Kulturelle Bildung beginnt im Elternhaus – oder im Jugendzentrum

Auswertung von Daten des Nationalen Bildungspanels durch das DIPF

Inwieweit Kinder und Jugendliche an Angeboten kultureller Bildung teilnehmen, hängt in erheblichem Maße vom Elternhaus ab. Das betrifft insbesondere Museums-, Konzert- und Theaterbesuche sowie Kurse außerhalb der Schule. Einzig kreative Angebote in Jugendzentren werden unabhängig vom familiären Hintergrund wahrgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS), die am DIPF/Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Studie sind in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft erschienen.

Breiter Begriff der kulturellen Bildung

Für ihre Studie wählten die Forscher einen besonders breiten Begriff der kulturellen Bildung, um möglichst umfassend die vielfältigen Sparten und Formen darzustellen. „Abseits vom Unterricht in der Schule findet kulturelle Bildung ja nicht nur in der Kunstausstellung oder beim Instrumentalunterricht statt, sondern auch in einem Verein, der Brauchtum pflegt, oder beim Streetdance-Workshop im Jugendzentrum“, erläutert Jannis Burkhard, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der DIPF-Abteilung „Struktur und Steuerung des Bildungswesens“ und Erstautor der jetzt vorliegenden Veröffentlichung. „Gerade die Teilnahme an kreativen Aktivitäten in kulturellen Vereinen und in Jugendzentren ist bislang nur wenig empirisch erforscht.“ Diese Lücke konnte das wissenschaftliche Team nun durch eine Sekundäranalyse von NEPS-Daten schließen, die das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe der Wissenschaft zur Verfügung stellt.

Befunde passen zum bisherigen Forschungsstand

Die dabei erschlossenen Befunde reihen sich gut in den bisherigen Forschungsstand ein. So stellten die Autoren fest, dass das Elternhaus einen starken Einfluss darauf hat, ob Kinder Museen, Theater, klassische Konzerte sowie Kurse in der Musikschule besuchen. Auch beim Besuch von Schulen mit einem künstlerischen Profil und kulturellen Angeboten in Vereinen zeigte sich ein zumindest moderater Effekt der Eltern. Lediglich bei der Teilnahme an künstlerischen Angeboten in Jugendzentren gab es keinen Zusammenhang mit dem Elternhaus, unterstreicht DIPF-Forscher Jannis Burkhard. „Jugendzentren bieten offenbar einen Zugang zu kultureller Bildung, der unabhängig vom familiären Hintergrund ist. Aus bildungspolitischer Sicht können Jugendzentren also als Orte betrachtet werden, die insbesondere den Jugendlichen kulturelle Teilhabe ermöglichen, denen diese nicht schon durch die Eltern mitgegeben wird“, so der Wissenschaftler.

NEPS-Daten von rund 6.000 Schüler*innen ausgewertet

Für die Studie werteten die DIPF-Mitarbeiter NEPS-Daten von rund 6.000 Schüler*innen der 7. bis 9. Klassen sowie von über 4.000 Eltern aus. In den Datensätzen sind rund 12.000 offene Antworten zu den außerschulischen Kursen der Schüler*innen enthalten, die für die aktuelle Studie kodiert und ausgewertet wurden. In insgesamt zehn Sparten kultureller Bildung wurden diese Aktivitäten erfasst, beispielsweise Tanz, Schauspiel, bildende Kunst und Mediengestaltung. Bei Weitem am häufigsten gaben die Jugendlichen musikalische Aktivitäten an.

Orientierung am Begriff des kulturellen Kapitals

Neben diesem breiten Verständnis von kultureller Bildung betrachteten die Autoren auch den familiären Hintergrund differenzierter und orientierten sich dabei am Begriff des kulturellen Kapitals, der durch den französischen Soziologen Pierre Bourdieu geprägt worden ist. Somit bezogen sie nicht nur die Bildungsabschlüsse der Eltern in die Untersuchung mit ein, sondern auch Daten zu hochkulturellen Aktivitäten wie Konzertbesuchen und zu kulturellen Besitztümern im Elternhaus, zum Beispiel Kunstgegenstände und die Anzahl der Bücher.

Ergebnisse nur bedingt vergleichbar

Durch die teilweise unterschiedlichen Messweisen bei den einzelnen Formen kultureller Bildung sind die jeweiligen Ergebnisse nur bedingt vergleichbar. So gingen die Museums-, Konzert- und Theaterbesuche als quantitative Messgrößen in die Studien ein (1 = „nie“, 2 = „einmal“, 3 = „2 bis 3 mal“, 4 = „4 bis 5 mal“ 5 = „mehr als 5 mal“ – jeweils bezogen auf die letzten 12 Monate). Die anderen Formen kultureller Bildung hingegen wurden lediglich binär (ja/nein) gemessen. Die geschätzten Effekte sind daher zwischen den einzelnen Formen kultureller Bildung nur bedingt miteinander vergleichbar. Die skizzierten Befunde zur Abhängigkeit vom Elternhaus lassen sich dennoch ableiten.

Über das DIPF:

Das DIPF ist das Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation mit Standorten in Frankfurt am Main und in Berlin. Es will dazu beitragen, Herausforderungen in der Bildung und für das Erforschen von Bildung zu bewältigen. Dafür unterstützt das Institut Schulen, Kindertagesstätten, Hochschulen, Wissenschaft, Verwaltung und Politik mit Forschung, digitaler Infrastruktur und Wissenstransfer. Übergreifendes Ziel seiner Aktivitäten ist eine qualitätsvolle, verantwortliche, international anschlussfähige und Gerechtigkeit fördernde Bildung, die zudem bestmöglich erforscht werden kann. www.dipf.de

Anke Wilde

Originalpublikation:

Burkhard, J., Kühne, S., Scharf, J., Maaz, K. (2024). Kulturelle Bildung – hausgemacht? Zum Effekt elterlichen kulturellen Kapitals auf die kulturellen Aktivitäten von Jugendlichen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. https://link.springer.com/article/10.1007/s11618-024-01219-6




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Die neuen Empfehlungen zur Ernährung sind für viele wenig sinnvoll

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Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Pauschale Mengen, weniger Fleisch und weniger Milchprodukte

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) hat die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland überarbeitet. Neu an diesem Modell ist, dass sie neben der Empfehlung zu einer gesunden Ernährung gleichzeitig auch Aspekte wie Nachhaltigkeit, Umweltbelastung sowie die in Deutschland üblichen Verzehrgewohnheiten berücksichtigt.

Eine gesundheitsfördernde und ökologisch nachhaltigere Ernährung besteht nach Ansicht der DGE zu mehr als ¾ aus pflanzlichen Lebensmitteln und zu knapp ¼ aus tierischen Lebensmitteln. Der Anteil tierischer Lebensmittel fällt geringer aus als bisher. Die überarbeiteten Empfehlungen berücksichtigen beispielsweise täglich zwei Portionen Milch und Milchprodukte, eine Portion weniger als bei den vorherigen Empfehlungen. Zudem sei es ausreichend, wöchentlich maximal 300 g Fleisch und Wurst sowie ein Ei zu essen. Beim Fisch bleibt es bei ein bis zwei Portionen wöchentlich. Pflanzliche Lebensmittel werden nun in den DGE-Empfehlungen noch stärker als bisher betont: Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen und Nüsse werden mit einer eigenen Empfehlung stärker hervorgehoben. Obst und Gemüse stellen auch weiterhin die mengenmäßig wichtigste Gruppe dar.

Die Empfehlungen gelten für gesunde Erwachsene im Alter von 18 bis 65 Jahren, die sich mit einer Mischkost, inkl. Fleisch und Fisch, ernähren. (DGE Empfehlungen)

Kritik der Deutschen Akademie für Präventivmedizin

Die Deutsche Akademie für Präventivmedizin e.V. (DAPM) kritisiert die neuen Ernährungsempfehlungen der DGE. Demnach könnten die Empfehlungen weitreichende Folgen für die Bevölkerung haben, da sie von der Verpflegung in Kitas, Schulen, Kantinen und Seniorenheimen bis hin zu den Programmen der Krankenkassen als Standard gelten.

Die DAPM sieht gravierende Fehler sowohl im Ansatz dieser Empfehlungen. Sie richteten sich explizit an ALLE („für Deutschland“). In etlichen inhaltlichen Aussagen seien sie überholt und nicht evidenzbasiert. Und zusätzlich würden sie den Aspekt des Klimaschutzes teilweise über die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung zu stellen.

