Die didacta in Köln will an alte Zeiten anknüpfen und braucht dafür neue Impulse
Immerhin ist jede Menge Spannung garantiert, wenn am 20. Februar die didacta in Köln ihre Tore öffnet. Nach Jahren des pandemiebedingten Rückschritts, soll es nun wieder vorangehen. Über 700 Aussteller haben sich bereits angemeldet. Nur ist die Bildungsmesse auf drei Hallen zusammengeschmolzen, was darauf schließen lässt, dass die Aussteller insgesamt kleinere Präsentationsflächen gebucht haben.
Größe ist allerdings nur in besonderen Fällen ein Gradmesser für die Qualität und den Erfolg einer Messe. Die Frage ist vielmehr, ob es ihr gelingt, die Interessen ihrer Zielgruppe anzusprechen. Und manchmal ist weniger eben mehr.
Auftaktveranstaltungen Frühpädagogik
Gleich auf ihrer Homepage lockt die didacta mit dem Konterfei von Dr. Ilse Wehrmann für deren Auftaktveranstaltung im Bereich frühkindliche Bildung zum Thema Der Kita Kollaps – Herausforderung für die Träger. Es bleibt zu hoffen, dass es der Diplom Sozialpädagogin gelingt, in ihrem Vortrag am Messefreitag praktikable Lösungswege aufzuzeigen, statt lediglich die Misere zu bejammern, wie dies allzu oft geschieht.
Bereits am Mittwoch spricht Prof. Dr. Helen Knauf von der Hochschule in Bielefeld zum Thema Räume bilden Menschen bilden Räume – den Raum als Ressource für Bildung nutzen. Der Vortrag beleuchtet die Stellschrauben der Raumgestaltung und Wege, wie der Raum verändert werden kann, damit Bildungsprozesse bereichert werden können. Dieses Thema, mit dem sich wohl neben allen Reformpädagogen auch jede pädagogische Fachkraft intensiv beschäftigt, verspricht doch einiges an neuen Erkenntnissen für die tägliche Praxis.
Die pädagogische Fachkraft im Fokus: Ich bin – ich habe – ich kann – ich werde! – Gemeinsam Zukunft gestalten heißt der Vortrag von Ursula Günster Schöning. Leider lässt sich aus der Beschreibung der Veranstaltung nicht klar erkennen, wohin der Vortrag führen soll. Die Beschreibung der misslichen Lage vieler pädagogischer Fachkräfte sowie das Erspüren einer Aufbruchstimmung, wie der Wunsch nach Erneuerung und Veränderung, mit dem Ziel Zukunft aktiv mitgestalten zu wollen, ist vage. So bleibt es zumindest spannend herauszufinden, worauf die gelernte Erzieherin und Sozialwirtin hinaus will.
Zu seinem Leib- und Magenthema spricht Prof. Dr. Dr. Wassilios Emmanuel Fthenakis. Dialogische Pädagogik und Ko-Konstruktion: eine Allianz der Vernunft und der Zuneigung nennt sich der Vortrag des habilitierten Sozialanthropologen. Wobei es darum genau geht, lässt sich leider nicht feststellen. Eine Beschreibung fehlt im Programm völlig. Schließlich weiß aber jeder, der den emeritierten Professor kennt, dass dieser seit vielen Jahrzehnten ein großer Kenner der Ko-Konstruktion ist.
Achtung: Für all diese Vorträge ist eine Anmeldung nötig.
Über 1000 Veranstaltungen angemeldet
Immerhin können die Kölner bereits jetzt mit einem neuen Rekord aufwarten: Mittlerweile sind über 1000 Veranstaltungen angemeldet. Erfrischend dabei, dass es nicht nur um das gebetsmühlenhafte Bejammern der seit vielen Jahren anhaltenden Bildungsmisere geht. Stellvertretend für viele weitere Veranstaltungen sei hier auf zwei verweisen.
