Bundesweiter Malwettbewerb für Kita-Kinder 2024

kinderzeichnung

Thema: „Was bringt dich zum Lachen?“ / Ziel: Aufbau von Resilienz

Zum fünften Mal richtet die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ im Rahmen ihres Kita-Patenprogramms einen bundesweiten Malwettbewerb für Zwei- bis Siebenjährige aus, die noch keine Schule besuchen. Das diesjährige Thema lautet „Was bringt dich zum Lachen?“, der Startschuss fällt am 17. Juli.

Die vierköpfige Jury wird die 12 interessantesten Bilder auswählen

Sie werden in einen Jahreskalender für 2025 gedruckt, der den GewinnerInnen zusammen mit einer Urkunde und einem Überraschungsgeschenk zugeschickt wird. Einsendeschluss für die Kunstwerke ist der 13. September 2024. Alle Infos und die Teilnahmebedingung hat die Stiftung unter dem Link www.achtung-kinderseele.org/malwettbewerb-2024 zusammengestellt. Vor Beginn des Wettbewerbszeitraums wird die Seite durch Begleitmaterial in Form von Liedern und Spielen zur Anregung der Beschäftigung mit dem Thema ergänzt.

Ko-Stiftungsleiterin Sarah Kaiser stellt den präventiven Aspekt des Malwettbewerbs heraus:

„Wenn die Kinder mit ihren Eltern oder ErzieherInnen darüber sprechen, wann sie so richtig lachen müssen, konzentrieren sie sich auf etwas Positives und Lebensbejahendes. Die Fähigkeit, sich in schwierigen Situationen an schöne Momente zu erinnern, trägt zum Aufbau von Resilienz bei. Resiliente Menschen kommen leichter durch psychisch belastende Phasen und sind besser gegen psychische Krankheiten gewappnet.“

Die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ setzt sich seit 2009 für die Förderung der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ein

Ihr Kita-Patenprogramm wird von der Deutsche Postcode Lotterie unterstützt. Es bringt FachärztInnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie mit Kitas zusammen, um die seelische Gesundheit von Kita-Kindern zu fördern. Die Kita- Patinnen bieten Seminare für Kita-Leitungen, Erzieher:innen und Eltern an und stehen für Fragen zur Verfügung. Momentan kümmern sich rund 50 ehrenamtliche Kita-Pat:innen um gut 60 Kitas zwischen Freilassing und Kiel.

Seit der Pandemie bieten die ehrenamtlich engagierten Fachärzt:innen auch Kita- und Träger- übergreifende Webseminare zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern im Kita- Alter an. Interessierte Träger und Kitas können sich formlos an die Stiftung wenden.

Zum Angebot der Stiftung gehören auch zwei Erklärfilme zur seelischen Gesundheit in fünf Sprachen für Eltern mit Flucht- und Hintergrund. Am heutigen 6. März 2024 startet zudem eine Webseminar-Reihe für Eltern in verschiedenen Fremdsprachen. In 60 Minuten referiert eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie über die Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und gibt den Teilnehmer:innen die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Alle Angebote der Stiftung sind kostenlos.

Stiftung „Achtung!Kinderseele“

Es handelt sich um die bundesweit größte Stiftung zur Förderung der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. In enger Zusammenarbeit mit ehrenamtlich engagierten Fachärzt:innen entwickeln und implementiert sie Präventionsprogramme, um Kinder, Jugendliche und ihr jeweiliges Lebensumfeld für das Thema seelische Gesundheit zu sensibilisieren. Sie klärt auf, informieret und setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche mit psychischem Unterstützungsbedarf frühzeitig Hilfe bekommen. Die Stiftung wurde 2009 von den Fachverbänden für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie DGKJP, BAG und BKJPP gegründet. Gemeinsam mit ihnen arbeitet sie dafür, dass seelische Krankheiten kein Tabuthema mehr sind. Die Programmarbeit finanziert die Stiftung komplett aus Spenden und Fördergeldern. www.achtung-kinderseele.org




Broschüre „Nachhaltig durchs Kitajahr“ für pädagogische Fachkräfte

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Kostenfreie Materialien für Kitas vom Klima Kita Netzwerk

Das Klima-Kita-Netzwerk hat für pädagogische Fachkräfte aus Kitas kostenfreie Materialien mit vielen Anregungen für die Bildungsarbeit, Hintergrundinformationen zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie Vorlagen und Checklisten entwickelt.

Ob Tipps zur plastikfreien Kita, mehr Vielfalt im (Kinder-)Garten oder der Energie auf der Spur – in der Broschüre „Nachhaltig durchs Kitajahr“ finden Sie für jeden Monat vielfältige Praxistipps und Hintergrundwissen.

Entdecken Sie spannende Themen für das ganze Jahr. Zum Erntefest im Oktober dreht sich alles um Klimaschutz auf dem (Kita-)Teller. Wo kommt unser Essen her? Und was hat das mit dem Klimaschutz zu tun? Konkrete Rechenbeispiele zeigen, wie CO2 eingespart werden kann. Klimaschutz-Monster laden Kinder zum Mitmachen ein. Außerdem finden Sie Checklisten für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Kita.

Laden Sie sich hier die Broschüre kostenlos herunter:

Weitere Infos finden Sie hier auf https://klima-kita-netzwerk.de/




Die digitale KiTa steckt noch in den Kinderschuhen

Gute Software bietet große Chancen für Verwaltung und Dokumentation – nur wenige Anwendungen eignen sich für Kinder

Es könnte alles so schön sein! Seit einigen Jahren entlasten Kita-Software und-Apps pädagogische Fachkräfte in ihrer täglichen Arbeit merklich. So lassen sich KiTa und Personal deutlich einfacher verwalten als vormals mit Zetteln, Planern, Ordnern und schwarzem Brett. Auch digitale Portfolios und die Elternkommunikation erledigen sich so spürbar leichter. Und dank des technischen Fortschritts unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) vergeht kaum eine Woche, ohne, dass die eine oder andere Software mit neuen Innovationen aufwarten kann. Auch wenn sich die Umstellung auf die Verwaltung mit PC, Tablet und Smartphone oftmals als anstrengend und manchmal auch chaotisch erwiesen hat, sind am Ende wohl die meisten Nutzerinnen und Nutzer erleichtert und kaum jemand wünscht sich mehr in alte Zeiten zurück.

Schattenseiten, aber lösbare Herausforderungen

Wie jede Entwicklung hat auch diese ihre Schattenseiten. Nicht wenige pädagogische Fachkräfte klagen über unzureichende, ständig hakende Computersysteme, zusätzlichen Verwaltungsaufwand und schwindende Freiräume durch verbesserte Kontrollmechanismen seitens der Träger. Letzteres trifft allzu oft auch auf die Kinder zu, deren Eltern über die Apps über alles informiert sein sollen, was ihr Nachwuchs tut. Zudem tauchen immer wieder Verstöße gegen den Datenschutz auf. Der Mangel an Fachkräften und sonstigen Ressourcen verschärft die Herausforderungen vielerorts.

Dabei sind die Probleme durchaus lösbar. Oftmals mangelt es an Kompetenz, Austausch und Kooperationsbereitschaft. Statt sich praktischen bei Kollegen- und Expertenrat einzuholen, die Testversionen der verschiedenen Anbieter sorgfältig zu prüfen und gemeinsam im Team mit Unterstützung von Fachleuten bedürfnisorientiert zu planen, fallen zu viele einsame Entscheidungen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich mit aufgezwungenen Systemen arrangieren. Dabei verführt das enorm große und stetig wachsende Feld an Möglichkeiten gelegentlich zu übersteigerten Erwartungen und Anforderungen, die allzu leicht zur Überforderung führen.

Die Fehler liegen oftmals in der Planung statt in der Technik

Letztlich sollten jedoch Führungs- und Planungsfehler nicht zur Verteufelung eines wirklich nützlichen Fortschritts führen, der ein Schlüssel zu wichtigen Erleichterungen sein kann. Lauter einer Umfrage von Wolters Kluwer unter rund 700 Leiterinnen und Leitern von KiTas, sehen viele noch einen deutlichen Verbesserungsbedarf in der digitalen Ausstattung ihrer Einrichtung, aber auch noch enormes Potenzial in der Nutzung digitaler Angebote. Wir stecken hier an vielen Stellen noch in den Kinderschuhen einer Entwicklung, von der niemand weiß, wohin sie führt.

Kein Ersatz für sinnliche Erfahrungen

In diesem Sinne macht die Digitalisierung nicht vor der Kindergartentür halt. Es ist jedoch unsere Entscheidung, wie weit wir diese gehen lassen. Weder der Körper noch das Gehirn des Menschen passen sich an die Digitalisierung an. Im Grunde sind wir noch immer genauso gebaut wie unsere Urahnen vor 200.000 Jahren. Als eines der bei der Geburt hilflosesten Wesen benötigt der Mensch viele Jahre um zu seiner Entwicklung. Das gilt für das Gehirn genauso wie für die Augäpfel. Und die Nutzung von Bildschirmen ist für beide eine Gefahr.