Es könne keine einheitlichen Empfehlungen für die Ernährung aller Menschen in Deutschland geben, da sich deren gesundheitliche Ausgangslage unterscheide. In einer Bevölkerung, in der der Anteil von Menschen mit Übergewicht und Adipositas, Prädiabetes und Diabetes stetig zunähme, und schlanke, sportliche Menschen mittlerweile eine Minderheit darstelleten, solle man nach Ansicht der DAPM nicht auf Basis theoretischer Überlegungen, welche Ernährungsweise besonders klimafreundlich sei, der Gesamtbevölkerung Empfehlungen geben.

Konkret kritisiert die DAPM folgende Aussagen:

  • Die Charakterisierung von Lebensmitteln in solche „pflanzlichen Ursprungs“ und solche „tierischen Ursprungs“ ist wissenschaftlich betrachtet nicht sinnvoll.
  • Die Empfehlung „an alle“, täglich 5 Portionen = 300 g Getreideprodukte zu verzehren, ist für viele Millionen Menschen in Deutschland nicht nur nicht hilfreich, sondern sogar gesundheitsgefährdend!
  • Die Reduzierung des Verzehrs von Milchprodukten im Vergleich zu früheren Empfehlungen um ein Drittel hat keine wissenschaftliche Grundlage. Milchprodukte haben nachgewiesenermaßen im Gegenteil positive Effekte auf die Gesundheit. Sie verringern das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
  • Der allgemeine Verzicht auf tierische Lebensmittel kann bedenklich sein: Die ausreichende Versorgung relevanter Bevölkerungsteile (z. B. Kinder und Senioren) mit genügend und hochwertigem Eiweiß, essenziellen Aminosäuren und Fettsäuren sowie mit etlichen Spurenelementen und Vitaminen wird mit den DGE-Empfehlungen nicht gewährleistet.
  • Die empfohlene Beschränkung des Verzehrs von Eiern ist seit Jahrzehnten überholt und wurde von den führenden Fachgesellschaften weltweit längst aus den Empfehlungen entfernt.

300 g Getreideprodukte pro Tag sind zu viel

Wenn die DGE allen Menschen in Deutschland empfehle, 300 g Getreideprodukte pro Tag zu verzehren, was etwa  60 Prozent der durchschnittlichen Kalorienzufuhr eines Menschen bedeuten würde, dann hätten Millionen Menschen mit Übergewicht und Adipositas, Prädiabetes und Typ-2-Diabetes davon gesundheitliche Nachteile. Auch Vollkornmehle seien stark blutzuckerwirksam.

Die Menge von 300 g Getreideprodukten hat laut DAPM die Blutzuckerwirksamkeit von umgerechnet ca. 50 Teelöffeln Zucker. Die  hohe Kohlenhydratzufuhr erhöhe den Insulinspiegel im Blut, das steigere den Blutdruck, das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, darüber hinaus das Risiko für verschiedene Krebserkrankungen und für Demenz.

Verzehr von Milchprodukten: Zählt die Gesundheit weniger als vermeintlicher Klimaschutz?

Ob durch die Verminderung des Verzehrs von Milchprodukten ein relevanter Beitrag zum Stopp des Klimawandels geleistet werden könne, sei völlig unklar.

Für die Gesundheit der Menschen hätten Milchprodukte jedoch eindeutig positive Effekte, wie etliche Studien der jüngsten Zeit klar belegen würden. So würde der regelmäßige Verzehr von Milchprodukten vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Aus Sicht der DAPM wäre eine Reduzierung des Verzehrs von Milchprodukten für die Gesundheit der Bevölkerung kontraproduktiv.

Verzicht auf tierische Lebensmittel kann zur Mangelversorgung führen

Die von der DGE empfohlene Verminderung „tierischer“ Lebensmittel entbehrt laut DAPM im Hinblick auf die Gesundheit der Menschen einer wissenschaftlichen Grundlage. Sie scheine überwiegend durch die vorgebrachten Argumente des Klimaschutzes motiviert. Das könne jedoch auf Bevölkerungsebene  für bestimmte Gruppen zu einer Mangelversorgung führen.

Die Aminosäurenqualität von pflanzlichem Eiweiß (etwa aus Hülsenfrüchten) sei im Vergleich zur Aminosäurenqualität von Milchprodukten, Eiern, Fleisch und Fisch deutlich geringer. Die nötigen Mengen wiederum, um über eine rein pflanzenbasierte Kost ausreichend Eiweiß aufzunehmen, wären im wirklichen Leben schwer zu erreichen.

Die Kalzium-, Eisen-, Zink-, und Vitamin B12-Versorgung werde durch eine überwiegend pflanzliche Ernährung im Sinne der von der DGE favorisierten „Planetary Health Diet“ nicht ausreichend gewährleistet. Denn nicht nur die Zufuhrmenge sei entscheidend, sondern auch die bei pflanzlicher Kost verminderte Bioverfügbarkeit (Fähigkeit des Darms, die Nährstoffe auch aufzunehmen).

Und eine ausreichende Versorgung des Gehirns mit der langlebbigen Omega-3-Fetsäure DHA, die eine demenzpräventive Wirkung habe, könne bei nur einer Portion Fisch pro Woche über die von der DGE empfohlenen pflanzlichen Omega-3-Quellen (alpha-Linolensäure aus Nüssen, Rapsöl, Leinöl) nicht gewährleistet werden. Denn es sei wissenschaftlich völlig unstrittig, dass im menschlichen Körper die alpha-Linolensäure nicht in relevanter Menge in DHA umgewandelt werden könne.

Die Eier-Phobie der DGE ist unbegründet

Im Jahr 2017 war die frühere Empfehlung zur Beschränkung des Verzehrs von Eiern auf zwei Eier pro Woche aus den „10 Regeln der DGE“ verschwunden. Nun taucht sie wieder auf.

Doch schon seit langem ist klar, dass die Cholesterinaufnahme aus dem Darm den Cholesterinspiegel im Blut kaum beeinflusst und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall nicht steigert. Fachlich betrachtet wird bei höherer Cholesterinaufnahme aus dem Darm die Eigenproduktion von Cholesterin in der Leber gedrosselt und umgekehrt. Dieser Feedback-Mechanismus führt dazu, dass es für die meisten Menschen keinen relevanten Einfluss auf die Cholesterinwerte hat, ob sie zwei Eier am Tag oder nur ein Ei pro Woche verzehren.

Eier sind ein ernährungsphysiologisch wertvolles Lebensmittel und wichtig für die Versorgung mit hochwertigem Eiweiß, essenziellen Aminosäuren und Vitamin B12. Der Verzicht auf Eier ist aus ernährungsmedizinischer Sicht nicht sinnvoll!

Fazit aus Sicht der DAPM:

Die von der DGE „für alle“ ausgesprochenen Ernährungsempfehlungen sind nicht „für alle gesund“, sondern allenfalls für den kleineren Teil der Allgemeinbevölkerung praktikabel und hilfreich. Etliche Empfehlungen der DGE sind nicht wissenschaftlich begründet. Sie entspringen im Sinne der wissenschaftlich umstritenen „Planetary Health Diet“ einer klimapolitischen Motivation.

Doch vor allem: Aus Sicht der DAPM sind die Empfehlungen der DGE praxisfern und werden den gesundheitlichen Belangen der Bevölkerung nicht gerecht. In der aktuellen Form sind die DGE-Empfehlungen in Teilen kontraproduktiv und ein Rückschritt im Vergleich zu den DGE-Empfehlungen von 2017! (DAMP)

Zu viele Kohlenhydrate schon in den Empfehlungen der DGE von 2017

Das Ärzteblatt hatte schon an den vorherigen Empfehlungen der DGE Kritik geäußert.