Hochaktuell ist etwa die Veranstaltung Konflikt ohne Ende? Der Nahostkonflikt als Thema der politischen Bildung. In der Veranstaltung, die vom Didacta Verband e.V. in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung durchgeführt wird, geht es um Möglichkeiten, wie das Thema im Unterricht behandelt werden kann und wie sich „Antisemitismus“ thematisieren lässt. Expertinnen und Experten der politischen Bildung wollen bei dieser Gelegenheit Materialien und konkrete Beispiele vorstellen. Termin für die Veranstaltung ist der 23. Februar 2024 von 10:30 bis 11:15 Uhr im Forum didacta aktuell (Halle 8, A40/B41).
Um Inklusion geht es am gleichen Tag von 11 bis 11.45 Uhr im Forum Bildungsperspektiven (Halle 7, C40/D41). Zwischen Anspruch und Realität: Inklusion in der Schule – Erfolge, Erfordernisse und Perspektiven heißt die Veranstaltung des didacta Verbands geht es um Erreichtes, Handlungsbedarfe und Perspektiven der Inklusionsarbeit an den Schulen.
Von Schrott bis Schmuckstück: Die Vielfalt machts
Über 700 Aussteller haben selbstverständlich auch einiges zu bieten. Fange wir diesmal beim Negativen an: Auch in diesem Jahr gibt es wieder zahlreiche Schulbücher und -Apps zu sehen, bei denen sich jeder normaldenkende Mensch stirnrunzelnd fragt, warum so viele davon so teuer und gleichzeitig so langweilig sein müssen. Eine Reihe von Spionage-Apps für Eltern von Kita-Kindern sowie zahlreiche digitale Angebote für Klein- und Kitakinder, von denen niemand weiß, wie und ob sie wirken, aber die meisten Studien darauf hinweisen, dass sie der Entwicklung wohl eher schaden, werden sicher auch diesmal angeboten.
Aber genau das macht eben eine Fachmesse aus, deren Besucherinnen und Besucher durchaus fähig sein müssten, die Spreu vom Weizen zu trennen. Und vom letzteren wird es eben auch eine Menge zu sehen geben. Wer sich das Ausstellerverzeichnis ansieht, findet eine enorme Zahl von interessanten Ausstellern mit tollen Informationen und Materialien, die das Bildungsleben leichter oder schöner machen können.
Damit meinen wir weniger die kostenlosen Plastikhocker und Schwimmnudeln, die es hoffentlich auch in diesem Jahr wieder gibt, weil sie mittlerweile einfach zur didacta gehören. Vielmehr geht es etwa um die Informationsstände wie des ADHS Deutschland e.V. (Halle 7.1. | Stand E015), des Bundesprogramms Demokratie leben! (Halle 7.1 | Stand: E029), des Bundesverbands Legasthenie und Dyskalkulie e.V. (Halle 7.1. | Stand: D001), der Bundeszentrale für politische Bildung (Halle 7.1 | Stand: A050), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Halle 7.1 | Stand: A048), dem Bündnis für Bildung (Halle 6.1 | Stände: F010, F0), BZgA Kinder stark machen (Halle 7.1 | Stand: C038), dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (Halle 8.1 | Stand: B010), von Amnesty International (Halle 7.1 | Stand: B044) und vielen, vielen anderen. Sie alle halten Informationen und Materialien bereit, die uns im Alltag weiterbringen.
Sichten, forschen und experimentieren
Daneben darf gesichtet, geforscht und experimentiert werden. Wir freuen uns, dass es entgegen der vor einigen Jahren verkündeten Prognose von Herrn Prof. Fthenakis noch immer ganz lebendige Bilderbücher gibt, die sich nach wie vor größter Beliebtheit erfreuen sowie schöne und wertvolle Vorlesestunden mit Kindern möglich machen. Und dass noch immer so viele Holzspielzeuge entwickelt werden, mit denen sich so sinnlich und wunderbar spielen lässt. Wir empfehlen allen, die Musikverlage, Musiker und Musikinstrumentenhersteller zu besuchen. Denn Musik ist zwar ungeheuer wichtig für die Entwicklung von Kindern, fristet aber in den meisten Einrichtungen ein Mauerblümchendasein.
Es gibt noch viele Argumente für den Besuch der Bildungsmesse. Vielleicht finden Sie es aber selbst heraus, befreien sich aus ihrem Alltag und gehen dorthin. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei. Und vielleicht sehen wir uns ja. Tickets gibt es hier.
Gernot Körner