Die Hoffnung, mithilfe von Apps, Smartphones, Tablets und PCs Kinder schneller und effizienter zu bilden, hat sich längst zerschlagen. Zwar wischen die Kinder mit Begeisterung auf den Tablets herum, hören und schauen sich gerne mal eine Geschichte an, betrachten Bilder und Videos und spielen kleine Spielchen. Einen echten Bezug zu angebotenen Lehrinhalten finden sie aber nicht. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Je jünger Kinder sind, desto mehr sind sie darauf angewiesen, die Welt mit allen Sinnen zu begreifen. Ganzheitliche Erfahrungen lassen sich mit Bildschirmen jedoch nicht vermitteln. Und es kommt noch schlimmer. Offensichtlich beeinträchtigen die Bildschirme sogar die Entwicklung der Kinder.

Beispiel Schweden

Eines der jüngsten bekannten Beispiele ist die Entscheidung der schwedischen Regierung. Diese hob die Verpflichtung auf, Vorschulen mit digitalen Geräten auszustatten. Letztlich hatte die Regierung des einstigen Vorreiters der digitalen Bildung die Sorge um den stetigen Leistungsabfall ihrer Schülerinnen und Schüler dazu bewogen, die Karolinksa Universität mit dem zugehörigen Institut um eine Stellungnahme zu bitten. In der Stellungnahme heißt es unter anderem:

„Es gibt eindeutige wissenschaftliche Belege dafür, dass digitale Werkzeuge das Lernen der Schüler eher beeinträchtigen als verbessern.“
„Wir sind der Meinung, dass der Schwerpunkt wieder auf den Wissenserwerb über gedruckte Schulbücher und das Fachwissen des Lehrers gelegt werden sollte, anstatt das Wissen in erster Linie aus frei zugänglichen digitalen Quellen zu erwerben, die nicht auf ihre Richtigkeit überprüft wurden.“
„Wichtige schulpolitische Entscheidungen sollten nicht getroffen werden, ohne dass man vorher weiß, was die Forschung sagt.“

Risiko Bildschirm

Ähnliche Entwicklungen lassen sich derzeit in Dänemark, Finnland, Großbritannien, Frankreich, Neuseeland und Italien beobachten. Weltweit existiert mittlerweile eine Fülle von Studien, die auf die negativen Auswirkungen der Nutzung von Bildschirmgeräten auf die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern hinweisen. Dagegen gibt es noch immer keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die deren Nutzen beim Lernen belegen. Statt aber der Wissenschaft zu folgen, fordern hierzulande wirtschaftsnahe Stiftungen und weite Teile der Bildungswirtschaft einen „Digitalpakt Kita“.

Nicht zuletzt das hat unlängst eine Gruppe von 41 Wissenschaftlern dazu bewogen, ein Moratorium der Digitalisierung in KiTas und Schulen zu fordern. Hier heißt es unter anderem: „Tatsächlich sind die Wirkungen und Nebenwirkungen digitaler Medien auf Entwicklungs-, Lern- und Bildungsprozesse wissenschaftlich oft ungeklärt. Vielmehr verdichten sich die wissenschaftlichen Hinweise auf enorme Nachteile und Schäden für die Entwicklungs- und Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien. Im Sinne der Fürsorgepflicht öffentlicher Bildungseinrichtungen fordern wir daher ein Moratorium der Digitalisierung insbesondere der frühen Bildung bis zum Ende der Unterstufe (Kl. 6).“

Zuerst müssten die Folgen der digitalen Technologien abschätzbar sein, bevor weitere Versuche an schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen mit ungewissem Ausgang vorgenommen würden.

Was die Befürworter digitaler Lernwelten stört

Selbstverständlich hat diese Erklärung besonders bei den Befürwortern der Digitalisierung heftige Reaktionen hervorgerufen. So fordert etwa Prof. Dr. Thomas Irion für den Grundschulverband: „Digitale Technologien bieten enorme Chancen für das Aufwachsen und die Bildung von Kindern… Schulen und KITAs müssen diese Bildungspotenziale nutzen, um Kinder angemessen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.“ Und Jasmin Block schreibt im „Handbuch digitale Kita“, das die Carlo & Friends GmbH herausgibt: „Und jene, die sich bereits fundiert mit früher Medienbildung auseinandergesetzt haben, schütteln fassungslos den Kopf. Denn längst reichte die Diskussion über das OB früher Medienbildung hinaus, indem Gestaltungsfragen, also das WIE, in den Mittelpunkt rückten.“

Zunächst sei Frau Block erst einmal mit einem Zitat aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper geantwortet: „Wer a sagt, der muss nicht b sagen. Er kann auch erkennen, dass a falsch war.“

So viel dazu. Spannender wird es, sieht man sich die Argumente der Befürworter an:

  1. Wir dürfen die Augen nicht vor dem soziokulturellen Wandel verschließen. „Die Digitalisierung ist! Und um es einmal deutlich zu sagen: Auch in der frühen Bildung müssen wir lernen, sinnvoll und verantwortungsvoll damit umzugehen.“
  2. „Die Lebenswelt der Kinder und Familien ist durchdrungen von digitalen Medien. Die frühe Bildung, Erziehung und Betreuung hat aus gutem Grund den Anspruch, lebensweltrelevante Themen in der pädagogischen Arbeit aufzugreifen.“
  3. Die bekannten Studien, die auf negative Auswirkungen der Bildschirmmedien auf Kinder hinweisen, würden keine kausalen Zusammenhänge belegen.

Zum soziokulturellen Wandel

Soziokultureller Wandel oder sozialer Wandel sind großartige Wörter. Die Digitalisierung ist ein Teil davon, genauso wie die sozialen Verwerfungen, die Umweltverschmutzung, das Artensterben, die Verkehrswende, der Klimawandel, die Bildungsmisere, die Kirchenaustritte und vieles andere. Warum ausgerechnet 41 Wissenschaftler, die sich zum Großteil mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Leben auseinandersetzen, die Augen vor der Digitalisierung verschließen würden, scheint absurd. Aber wer fordert, dass Kindergartenkinder nun lernen müssen, sinnvoll und verantwortungsvoll mit der Digitalisierung umzugehen, nimmt zum einen auf unverantwortliche Weise einen sehr hohen Preis bezüglich der Entwicklung von Kindern in Kauf und ignoriert die tatsächliche intellektuelle Reife von Kindern unter sechs Jahren. Damit Kinder eines Tages wirklich Verantwortung übernehmen zu können, wäre eine Entwicklungsbegleitung nötig, die sich an den notwendigen physischen und psychischen Bedürfnissen der Kinder orientiert.

Die Lebenswelt ist durchdrungen von digitalen Medien

Richtig. Die digitalen Medien sind wesentlicher Bestandteil unseres Daseins, wie die anderen Medien, die Mobilität oder die Arbeitswelt. Nur kommt eben niemand auf die Idee Kleinkinder den Führerschein machen zu lassen oder eine Berufsausbildung. Auch das Lesen und Schreiben bringen wir Kindern erst in der Schule bei, weil es ihrer Entwicklung entspricht. Dass Kleinkinder bereits Mobiltelefone nutzen, scheint sich fatal auszuwirken. Den verantwortungsvollen Umgang damit können wir ihnen aber in diesem Alter nicht beibringen. Um den Umgang zu reduzieren, wäre eine klare Haltung seitens der Pädagoginnen, Pädagogen und Eltern sinnvoll. Wer ein Kind unter sechs Jahren nicht davon abhalten kann, Smartphones oder Tablets ungehemmt zu nutzen, hat sollte dringend seine pädagogischen Fähigkeiten hinterfragen. Die Vermittlung von Medienkompetenz muss sein, aber sie sollte zu dem Zeitpunkt und in einem Umfang stattfinden, der aus medizinischer Sicht der Gesundheit der Kinder nicht schadet.

Mangel an Kausalität?

Bislang stützt sich die Forschung über digitale Medien bei Kindern vor allem auf sogenannte Querschnittserhebungen. Man erfasst dabei üblicherweise mittels Fragebogen verschiedene Aspekte wie die Smartphone-Nutzung und das Wohlbefinden zum selben Zeitpunkt. Auch wenn es sich dabei um eine Fülle von Studien handelt und die Gruppen der Probandinnen und Probanden gelegentlich sehr groß sind, weisen diese keinen kausalen Zusammenhang nach. So bleibt etwa die Frage offen, nutze ich das Mobiltelefon weil es mir schlecht geht oder geht es mir schlecht, weil ich das Mobiltelefon nutze?

Kausalität bedeutet eine direkte Beziehung zwischen Ursache und Wirkung herstellen zu können. Mit den bildgebenden Verfahren im Bereich der Neurobiologie meinen etwa Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler die negativen Wirkungen von Bildschirmmedien auf das Gehirn nachweisen zu können. Das reicht den Kritikerinnen und Kritikern jedoch nicht aus. Ein kausaler Zusammenhang könnte dann hergestellt werden, wenn man etwa zwei repräsentativ zusammengesetzte Gruppen von Kindern im gleichen Umfeld bildet und die eine Gruppe Bildschirmmedien aussetzt und die andere nicht. Solche Studien sind aus ethischen Gründen seit der Nazizeit verboten.

