:innen halten das Krippen- und Kindergartenalter für den idealen Zeitpunkt, um Kinder erstmals an eine Fremdsprache heranzuführen, denn in diesem Alter saugen Kinder neues Wissen und neue Wörter förmlich auf. Deshalb startet das bilinguale Konzept von Phorms schon in der Krippe und umfasst Kindergarten, Vorschule und Grundschule sowie Gymnasium bzw. Sekundarschule.

Dabei lernen die Kinder Deutsch und Englisch nach der Immersionsmethode

Das bedeutet, dass sie in ein „Sprachbad“ eintauchen, die neue Sprache hören, sprechen und entdecken und sie in authentischen alltäglichen Zusammenhängen und in ihrem gewohnten Umfeld erleben. Sie erlernen die Fremdsprache dadurch so selbstverständlich wie ihre Muttersprache. Die immersive Methode legt viel Wert auf Mimik und Gestik – die Kinder erschließen sich Gesagtes so auch aus dem Kontext.

Wenn die rezeptiven Fähigkeiten zunehmen und das Lese- sowie Hörverstehen besser werden, nehmen die Kinder die neue Sprache schrittweise in ihren alltäglichen Sprachgebrauch auf.


Ermöglicht wird dies bei Phorms durch Lehrkräfte und Pädagogische Fachkräfte aus Deutschland und dem englischsprachigen Ausland, die in einer Campusgemeinschaft Hand in Hand zusammenarbeiten. Dabei gilt das Prinzip „One Person sticks to one language.“ – die Pädagog:innen bleiben jeweils in ihrer eigenen Muttersprache. In der Kita gibt es in jeder Gruppe deutsche und internationale Pädagogische Fachkräfte und in der Schule unterstützen Teaching Assistants die Lehrkraft in der jeweils anderen Sprache. So entsteht ganz natürlich ein bilingualer Alltag für Kinder und Pädagog:innen.

Die Vielfalt unserer Mitarbeitenden ist unsere große Stärke, denn alle bringen ihren sprachlichen, kulturellen und beruflichen Hintergrund in ihre Arbeit ein. Damit das so bleibt, legen wir Wert auf eine respektvolle und offene Kommunikation sowie auf eine inspirierende und wertschätzende Arbeitsatmosphäre. Unser Team arbeitet gern abseits starrer Systeme und ist bereit, die Stärken der Kinder und Jugendlichen zu unterstützen und zu begleiten sowie mit einem aufmerksamen Blick neue Perspektiven zu suchen. Ein weiterer Bonus: Unsere Kolleg:innen können in dem internationalen Umfeld stark von den jeweils anderen Erfahrungen mit Bildungssystemen und -konzepten profitieren, sodass bei Phorms das Beste aus vielen pädagogischen Welten zusammenkommt.

Weitere Informationen finden Sie auf jobs.phorms.de




Kinder brauchen ein Gegenüber, das zuhört und mit ihnen spricht

Die Leiterin der Kita Dietrich-Bonhoeffer in Bremen, Kirsten Vöge, im Interview zum Thema „Sprachförderung“

Die Kita Dietrich-Bonhoeffer liegt im Bremer Stadtteil Huchting. Ein „durchmischter“ Stadtteil am Stadtrand, in dem verschiedene soziale Milieus zusammenkommen. Die Kita begleitet mit Krippe und Kindergarten derzeit 128 Kinder. Gemeinsam mit einer Kollegin leitet Kirsten Vöge die Einrichtung. Da die Kita auch inklusiv ist, arbeitet hier mit insgesamt 53 Kolleginnen und Kollegen Fach- und Hilfskräfte unterschiedlicher Profession. Von den 128 Kindern haben 28 einen besonderen Förderbedarf.

Stärkere Untersützung für mehr Kinder

Auch in Huchting ist die Zahl der Kinder, die im Spracherwerb stärker unterstützt werden müssen, gestiegen. Die Kita ist auch deshalb eine Sprachkita. Zwei Fachkräfte kümmern sich speziell um diesen Bereich. Dass die Zahl der Kinder, die sprachliche Schwierigkeiten haben, auch in Huchting gewachsen ist, hat sich laut Kirsten Vöge in den Ergebnissen des sogenannten PRIMO-Tests gezeigt. Das ist ein Sprachtest, an dem alle Bremer Kinder ein Jahr vor der Einschulung teilnehmen. Waren es in den vergangenen Jahren immer zwischen 12 bis 15 von 40 Kindern die auffällig waren, zeigte sich im jüngsten Test, dass diesmal knapp 30 Kinder einen besonderen Förderbedarf hatten.

Auf der Suche nach den Ursachen

Daraufhin hätte das Team noch einmal genauer hingesehen, wie der Hintergrund der Betroffenen sei. Wie immer gebe es keine einfachen Antworten, so Vöge. Zunächst einmal betreffe das Kinder, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen würden und die relativ spät in die Kita kämen. Deren Anteil sei in den vergangenen Jahren gewachsen. Eine besondere Gruppe sind auch die Kinder aus der Ukraine, deren Familien vor der Frage stünden, ob es sich um eine Übergangssituation handelt oder ob sie sich auf das neue Land einlassen.