Zwei Fachfrauen für Ernährung, Daniela Kluthe-Neis und Birgit Blumen­schein, appellierten in einem offenen Brief an die DGE-Präsidentin Ulrike Azevedo, die primärpräventiven Empfehlungen zur Nährwertrelation von 10 bis 15 % Protein, 30 % Fett und 55 bis 60 % Kohlenhydrate anhand aktueller Studien auszuweiten. Denn diese seien momentan ausschließlich für gesunde Menschen konzipiert, was nicht dem Groß­teil der Schulungsklientel entspreche.“

Johannes Scholl, Vorsitzender der Deutschen Akademie für Präventivmedizin (DAPM), bestätigte nicht nur die Erfahrungen von Kluthe-Neis aus seiner aus Präventivmedizin spezialisierten Praxis in Rüdesheim: „Wir stellen bei jedem dritten Mann ab 45 bereits eine Fettleber fest, hier ist eine kohlenhydratreiche Kost geradezu kontraindiziert.“ Seine Kritik reicht weiter: „Aber selbst für Gesunde sind diese Empfehlungen nicht nur durch keine Evidenz begründet, sie sind inzwischen auch widerlegt“, urteilt Scholl. (Ärzteblatt 2017)

Nährwertrechner ermittelt individuellenNährstoffbedarf

Je nach Gewicht, Alter, Geschlecht und Größe unterscheidet sich der persönliche Nährstoffbedarf. Grundlage der DGE Empfehlung ist der gesunde Durchschnittsmensch. Der Durchschnittsmann in Deutschland wiegt 85,8 Kilo (laut Statista). Nicht darauf eingegangen wird in den Empfehlungen der DGE auf die einzelnen Nährstoffe. Wie konkret z.B. der Bedarf gedeckt werden kann, wenn jetzt weniger Milch und Fleisch konsumiert werden. Mit dem Rechner lassen sich die Summen der Nährstoffe der einzelnen Lebensmittel, die wir pro Tag verzehren gut berechnen.

Eiweißbedarf als Beispiel:

Der Bedarf an Eiweiß liegt nach Angaben der DGE bei 0,8 g je Kilo Körpergewicht bei einem Alter zwischen 19 und 65, Menschen ab 65 brauchen 1g und Kinder bis zu 2,5g. Unser Mustermann braucht somit 68g Eiweiß pro Tag, das sind 479g Eiweiß in der Woche.

Laut Nährwertberechnung enthält die Wochenration Milch und Fleisch nach den neuen Regeln der DGE – 1.400g Milch (46g Eiweiß), 200g Lachs (40g Eiweiß) 1 Ei (9g Eiweiß), 300g Rindfleisch (66g Eiweiß) – gerade mal 161g Eiweiß. Dazu sollen wir noch mindestens einmal in der Woche Hülsenfrüchte essen, dazu aber keine genauen Mengenangabe. Wir rechnen mal mit 100g getrocknete Linsen, die enthalten 23g Eiweiß. Summe der Wocheneiweißration sind nun 184g, bei 2x Linsen in der Woche sind das 207g, aber immer noch keine 478g, es fehlen 271g Eiweiß. Sojaprodukte wie Tofu werden bei der DGE nicht auusdrücklich erwähnt, obwohl diese als Fleischersatz eine gute Alternative sind von der Zusammensetzung der Aminosäuren laut Bundeszentrum für Ernährung (BZfE)

1kg Linsen (getrocknet! Gegart sind das 2kg) haben 230g Eiweiß, 1kg Tofu 158g,
zum Vergleich: 1kg Hähnchenfleisch 230g, 1kgEmmentaler 300g

Es ist also theoretisch durchaus möglich seinen Eiweißbedarf nach den Empfehlungen zu decken, aber hier heißt es gut rechen und eine Portion Linsen (mit 100g) in der Woche genügt nicht für den Durchschnittsmann, Mann brauch dann schon einen großen Topf https://www.naehrwertrechner.de/

Quellen: Pressemitteilungen DGE, Deutsche Akademie für Präventivmedizin e.V., Ärzteblatt, BZfE, www.naehrwertrechner.de

Hintergrundinformationen zur Entstehung der DGE

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) ist ein gemeinnütziger Verein mit 4 000 Mitgliedern, Sitz in Bonn und Sektionen in sechs Bundesländern. Sie arbeitet seit ihrer Gründung 1953 unabhängig und der Wissenschaft verpflichtet. Es ist der satzungsgemäße Auftrag der DGE sich mit allen auf dem Gebiet der Ernährung auftretenden Fragen zu befassen, einschlägige Ergebnisse zu sammeln, auszuwerten und daraus unabhängig, transparent und auf Basis wissenschaftlicher Bewertung Empfehlungen abzuleiten. Die Finanzierung der DGE erfolgt durch Bundesmittel, Mitgliedsbeiträge und Eigeneinnahmen.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Ernährungswissenschaft durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGEF, 1935-1945) vertreten, die somit als Vorgängerorganisation der Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. anzusehen ist.

1935 wurde die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGEF) im Reichgesundheitsamt in Berlin durch Hans Reiter gegründet. Sie setzte sich im Wesentlichen aus der „Abteilung N“ (Ernährungsphysiologie) des Reichsgesundheitsamts, in der neben Mediziner*innen, Chemiker*innen und Landwirt*innen arbeiteten, zusammen. Die DGEF war als interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen organisiert. Mediziner*innen, Chemiker*innen, Pharmakolog*innen, Landwirt*innen, Volkswirt*innen und Statistiker*innen verfolgten hier vor allem die Ziele der nationalsozialistischen Ernährungspolitik. Sie setzten alle Vorgaben der NS-Ideologie im Bereich der Ernährungswissenschaften um – die rassistischen und antisemitischen inbegriffen.

Die DGE wurde am 4. November 1953 nach dem Vorbild amerikanischer Gesellschaften als gemeinnütziger Verein gegründet, wobei ein Bezug zur nationalsozialistischen Vorgängerorganisation DGEF nicht thematisiert wurde.

https://www.dge.de/deutsche-gesellschaft-fuer-ernaehrung/




KiTa-Plattform.de! – Kostenlose Informationen und Weiterbildungen

plattform

Informieren, Weiterbilden und Vernetzen

Das BMFSFJ stellt auf seiner Website wissen.kita-plattform.de kostenlose Qualifizierungsinhalte und Begleitmaterialien sowie weiterführende Informationen für Kita Fachkräfte zur Verfügung.

Die Materialien zur Qualifizierung stehen als Bedarfsorientierte Angebote (BOAs) bereit und beinhalten unter anderem Selbstlernmodule, interaktive Lerneinheiten, Videos, Vorträge und Tipps zur Umsetzung im pädagogischen Alltag. Darüber hinaus finden Sie aktuelle praxisnahe Veröffentlichungen, wissenschaftliche Studien, Checklisten sowie Dokumentationen von Konferenzen und digitalen Veranstaltungen aus den Bundesprogrammen.

Alle Formate auf https://wissen.kita-plattform.de sind kostenfrei!

Materialien zu verschiedenen Themen zur sofortigen Nutzung

Die Informationsmaterialien stehen zum sofortigen Download bereit, die Videos sind ohne Registrierung frei zugänglich. Themenschwerpunkte sind u.a. Alltagsintegrierte sprachliche Bildung, Inklusive Pädagogik, Zusammenarbeit mit Familien, Qualitätsmanagement, Fachkräftegewinnung und digitale Bildung.

Die Lern- und Wissensmodule sind nach einer Registrierung zeitlich unbegrenzt nutzbar

praxisanleitung

Praxisanleitung digital

Das Lern- bzw. Lehrangebot „Praxisanleitung digital“ wurde von 2019 bis 2022 durch Prof.in Dr.in Catherine Walter-Laager als wissenschaftliche Leitung (Karl Franzens Universität Graz – Internationales Zentrum für Professionalisierung der Elementarpädagogik) mit ihrem Team erarbeitet und weiterentwickelt.
Die kostenfreie Lernplattform wurde im Rahmen des Bundesprogramms „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert und richtet sich explizit an Praxisanleitungen, Kita-Leitungen und interessierte pädagogische Fachkräfte. Ziel ist es, den Lernort Praxis in Kindertageseinrichtungen zu stärken und die Anleitung von Auszubildenden weiter zu professionalisieren.
Auch nach Ende des Bundesprogramms stehen Ihnen die Inhalte von „Praxisanleitung digital“ weiterhin zur Verfügung. Nach der kostenfreien Registrierung oder Anmeldung mit ihrem bestehenden Account können Sie auf die einzelnen Themenfelder zugreifen. Sie können das Angebot kontinuierlich durcharbeiten oder sich jene Inhalte aussuchen, welche für Sie besonders relevant sind.