Tatsächlich gibt es mittlerweile Studien, deren Leiterinnen und Leiter meinen, einen kausalen Zusammenhang nachweisen zu können. Doch selbst wenn dies umstritten bleibt: Es gibt keine Studie, die eine positiven Effekt auf das Lernen von Kindern nachweist. Und die Ignoranz, mit der viele Pädagoginnen und Pädagogen die ernsthaften Bedenken der Medizinerinnen und Mediziner einfach beiseite schieben, mutet doch schon eher als grobe Fahrlässigkeit an.

Lassen wir den Kindern genug Zeit?

Wäre es deshalb nicht doch sinnvoll, erst einmal verlässliche Wissenschaftliche Ergebnisse abzuwarten? Rechtfertigt sich mit Blick auf die wachsende Zahl wissenschaftlicher Arbeiten, die negative Auswirkungen von Bildschirmmedien auf Kinder nahelegen, deren Einsatz in Krippen, Kindergärten und Schulen? Oder wäre es nicht doch besser, zumindest bis zum Eintritt der Kinder in die weiterführende Schule oder zumindest bis zum Eintritt in die Grundschule zu warten? Schließlich bleibt hier doch noch genügend Zeit, Medienkompetenz und technisches Know-how zu vermitteln.

Bedingter Einsatz mit Augenmaß

Zwar darf es eigentlich keine zwei Meinungen geben, wenn es um die Gesundheit von Kindern geht. Dennoch gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, die den Einsatz von Bildschirmgeräten ab der Kindergartenzeit in einem begrenzten Zeitraum zulassen und sinnvoll erscheinen lassen. Selbst der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sieht kein Problem darin, wenn Kinder ab drei Jahren maximal 30 Minuten pro Tag vor dem Bildschirm sitzen.

Für Kinder unter drei Jahren gilt das jedoch nicht und bei Kindern über drei Jahren sollte es nicht mehr sein. Dennoch reicht die Zeit, um sich Fotos oder ein Video auf einem Bildschirm anzusehen oder sich ein digitales Bilderbuch anzusehen und eventuell in der eigenen Muttersprache anzuhören. Möglichkeiten gibt es zuhauf. Und dann wird es wieder Zeit für die vielen sinnlichen Erlebnisse, die Kinder für ihr Leben benötigen und die durch digitale Geräte – zumindest bisher – nicht ersetzt werden können.

Alle Kompetenzen auch für die digitale Zukunft fördern

In der digitalen KiTa der Zukunft werden also hoffentlich keine Kinder mit Tablets durch die Gegend laufen. Die pädagogischen Fachkräfte aber vermutlich schon: vornehmlich um zu verwalten, die Entwicklung der Kinder zu dokumentieren und mit ihnen gelegentlich darauf etwas zu entdecken. In der Hauptsache wird sich aber auch die digitale KiTa der Zukunft darauf konzentrieren, Kinder ganzheitlich in ihrer Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen, damit diese ihre eigenen Fertigkeiten und Fähigkeiten in ihrem persönlichen Tempo aufbauen, um dann eines Tages auch sinnvoll und verantwortungsvoll mit sich und ihrer Umwelt umgehen zu können, wozu auch die digitale Welt gehört.

Gernot Körner




Entdeckt digitale Vielfalt mit Polylino!

Polylino

In der heutigen digitalen Welt ist es unerlässlich, Kinder frühzeitig mit der Vielfalt der Sprachen vertraut zu machen

Genau hier setzt Polylino an, ein digitales Sprach- und Leseförderungstool, entwickelt von ILT Education. Mit Zugriff auf eine beeindruckende Bibliothek von mehr als 1.500 Kinderbüchern in über 70 Sprachen eröffnet Polylino Kindern in Kitas einen Zugang zu unendlichen Welten der Fantasie. Es dient als Brücke zur Welt der Literatur und fördert gleichzeitig die Sprachkenntnisse der Kinder durch mehrsprachige Bücher.

Der innovative Ansatz von Polylino zur Förderung der Sprachentwicklung ist besonders wertvoll im Kita-Alltag

Das gemeinsame Lesen und Entdecken digitaler Bücherwelten auf großen Bildschirmen oder dem Tablet bereichert nicht nur die sprachliche Entwicklung der Kinder, sondern fördert auch kulturelles Verständnis und soziale Integration. Besonders beeindruckend ist, wie Kinder durch Geschichten in ihrer Muttersprache oder in neuen Sprachen ein tieferes Verständnis für die Welt entwickeln.

Polylino unterstützt Pädagog:innen dabei, bildungsspezifische Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig ein inklusives Lernumfeld zu schaffen. Die Vielfalt der verfügbaren Bücher ermöglicht es jedem Kind, Inhalte zu finden, die seine individuellen Interessen und seine Sprachentwicklung fördern. Dies trägt nicht nur zum Lernerfolg bei, sondern stärkt auch das Selbstvertrauen und die Motivation der Kinder.

Die Bedeutung von Mehrsprachigkeit und kultureller Vielfalt in der frühkindlichen Bildung kann nicht genug betont werden

Polylino bietet eine Plattform, die Kinder auf eine Reise durch Geschichten aus aller Welt mitnimmt, dabei Sprachkenntnisse erweitert und ein Umfeld des Respekts und der Anerkennung für verschiedene Kulturen schafft.

In einer zunehmend globalisierten Welt ist die Fähigkeit, über Sprachgrenzen hinweg zu kommunizieren, wertvoller denn je. Polylino bereitet Kinder auf eine Zukunft vor, in der Offenheit, Neugier und ein tiefes Verständnis für die Vielfalt der Welt von zentraler Bedeutung sind. Es ist eine aufregende Zeit für die Bildung, und digitale Tools wie Polylino demonstrieren eindrucksvoll, wie effektiv digitale Lösungen eingesetzt werden können, um die Bildungsumgebungen von morgen zu gestalten und dabei jedes Kind in seiner Einzigartigkeit zu fördern und zu unterstützen.

Weitere Informationen finden Sie hier




Projektarbeit neu denken: alltagsorientiert, lebensnah und gegenwartsorientiert

Merkmale, Planung und Durchführung von Projekten und was sie für Kinder bedeuten

Hört man sich deutschlandweit in vielen Kindertageseinrichtungen einmal um und fragt nach den zurückliegenden oder gerade aktuellen pädagogischen Arbeits- bzw. Beschäftigungsschwerpunkten, so fällt immerzu das Wort „Projekt“ in Kombination mit einer Wortergänzung oder einer Tätigkeitsbeschreibung. So ergab eine Befragung unter 160 Kindertagesstätten im Zeitraum vom, welcher pädagogische Arbeits- bzw. Beschäftigungsschwerpunkt für die elementarpädagogischen Fachkräfte aus der Vergangenheit in besonderer Erinnerung geblieben ist oder welcher Schwerpunkt gerade die gegenwärtige Pädagogik bestimmt, beispielsweise folgende Antworten:

„Projekt Zähne und Zahnarzt“/ „Projekt: warum die Körperpflege so wichtig für uns Menschen ist“/ „Projekt: Die vier Jahreszeiten – Frühling, Sommer, Herbst und Winter“/ „Projekt Fußgängerführerschein für jedes Kind“/ „Projekt: rot, gelb, grün und blau – wir lernen die wichtigsten Farben kennen./ „Projekt Obstsorten – was es da alles gibt, wie sie heißen und wie sie schmecken“/ „Projekt Verkehrserziehung – wie verhalten wir uns richtig im Straßenverkehr, so dass es nicht zu Unfällen kommt.“/ „Projekt Buchstabensalat: wie aus einzelnen Buchstaben ein Wort wird.“/ „Projekt kleine Forscher erkunden die Umgebung“/ „Projekt: Wir basteln mit Salzteig“/ „Projekt Schneekugel“/ „Projekt gesunde Ernährung“/ „Projekt zuckerfreies Essen und Trinken“/ „Projekt Fasching – wer oder was ich immer schon sein wollte“/ „Projekt saubere Umwelt – warum Mülltrennung und Müllvermeidung für uns Menschen und die ganze Welt so wichtig ist“/ „Projekt recycelte Kunst“/ „Projekt Helfer in der Not: Feuerwehr und Polizei“/ „Projekt warum es Weihnachten gibt“/ „Projekt: Jeder Mensch ist anders als der andere und jeder Mensch ist etwas ganz Besonderes“/ „Projekt: Kinder unterstützen ein Hilfsprojekt.“/ „Projekt: Die vier Elemente, die alle Menschen zum Leben brauchen – Wasser, Luft, Erde und Feuer.“

Diese Übersicht, die einen kleinen Ausschnitt aus der Vielzahl der gegebenen Antworten wiedergibt, mag genügen, um weitere Überlegungen zur Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen vorzunehmen.