Sprache und Sprachfreude verstärken

Daneben wächst auch die Zahl der Kinder, die hierzulande geboren sind und dennoch einen erhöhten Sprachförderbedarf haben. Hier kann Kirsten Vöge nur Vermutungen anstellen. „Wir nehmen verstärkt zur Kenntnis, dass Kinder früh mit Medien Kontakt haben, also mit Medien, mit Smartphones, mit Tablets und dann natürlich gut beschäftigt sind“, sagt sie. Diese Kinder hätten kein Gegenüber, mit dem sie sprechen könnten, das ihnen Feedback gebe, das sie bestätige, in dem, was sie sagten. Und wenn niemand die Sprache und die Sprachfreude verstärke, dann sei das womöglich auch ein Hemmnis. Die Kinder müssten an das Kommunizieren herangeführt werden. Und da läge der Ball schon bei den Eltern, die auf ihr Kind eingehen sollten.

Zugang zu Büchern verstärken

Auch der Zugang zu Büchern sei ein großes Thema. Vöge fragt danach, ob sich jemand in den Familien mit einem ein Buch hinsetze und vorlese. „Ich müsste ja nicht mal die Geschichte vorlesen, die in diesem Buch steht, sondern einfach ins Gespräch kommen über Bilder, die wir gemeinsam betrachten.“

Um den Familien hier mehr Anregung zu geben, habe man nun eine Ausleihbücherei vor Ort. Neben dem Besuch in der Stadteilbücherei, könnten die Kinder nun auch hier wöchentlich Bücher ausleihen, um einfach überhaupt die Möglichkeit zu haben, zu Hause gemeinsam Bücher anzuschauen.

Sprache als Querschnittaufgabe

Viele Sachen, die in der Kita getan würden, sind lauf Vöge keine besonderen Sachen. Die Haltung in der Kita sei zunächst einmal, Sprache als Querschnittaufgabe zu sehen. Überall stecke Sprache drin und Sprache sei der Schlüssel zur Welt. Vieles stamme aus dem Bundesprojekt „Sprachkita“. Das sei das Fundament. „Wir nutzen jede Möglichkeit im Alltag, um ins Gespräch zu gehen oder dem Kind ein Feedback zu geben“. Dann gebe es eine feste Struktur. So etwa die festen Essenszeiten, zu denen jederzeit Tischgespräche geführt werden könnten. Die Kinder hätten immer eine relativ homogene Gruppe um sich, in der sie ihr Gegenüber kenne und vertrauen würden. So könnten sie sich jederzeit an einem Gespräch beteiligen. Vertrauen und Bindung seien nun mal die Grundlage, um lernen und sich einlassen zu können.

Brücken schaffen mit Metacom Karten

Bedingt durch den erhöhten Förderbedarf setze man auch Metacom Karten ein. Das seien Karten, die eine Situation in einem sehr leichten Bild oder einen Gegenstand zeigten, durch deren Nutzung Kinder die Möglichkeit haben, in einen Kontakt zu kommen. Das sei nun zunächst nicht sprachlich. Aber in jedem Fall habe das Kind die Möglichkeit, etwas auszudrücken. Zudem seien sprachbegleitende Gebärden von besonderer Bedeutung, die überall im Alltag eingesetzt würden. Kinder könnten diese Gebärden mit Worten, mit Lauten und Singen in Verbindung bringen. Damit könnte eine Brücke gebaut werden kann.
Das Wichtigste ist laut Vöge, dass sich jede Fachkraft jederzeit darüber bewusst ist, dass sie das Sprachvorbild für die Kinder darstellt. Zudem sollte jedem klar sein, was für eine Kompetenz oder sogar Macht er habe, Sprache anzuregen oder auch nicht, „durch mein eigenes Sprechen, durch meine Nutzung von gewissen Worten. Das sollten wir in jedem Moment, in dem wir im Kita-Alltag unterwegs sind, wissen.“

Kinder wirklich wahrnehmen

Eltern rät sie, mit ihren Kindern direkt im Kontakt zu sein, ihr Kind wirklich wahrzunehmen, zu hören, was es sagt, was es ausdrücken möchte und es darin zu unterstützen, indem sie natürlich immer positiv darauf reagieren und es verstärken. Das wäre die Grundvoraussetzung,

„Und dann würde ich sagen, das Handy mal in der Tasche lassen und Bücher oder Geschichten nutzen, um gemeinsame Welten auch zu erschaffen.“, ergänzt sie. Dabei gehe es nicht unbedingt darum, die Bücher zu lesen, sondern einfach nur gemeinsam anzuschauen. Gemeinsam Bilder anzusehen, etwas zusammen zu machen und das, was das Kind dort anbiete, zu verstärken, sei enorm wichtig nicht nur für den Spracherwerb.

Über gemeinsame Erlebnisse zur eigenen Familiensprache finden

Gemeinsame Erlebnisse würden Anregungen zu gemeinsamen Gesprächen schaffen, um Sprache in den Alltag zu integrieren. So entstünde eine Familiensprache, die das Fundament für jede weitere Sprache sei. Dabei sollten Eltern einfach die Sprache nutzen, in der sie selbst sicher seien. Denn mit dem Kind Deutsch zu sprechen, wenn man selbst unsicher in dieser Sprache sei, helfe der sprachlichen Entwicklung des Kindes nicht. „Wenn ich allerdings eine Sprache spreche, in der ich groß geworden bin, in der ich denke und träume, dann ist das eine gute Grundlage. Da kann man natürlich sehr schnell feststellen, spricht das Kind diese Sprache wirklich gut oder gibt es auch in der Familiensprache eigentlich Punkte, bei denen man denkt, oh, das könnten Hinweise auch auf eine verzögerte, eine Entwicklungsstörung sein und da gibt es Hilfebedarf.“ Und diese Hilfen stehen in der Kita in Huchting und in der Gemeinde zur Verfügung.