Quelle: Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)




Neues KI-Tool macht schwere Texte verständlich

frau am pc

Amtsdeutsch und Bankensprech: KI-Werkzeug fördert Transparenz für alle

Komplizierte Sprache schließt Menschen in Deutschland aus. 86 Prozent verstehen offizielle Texte nur schwer – darunter 81 Prozent mit höherer Bildung1. Das fand die Gesellschaft für deutsche Sprache heraus. Das kostenlose KI-Tool ‘Plain’ übersetzt komplexe Texte in verständliche Sprache. Der Hersteller WORTLIGA richtet sich dabei nach den Empfehlungen für “Einfache Sprache” gemäß ISO 24495-1. Die Informationsflut überfordert auch jüngere Menschen, laut einer Studie des VOCER-Instituts

Dem Team hinter WORTLIGA geht es dabei nicht um „Leichte Sprache“, sondern um Verständlichkeit für alle. Das kostenlose Online-Tool macht Informationen für die Mehrheit besser verständlich. Die KI sorgt bei der Überarbeitung dafür, dass alle Fakten und Informationen eines Textes erhalten bleiben. Das ist wichtig, wenn es zum Beispiel um rechtliche Texte oder politisches Geschehen geht. „Unter anderem in unserer Beratung für die Tagesschau wurde klar: Verständliche Sprache schafft in allen gesellschaftlichen Bereichen großen Nutzen“, sagt Wagner.

Gesundheitskompetenz: Menschen brauchen Verständlichkeit statt Vereinfachung

Studien wie von der Gesellschaft für deutsche Sprache zeigen: Die Mehrheit in Deutschland braucht Verständlichkeit, also klare und vollwertige Informationen statt nur Vereinfachung. Besonders deutlich wird das beim Beispiel der Gesundheitskompetenz.

Viele medizinische Informationen in Deutschland sind für Patienten zu kompliziert. Deshalb empfiehlt der AOK-Bundesverband die WORTLIGA-Technologie in seinem Handbuch „Gesundheitskompetenz im Fokus“. Einfache Sprache kann Patienten helfen, Diagnosen, Behandlungspläne und medizinische Anweisungen zu befolgen. ,Plain’ ersetzt dabei keinen Experten oder ärztlichen Rat, sondern hilft beim Verstehen. Auch Fachleute können mit der Software arbeiten, um Informationen für Verbraucher, Bürger und Patienten verständlich aufzubereiten.

Schneller Durchblick: Lange E-Mails und Dokumente leichter lesen

Auch im beruflichen Umfeld müssen Menschen immer mehr komplexe Informationen in weniger Zeit verstehen. Mit einfacher Sprache von ,Plain‘ erfassen Leser die Informationen schneller. Das spart Mitarbeitern Zeit und Arbeitgebern Geld. Studien der US-Regierung zeigen: Organisationen sparen Kosten in Millionenhöhe, wenn E-Mails in verständlicher Sprache verfasst sind.2

Spezialisiert: Einfacher zu bedienen als ChatGPT und Co.

Für ihren Übersetzer arbeitete das Team von WORTLIGA in Abstimmung mit Partnern, etwa aus der Forschung zu „Einfacher Sprache“ und der Finanzbranche. So entstand eine hoch spezialisierte Software, die Texte zuverlässig verständlich macht, ohne Fakten zu verlieren oder zu verfälschen.

Damit vermeiden Nutzer das Risiko, das bei Übersetzungen mit KI-Chatbots entsteht: „Die Ergebnisse von ChatGPT und Co. schwanken und sind stark abhängig von den Eingaben des Nutzers. Mit ‚Plain‘ haben wir eine einfache Oberfläche geschaffen, mit der auch Laien Texte schnell verständlicher machen können“, sagt Chef-Entwickler und Geschäftsführer Gabriel Morgenstern von WORTLIGA.

Wo ‚Plain‘ mit einfacher Sprache hilft

Menschen können ‚Plain‘ in vielen Situationen nutzen, um Informationen einfacher zu erfassen. Das hilft auch Unternehmen und Behörden, denn es gibt weniger Rückfragen und Missverständnisse und mehr Vertrauen. Einige Anwendungsmöglichkeiten von ‚Plain‘:

  • Texte von Behörden, Banken und Versicherungen leichter verstehen
  • Kundenfreundliche Kommunikation, optimierter Service und Support
  • Klare rechtliche Dokumente
  • Verständliche Wahlprogramme
  • Mehr Reichweite in Marketing und Kommunikation
  • Verbesserte, effiziente interne Kommunikation
  • Verständliche Dokumentation
  • Bessere Integration und Inklusion
  • Hilfe für Senioren
  • Erleichtertes Fremdsprachenlernen

„Unternehmen nutzen immer öfter KI, um Inhalte zu produzieren. Wir sollten die Technologie aber auch nutzen, um Barrieren abzubauen, damit alle aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. ‘Plain’ soll Brücken bauen zwischen Menschen, Behörden, Institutionen und Unternehmen.“, sagt Gidon Wagner.

Das kostenlose Tool finden Sie hier: https://wortliga.de/plain/

Über WORTLIGA

WORTLIGA ist bekannt für sein kostenloses Online-Tool zur Textanalyse und KI-Software für verständliches Schreiben. Die Gesellschaft für deutsche Sprache e.V., angesiedelt im Deutschen Bundestag, empfiehlt das Textanalyse-Tool von WORTLIGA für bürgerfreundliche Texte und eine verständliche Verwaltungssprache. WORTLIGA bietet zudem Schulungen und Online-Kurse für verständliche Sprache in Behörden und Unternehmen an.

Quelle Pressemitteilung: WORTLIGA Tools GmbH




Clip, Clip, klappt’s: 3 x Vogel-Versammlung zu gewinnen

vogelversammlung

Neues Logikspiel von SmartGames für Kinder ab fünf Jahren

Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar: Für alle Vögel ist Platz im grünen Baum – aber welcher sitzt wo? Passend zum Frühling ist das neue Logikspiel von SmartGames für Kinder ab fünf Jahren. „Vogel-Versammlung“, ein Solitärspiel aus Holz, begeistert aber nicht nur Kinder, auch für Erwachsene bietet das Spiel Herausforderungen. Allein oder gemeinsam wird getüftelt, an welchen Platz welches der bunten Vögelchen gehört. Mit einem Clip werden diese in den Löchern am leuchtend grünen Holzbaum befestigt.

60 Aufgaben mit steigendem Schwierigkeitsgrad, von Starter bis Wizard, schulen spielerisch logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen und strategisches Planen. Besonders knifflig: Die Vögel schauen in unterschiedliche Richtungen. Das erfordert Umdenken! In den Wizard-Aufgaben müssen die Spieler die Position der Vögel per Ausschlussprinzip erraten.

Gewinnen Sie eines von drei Spielen im Wert von 24,99 €!

vogelversammlung

Geben Sie als Stichwort die Antwort auf folgende Gewinnspielfrage an:

Aus welchem Material ist der Baum?

Das Gewinnspiel ist abgelaufen.




Projektarbeit neu denken: alltagsorientiert, lebensnah und gegenwartsorientiert

Merkmale, Planung und Durchführung von Projekten und was sie für Kinder bedeuten

Hört man sich deutschlandweit in vielen Kindertageseinrichtungen einmal um und fragt nach den zurückliegenden oder gerade aktuellen pädagogischen Arbeits- bzw. Beschäftigungsschwerpunkten, so fällt immerzu das Wort „Projekt“ in Kombination mit einer Wortergänzung oder einer Tätigkeitsbeschreibung. So ergab eine Befragung unter 160 Kindertagesstätten im Zeitraum vom, welcher pädagogische Arbeits- bzw. Beschäftigungsschwerpunkt für die elementarpädagogischen Fachkräfte aus der Vergangenheit in besonderer Erinnerung geblieben ist oder welcher Schwerpunkt gerade die gegenwärtige Pädagogik bestimmt, beispielsweise folgende Antworten:

„Projekt Zähne und Zahnarzt“/ „Projekt: warum die Körperpflege so wichtig für uns Menschen ist“/ „Projekt: Die vier Jahreszeiten – Frühling, Sommer, Herbst und Winter“/ „Projekt Fußgängerführerschein für jedes Kind“/ „Projekt: rot, gelb, grün und blau – wir lernen die wichtigsten Farben kennen./ „Projekt Obstsorten – was es da alles gibt, wie sie heißen und wie sie schmecken“/ „Projekt Verkehrserziehung – wie verhalten wir uns richtig im Straßenverkehr, so dass es nicht zu Unfällen kommt.“/ „Projekt Buchstabensalat: wie aus einzelnen Buchstaben ein Wort wird.“/ „Projekt kleine Forscher erkunden die Umgebung“/ „Projekt: Wir basteln mit Salzteig“/ „Projekt Schneekugel“/ „Projekt gesunde Ernährung“/ „Projekt zuckerfreies Essen und Trinken“/ „Projekt Fasching – wer oder was ich immer schon sein wollte“/ „Projekt saubere Umwelt – warum Mülltrennung und Müllvermeidung für uns Menschen und die ganze Welt so wichtig ist“/ „Projekt recycelte Kunst“/ „Projekt Helfer in der Not: Feuerwehr und Polizei“/ „Projekt warum es Weihnachten gibt“/ „Projekt: Jeder Mensch ist anders als der andere und jeder Mensch ist etwas ganz Besonderes“/ „Projekt: Kinder unterstützen ein Hilfsprojekt.“/ „Projekt: Die vier Elemente, die alle Menschen zum Leben brauchen – Wasser, Luft, Erde und Feuer.“

Diese Übersicht, die einen kleinen Ausschnitt aus der Vielzahl der gegebenen Antworten wiedergibt, mag genügen, um weitere Überlegungen zur Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen vorzunehmen.