Die Begriffsbezeichnungen „Projektarbeit“ bzw. „Projekt“ werden inflationär benutzt

Es fällt auf, dass nahezu alle geplanten Vorhaben, die bundesweit in vielen Kindertageseinrichtungen durchgeführt werden, mit der Bezeichnung „Projekt“ bzw. „Projektarbeit“ versehen werden. Vor einigen Jahren stand der Begriff >Thema< im Mittelpunkt und es scheint so, als sei dieses Wort durch den Begriff >Projekt< ausgetauscht worden, so als gäbe es keinen Unterschied. Auch werden in vielen Fachschulen und Fachakademien für Sozialpädagogik die Begriffe nicht in ihrem ursprünglichen Bedeutungswert differenziert betrachtet und entsprechend ihrem genauen Bedeutungsgehalt genutzt. Doch ist es aus einer fachlichen Berechtigung tatsächlich möglich, eine Gleichstellung der beiden Begriffe vorzunehmen?

Dieser Frage soll an dieser Stelle einmal ebenso wie dem möglichen Hintergrund für diese undifferenzierte Begriffsauswechselung nachgegangen werden. Dafür ist zunächst ein Bezug zur ‚Bildungsarbeit in Kindertagesstätten’ herzustellen. >Bildung in der elementarpädagogischen Praxis< wird in den Bildungsrichtlinien aller 16 Bundesländer zwar stets mit dem Hinweis auf den Aufbau bzw. die Unterstützung einer Selbstbildung des Kindes bei einer notwendigen Partizipation versehen, gleichzeitig sind aber die unterschiedlichen Bildungsbereiche – getrennt voneinander – aufgegliedert/systematisiert und zu festgeschriebenen „Bildungsprogrammen“ zusammengetragen/länderspezifisch verabschiedet worden.

Ebenso wird in einem überwiegenden Anteil aller Fachschulen/Fachakademien für Sozialpädagogik der althergebrachte Kanon einer >zielführenden, exakt aufgeschlüsselten Didaktik mit einer entsprechend zugeordneten Methodik< – wenn auch in einem neuen Gewand mit neuen Begriffen – fortgeführt, so dass künftige Erzieher:innen sowohl im Unterricht als auch in der Aufgabenstellung für deren Praktika immer wieder aufs Neue lernen, themenorientierte bzw. kompetenzbenannte Themen bzw. Bildungsfelder als Angebote den Kindern vorzugeben.

Insofern wundert es nicht, dass aus komplex vernetzten Bildungsbereichen Fachschwerpunkte werden, die in Teilangeboten den Kindern nahegebracht werden. Dazu holen die Mitarbeiter:innen die Kinder zusammen, geben Informationen ein oder Fragen vor und die Kinder „dürfen“ auf diese Weise lernen, dass sie sich mit bestimmten Aufgabenstellungen beschäftigen sollen. Darüber hinaus werden Lernbereiche und Alltagssituationen der Kinder fein säuberlich in Arbeits-, Lern-, Spiel- und Freizeitfelder aufgeteilt: von dann bis dann wird gespielt, von dann bis dann geforscht, von dann bis dann sich bewegt und von dann bis dann gegessen, geschlafen…

Doch damit hört die zunehmende, thematisch gegliederte Funktionalisierung eines ursprünglich lebendigen Kinderlebens nicht auf: aus dem vielfältigen, in Kindern durch ein genetisch vorhandenes und damit vorhandenes Forschungsinteresse werden erwachsenengeplante und -gesteuerte Themenangebote fein säuberlich strukturiert und fächerspezifisch geordnet – getreu dem Motto: Bildung geschieht in einem aufgeteilten Fächerkanon und dies geschieht in vorgeplanten Teilschritten!

Statt im Leben der Kinder – sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich – deren Interessen und Fragen aufzugreifen, deren Neugierde aufzunehmen und in individuell konzipierte Projekte einzubinden, die ungezählten Alltagsphänomene aufzugreifen und zu untersuchen, werden immer wieder extra arrangierte, thematisch festgelegte Räume und Zeiten vorgegeben, was letztlich darin gipfelt, dass es möglich ist, sich als Kindertageseinrichtung mit der Auszeichnung „Haus der kleinen Forscher“ der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dazu sei eine Anmerkung erlaubt: JEDES Kind ist ein Forscher, zu allen Zeiten und an allen Orten. Nur dann, wenn den Kindern diese ursprüngliche, intrinsisch angelegte Motivation als Forscher:in – die Welt zu entdecken – oder ihnendiesedurch Bindungsirritationen/ fehlende Beziehungsnähe/ normative Vorgaben oder interessenferne Angebote genommen wird, können Kinder das Interesse verlieren, Weltentdecker:in zu sein. Jede Kindertageseinrichtung hat die Bildungsaufgabe, eine forschende Institution zu sein: und dazu bedarf es keiner extra ausgewiesenen Auszeichnung.

Fazit: Die Selbstbildung der Kinder wurde und wird immer stärker zu einer belehrenden (=beleerenden) Bildungspädagogik degradiert und funktionalisiert, zumal nicht das Handeln und Fühlen der Kinder im Mittelpunkt der Pädagogik steht sondern die Bildungsarbeit mit  zeitlich fraktionierten Themenangeboten bestimmt wird. Und da es ab und zu kleinere Bündelungen im Sinne von Themenzusammenstellungen an einem oder einigen wenigen, aufeinander folgenden Tagen gab bzw. gibt, wurde diese Zusammenstellung als ein Projekt bezeichnet. Dieser Begriff selbst entstand ursprünglich im Rahmen der Entwicklung des Situationsansatzes bzw. des Situationsorientierten Ansatzes und wurde vollkommen anders verstanden.

Was zeichnet nun ein ‚Projekt’ im Gegensatz zu einem ‚Thema’ aus?   

Im Sinne einer nachhaltigen Bildung wird auf der Grundlage basaler Erkenntnisse aus den Feldern der Bildungsforschung, der Entwicklungs- und Lernpsychologie sowie der Neurobiologie von drei Grundsätzen ausgegangen: 1.) Der Beschäftigungsschwerpunkt des Kindes muss für das Kind bedeutsam sein, ganz im Sinne eines Selbstverständnisses: „Damit kann ich etwas anfangen, weil es mich in meinem jetzigen Leben berührt.“; 2.) Dieser „Beschäftigungsschwerpunkt“ muss einen aktuellen, realen Bezug zur Lebenswelt des Kindes besitzen, ganz im Sinne seines Selbstverständnisses: „Das kenne ich und das, was wir tun, kann ich gebrauchen/ zu Hause fortsetzen / in meinem jetzigen Leben aufgreifen und umsetzen“; 3.) Das Kind muss den starken Wunsch, ja das tiefe Bedürfnis haben, eine Beziehung zur elementarpädagogischen Fachkraft herstellen zu wollen, um mit ihr eine Art Bündnis– und Bindungsvernetzung einzugehen, mehr oder weniger fortlaufend bis hin zur selbstständigen, teilweise sogar alleinigen Weiterarbeit innerhalb des Projekts oder auch außerhalb der Einrichtung. Insofern werden schon an dieser Stelle ganz bedeutsame Unterschiede zu einem Thema deutlich:

krenz

Projekte

  • richten sich auf das Alltagsgeschehen, auf Alltagserlebnisse der Kinder und sprechen sie damit in ihrer konkreten Lebenssituation an, zumal Kinder sich und ihre Welt um sie herum nur als ‚interessant’ empfinden, wenn sie während ihrer Tätigkeiten eine Verbindung mit ihrer Lebensnähe herstellen können;
  • sind damit stets gegenwartsorientiert – im Unterschied zu einer thematischen Schwerpunktsetzung, die bei genauerer Betrachtung eine defizitäre Sichtweise des Kindes an den Tag legt, geht es doch bei einem Themenangebot in erster Linie darum, Kinder in bestimmten, noch nicht so gut entwickelten Kompetenzfeldern auf die Zukunft fixiert zu fördern. Projekte haben das Selbstverständnis, entwicklungsbegleitend zu agieren und nicht zukunftsorientierte Visionen/ Erwartungen von außen – wie beispielsweise der Grundschule oder durch Elternerwartungen – zu erfüllen.
  • ergeben sich aus Alltagsbeobachtungen und leiten sich auf der Grundlage von Beobachtungsergebnissen ab: womit beschäftigen sich die Kinder derzeit, womit setzen sie sich gerade auseinander, woran haben sie ein verstärktes Interesse und welcher Schwerpunkt sollte daher unbedingt aufgegriffen und vertieft werden?
  • ziehen sich in der Regel über einige Wochen oder mehrere Monate hin; sie sind keine Angebotseintagsfliegen sondern ermöglichen es den Kindern, mit Zeit und Ruhe, einem innerem Engagement und in einer zuverlässigen Begleitung der Fachkräfte in ein Projekt einzutauchen: vertiefend, handelnd, fragend, suchend, interessengeleitet…
  • haben nur dann einen hohen Bedeutungswert für Kinder, wenn sie ‚ihre’ Entwicklungsbegleiter:innen als zuverlässig, innerlich motiviert, lebendig, gleichsam neugierig und so weit wie möglich kontinuierlich anwesend erleben können, was natürlich in kontinuierlich bestehenden Gruppen bzw. in stammgruppenübergreifenden Zusammentreffen am besten umzusetzen ist. Das klassische Konzept des ‚Offenen Kindergartens’ mit den täglich wechselnden Angeboten  in den dafür vorgegebenen Funktionsräumen und einer ständig neu zusammengesetzten Gruppe lässt eine Projektarbeit kaum bis gar nicht zu. (Anmerkung: Gruppendynamisch betrachtet ergeben sich dadurch ständig neue Rollenzuweisungen, was bei verunsicherten Kindern zu einer Überforderungssituation und Irritationen führt. Daher wird bei der Umsetzung dieses pädagogischen Konzepts auch so gut wie ausschließlich nur mit Themenangeboten gearbeitet.
  • verlangen nach Fachkräften, die sich in einer ständigen Reflexionsbereitschaft befinden, ihre Bedeutsamkeit für die Kinder hinterfragen, die eigenen Beziehungsqualitäten hinterfragen und dafür sorgen, dass ihre Kommunikations- und Interaktionskultur kindorientierte Verhaltensmerkmale besitzen.
  • ergeben sich aus einem gemeinsam entdeckenden Lernen, bei dem die Projektschwerpunkte den Kindern die Möglichkeit bieten, diese mit allen Sinnen und aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu erfassen und dabei die einzelnen Vorhaben zwar gemeinsam abgesprochen und durchgeführt werden, gleichzeitig aber keine vorher festgelegten Ziele in einer ganz bestimmten Zeit erreicht werden sollen/ müssen. Eine Projektarbeit ist daher stets für neue Gedanken- und Handlungsimpulse der Kinder offen, so dass von einem prozessualen Vorgang die Rede ist.
  • bieten Kindern immer wieder die Möglichkeit, sich in den eigenen Ressourcen und Kompetenzfeldern besser kennenzulernen. Dabei unterstützen die elementarpädagogischen Fachkräfte als Planungsbegleiter:innen und Impulsgeber:innen alle Möglichkeiten des Kindes, in Prozesse der Selbstexploration einzutauchen: und das nicht nur in kognitiver, sondern vor allem in einer emotional-sozialen Sichtweise.
  • umfassen im Gegensatz zu Themen in diesem einen Projekt die ganze Vielfalt didaktischer Möglichkeiten, die innerhalb der Kindertagesstätte möglich sind, sich mit dem Projektschwerpunktzu beschäftigen: z.B. durch handwerkliche Tätigkeiten mit allerlei Werkzeug („Basteln“ kann man später noch im hohen Alter im Seniorenstift) , Musik, Liedern und Tanz, situationsbezogene Märchen, das Betrachten von situationsbezogenen Bilderbüchern, Vorlesen von situationsbezogenen Geschichten/ Texten, Umsetzen von Spielideen, philosophisch geführte Gesprächsrunden bis hin zur Möglichkeit, entstandene Ideen in Kunst- und Malausdrucksmöglichkeiten umzusetzen.
  • finden aber auch nach Möglichkeit außerhalb der Kindertageseinrichtung statt- durch gemeinsame Unternehmungen im Umfeld der Kita, sozialräumliche Erkundungen oder durch eine Kooperationspflege (Besuche) mit gemeinwesenorientierten Einrichtungen.
  • nehmen den Auftrag einer partizipatorisch geprägten Pädagogik sehr ernst. Hier „dürfen“ Kinder nicht nur an der Zusammenstellung des Speiseplans oder bei ‚normalen’ Entscheidungsfindungen ihr Votum abgeben sondern sie sind von Anfang an an allen Planungen beteiligt. So wie in einer Kinderkonferenz hat jedes Kind das Recht, seine Ideen einzugeben, seine Bedenken zu äußern, seine Einwürfe zu machen oder Veränderungsvorschläge vorzubringen.
  • entstehen mit den Kindern! Hier wird nicht wie bei einem themenorientierten Angebot den Kindern in der Form das Angebotsvorhaben vorgesetzt, indem schon alle für das betreffende Angebot benötigten Materialien von der Fachkraft fein säuberlich auf dem Tisch ausgebreitet sind bzw. der Raum vorbereitet wurde, so dass sich die Kinder nur – wie bei einem Buffet – bedienen können/ sollen. In einem Projekt wird zu Beginn überlegt und abgesprochen, welche Werkmaterialen gebraucht werden, wie sie zu besorgen sind, was für die Durchführung benötigt wird und bis wann was vorhanden sein muss. Kinder sind auch hier die Akteure und sie lernen auf diese Weise, dass das Leben durch Anstrengungsbereitschaft geprägt ist. Angebote führen zu einer schleichenden Konsumorientierung mit einer zunehmenden Erwartungshaltung. Dem setzt eine Projektarbeit ein Riegel vor.
  • sind so konzipiert, dass während der verschiedenen Handlungsaktivitäten möglichst alle neun Entwicklungsfelder  (Kognition, Emotionen, Soziabilität, Fein- und Grobmotorik, Sprache, Fantasie, Kreativität, Denken, Motivation) gleichzeitig angesprochen werden und nicht wie bei einem Thema jeweils ein ausgewähltes Entwicklungsfeld isoliert und als Themenschwerpunkt zum ‚Förderschwerpunkt’ erklärt wird.
Projektarbeit
(Abb.1: Grundlegende Merkmale, durch die ein Projekt gekennzeichnet ist)

Schaut man sich nun die ganz zu Anfang zitierten, so genannten ‚Projekte’ an, so wird aus einer fachlichen Betrachtung deutlich, dass es sich dabei um Themen gehandelt hat.

Aufbau und Ablauf eines Projekts

Ein Projekt setzt sich aus vielen, unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten und Unternehmungen zusammen, weil auch das Leben nicht eindimensional verläuft sondern ein großer, vernetzter Block aus vielfältigen, miteinander verbundenen Situationen besteht und somit sich auch ein Projekt als ein aktuelles Spiegelbild der Gegenwart darstellt. Insofern berücksichtigt ein Projekt auch vielfältige Bereiche, auf die Kinder ein Erlebnisrecht haben, auch um die Vielfalt des Lebens entdecken und sich damit auseinandersetzen zu können. So sei an dieser Stelle eine Übersicht vorgestellt, in der die unterschiedlichen Erkundungs- und Erlebnisbereiche in einer Projektgestaltung aufgeführt sind und dazu gleichzeitig dienen können, bei einer Projektplanung zu schauen, welche Bereiche tatsächlich berücksichtigt wurden, welche außer acht gelassen wurden und welche in die Projektdurchführung zusätzlich aufgenommen werden sollten.

Projektarbeit-Kreis

Um ein Projekt zu planen und durchzuführen, bedarf es zunächst einer sorgsamen

  • Situationsanalyse (1), um herauszufinden, welche Interessen die meisten Kinder zum Ausdruck bringen. Dabei bieten sich vor allem die von Kindern gewählten und umgesetzten Spielaktionen, ihre Erzählungen, ihre Handlungsbedürfnisse, ihre Malthemen und ihre geäußerten Bedürfnisse an. Natürlich kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass alle Kinder dieselben Ausdrucksformen zeigen. Gleichwohl geht es darum, herauszufinden, ob es einen Interessenschwerpunkt vieler Kinder gibt. Beobachtungen in Kindertageseinrichtungen haben immer wieder gezeigt, dass es solche Bündelungen gibt. Zudem ist es auch möglich, unterschiedliche Schwerpunkte zu einem übergeordneten Bereich zusammenzufassen. Sobald die elementarpädagogische Fachkraft, ausgehend von der Situationsanalyse, eine solche Bündelung feststellen konnte, bittet sie die Kinder, dass sich alle zu einer
  • Situationsbesprechung (2) zusammenzufinden. Hier berichtet sie von ihren Beobachtungen, die sie in der zurückliegenden Zeit gemacht hat, benennt Beispiele (mit einer Zuordnung zu dem jeweiligen Kind) und schlägt dann vor, dass die Kinder ganz viele Ideen einbringen können, damit gemeinsame Überlegungen angestellt werden können, welcher
  • Projektschwerpunkt (3) die nächsten Tage und Wochen das Alltagserleben in der Gruppe bestimmen könnte. Dabei hält die Fachkraft alle von den Kindern geäußerten Ideen und Vorschläge schriftlich fest und ergänzt das Ganze auch durch eigene Ideen, auf die die Kinder nicht kommen konnten (z.B. mögliche Liedideen, Werkvorschläge, Erkundungen im Umfeld der Kindertageseinrichtung, Ausflüge/ Besuche von bestimmten Institutionen, Theaterspiel, Naturerkundungen, Experimente etc.). Nun wird anhand der umfangreich geführten Liste die
  • Planung des Projekts (4) besprochen, wobei die einzelnen Projektaspekte in eine bestimmte Reihenfolge gebracht werden: mit welchem Handlungsvorhaben wollen die Kinder beginnen? Welche Materialien sind dafür erforderlich? Gibt es diese Materialien in der Kindertagesstätte oder haben vielleicht die Eltern die benötigten Dinge zu Hause, die die Kinder mitbringen könnten? Was gibt es darüber hinaus alles an Vorbereitung zu bedenken? Aus diesem Planungsgespräch leitet sich die konkrete Vorbereitung der ersten
  • Handlungsvorhaben (5) ab, so dass schließlich die
  • Umsetzung des Projekts (6) begonnen werden kann. Währenddessen – und das haben immer wieder ungezählte Praxisbeispiele offenbart – kommt es stets zu weiteren Ergänzungsvorschlägen/ Änderungswünschen durch die Kinder, die dann in kurzfristig einberufenen Treffen miteinander besprochen werden. Während der
  • Projektdurchführung führen die elementarpädagogischen Fachkräfte eine Verlaufsdokumentation, in der sie alle wichtigen Ereignisse aufschreibt. Und am Ende einer Woche findet eine Kinderkonferenz statt, in der die Fachkraft den Kindern ihre aufgeschriebenen Beobachtungen vorliest (besondere, zum Ausdruck gekommene Stärken einzelner Kinder, was beispielsweise die Ausdauer, den Mut, soziale Handlungen wie beispielsweise Rücksichtnahme, eine besondere Hilfsbereitschaft, konstruktiv geführte Konfliktgespräche unter den Kindern… betrifft.). Um auch den Eltern eine mögliche Rückmeldung über das, was alles in einer Woche unternommen wurde, zu geben und sie auch fachlich über das Geschehen zu informieren, bietet sich ein schriftlich fixierter Wochenrückblick an, der sich aus der Projektdokumentation (6) ergibt. Das kann beispielsweise so aussehen, dass auf der Hälfte eines Flipchart-Bogens die so genannten ‚Lernmöglichkeiten’ für Kinder aufgeführt wurden.
Plan