Gernot Körner




Mit Pappe und Bildern den Spracherwerb unterstützen

Kinderbücher sind ein Schlüssel zur Sprachförderung – aber nicht immer:

Die schlechteste Antwort, die ein Erwachsener auf die Frage geben kann, warum er ein bestimmtes Kinderbuch gekauft hat, ist: „Weil es mir gefallen hat“. Warum? Die Antwort ist einfach: Nicht der Geschmack eines Erwachsenen ist entscheidend, sondern der des Kindes. Schließlich ist die selbstgefällige Entscheidung der Erwachsenen eine Hauptursache dafür, dass Kinder oftmals keinen Zugang zu Büchern finden und letztlich auch die Motivation dazu.

Bücher sind das Tor zur Welt. Das gilt besonders für Bücher für die Kleinsten: die Pappbücher und Bilderbücher. Hier entdecken Kinder das Buch, lernen die Übertragung in die Zweidimensionalität und entwickeln die Sprachfertigkeit weiter. Leider klappt das immer seltener. Ein Grund: Viele Kinderbücher sind nicht wirklich für Kinder gemacht.

Mit allen Sinnen die Welt entdecken

Pappbilderbücher sind die ersten Bücher, die kleine Kinder in die Hand bekommen. Das geschieht meist im Alter von zehn Monaten bis zwei Jahren. In dieser Zeit ist für Kinder alles neu. Sie entdecken die Welt mit allen Sinnen und lernen sprechen. Das alles geschieht in ihrer engsten Umgebung.

In dieser Altersgruppe müssen Pappbilderbücher an die Alltagswelt und die Entwicklung der Kinder anschließen. So lernen die Kinder, ihre Welt in die zweidimensionale Welt des Buches zu übertragen, verarbeiten ihre Eindrücke und lernen, diese zu benennen. 

Abstrakte Kunst für kleine Kinder  

Wer mit diesem Anspruch die Buchhandlung um die Ecke besucht, erlebt so manches Mal sein blaues Wunder. Da sind zum einen wahre Kunstexperimente, die den Kindern untergeschoben werden. Abstrakte Darstellungen oder stark verniedlichte Darstellungen von Tieren und Menschen, die so stark verändert sind, dass ein Kind im Alter von ein bis zwei Jahren keine Chance hat, sie zu erkennen.

Daneben finden wir bekannte Bilderbücher ins Pappbilderbuch übertragen. Was also bisher für Kinder ab drei oder gar vier Jahren empfohlen wurde, ist jetzt durch die Pappe für Kinder ab einem Jahr geeignet? Zudem finden sich für Zweijährige so packende Themen wie Quantenphysik, Mittagsschlaf oder die Frage nach der Farbe von Küssen. Sollen das spannende Geschichten für Kleinkinder sein?

Es geht oft nur um die Erwachsenen

Sicher nicht! Aber schließlich kaufen auch nicht die Kinder sondern Erwachsene die Bücher. Denen soll der Inhalt gefallen. Zudem kann es so manche BuchhändlerIn gar nicht erwarten, die Kinder mit abstrakter Kunst zu beglücken. Während so einige Verleger meinen, die Chance nutzen zu müssen, um mit seinen Bilderbucherfolgen im Pappeformat noch einmal Reibach zu machen. Weder BuchkäuferInnen, BuchhändlerInnen noch die Verlage denken dabei an die Kinder. Im schlimmsten Fall schaden diese Bücher den Kindern, weil sie entweder überfordert sind oder nichts damit anfangen können.

Vom Meister des Pappbilderbuchs

In einem Interview mit der Literaturgarage hat Helmut Spanner, der Meister des Pappbilderbuchs, über seine Arbeit gesprochen. Schon als Student auf der Kunstakademie setzte er sich vor über 40 Jahren mit dem Pappbilderbuch auseinander. In seiner Examensarbeit widmete er sich dem Thema und stellte in einer kleinen Studie mit 50 Kindergartenkindern fest, warum sie mit so mancher Darstellung einfach nichts anfangen konnten.

Auf diesen Erkenntnissen baute er dann sein Werk auf.  „Bei den Kleinkindern geht es nur um ursprüngliche, einfache, existenzielle Dinge.“, erklärt er. Seine Bücher holen die Kinder eben dort ab, wo sie stehen. Wie auch Prof. Armin Krenz in seinem Artikel über spielen und lernen schreibt, entwickelt sich der Mensch über das Tun. Spanner bezeichnet dies als „Greiferfahrung“.

„Kinder kommen über die Hände“

„Die Kinder kommen über die Hände. Die visuelle Wahrnehmung ist am Ende des zweiten Lebensjahres erst führend. Das heißt, die taktile Wahrnehmung, die Greiferfahrung, ist wichtig, ist eine Vorstufe der rein abstrakten visuellen Wahrnehmung. So lernen die Kinder durch Greifen Wahrnehmung – sie begreifen. Was früher etwa eine Tasse war, in die das Kind reingreifen konnte, taucht jetzt im Buch auf. Hier kann es aber nicht mehr reingreifen. Es kann die Tasse auch nicht mehr umfassen. Es ist eine platte Welt. Die reale Tasse ist Natur und das Buch ist Kultur. Für einen Erwachsenen ist das alles völlig normal. Ein Kind steht aber vor einer völlig unbekannten Welt.“ sagt Spanner.