Die Begriffsbezeichnungen „Projektarbeit“ bzw. „Projekt“ werden inflationär benutzt

Es fällt auf, dass nahezu alle geplanten Vorhaben, die bundesweit in vielen Kindertageseinrichtungen durchgeführt werden, mit der Bezeichnung „Projekt“ bzw. „Projektarbeit“ versehen werden. Vor einigen Jahren stand der Begriff >Thema< im Mittelpunkt und es scheint so, als sei dieses Wort durch den Begriff >Projekt< ausgetauscht worden, so als gäbe es keinen Unterschied. Auch werden in vielen Fachschulen und Fachakademien für Sozialpädagogik die Begriffe nicht in ihrem ursprünglichen Bedeutungswert differenziert betrachtet und entsprechend ihrem genauen Bedeutungsgehalt genutzt. Doch ist es aus einer fachlichen Berechtigung tatsächlich möglich, eine Gleichstellung der beiden Begriffe vorzunehmen?

Dieser Frage soll an dieser Stelle einmal ebenso wie dem möglichen Hintergrund für diese undifferenzierte Begriffsauswechselung nachgegangen werden. Dafür ist zunächst ein Bezug zur ‚Bildungsarbeit in Kindertagesstätten’ herzustellen. >Bildung in der elementarpädagogischen Praxis< wird in den Bildungsrichtlinien aller 16 Bundesländer zwar stets mit dem Hinweis auf den Aufbau bzw. die Unterstützung einer Selbstbildung des Kindes bei einer notwendigen Partizipation versehen, gleichzeitig sind aber die unterschiedlichen Bildungsbereiche – getrennt voneinander – aufgegliedert/systematisiert und zu festgeschriebenen „Bildungsprogrammen“ zusammengetragen/länderspezifisch verabschiedet worden.

Ebenso wird in einem überwiegenden Anteil aller Fachschulen/Fachakademien für Sozialpädagogik der althergebrachte Kanon einer >zielführenden, exakt aufgeschlüsselten Didaktik mit einer entsprechend zugeordneten Methodik< – wenn auch in einem neuen Gewand mit neuen Begriffen – fortgeführt, so dass künftige Erzieher:innen sowohl im Unterricht als auch in der Aufgabenstellung für deren Praktika immer wieder aufs Neue lernen, themenorientierte bzw. kompetenzbenannte Themen bzw. Bildungsfelder als Angebote den Kindern vorzugeben.

Insofern wundert es nicht, dass aus komplex vernetzten Bildungsbereichen Fachschwerpunkte werden, die in Teilangeboten den Kindern nahegebracht werden. Dazu holen die Mitarbeiter:innen die Kinder zusammen, geben Informationen ein oder Fragen vor und die Kinder „dürfen“ auf diese Weise lernen, dass sie sich mit bestimmten Aufgabenstellungen beschäftigen sollen. Darüber hinaus werden Lernbereiche und Alltagssituationen der Kinder fein säuberlich in Arbeits-, Lern-, Spiel- und Freizeitfelder aufgeteilt: von dann bis dann wird gespielt, von dann bis dann geforscht, von dann bis dann sich bewegt und von dann bis dann gegessen, geschlafen…

Doch damit hört die zunehmende, thematisch gegliederte Funktionalisierung eines ursprünglich lebendigen Kinderlebens nicht auf: aus dem vielfältigen, in Kindern durch ein genetisch vorhandenes und damit vorhandenes Forschungsinteresse werden erwachsenengeplante und -gesteuerte Themenangebote fein säuberlich strukturiert und fächerspezifisch geordnet – getreu dem Motto: Bildung geschieht in einem aufgeteilten Fächerkanon und dies geschieht in vorgeplanten Teilschritten!

Statt im Leben der Kinder – sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich – deren Interessen und Fragen aufzugreifen, deren Neugierde aufzunehmen und in individuell konzipierte Projekte einzubinden, die ungezählten Alltagsphänomene aufzugreifen und zu untersuchen, werden immer wieder extra arrangierte, thematisch festgelegte Räume und Zeiten vorgegeben, was letztlich darin gipfelt, dass es möglich ist, sich als Kindertageseinrichtung mit der Auszeichnung „Haus der kleinen Forscher“ der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dazu sei eine Anmerkung erlaubt: JEDES Kind ist ein Forscher, zu allen Zeiten und an allen Orten. Nur dann, wenn den Kindern diese ursprüngliche, intrinsisch angelegte Motivation als Forscher:in – die Welt zu entdecken – oder ihnendiesedurch Bindungsirritationen/ fehlende Beziehungsnähe/ normative Vorgaben oder interessenferne Angebote genommen wird, können Kinder das Interesse verlieren, Weltentdecker:in zu sein. Jede Kindertageseinrichtung hat die Bildungsaufgabe, eine forschende Institution zu sein: und dazu bedarf es keiner extra ausgewiesenen Auszeichnung.

Fazit: Die Selbstbildung der Kinder wurde und wird immer stärker zu einer belehrenden (=beleerenden) Bildungspädagogik degradiert und funktionalisiert, zumal nicht das Handeln und Fühlen der Kinder im Mittelpunkt der Pädagogik steht sondern die Bildungsarbeit mit  zeitlich fraktionierten Themenangeboten bestimmt wird. Und da es ab und zu kleinere Bündelungen im Sinne von Themenzusammenstellungen an einem oder einigen wenigen, aufeinander folgenden Tagen gab bzw. gibt, wurde diese Zusammenstellung als ein Projekt bezeichnet. Dieser Begriff selbst entstand ursprünglich im Rahmen der Entwicklung des Situationsansatzes bzw. des Situationsorientierten Ansatzes und wurde vollkommen anders verstanden.

Was zeichnet nun ein ‚Projekt’ im Gegensatz zu einem ‚Thema’ aus?   

Im Sinne einer nachhaltigen Bildung wird auf der Grundlage basaler Erkenntnisse aus den Feldern der Bildungsforschung, der Entwicklungs- und Lernpsychologie sowie der Neurobiologie von drei Grundsätzen ausgegangen: 1.) Der Beschäftigungsschwerpunkt des Kindes muss für das Kind bedeutsam sein, ganz im Sinne eines Selbstverständnisses: „Damit kann ich etwas anfangen, weil es mich in meinem jetzigen Leben berührt.“; 2.) Dieser „Beschäftigungsschwerpunkt“ muss einen aktuellen, realen Bezug zur Lebenswelt des Kindes besitzen, ganz im Sinne seines Selbstverständnisses: „Das kenne ich und das, was wir tun, kann ich gebrauchen/ zu Hause fortsetzen / in meinem jetzigen Leben aufgreifen und umsetzen“; 3.) Das Kind muss den starken Wunsch, ja das tiefe Bedürfnis haben, eine Beziehung zur elementarpädagogischen Fachkraft herstellen zu wollen, um mit ihr eine Art Bündnis– und Bindungsvernetzung einzugehen, mehr oder weniger fortlaufend bis hin zur selbstständigen, teilweise sogar alleinigen Weiterarbeit innerhalb des Projekts oder auch außerhalb der Einrichtung. Insofern werden schon an dieser Stelle ganz bedeutsame Unterschiede zu einem Thema deutlich:

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Projekte

  • richten sich auf das Alltagsgeschehen, auf Alltagserlebnisse der Kinder und sprechen sie damit in ihrer konkreten Lebenssituation an, zumal Kinder sich und ihre Welt um sie herum nur als ‚interessant’ empfinden, wenn sie während ihrer Tätigkeiten eine Verbindung mit ihrer Lebensnähe herstellen können;
  • sind damit stets gegenwartsorientiert – im Unterschied zu einer thematischen Schwerpunktsetzung, die bei genauerer Betrachtung eine defizitäre Sichtweise des Kindes an den Tag legt, geht es doch bei einem Themenangebot in erster Linie darum, Kinder in bestimmten, noch nicht so gut entwickelten Kompetenzfeldern auf die Zukunft fixiert zu fördern. Projekte haben das Selbstverständnis, entwicklungsbegleitend zu agieren und nicht zukunftsorientierte Visionen/ Erwartungen von außen – wie beispielsweise der Grundschule oder durch Elternerwartungen – zu erfüllen.
  • ergeben sich aus Alltagsbeobachtungen und leiten sich auf der Grundlage von Beobachtungsergebnissen ab: womit beschäftigen sich die Kinder derzeit, womit setzen sie sich gerade auseinander, woran haben sie ein verstärktes Interesse und welcher Schwerpunkt sollte daher unbedingt aufgegriffen und vertieft werden?
  • ziehen sich in der Regel über einige Wochen oder mehrere Monate hin; sie sind keine Angebotseintagsfliegen sondern ermöglichen es den Kindern, mit Zeit und Ruhe, einem innerem Engagement und in einer zuverlässigen Begleitung der Fachkräfte in ein Projekt einzutauchen: vertiefend, handelnd, fragend, suchend, interessengeleitet…
  • haben nur dann einen hohen Bedeutungswert für Kinder, wenn sie ‚ihre’ Entwicklungsbegleiter:innen als zuverlässig, innerlich motiviert, lebendig, gleichsam neugierig und so weit wie möglich kontinuierlich anwesend erleben können, was natürlich in kontinuierlich bestehenden Gruppen bzw. in stammgruppenübergreifenden Zusammentreffen am besten umzusetzen ist. Das klassische Konzept des ‚Offenen Kindergartens’ mit den täglich wechselnden Angeboten  in den dafür vorgegebenen Funktionsräumen und einer ständig neu zusammengesetzten Gruppe lässt eine Projektarbeit kaum bis gar nicht zu. (Anmerkung: Gruppendynamisch betrachtet ergeben sich dadurch ständig neue Rollenzuweisungen, was bei verunsicherten Kindern zu einer Überforderungssituation und Irritationen führt. Daher wird bei der Umsetzung dieses pädagogischen Konzepts auch so gut wie ausschließlich nur mit Themenangeboten gearbeitet.
  • verlangen nach Fachkräften, die sich in einer ständigen Reflexionsbereitschaft befinden, ihre Bedeutsamkeit für die Kinder hinterfragen, die eigenen Beziehungsqualitäten hinterfragen und dafür sorgen, dass ihre Kommunikations- und Interaktionskultur kindorientierte Verhaltensmerkmale besitzen.
  • ergeben sich aus einem gemeinsam entdeckenden Lernen, bei dem die Projektschwerpunkte den Kindern die Möglichkeit bieten, diese mit allen Sinnen und aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu erfassen und dabei die einzelnen Vorhaben zwar gemeinsam abgesprochen und durchgeführt werden, gleichzeitig aber keine vorher festgelegten Ziele in einer ganz bestimmten Zeit erreicht werden sollen/ müssen. Eine Projektarbeit ist daher stets für neue Gedanken- und Handlungsimpulse der Kinder offen, so dass von einem prozessualen Vorgang die Rede ist.
  • bieten Kindern immer wieder die Möglichkeit, sich in den eigenen Ressourcen und Kompetenzfeldern besser kennenzulernen. Dabei unterstützen die elementarpädagogischen Fachkräfte als Planungsbegleiter:innen und Impulsgeber:innen alle Möglichkeiten des Kindes, in Prozesse der Selbstexploration einzutauchen: und das nicht nur in kognitiver, sondern vor allem in einer emotional-sozialen Sichtweise.
  • umfassen im Gegensatz zu Themen in diesem einen Projekt die ganze Vielfalt didaktischer Möglichkeiten, die innerhalb der Kindertagesstätte möglich sind, sich mit dem Projektschwerpunktzu beschäftigen: z.B. durch handwerkliche Tätigkeiten mit allerlei Werkzeug („Basteln“ kann man später noch im hohen Alter im Seniorenstift) , Musik, Liedern und Tanz, situationsbezogene Märchen, das Betrachten von situationsbezogenen Bilderbüchern, Vorlesen von situationsbezogenen Geschichten/ Texten, Umsetzen von Spielideen, philosophisch geführte Gesprächsrunden bis hin zur Möglichkeit, entstandene Ideen in Kunst- und Malausdrucksmöglichkeiten umzusetzen.
  • finden aber auch nach Möglichkeit außerhalb der Kindertageseinrichtung statt- durch gemeinsame Unternehmungen im Umfeld der Kita, sozialräumliche Erkundungen oder durch eine Kooperationspflege (Besuche) mit gemeinwesenorientierten Einrichtungen.
  • nehmen den Auftrag einer partizipatorisch geprägten Pädagogik sehr ernst. Hier „dürfen“ Kinder nicht nur an der Zusammenstellung des Speiseplans oder bei ‚normalen’ Entscheidungsfindungen ihr Votum abgeben sondern sie sind von Anfang an an allen Planungen beteiligt. So wie in einer Kinderkonferenz hat jedes Kind das Recht, seine Ideen einzugeben, seine Bedenken zu äußern, seine Einwürfe zu machen oder Veränderungsvorschläge vorzubringen.
  • entstehen mit den Kindern! Hier wird nicht wie bei einem themenorientierten Angebot den Kindern in der Form das Angebotsvorhaben vorgesetzt, indem schon alle für das betreffende Angebot benötigten Materialien von der Fachkraft fein säuberlich auf dem Tisch ausgebreitet sind bzw. der Raum vorbereitet wurde, so dass sich die Kinder nur – wie bei einem Buffet – bedienen können/ sollen. In einem Projekt wird zu Beginn überlegt und abgesprochen, welche Werkmaterialen gebraucht werden, wie sie zu besorgen sind, was für die Durchführung benötigt wird und bis wann was vorhanden sein muss. Kinder sind auch hier die Akteure und sie lernen auf diese Weise, dass das Leben durch Anstrengungsbereitschaft geprägt ist. Angebote führen zu einer schleichenden Konsumorientierung mit einer zunehmenden Erwartungshaltung. Dem setzt eine Projektarbeit ein Riegel vor.
  • sind so konzipiert, dass während der verschiedenen Handlungsaktivitäten möglichst alle neun Entwicklungsfelder  (Kognition, Emotionen, Soziabilität, Fein- und Grobmotorik, Sprache, Fantasie, Kreativität, Denken, Motivation) gleichzeitig angesprochen werden und nicht wie bei einem Thema jeweils ein ausgewähltes Entwicklungsfeld isoliert und als Themenschwerpunkt zum ‚Förderschwerpunkt’ erklärt wird.
Projektarbeit
(Abb.1: Grundlegende Merkmale, durch die ein Projekt gekennzeichnet ist)

Schaut man sich nun die ganz zu Anfang zitierten, so genannten ‚Projekte’ an, so wird aus einer fachlichen Betrachtung deutlich, dass es sich dabei um Themen gehandelt hat.

Aufbau und Ablauf eines Projekts

Ein Projekt setzt sich aus vielen, unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten und Unternehmungen zusammen, weil auch das Leben nicht eindimensional verläuft sondern ein großer, vernetzter Block aus vielfältigen, miteinander verbundenen Situationen besteht und somit sich auch ein Projekt als ein aktuelles Spiegelbild der Gegenwart darstellt. Insofern berücksichtigt ein Projekt auch vielfältige Bereiche, auf die Kinder ein Erlebnisrecht haben, auch um die Vielfalt des Lebens entdecken und sich damit auseinandersetzen zu können. So sei an dieser Stelle eine Übersicht vorgestellt, in der die unterschiedlichen Erkundungs- und Erlebnisbereiche in einer Projektgestaltung aufgeführt sind und dazu gleichzeitig dienen können, bei einer Projektplanung zu schauen, welche Bereiche tatsächlich berücksichtigt wurden, welche außer acht gelassen wurden und welche in die Projektdurchführung zusätzlich aufgenommen werden sollten.