Dieser von der elementarpädagogischen Fachkraft ausgefüllte Bogen kann dann – nachdem  mindestens ein Beispiel in jeder Kategorie eingetragen wurde – am ersten Tag der kommenden Woche von außen an der Gruppentüre angebracht werden: in großer, gut lesbarer Schrift, wenn notwendig und möglich bei überhaupt nicht deutsch sprechenden Familien auch in deren Landessprache. Dazu gibt es im Internet vollkommen einfache Übersetzungsprogramme! Ganz zum Schluss eines Projekts erfolgt gemeinsam mit den Kindern ein

  • Projektabschluss (7), der sich beispielsweise in einem gemeinsamen Fest manifestiert und zu dem ggf. auch alle extern beteiligten Personen oder die Eltern herzlich eingeladen werden. Im Kreis der Mitarbeiter:innen findet schließlich eine Projektreflexion in Form einer
  • Evaluation (8) statt, um zu prüfen, was besonders gut verlaufen ist, was vielleicht noch besser gewesen wäre und ob es Erkenntnisse gibt, die für weitere Projektplanungen unbedingt beachtet werden sollten.    

Projekte greifen aktuelle, emotional-soziale Welteindrücke der Kinder auf

Wie schon erwähnt, orientiert sich der mit Kindern festgelegte Projektschwerpunkt einerseits an den Beobachtungsergebnissen und andererseits anden von Kindern geäußerten Schwerpunkten und ihren Interessen. Gleichzeitig beziehen sich die Projektschwerpunkte auf die aktuelle Lebenssituation der meisten Kinder, auf ihre biographischen Lebenseindrücke und deren Bedeutungswerte für ihr Erleben.

An dieser Stelle erlaube ich mir, zunächst ein besonderes Projekt, das in einer Kindertagesstätte in Sachsen-Anhalt durchgeführt wurde, vorzustellen. Dort fiel der Erzieherin auf, dass viele Kinder damit begannen, sie nach einem bestimmten Gebäudekomplex zu fragen, an dem sie stets auf ihrem Weg zur Kindertagesstätte vorbeikamen. Es war ein ehemaliges Konzentrationslager aus der Nazi-Zeit, das nun als Gedenkstätte von Besucher:innen aus nah und fern aufgesucht werden konnte. Die Erzieherin berichtete also von einer Zeit, als es in Deutschland einen Krieg gab (so wie jetzt in dem Land der Ukraine) und dass dort Menschen eingesperrt wurden, die der damalige Staatsführer als Feinde bezeichnet hat. Die Kinder fragten viel nach, warum immer Menschen mit Blumensträußen diesen Ort aufsuchten, was die dort eingesperrten Menschen denn Schlimmes getan hätten, ob sie immer genug zu essen bekommen haben und ob sie auch ihre Haustiere, Hunde und Katzen, dorthin mitbringen durften. Je mehr die Erzieherin auf die Fragen der Kinder einging, desto größer war der Wunsch, auch einmal diesen Gebäudekomplex zu besuchen. Die Erzieherin überlegte eine längere Zeit, ob und wie sie diesem großen Interesse der Kinder gerecht werden konnte und leitete das Interesse der Kinder auf die Behauptung, dass sie bestimmt sehr traurig wären, wenn man nicht mehr dort wohnen bleiben dürfte, wo man bisher gewohnt hat und dann mit ganz, ganz vielen Menschen zusammenleben müsste, die man gar nicht kennt. Und schon begannen die Kinder von ihren traurigen Momenten zu erzählen, wenn beispielsweise ihre Geschwister häufig anfingen zu streiten oder weil die Oma/ der Opa sehr krank sei usw. Daraus ergab sich recht schnell ein Projektschwerpunkt „traurig sein ist gar nicht schön! Schöner ist es, wenn man fröhlich/ glücklich ist.“ Im Rahmen dieses Projekts, was über 7 Monate lief, haben die Kinder sehr viele Schwerpunkte zum Vertiefungsfeld „Trauer und Glück erleben“ vertiefend bearbeitet und auf benachbarte Gebiete, die alle von Kindern vorgeschlagen wurden (z.B. Besuch in einem Altenheim mit kleinen, mitgebrachten Geschenken/ Besuch eines Friedhofes und einer Kirche/ Planung und Übernahme eines Gießdienstes für die Pflanzen vor dem Kindergarten, damit diese bei großer Hitze nicht traurig sein müssen, wenn sie bei großem Durst nicht gewässert werden würden/ Rollenspiel „Beerdigung“ und „Krankenhaus“… Dann haben die Kinder mit der Erzieherin viele ‚philosophische“ Gespräche über den Tod (und was danach passiert) geführt, haben einmal auf der Straße Menschen gefragt, ob sie schon einmal traurig waren und warum und ob/ warum sie schon einmal richtig glücklich gewesen sind. Es wurden Bilder zum Schwerpunkt „traurige Menschen, Tiere und Pflanzen“ gemalt, Bilderbücher mit dem Themenschwerpunkt „Abschied, Tod und Trauer“ angeschaut – und Vieles mehr – und erst dann (!) wurde ein Besuch im Vorhof des Konzentrationslagers unternommen, wo die Kinder auch einen großen Blumenstrauß in die Gedenkstätte brachten. (Anmerkung: es versteht sich von selbst, dass die Erzieherin den Kindern keine Fakten zu den Gräueltaten berichteten!) Wichtig: Hier hat es die Erzieherin in ganz hervorragender Weise verstanden, die Kinder sehr achtsam und langsam mit einer Lebensrealität in Verbindung zu bringen, die normalerweise in dieser Form nicht aufgenommen werden würde, obgleich es ein Interessenschwerpunkt der Kinder war. Wäre dieser Schwerpunkt nicht aufgenommen worden, wäre es ein Indiz dafür gewesen, dass die elementarpädagogische Fachkraft hier ihre Schwierigkeit im Umgang mit dieser Lebensfrage gehabt hätte und ihr Problem zu dem der Kinder gemacht worden wäre, indem sie dieses >Thema< als ein mögliches, entstehendes Projekt nicht weiter verfolgt hätte.      

Häufige Praxisprojekte setzen sich beispielsweise mit folgenden Schwerpunkten auseinander. Dabei stehen die Projektbezeichnungen als Überschrift stellvertretend für die vielen Einzelvorhaben/ -aktivitäten, die sich aus der gemeinsamen Vorhabensammlung ergeben:

  • Ängste haben – Ängste überwinden: was Angst macht und wie man wieder die Angst verlieren/ besiegen kann;
  • Mut macht stark: sich etwas trauen hilft dabei, immer fröhlicher zu werden;
  • Wie Traurigkeiten entstehen und wie man wieder glücklicher werden kann;
  • Freundschaften tun gut und Streitigkeiten machen einsam:
    warum es so wichtig ist, Freundinnen und Freunde zu haben;
  • Da muss auch mal der Ärger raus – wie Ärger wieder zur Ruhe kommt;
  • Krieg macht Angst – Frieden macht zufrieden;
  • Warum man unzufrieden ist und wie man für Zufriedenheit sorgen kann;
  • Ich bin ich und du bist du! Jedes Kind ist anders – was jeder kann und was an ihm besonders ist;
  • Wir Menschen sind ein Teil der Natur – was wir alle zu einer besseren Welt beitragen können;
  • Freude ist etwas Schönes: womit wir uns selbst und anderen Freude bereiten können;
  • Menschen, Pflanzen und Tiere in Not: Kleine Helfer:innen bewirken viel.