Kinder entdecken im Buch die Welt neu

Im Buch ist dann alles anders. Und die Kinder entdecken die Welt völlig neu. „Je weiter die Bilder aus dem Greifbereich hinausgehen, desto schwieriger sind sie zu erkennen, desto abstrakter sind sie. Deshalb müssen sich Pappbilderbücher für kleine Kinder möglichst nahe an die Realität halten. Meine Sachen sind nicht vom Erscheinungsbild her, sondern geistig reduziert. Das heißt etwa, dass ich eine Tasse ohne irgendwelche Muster zeichne. Weil ein Kind sonst die Muster mit der Tasse mitlernen würde. Das führt dann später im schlimmsten Fall zu Vorhängen mit Blumenmuster.“

Erste Wörter – Erste Sätze

Natürlich stammt unser Aufmacherbild aus einem der Bücher von Helmut Spanner. Es heißt „Erste Wörter – erste Sätze“ und ist in unserem Schwesterverlag Oberstebrink erschienen. Dr. Dagmar Eckart schreibt auf ihrem Buchblog dazu: „Max badet die Puppe. Lulu schaut zu. Nicki ruht sich aus. Klingt einfach, oder? Für Kinder sind solche Sätze jedoch ein Meilenstein im Spracherwerb. Das Papp-Bilderbuch ,Erste Wörter, erste Sätze’ von Helmut Spanner ist voll davon und hilft Kindern, aus Wörtern Sätze zu bilden.“

Und weiter heißt es: „Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine bunte Truppe kleiner Bären, die genau das tun, was kleine Kinder auch machen: spielen, bewegen, im Haushalt helfen und miteinander agieren. Rund 20 solcher Alltagssituationen passen auf eine Doppelseite. Das erzeugt einerseits ein leicht wimmeliges Gesamtbild, auf dem es immer etwas zu entdecken gibt. Andererseits bleibt genug Raum für kleine, alltagsnahe Details wie eine Nudel, die noch aus dem Topf heraushängt. Immer mit dabei ist ein Baby-Bär, der genau wie die größeren Bären mitmachen möchte. Nicht nur das sorgt für ein angenehm offenes Rollenbild: Ob Bären-Mädchen oder Junge – jeder macht alles und packt überall an … Es gibt erstaunlich wenig Bilderbücher für Kinder unter zwei Jahren, die die Interaktion zwischen Kindern so in den Mittelpunkt stellen.“

Wenke Bönisch von der Kinderbibliothek beschreibt dies: „Spanner verzichtet auf Details im Hintergrund, was viel zu sehr verwirren würde. Die kleinen Leser entdecken so ihre eigene Welt, wenn Taps auf Stelzen balanciert und ein Pflaster auf der Stirn auf eine Schramme hinweist. Oder wenn Tommi über die Drachenschnur fällt, weiß so manches Kind, wie weh es tut. Gestik, Mimik und vor allem die Körperhaltung ist absolut natürlich. Spanner gestaltet illustratorisch die Gegenstände so genau, als würde man sie wahrhaftig spüren – die Wärme des Holzes, das Nass des Abwaschwassers, die metallene Schubkarre. Zu jeder Szene gibt es einen ganz kurzen Satz. Auch hier bleibt Spanner bei seiner Leserschaft: Subjekt, Prädikat, mal ein Objekt. So lernen die Kleinen, die Bilder mit den ersten Wörtern, mit den ersten Sätzen zu verknüpfen. Sie dechiffrieren die Welt und die Sprache. Eine nicht einfache Aufgabe!“

Von diesem und anderen Pappbilderbüchern

Freilich hört sich das Ganze an, wie Werbung für das Buch „Erste Wörter – Erste Sätze“, das die Diplom Pädagogin und Buchhändlerin Gabriele Hoffmann als „DAS Bilderbuch für Sinn erschließenden Spracherwerb“ bezeichnet (siehe auch Video). Aber das Prinzip des Pappbilderbuches wird damit auch klar und genau deshalb haben wir es auch ins Programm genommen. Es gilt, die Entwicklung des Kindes zu beachten, vom Kind aus zu denken, seine Alltagswelt realistisch abzubilden, statt ihm die Gedanken- und Geschmackswelt der Erwachsenen überzustülpen.  

Natürlich hat Spanner noch viel mehr Pappbilderbücher wie etwa die Bestseller „Erste Bilder – erste Wörter“ oder „Ich bin die kleine Katze“ publiziert. Oder denken wir nur an die Bücher von Eric Carle wie etwa „Die kleine Raupe Nimmersatt“, die schon seit über 50 Jahren aus keinem Kindergarten mehr wegzudenken ist.

Und wie soll es nun sein?

Auf die Frage, wie denn ein Pappbilderbuch für Kinder sein sollte, antwortet Spanner: Nahe an der Realität muss es sein, ästhetisch, also geschmacksbildend, es muss einfach sein, echt und ohne Unstimmigkeiten, emotional … Es ist nicht der freie künstlerische Stil, der im Pappbilderbuch gefragt ist. Die Ansprüche gehen vom Kind aus. Ich kann mich eben nicht als freier Maler im Pappbilderbuch verwirklichen. Da bin ich falsch. Das ist eine andere Kategorie. Es geht um die Kinder. Aber nicht in dem Sinne, nur das zu befriedigen, was die Kinder sehen wollen.“ Weitere Infos zu Helmut Spanner unter https://www.helmut-spanner.de.

Vom Wesen der Tiere

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Einen Schritt weiter geht die niederländische Pastellmalerin Loes Botman. Sie weiß wie keine andere, wie sie den Charakter der Tiere in ihren faszinierenden Pastellzeichnungen zum Ausdruck bringen kann. Dies ist einer der Gründe, warum ihre Bücher von kleinen Kindern so geliebt werden. Ihnen erschließt sich hier eine faszinierende neue Welt, in der die kleinen Tiere in einem natürlichen Hintergrund wunderschön zum Leben erweckt werden.