Projektarbeit-Kreis

Um ein Projekt zu planen und durchzuführen, bedarf es zunächst einer sorgsamen

  • Situationsanalyse (1), um herauszufinden, welche Interessen die meisten Kinder zum Ausdruck bringen. Dabei bieten sich vor allem die von Kindern gewählten und umgesetzten Spielaktionen, ihre Erzählungen, ihre Handlungsbedürfnisse, ihre Malthemen und ihre geäußerten Bedürfnisse an. Natürlich kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass alle Kinder dieselben Ausdrucksformen zeigen. Gleichwohl geht es darum, herauszufinden, ob es einen Interessenschwerpunkt vieler Kinder gibt. Beobachtungen in Kindertageseinrichtungen haben immer wieder gezeigt, dass es solche Bündelungen gibt. Zudem ist es auch möglich, unterschiedliche Schwerpunkte zu einem übergeordneten Bereich zusammenzufassen. Sobald die elementarpädagogische Fachkraft, ausgehend von der Situationsanalyse, eine solche Bündelung feststellen konnte, bittet sie die Kinder, dass sich alle zu einer
  • Situationsbesprechung (2) zusammenzufinden. Hier berichtet sie von ihren Beobachtungen, die sie in der zurückliegenden Zeit gemacht hat, benennt Beispiele (mit einer Zuordnung zu dem jeweiligen Kind) und schlägt dann vor, dass die Kinder ganz viele Ideen einbringen können, damit gemeinsame Überlegungen angestellt werden können, welcher
  • Projektschwerpunkt (3) die nächsten Tage und Wochen das Alltagserleben in der Gruppe bestimmen könnte. Dabei hält die Fachkraft alle von den Kindern geäußerten Ideen und Vorschläge schriftlich fest und ergänzt das Ganze auch durch eigene Ideen, auf die die Kinder nicht kommen konnten (z.B. mögliche Liedideen, Werkvorschläge, Erkundungen im Umfeld der Kindertageseinrichtung, Ausflüge/ Besuche von bestimmten Institutionen, Theaterspiel, Naturerkundungen, Experimente etc.). Nun wird anhand der umfangreich geführten Liste die
  • Planung des Projekts (4) besprochen, wobei die einzelnen Projektaspekte in eine bestimmte Reihenfolge gebracht werden: mit welchem Handlungsvorhaben wollen die Kinder beginnen? Welche Materialien sind dafür erforderlich? Gibt es diese Materialien in der Kindertagesstätte oder haben vielleicht die Eltern die benötigten Dinge zu Hause, die die Kinder mitbringen könnten? Was gibt es darüber hinaus alles an Vorbereitung zu bedenken? Aus diesem Planungsgespräch leitet sich die konkrete Vorbereitung der ersten
  • Handlungsvorhaben (5) ab, so dass schließlich die
  • Umsetzung des Projekts (6) begonnen werden kann. Währenddessen – und das haben immer wieder ungezählte Praxisbeispiele offenbart – kommt es stets zu weiteren Ergänzungsvorschlägen/ Änderungswünschen durch die Kinder, die dann in kurzfristig einberufenen Treffen miteinander besprochen werden. Während der
  • Projektdurchführung führen die elementarpädagogischen Fachkräfte eine Verlaufsdokumentation, in der sie alle wichtigen Ereignisse aufschreibt. Und am Ende einer Woche findet eine Kinderkonferenz statt, in der die Fachkraft den Kindern ihre aufgeschriebenen Beobachtungen vorliest (besondere, zum Ausdruck gekommene Stärken einzelner Kinder, was beispielsweise die Ausdauer, den Mut, soziale Handlungen wie beispielsweise Rücksichtnahme, eine besondere Hilfsbereitschaft, konstruktiv geführte Konfliktgespräche unter den Kindern… betrifft.). Um auch den Eltern eine mögliche Rückmeldung über das, was alles in einer Woche unternommen wurde, zu geben und sie auch fachlich über das Geschehen zu informieren, bietet sich ein schriftlich fixierter Wochenrückblick an, der sich aus der Projektdokumentation (6) ergibt. Das kann beispielsweise so aussehen, dass auf der Hälfte eines Flipchart-Bogens die so genannten ‚Lernmöglichkeiten’ für Kinder aufgeführt wurden.
Plan

Dieser von der elementarpädagogischen Fachkraft ausgefüllte Bogen kann dann – nachdem  mindestens ein Beispiel in jeder Kategorie eingetragen wurde – am ersten Tag der kommenden Woche von außen an der Gruppentüre angebracht werden: in großer, gut lesbarer Schrift, wenn notwendig und möglich bei überhaupt nicht deutsch sprechenden Familien auch in deren Landessprache. Dazu gibt es im Internet vollkommen einfache Übersetzungsprogramme! Ganz zum Schluss eines Projekts erfolgt gemeinsam mit den Kindern ein

  • Projektabschluss (7), der sich beispielsweise in einem gemeinsamen Fest manifestiert und zu dem ggf. auch alle extern beteiligten Personen oder die Eltern herzlich eingeladen werden. Im Kreis der Mitarbeiter:innen findet schließlich eine Projektreflexion in Form einer
  • Evaluation (8) statt, um zu prüfen, was besonders gut verlaufen ist, was vielleicht noch besser gewesen wäre und ob es Erkenntnisse gibt, die für weitere Projektplanungen unbedingt beachtet werden sollten.    

Projekte greifen aktuelle, emotional-soziale Welteindrücke der Kinder auf

Wie schon erwähnt, orientiert sich der mit Kindern festgelegte Projektschwerpunkt einerseits an den Beobachtungsergebnissen und andererseits anden von Kindern geäußerten Schwerpunkten und ihren Interessen. Gleichzeitig beziehen sich die Projektschwerpunkte auf die aktuelle Lebenssituation der meisten Kinder, auf ihre biographischen Lebenseindrücke und deren Bedeutungswerte für ihr Erleben.