Abschlussgedanken

Wenn die vielzitierte und in vielen Konzeptionen enthaltene Aussage >Wir holen die Kinder ab, wo sie stehen’ tatsächlich zutreffen soll, ist es dringend angezeigt, dass sich Kindertageseinrichtungen von ihren ungezählten ‚Themenangeboten’ verabschieden. Diese sind in der Regel belehrende, primär kognitiv, sozial oder motorisch ausgerichtete Einzelangebote, um Teilleistungsförderungen bei Kindern zu erreichen. Dabei sind die Themen durch Außenerwartungen (wie von vielen Grundschulen oder Elternhäusern) initiiert, auf zukünftige Ziele programmiert, einem in Bildungsplänen aufgeführten Bildungskanon entnommen und durch elementarpädagogische Fachkräfte umgesetzt. Was daher vonnöten ist, zeigt sich auf folgenden Ebenen:

  1. Ausbildungsstätten für Erzieher:innen sollten auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Wissenschaftsfeldern der Lern- und Entwicklungspsychologie, der Neurobiologie sowie der Bildungswissenschaft von ihrer traditionsgeprägten Vorgehensweise Abschied nehmen, zukünftigen Erzieher:innen immer wieder aufs Neue einzuimpfen, die funktionsgeprägte und teilleistungsorientierte Lernzieltaxonomie als Grundlage der pädagogischen Angebotspädagogik anzuwenden. Hier ist eine Kehrtwende, hin zu einer kindorientierten Projektarbeit, dringend notwendig, um auch den wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
  2. Elementarpädagogische Fachkräfte haben ebenfalls die Aufgabe, wieder zu einer verstärkten Kindorientierung zurückzufinden, um gemeinsam mit Kindern – von Anfang an – spannende, lebendige, interessengeleitete und vor allem ganzheitlich vernetzte Projekte zu entwickeln, zu gestalten und prozessorientiert durchzuführen. Dazu bedarf es auf Seiten der elementarpädagogischen Fachkräfte einer ausgeprägten Neugier und eine intrinsisch gespürte Motivation, Pädagogik neu zu denken. Erzieher:innen, die sich in der Vergangenheit auf eine solche Projektarbeit eingelassen haben, berichten immer wieder mit sehr viel Freude, wie sich die Arbeit deutlich lebendiger, konstruktiver, spannender und entwicklungsförderlicher für Kinder  u n d  sie selbst weiterentwickelt hat und sie sich nicht mehr wie Domteur:innen vorkamen sondern zu einem stabilisierenden Teil eines Ganzen werden konnten. Wenn Kinder die >Akteure ihrer eigenen Entwicklung< werden sollen, ausgestattet mit einem hohen Maß an Selbstständigkeit, Autonomie, Selbststeuerungskompetenz, sozialer Verantwortung und Selbstbildungsinteresse, dann muss ihnen auch die Möglichkeit geboten werden, aus ihrer bisherigen Rollenzuweisung als ‚Reakteur:innen’ herauszukommen. Und genau dazu sind Projekte in ganz besonderem Maße geeignet.

Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz

Literaturhinweise:




Beobachtung und Dokumentation: Ansätze und Praxishilfen für die Kita

Fachbeiträge, Videos und Praxismaterial zum Download rund ums Thema

„Beobachtung ist die Grundlage für eine Pädagogik, in der das KIND und sein Recht auf eine möglichst förderliche Entwicklung im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Mit der Beobachtung fängt jede entwicklungsförderliche Pädagogik an und bildet den Grundstein (das Fundament) für wertschätzende Beziehungserlebnisse sowie begleitende Entwicklungsimpulse“, schreibt Prof. Armin Krenz in seinem Beitrag mit dem Titel „Kindliche Entwicklungsprozesse beobachten und dokumentieren“, den wir bei SPIELEN und LERNEN publiziert haben.

Damit dies einfacher gelingt, ist ein Konzept für die systematische Beobachtung in der Kita notwendig. Eine ganze Reihe von Arbeitshilfen und Instrumente können dabei sehr nützlich sein. Sehr gefragt ist unser Leitfaden zur Vorbereitung für Entwicklungsgespräche, den wir seit langer Zeit schon gratis zum Download anbieten. Bei unserer Internetrecherche ist uns vor allem der deutsche Bildungsserver aufgefallen. In der Rubrik „Entwicklungs- und Bildungsprozesse beobachten und dokumentieren“ finden sich zahlreiche Anregungen und Praxishilfen.

Ansätze und Konzepte

Für alle, die erst einmal einen groben Überblick zum Thema haben wollen, bietet sich das Video zum Thema „Bildungsdokumentation“ von „Schulen ans Netz e.V.“ an. Der kleine Film ist so einfach und eingängig, dass ihn auch Laien gut verstehen können. Mit einer Gesamtlänge von 3:56 Minuten ist er auch gut für einen Elternabend als Einstieg zum Thema geeignet:

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Unter den Ansätzen und Konzepten zur systematischen Beobachtung fanden wir vor allem den Beitrag zum Wahrnehmenden Beobachten stark. Die Website zu dem prozessorientierten Verfahren zur Beobachtung und Dokumentation bietet neben zahlreichen Downloads, etlichen Literaturtipps und Praxisbeispielen eine ganze Reihe Online-Vorträge, in denen Prof. Dr. Marjan Alemzadeh durch die vier praktischen Schritte des Wahrnehmenden Beobachtens führt.

Weitere spannende Beiträge finden sich etwa

Eine Vorlesung der Hochschule Hildesheim zum Thema „Kindheitspädagogische Beobachtung und Dokumentation“ von Prof. Dr. Peter Cloos ist auf Youtube zu sehen. Der Vortrag dauert etwa 75 Minuten:

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Ebenfalls von der Uni Hildesheim stammt auch das Buch Organisationsentwicklung in Kitas – Beispiele gelungener Praxis“ von Cindy Mieth. Das Buch lässt sich kostenlos als PDF downloaden.

Praktische Hilfen

Verschiedene Firmen bieten aktuell eine Fülle von Software zur Beobachtung und Dokumentation an. Da wir aber keine Möglichkeiten hatten, diese zu testen und wir uns zudem auf kostenfreie Angebote konzentrieren wollten, stellen wir hier keine kompletten Programme vor.

Vieles geht aber auch ohne PC. Und die beste Variante ist, wenn die Wahl Ihnen überlassen bleibt. Das ist etwa beim Kompik-Beobachtungsbogen der Fall. Mit Kompik können Sie die Entwicklung von Kita-Kindern im Alter von 3,5 bis 6,0 Jahren beobachten und dokumentieren. Das Programm lässt sich einfach herunterladen und installieren. Der Fragebogen kann auch ohne PC in Papierform ausgefüllt werden.

Das Netzwerk frühkindliche Entwicklung BIBER bietet einen guten Überblick mit praktischen Hilfen zur Bildungsdokumentation und Portfolioarbeit. „Um die Persönlichkeitsentwicklung bestmöglich zu fördern, wird das Kind – sein Verhalten, Spiel, Bewegung, Sprache – gezielt beobachtet. Diese Beobachtungen sind Grundlage für individuelle Förderschritte, die in der Bildungsdokumentation sichtbar gemacht und festgehalten werden“, beschreibt BIBER den Inhalt der Website.

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Rund um das „Bildungsbuch“ dreht sich alles auf der Seite der Gewerkschaft Bildung und Erziehung (GEW). Hier heißt es: „In nahezu allen Bildungsplänen für Kindertagesstätten wird verlangt, Bildung zu beobachten und zu dokumentieren. Aber wie lässt sich Bildung sichtbar machen? Ein Team von Pädagogen aus Praxis, Wissenschaft und Fort-/Weiterbildung geht seit Jahren dieser Frage nach und hat das Projekt ,Bildungsbuch‘ entwickelt, das zur Zeit in Kindertagesstätten praktiziert, weiterentwickelt und reflektiert wird.“ Daneben findet sich auf dem Bildungsserver auch „Das Übergangsbuch“ im PDF-Format. Hier dokumentieren Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte den Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Schule.

Ebenfalls auf dem Bildungsserver finden sich weitere Links etwa

Eine ganze Reihe weiterer Fachartikel hält auch „Das Kita-Handbuch“ bereit.

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Datenschutz

Wer viel dokumentiert, sollte auch auf den Danteschutz achten. In den Beispielen, die oben aufgeführt sind, finden sich dazu etliche Leitfäden und Hinweise. Wer es noch detaillierter wünscht, sollte sich die „Empfehlungen zum Datenschutz bei Bildungs- und Lerndokumentationen in Kindertagesstätten“ downloaden. Herausgegeben hat das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz die Empfehlungen. Sie dürften aber wohl für alle Bundesländer Geltung haben.