Aufgrund der Hintergründe sind die kleinen Pappbilderbücher etwas komplexer als jene von Helmut Spanner. Deshalb sind die Bücher für Kinder erst ab 18 Monaten geeignet. Dabei hält sich Botman mit den Hintergründen zurück. Diese sind lediglich die Bühne für die Tiere.

Dr. Wenke Bönisch lobt die detailgetreuen und realistischen Abbildungen. „Man spürt fast schon das weiche Fell der Katze oder den harten Panzer der Schildkröte.“, schreibt Sie in ihrer Rezension. Zu jeder Abbildung gibt es einen kleinen Reim, in dem eine Eigenschaft des Tieres hervorgehoben wird. Die Reime bilden den Wortschatz und das Sprachgefühl der Kleinkinder. Mehr Informationen zu den Büchern von Loes Botman finden Sie hier.




Kita-Fachkräfteverband Bayern mahnt mehr Qualität in der Bildung an

Mit der Publikation des Wiff-Fachkräftebarometers stellt der Verband zahlreiche Mängel im System fest

Der Verband der Kita-Fachkräfte in Bayern nimmt das von der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (Wiff) publizierte „Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2023“ zum Anlass, um die Ernsthaftigkeit der Bayerischen Staatsregierung bezüglich ihrer Bildungs- und Kitapolitik zu hinterfragen. Die Staatsregierung beteuere immer wieder, dass das Wohl der Kinder an erster Stelle stehen müsse, heißt es in der Pressemitteilung des Vereins. Erst jüngt habe die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf mitgeteilt: „Kinder sind das wertvollste Gut unserer Gesellschaft“. Doch die Ergebnisse des vor Kurzem Fachkräftebarometers ließen Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Aussage zu.

Niedrigstes Qualitätsniveau bundesweit

Die Studie des Wiff zeige, dass Bayern im Vergleich mit den anderen Bundesländern das geringste Qualifikationsniveau beim pädagogischen Personal habe. Die bayerische Staatsregierung führe mit dem modularen Weiterbildungskonzept eine Möglichkeit ein, um auf schnellerem Weg mit weniger Wissensvermittlung und Praxisbegleitung kurzfristig Personal zu gewinnen, beklagt der Verband. Das Konzept beinhalte Weiterbildungen, die nicht dem DQR-Level zugeordnet werden könnten, keine zentral gestellten Prüfungen hätten, außerhalb des zertifizierten und erfahrenen Schulwesens stattfänden und nur in Bayern mit Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsbehörde zum Einsatz kommen dürften. Dadurch werde das Qualifikationsniveau in den kommenden Jahren noch weiter sinken. Dramatisch seien auch die Zahlen zur Leitungsfreistellung in Bayern, das eines der drei Bundesländer wäre, in denen die Leitungsfreistellung nicht verbindlich geregelt sei. Dies zeige sich auch an der mangelhaften Umsetzung.

80 Prozent der Leitungen verfügen über keine ausreichenden Leitungsressourcen

In diesem Zusammenhang verweist der bayrische Fachkräfte Verband darauf, dass laut Barometer, fast 80 Prozent der Leitungen in Bayern über keine ausreichenden Leitungsressourcen verfügen. Auch bei diesem Qualitätsindikator sei Bayern bundesweit das Schlusslicht. In Bayern habe das pädagogische und Leitende Personal im Schnitt lediglich 0,9 Stunden pro Person Leitungsfreistellung, während diese deutschlandweit 2,2 Stunden betrage. Man könne den Eindruck gewinnen, dass Ausbau und Betreuung statt Bildung bei der Bayrischen Staatsregierung an erster Stelle stehe.

Beim Personalschlüssel im Mittelfeld

Beim Personalschlüssel könne Bayern immerhin Ergebnisse im Mittelfeld verzeichnen, auch wenn diese noch lange nicht den wissenschaftlichen und fachpraktischen Empfehlungen genügen würden und in den nächsten Jahren unbedingt weiterentwickelt werden müssten, so der Verband. So liege Bayern bei den unter Dreijährigen Kindern gemeinsam mit Schleswig-Holstein auf Rang vier, bei den Kindergartenkindern jedoch nur auf Rang acht. Hingegen bei den altersübergreifenden Kindern auf Rang drei und im Bereich für Schulkinder sogar auf Rang zwei.

„Staatsregierung entzieht sich der Verantwortung“

Im Austausch mit der Staatsregierung höre der Verband immer wieder das Argument, dass die Träger und Kommunen für gute Bedingungen sorgen müssten. Die Staatsregierung entziehe sich hier der Verantwortung. Träger und Kommunen könnten nur insoweit gute Bedingungen schaffen, wie sie diese auch finanzieren könnten. Da der Freistaat maßgeblich an der Finanzierung beteiligt sei, müsste diese intensiviert werden um für qualitative Verbesserungen zu sorgen.

Dringender Appell für qualitativ hochwertige Bildung

Aus den Ergebnissen der Studie lässt sich zudem ableiten, dass Bundesländer, die mehr Regelungen zur Qualität in ihren Kita-Gesetzen vorgeben, in zentralen Punkten bessere Ergebnisse verzeichneten. „Wir appellieren daher an die neue Staatsregierung ihre Arbeitsweise aus den letzten Legislaturperioden auf ihre Wirksamkeit hin zu überdenken. Wenn Kinder wirklich das wertvollste Gut unserer Gesellschaft sind, sollte es nicht um Betreuung um jeden Preis gehen, sondern um qualitativ hochwertige Bildung in bayerischen Kindertageseinrichtungen, die gute Arbeitsbedingungen für das Personal voraussetzt.“, so der Verband der Kita-Fachkräfte Bayern.