An dieser Stelle erlaube ich mir, zunächst ein besonderes Projekt, das in einer Kindertagesstätte in Sachsen-Anhalt durchgeführt wurde, vorzustellen. Dort fiel der Erzieherin auf, dass viele Kinder damit begannen, sie nach einem bestimmten Gebäudekomplex zu fragen, an dem sie stets auf ihrem Weg zur Kindertagesstätte vorbeikamen. Es war ein ehemaliges Konzentrationslager aus der Nazi-Zeit, das nun als Gedenkstätte von Besucher:innen aus nah und fern aufgesucht werden konnte. Die Erzieherin berichtete also von einer Zeit, als es in Deutschland einen Krieg gab (so wie jetzt in dem Land der Ukraine) und dass dort Menschen eingesperrt wurden, die der damalige Staatsführer als Feinde bezeichnet hat. Die Kinder fragten viel nach, warum immer Menschen mit Blumensträußen diesen Ort aufsuchten, was die dort eingesperrten Menschen denn Schlimmes getan hätten, ob sie immer genug zu essen bekommen haben und ob sie auch ihre Haustiere, Hunde und Katzen, dorthin mitbringen durften. Je mehr die Erzieherin auf die Fragen der Kinder einging, desto größer war der Wunsch, auch einmal diesen Gebäudekomplex zu besuchen. Die Erzieherin überlegte eine längere Zeit, ob und wie sie diesem großen Interesse der Kinder gerecht werden konnte und leitete das Interesse der Kinder auf die Behauptung, dass sie bestimmt sehr traurig wären, wenn man nicht mehr dort wohnen bleiben dürfte, wo man bisher gewohnt hat und dann mit ganz, ganz vielen Menschen zusammenleben müsste, die man gar nicht kennt. Und schon begannen die Kinder von ihren traurigen Momenten zu erzählen, wenn beispielsweise ihre Geschwister häufig anfingen zu streiten oder weil die Oma/ der Opa sehr krank sei usw. Daraus ergab sich recht schnell ein Projektschwerpunkt „traurig sein ist gar nicht schön! Schöner ist es, wenn man fröhlich/ glücklich ist.“ Im Rahmen dieses Projekts, was über 7 Monate lief, haben die Kinder sehr viele Schwerpunkte zum Vertiefungsfeld „Trauer und Glück erleben“ vertiefend bearbeitet und auf benachbarte Gebiete, die alle von Kindern vorgeschlagen wurden (z.B. Besuch in einem Altenheim mit kleinen, mitgebrachten Geschenken/ Besuch eines Friedhofes und einer Kirche/ Planung und Übernahme eines Gießdienstes für die Pflanzen vor dem Kindergarten, damit diese bei großer Hitze nicht traurig sein müssen, wenn sie bei großem Durst nicht gewässert werden würden/ Rollenspiel „Beerdigung“ und „Krankenhaus“… Dann haben die Kinder mit der Erzieherin viele ‚philosophische“ Gespräche über den Tod (und was danach passiert) geführt, haben einmal auf der Straße Menschen gefragt, ob sie schon einmal traurig waren und warum und ob/ warum sie schon einmal richtig glücklich gewesen sind. Es wurden Bilder zum Schwerpunkt „traurige Menschen, Tiere und Pflanzen“ gemalt, Bilderbücher mit dem Themenschwerpunkt „Abschied, Tod und Trauer“ angeschaut – und Vieles mehr – und erst dann (!) wurde ein Besuch im Vorhof des Konzentrationslagers unternommen, wo die Kinder auch einen großen Blumenstrauß in die Gedenkstätte brachten. (Anmerkung: es versteht sich von selbst, dass die Erzieherin den Kindern keine Fakten zu den Gräueltaten berichteten!) Wichtig: Hier hat es die Erzieherin in ganz hervorragender Weise verstanden, die Kinder sehr achtsam und langsam mit einer Lebensrealität in Verbindung zu bringen, die normalerweise in dieser Form nicht aufgenommen werden würde, obgleich es ein Interessenschwerpunkt der Kinder war. Wäre dieser Schwerpunkt nicht aufgenommen worden, wäre es ein Indiz dafür gewesen, dass die elementarpädagogische Fachkraft hier ihre Schwierigkeit im Umgang mit dieser Lebensfrage gehabt hätte und ihr Problem zu dem der Kinder gemacht worden wäre, indem sie dieses >Thema< als ein mögliches, entstehendes Projekt nicht weiter verfolgt hätte.      

Häufige Praxisprojekte setzen sich beispielsweise mit folgenden Schwerpunkten auseinander. Dabei stehen die Projektbezeichnungen als Überschrift stellvertretend für die vielen Einzelvorhaben/ -aktivitäten, die sich aus der gemeinsamen Vorhabensammlung ergeben:

  • Ängste haben – Ängste überwinden: was Angst macht und wie man wieder die Angst verlieren/ besiegen kann;
  • Mut macht stark: sich etwas trauen hilft dabei, immer fröhlicher zu werden;
  • Wie Traurigkeiten entstehen und wie man wieder glücklicher werden kann;
  • Freundschaften tun gut und Streitigkeiten machen einsam:
    warum es so wichtig ist, Freundinnen und Freunde zu haben;
  • Da muss auch mal der Ärger raus – wie Ärger wieder zur Ruhe kommt;
  • Krieg macht Angst – Frieden macht zufrieden;
  • Warum man unzufrieden ist und wie man für Zufriedenheit sorgen kann;
  • Ich bin ich und du bist du! Jedes Kind ist anders – was jeder kann und was an ihm besonders ist;
  • Wir Menschen sind ein Teil der Natur – was wir alle zu einer besseren Welt beitragen können;
  • Freude ist etwas Schönes: womit wir uns selbst und anderen Freude bereiten können;
  • Menschen, Pflanzen und Tiere in Not: Kleine Helfer:innen bewirken viel.

Abschlussgedanken

Wenn die vielzitierte und in vielen Konzeptionen enthaltene Aussage >Wir holen die Kinder ab, wo sie stehen’ tatsächlich zutreffen soll, ist es dringend angezeigt, dass sich Kindertageseinrichtungen von ihren ungezählten ‚Themenangeboten’ verabschieden. Diese sind in der Regel belehrende, primär kognitiv, sozial oder motorisch ausgerichtete Einzelangebote, um Teilleistungsförderungen bei Kindern zu erreichen. Dabei sind die Themen durch Außenerwartungen (wie von vielen Grundschulen oder Elternhäusern) initiiert, auf zukünftige Ziele programmiert, einem in Bildungsplänen aufgeführten Bildungskanon entnommen und durch elementarpädagogische Fachkräfte umgesetzt. Was daher vonnöten ist, zeigt sich auf folgenden Ebenen:

  1. Ausbildungsstätten für Erzieher:innen sollten auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Wissenschaftsfeldern der Lern- und Entwicklungspsychologie, der Neurobiologie sowie der Bildungswissenschaft von ihrer traditionsgeprägten Vorgehensweise Abschied nehmen, zukünftigen Erzieher:innen immer wieder aufs Neue einzuimpfen, die funktionsgeprägte und teilleistungsorientierte Lernzieltaxonomie als Grundlage der pädagogischen Angebotspädagogik anzuwenden. Hier ist eine Kehrtwende, hin zu einer kindorientierten Projektarbeit, dringend notwendig, um auch den wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
  2. Elementarpädagogische Fachkräfte haben ebenfalls die Aufgabe, wieder zu einer verstärkten Kindorientierung zurückzufinden, um gemeinsam mit Kindern – von Anfang an – spannende, lebendige, interessengeleitete und vor allem ganzheitlich vernetzte Projekte zu entwickeln, zu gestalten und prozessorientiert durchzuführen. Dazu bedarf es auf Seiten der elementarpädagogischen Fachkräfte einer ausgeprägten Neugier und eine intrinsisch gespürte Motivation, Pädagogik neu zu denken. Erzieher:innen, die sich in der Vergangenheit auf eine solche Projektarbeit eingelassen haben, berichten immer wieder mit sehr viel Freude, wie sich die Arbeit deutlich lebendiger, konstruktiver, spannender und entwicklungsförderlicher für Kinder  u n d  sie selbst weiterentwickelt hat und sie sich nicht mehr wie Domteur:innen vorkamen sondern zu einem stabilisierenden Teil eines Ganzen werden konnten. Wenn Kinder die >Akteure ihrer eigenen Entwicklung< werden sollen, ausgestattet mit einem hohen Maß an Selbstständigkeit, Autonomie, Selbststeuerungskompetenz, sozialer Verantwortung und Selbstbildungsinteresse, dann muss ihnen auch die Möglichkeit geboten werden, aus ihrer bisherigen Rollenzuweisung als ‚Reakteur:innen’ herauszukommen. Und genau dazu sind Projekte in ganz besonderem Maße geeignet.

Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz

Literaturhinweise:




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Nach wie vor gibt es nicht genügend Betreuungsplätze für Kinder, um den Rechtsanspruch auf eine Kindertagesbetreuung zu erfüllen, wenn Eltern diese wünschen. Zudem schwankt die Qualität der Kindertageseinrichtungen (KiTas) stark zwischen den Bundesländern und auch innerhalb der einzelnen Länder, so dass die Bildungs- und Teilhabechancen der Kinder wohnortabhängig sind. Inwieweit hier der aktuelle Mangel an Fachkräften  in den Sozial- und Erziehungsberufen kurz- wie auch langfristig ein Hindernis darstellt, muss pro Bundesland datenbasiert untersucht werden.

Der Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule prognostiziert in sieben Szenarien bis 2025 und 2030 die Entwicklung des Fachkräftebedarfs und -angebots in KiTas. Betrachtet wird die Altersgruppe der Kinder bis zum Eintritt in die Schule.

Im Fokus steht die Frage, ob ein bedarfsgerechter Zugang zu KiTas sowie eine bessere Personalausstattung realisiert werden könnten. Ein zentrales Ergebnis: Bis 2030 können in Ostdeutschland und auch in den meisten westdeutschen Bundesländern sowohl die aktuellen Elternbedarfe erfüllt als auch die zum Teil günstige Personalausstattung gehalten oder auf das mittlere Westniveau verbessert werden. Ebenfalls in Ostdeutschland – und auch in Hamburg – besteht, neben der Erfüllung der Platzbedarfe, sogar zusätzlich die Möglichkeit, mit einiger Anstrengung eine kindgerechte Personalausstattung nach wissenschaftlichen Empfehlungen zu erreichen.

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