Quelle: Pressemitteilung des Verbands Kita-Fachkräfte Bayern




Erste Schritte in der Sprachentwicklung des Babys

Im Verlauf des ersten Lebensjahres macht ein Kind bereits enorme Schritte in seiner sprachlichen Entwicklung

Babys möchten Sprache hören

Von Geburt an zeigt ein Kind bereits eine besondere Vorliebe für menschliche Stimmen und ist „ganz Ohr“, wenn Mutter oder Vater mit ihm sprechen: Kein Geräusch ist so interessant wie die menschliche Stimme. Dabei kommt es zunächst gar nicht so sehr darauf an, was sondern wie etwas gesagt wird. Ohne dass es Eltern bewusst ist, „verwöhnen“ sie meist bereits ihr Neugeborenes mit Sprache, liebkosen es durch Streicheln wie auch mit ihrer Stimme. Es erfährt auf diese Weise ihre Zuwendung, Nähe und Wärme und kann sich angenommen und willkommen fühlen. Damit ist die Sprache – lange bevor ein Kind selbst sprechen kann – von Geburt an ein wichtiges Bindeglied in der Beziehung zwischen Eltern und ihrem Kind.

Verständigung ist der „Motor“ der Sprachentwicklung

Ihr Kind möchte sich von Anfang an mit Ihnen verständigen, und es kann dies bereits auf vielfältige Weise: 

  • Schreien ist in den ersten Lebensmonaten das stärkste Ausdrucksmittel des Säuglings.
  • Aber auch durch Körpersprache, Gesichtsausdruck und vor allem im Blickkontakt teilt Ihnen Ihr Kind mit, ob es sich wohl oder unbehaglich fühlt, ob es spielen oder seine Ruhe haben möchte.

Als Mutter oder Vater deuten Sie die Äußerungen Ihres Babys vermutlich meist intuitiv richtig und „beantworten“ sie entsprechend:

  • Wenn es Ihren Blick sucht, spielen und sprechen Sie zum Beispiel mit Ihrem Baby.
  • Wenn es weint und unruhig ist, wiegen Sie Ihr Baby auf dem Arm und trösten es mit sanfter Stimme,
  • Wenn Ihr Baby interessiert nach seinem Spielzeug schaut, reichen Sie es ihm.

In diesem wechselseitigen Austausch macht Ihr Kind zunehmend die Erfahrung, dass es sich mitteilen und damit etwas bewirken kann; dass Verständigung Spaß macht und es sich wohl dabei fühlt.

Vertraut werden mit Sprache

Mit jeder „Unterhaltung“ wird Ihr Kind etwas mehr mit „seiner“ Sprache vertraut – wenn sie ihm beispielsweise beim Baden oder Wickeln erzählen, was sie gerade tun, ihm etwas vorsingen oder wenn Sie es mit dem Klang Ihrer Stimme zu beruhigen oder zu ermuntern versuchen. Ihr Kind bekommt hierbei ein immer besseres Ohr für die Laute seiner Muttersprache:

  • Bereits in den ersten Lebenswochen verfeinert es zunehmend seine Fähigkeit, Stimmen und Sprachmelodien – zum Beispiel beruhigend oder Aufmerksamkeit erregend – zu unterscheiden.
  • Mit etwa zwei Monaten weiß Ihr Kind, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen seinem Befinden und der Art und Weise, wie Sie es ansprechen: Wenn es unruhig ist und sich unwohl fühlt, hört es Ihre tröstende Stimme mit gedehnten Worten und einer eher tiefen, fallenden Sprachmelodie; wenn es wach und aufmerksam ist und Sie mit ihm spielen, nimmt es eine eher steigende Sprechmelodie wahr.
  • Wenig später, mit drei, vier Monaten lernt Ihr Kind allmählich, auch die Geschehnisse ringsum mit der gehörten Sprache in Verbindung zu bringen. Es erkennt nun vielleicht schon seinen Namen und versteht – etwa mit vier Monaten – einen freundlichen Gesichtsausdruck und Tonfall von einem ärgerlichen zu unterscheiden.
  • Kaum einen Monat später begreift es, dass ein ärgerlicher Gesichtsausdruck auch mit einer ärgerlichen Stimme, ein lächelndes und freundliches Gesicht dagegen mit einer freundlich klingenden Stimme verbunden ist.

Auf dem Weg zum ersten Wortverständnis

In den ersten sechs Monaten hat Ihr Kind somit schon jede Menge gelernt. Den Inhalt einzelner Wörter oder Sätze kann es zwar noch nicht verstehen, aber viele sind ihm inzwischen bereits ebenso vertraut geworden wie die damit verbundenen tagtäglichen Tätigkeiten.

Jetzt, da es immer beweglicher wird, interessiert sich Ihr Kind mehr und mehr für seine Umwelt, erkundet die Gegenstände mit den Händen, mit dem Mund, mit den Augen. Dabei hört es Ihre ermunternden Worte und wie Sie etwas bezeichnen, mit dem es sich so ausgiebig beschäftigt:

  • Nach und nach begreift Ihr Kind, dass bestimmte Personen mit einem bestimmten Namen, Gegenstände, Situationen und Handlungen mit bestimmten Worten verbunden sind.
  • Ab etwa acht Monaten beginnt Ihr Kind schließlich, erste Worte zu verstehen, auch wenn diese – ebenso wie Form oder Farbe – zunächst noch untrennbar mit einem bestimmten Gegenstand verbunden sind: Nur sein roter Ball ist ein Ball!

Gegen Ende des ersten Lebensjahres kann Ihr Kind wahrscheinlich bereits 50 bis 100 Wörter verstehen. Es versteht nun einfache Aufforderungen, wie zum Beispiel „Gib mir den Ball!“, und reagiert sinngemäß auf Fragen wie „Wo ist denn der Papa?“ Es winkt, wenn es „Auf Wiedersehen“ hört, schüttelt den Kopf bei „Nein“ und klatscht in die Hände, wenn es sich freut.

Über spielerisches Erproben der Stimme zum ersten Wort

So wie das Verständnis von Sprache zusehends zunimmt, so entwickelt ein Kind im Verlauf des ersten Lebensjahres auch enorme Fähigkeiten, Laute zu bilden und zu äußern:

  • Mit etwa zwei Monaten, vielleicht auch schon früher, beginnt Ihr Baby gurrend und schnalzend mit ersten, zunächst zufälligen „Stimmübungen“. Für Sie als Mutter oder Vater sind diese ersten Laute geradezu eine Einladung zu einem „wirklichen Gespräch“. Wahrscheinlich „antworten“ Sie Ihrem Kind, indem Sie seine Laute immer wieder nachahmen, variieren und abwandeln. Dabei beobachtet Ihr Kind mit zunehmender Aufmerksamkeit Ihren Mund und Ihre Lippenbewegungen. Es lernt nun, die anfangs zufälligen Muskelbewegungen in Mund, Hals und Kehlkopf immer besser zu kontrollieren.
  • Schon bald – ab etwa drei Monaten – antwortet Ihr Kind Ihnen quietschend, brummend und juchzend, wenn Sie es ansprechen oder mit ihm spielen. Es erprobt nun mit wachsender Begeisterung seine Stimme, lacht und brabbelt vergnügt vokalartige Laute wie „a“ und „i“ vor sich hin oder versucht, Sie damit zum Spielen aufzufordern.
  • Ab etwa fünf, sechs Monaten plappert Ihr Kind bereits erste Silben, indem es verschiedene Laute miteinander verbindet, sie zu Ketten aneinanderreiht und schließlich verdoppelt: „da-da-da-da“, „da-da“. Es hört sich dabei selbst zu und vermag seine Laute immer mehr der gehörten Sprache in seiner Umgebung anzupassen.
  • Im Rede- und Antwortspiel „antwortet“ Ihnen Ihr Kind nun mit verschiedenen Lauten und Tönen. Es lauscht, wenn Sie die Töne nachahmen und wiederholen, und ist begeistert, wenn es Ihnen erneut plappernd antworten kann.
  • Gegen Ende des ersten Lebensjahres oder etwas später – beginnt Ihr Kind schließlich die ersten Wörter zu plappern; meist sind dies „Mama“ und „Papa“ oder Wörter mit symbolischer Bedeutung, wie zum Beispiel „nam-nam“ für Essen.

Risiken für die sprachliche Entwicklung frühzeitig erkennen

Damit sich Ihr Kind sprachlich gut entwickeln kann, muss es gut hören können.

  • Auch wenn ein Hörtest keine auffälligen Befunde gezeigt hat, sollten Sie dem Hörvermögen Ihres Kindes besondere Aufmerksamkeit schenken und hin und wieder bewusst darauf achten, ob und wie Ihr Kind zum Beispiel auf Geräusche reagiert.
  • Wenden Sie sich unbedingt an Ihren Kinderarzt oder Ihre Kinderärztin, wenn Sie den Eindruck haben, Ihr Kind höre nicht gut oder plappere nach dem ersten Halbjahr für sein Alter zu wenig.
    (Stand: 4.9.2021)

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, kindergesundheit-info.de, http://www.kindergesundheit-info.de/themen/ernaehrung/0-12-monate/beikosteinfuehrung/, CC BY-NC-ND




Veranstaltungsangebote zu „Kinder beteiligen, fördern, schützen“

Die Online-Live-Workshopreihe der Deutschen Liga für das Kind von November bis Januar

Die Online-Live-Workshopreihe der Deutschen Liga für das Kind geht weiter. Von Ende November bis Januar gibt es wieder einige Veranstaltungen. Die Referentinnen und Referenten der Workshops gehören dem interdisziplinären Vorstand der Liga an. Neben kinderärztlicher Expertise, einem entwicklungspsychologischen oder erziehungswissenschaftlichen Blick, bringen diese auch soziologische Sichtweisen ein sowie aktuelles fachliches Wissen in speziellen Bereichen, etwa der Arbeit mit traumatisierten Kindern sowie Ergebnisse neuer Forschungsvorhaben.

29.11.2023, 16.00 – 18.00 Uhr 

„Die Kita als sicherer Ort für Kinder. Grenzverletzendes Verhalten von Fachkräften verhindern.“ mit Bianka Pergande. Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, selbstverständlich auch in der Kita. Dass das Wohl einzelner Kinder oder auch von Kindergruppen beeinträchtigt wird, kommt in Kindertageseinrichtungen aber gar nicht so selten vor. Thematisiert wird dies jedoch selten. Was aber genau ist grenzverletzendes Verhalten? Wie häufig kommt es im Alltag von Kitas vor? Wie kann solchen Situationen vorgebeugt werden und wie sieht eine wirksame Unterstützung im Team aus, um Grenzverletzungen zu verhindern?

13. Dezember 2023, 16.00 – 18.00 Uhr 

„Zwischen sexueller Bildung und Schutz vor Missbrauch. Sexualpädagogik in der Kita.“ mit Professor Dr. Jörg Maywald. Sinnesfreude und Körperneugier gehören zur gesunden Entwicklung jedes Kindes. Dennoch bestehen bei vielen Fachkräften große Unsicherheiten. Was ist „normal“ und wann muss ich mir Sorgen machen? Wie kann sexualisierter Gewalt wirksam vorgebeugt werden? Was tun, wenn „etwas“ passiert ist?

10. Januar 2024, 16.00 – 18.00 Uhr  

Aufwachsen unter schwierigen Bedingungen: langfristige Hypothek oder vorbereitendes Übungsfeld?
mit Professorin Dr. Sabine Walper, Direktorin des Deutschen Jugendinstituts

Weitere Infomationen

Die Online-Live-Workshops finden jeweils nachmittags zwischen 16.00 und 18.00 statt. Informationen und Buchung: https://fruehe-kindheit-online.de/?cat=c17_Workshops-Workshop.html

Auch Kontingentbuchungen für Kita-Teams oder durch Fachberatungen sind möglich.

Quelle: Information der Deutschen Liga für das Kind




Die Sprachentwicklung von Kindern spielerisch unterstützen

Sprachspile

Kinder in ihrer Sprachbildung zu unterstützen ist das Ziel zahlreicher Spiele, die Charmaine Liebertz entwickelt hat

Sprache ist unser wichtigstes Werkzeug für ein harmonisches Zusammenleben. Die Spielekartei Sprachförderung hilft schon den Kleinsten, ihre Sprechmotorik zu trainieren und die Zusammenarbeit im Spiel durch Sprache zu koordinieren. Die spannenden und originellen Spielideen unterstützen die natürliche Sprachentwicklung und helfen Ihnen Schwächen gezielt zu trainieren.

Die drei folgenden Spiele unterstützen Kinder bei der Sprachentwicklung:

So gesehen …

Der Spielleiter zeigt der Gruppe bzw. Klasse ein Bild aus dem Bereich der optischen Täuschungen (z.B. ein doppeldeutiges Bild, in dem sich zugleich eine alte und eine junge Frau verbirgt). Im gemeinsamen Gespräch wird erarbeitet, dass

  • dieselbe Situation je nach persönlichem Blickwinkel unterschiedlich gesehen werden kann.
  • Wahrnehmen, Denken und Interpretieren von unseren individuellen Erfahrungen und Vorlieben beeinflusst werden.
  • ein Sachverhalt mindestens drei Seiten hat: die Seite, die ich sehe, die Seite, die du siehst und (wichtig!) eine Seite, die wir beide nicht sehen

Variante

Die Gruppe bzw. Klasse liest einen Text (z.B. Zeitungsartikel), der ein emotionales Ereignis (z.B. Unfall, Überfall, Lottogewinn) beschreibt. Die kontroversen Sichtweisen (z. B. Opfer, Täter, Lottoboten, Gewinner usw.) werden nun besprochen oder aufgeschrieben. Auch ein Rollenspiel eignet sich, um die unterschiedlichen Positionen und Meinungen herauszuarbeiten.

  • Alter: ab 6 bis 16 Jahre
  • Zeit: 25 bis 40 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
  • Material: Bilder von optischen Täuschungen, kontroverse Texte

Familie Nolte

Familie Nolte ist geplagt. Jedes Familienmitglied hat eine andere Mundfehlstellung. Bei Oma Nolte steht der Oberkiefer über dem Unterkiefer, bei Opa Nolte ist es umgekehrt – der Unterkiefer ragt hervor. Bei Tante Nolte hängt der rechte Mundwinkel und bei Onkel Nolte der linke Mundwinkel. Der Spielleiter spricht den folgenden Reim

„Oma Nolte (Überbiss)/Opa Nolte (Unterbiss)/ Tante Nolte (rechter Mundwinkel hängt)/Onkel Nolte (linker Mundwinkel hängt) sah und holte einen Wibbelwabbel,
eine Zwiebelzwirbel,
einen roten Luftballon.“

Zeile für Zeile mit den verschiedenen Mundstellungen vor und die Gruppe spricht nach. „Oma Nolte sah und holte …“ spricht er erst mit Überbiss, danach wiederholt er den Text „Opa Nolte sah und holte …“ mit Unterbiss usw.

  • Alter: ab 3 bis 6 Jahre
  • Zeit: 5 bis 10 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel

Hans Nasens Fahrrad

Zunächst sagt der Spielleiter folgendes Gedicht vor, das ihm die Gruppe nachspricht:

„Hans Nasens Fahrrad
hat ’nen Platten.
Oh Schreck!
Und mit Kaugummi
kriegt man’s wieder weg.“

Dann zeigt er die folgenden Bewegungen dazu:

„Hans – sich auf die Brust klopfen
Nasens – an die Nase greifen
Fahrrad – mit den Händen Tretbewegungen machen
hat – auf die Schenkel klopfen
nen Platten. – in die Hände klatschen
Oh Schreck! – Hände neben dem Kopf öffnen und erschrocken gucken
Und mit Kaugummi – symbolisch aus dem Mund ziehen
kriegt man’s wieder weg.“ – mit der rechten Hand etwas symbolisch über die Schulter wegwerfen

Am Ende erklärt er die drei Stufen des Spiels: „Zunächst üben wir nur den Text, dann bewegen wir die Hände dazu (siehe oben) und zum Schluss brauchen wir keine Wörter mehr, sondern nur noch die Bewegungen.“

  • Alter: ab 3 bis 8 Jahre
  • Zeit: 10 bis 20 Minuten
  • Sozialform: Gruppenspiel
kartei sprache

Die Spielekartei Sprachförderung
Charmaine Liebertz

Burckhardthaus
ISBN: 9783944548234
14,95 €
Mehr unter: www.oberstebrink.de