Weitere Fachbeiträge




Elternbeiträge: Wo Kitas am teuersten sind

Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft offenbart enorme Differenzen bei den Gebühren

Je jünger, desto teurer: Besonders für Kinder unter drei Jahren ist die Kita-Betreuung teuer, zeigen neue IW-Auswertungen. Die höchsten Gebühren erheben Bergisch Gladbach und Mülheim an der Ruhr für die Betreuung von einjährigen Kindern. In Mülheim an der Ruhr zahlen Gutverdiener für eine wöchentliche Betreuungszeit von 45 Stunden 1009 Euro, Bergisch Gladbach berechnet für 45 Stunden pro Woche einen Beitrag von 1.220 Euro. Doch auch für Menschen mit mittleren Einkommen kann die Kita zur finanziellen Belastung werden. Besonders teuer ist es für sie in Mannheim: Dort werden für eine tägliche, achtstündige Betreuung bei einem Brutto-Einkommen von 50.000 Euro monatlich 399 Euro fällig. Hinzu kommen Kosten für die Verpflegung und weitere Leistungen.

Gebühren von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich

Ob und wie viel Eltern zahlen müssen, hängt vor allem vom Wohnort, dem Alter, der Anzahl der Kinder, dem Betreuungsumfang sowie dem Einkommen ab. Die Kriterien unterscheiden sich jedoch nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern auch zwischen den Kommunen: So gibt es in den hessischen Großstädten keine Staffelung des Einkommens, in Reutlingen keine Differenzierung nach Alter, dafür unterscheiden einige Städte in Niedersachsen auch noch nach Art der Betreuungseinrichtung.

„Im Sinne einer Chancengleichheit wäre der Besuch von Kitas idealerweise bundesweit einheitlich geregelt und für alle Kinder in den letzten Jahren vor der Einschulung kostenlos. Dies ist aufgrund der aktuellen Haushaltslage der Länder und Kommunen aber nicht überall umsetzbar, da die Kostenfreiheit nicht zulasten der Qualität der Betreuung gehen darf“, erklärt Dr. Wido Geis-Thöne, Ökonom am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Hohe Beiträge müssen aber vermieden werden, da sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschweren.“ Familienpolitische Maßnahmen sind schließlich eine Investition in die Zukunft – nur mit funktionierender Betreuung können Eltern früh wieder arbeiten gehen und nur mit guter Betreuung werden Kinder optimal gefördert.

82 Großstädte im Vergleich

Methodik: Die Berechnung der Kitagebühren ist komplex und variiert von Bundesland zu Bundesland. Die Vielfalt dieser unterschiedlichen Ansätze erschwert einen Vergleich der Betreuungskosten für Familien mit mehreren Kindern. Aus diesem Grund konzentrieren sich die Auswertungen ausschließlich auf Familienkonstellationen mit nur einem Kind. Insgesamt wurden Gebührenverordnungen von 82 Großstädten mit derzeit über 100.000 Einwohnern berücksichtigt.

Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft




Kompetenz und Karriere: Berufliche Chancen durch Fort-, Weiter- und Zusatzausbildungen

Der Beruf „ErzieherIn“ als Basis für Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung

Vorbemerkung der Redaktion

„Zwei Drittel der pädagogisch Tätigen verfügten 2022 über einen einschlägigen Fachschulabschluss. Der Anteil dieser Personengruppe hat im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 und zwischen 2019 und 2022 um 2,3 Prozentpunkte abgenommen. Dies hängt jedoch nicht mit einem absoluten Rückgang der Anzahl dieser Personen im Feld zusammen. Vielmehr steigt die Anzahl von Personen mit Fachschulabschluss nach wie vor jedes Jahr an. Allerdings sind deren Zuwächse prozentual geringer als die der anderen Gruppen (u.a. Praktikantinnen und Praktikanten sowie Personen in Ausbildung)“, so steht es im aktuellen Monitoringbericht des Bundesfamilienministeriums.

Tatsächlich steigt die Zahl der Personen, die in einer Kindertageseinrichtung tätig sind stetig an. Im Frühjahr 2023 waren es laut Fachkräftebarometer 886.302 Personen. Das sind mehr als jemals zuvor. Allerdings steigt auch die Zahl der Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen. 2023 waren es 3.926.423; ebenfalls mehr als jemals zuvor. Dabei fehlen noch immer laut dem oben zitierten Monitoringbericht rund 430.000 Kita-Plätze.

Das sind nüchterne Zahlen, um eine schwierige Situation zu skizzieren, die allzu oft hochemotional behandelt wird. Doch alles Lamentieren hilft nicht viel. Trotz zahlreicher Bemühungen verbessert sich die Betreuungssituation nur sehr langsam. Und während sie an manchen Stellen und in einigen Regionen durchaus zufriedenstellend ist, offenbaren sich an anderen Stellen ungeheure Defizite.

Und es sind keine Propheten oder Zukunftsforscher notwendig, um zu prognostizieren, dass wir gemessen am aktuellen Bedarf niemals eine ausreichende Zahl an Betreuungskräften erreichen werden. Denn der Mangel an pädagogischen Fachkräften resultiert zu einem ordentlichen Anteil daraus, dass hierzulande in den vergangenen Jahrzehnten nicht genügend Menschen geboren wurden, die diese Aufgaben übernehmen könnten. Das lässt sich auch durch den Zuzug nicht auffangen.

Wenn aber schon nicht die Quantität erreicht werden kann, sollte zumindest die Qualität stimmen. Und angesichts dessen, dass immer mehr Arbeitskräfte als Seiten- und Quereinsteiger oder ganz ohne Ausbildung in der Betreuung tätig sind, sind Fort- und Weiterbildung notwendiger denn je. Doch auch für gestandene Fachkräfte sind Fort-, Weiter- und Zusatzausbildungen nicht weniger wichtig. Schon allein aus dem Grund, um der alltäglichen Tretmühle für einen Moment zu entkommen, Luft zu holen und den Blick wieder zu weiten.

Akuteller denn je, ist deshalb auch der folgende Artikel von Prof. Dr. Armin Krenz. Er beschreibt unter anderem, was Fortbildungen für Kompetenz und Karriere bedeuten:

„Beruf ErzieherIn“ – ein Klassiker im Arbeitsfeld des Kindergartens

Nicht selten stellen sich elementarpädagogische Fachkräfte durch erlebte Neuanforderungen, eine langjährige Berufstätigkeit oder eine zunehmende Berufsmüdigkeit die Frage, ob es für ErzieherInnen überhaupt berufliche Veränderungen oder gar Aufstiegschancen im Hinblick auf eine Karriere gibt. Viele sind der Meinung, diese Frage sei schon im Ansatz unberechtigt, überflüssig oder gar provokativ gestellt, erübrige sich die Antwort doch von selbst. Dennoch: bei einer sorgsamen, genaueren und intensiveren Betrachtung fällt die Antwort für manche Fachkraft vielleicht überraschend aus!

Ohne Frage stellen ErzieherIinnen die größte Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen dar – neben SozialassistentInnen, Kinderpfleger:innen und einigen (zunehmend mehr) Diplom-SozialpädagogInnen, Diplom-PädagogInnen und HeilpädagogInnen. Zwar gibt es auch Männer in dieser Frauendomäne – doch ist ihr Prozentsatz vergleichsweise verschwindend gering. Berichten beispielsweise ErzieherInnen von ihrem Berufsbild, wird ihnen von der Öffentlichkeit als erstes das Tätigkeitsfeld „Kindergarten“ oder „Vorschulpädagogin“ zugeordnet.

Auch wenn seit vielen Jahren das Berufsbild „ErzieherIn“ existiert, so wird auch heute noch häufig in der Öffentlichkeit synonym von „der Kindergärtnerin“ gesprochen – eine ebenso falsche und fachlich betrachtet ärgerliche wie unangemessene Berufsbezeichnung. Sie provoziert das Bild einer Tätigkeit, in der mit Kindern hauptsächlich am Tisch gebastelt wird, wo Papierfaltarbeiten auf der Tagesordnung stehen und vielleicht sogar noch gemeinsame Toilettengänge Praxis wären. Doch zeigt sich damit sehr deutlich die >gedankliche Verschmelzung< zwischen Beruf und Tätigkeit. Es darf an dieser Stelle kurz erwähnt werden, dass es dringend erforderlich ist, diesem Berufsklischee noch deutlicher und klarer durch Professionalität und offensiv gezeigte Kompetenzen im Rahmen einer qualitätsorientierten Öffentlichkeitsarbeit entgegen zu wirken. Dafür bieten einige der bekannten Qualitätsmanagementsysteme besonders gute Möglichkeiten an.


Viele kennen Prof. Dr. Armin Krenz als Begründer des „Situationsorientieren Ansatzes“; andere aus seinen zahlreichen Fortbildungen. Zu seinen Kernthemen gehören unter anderem die Förderung der Professionalität und der Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte. Bei Burckhardthaus sind dazu spannende Bücher erschienen.


Erst Berufung, dann Beruf und schließlich Job

Viele elementarpädagogische Fachkräfte haben im Laufe ihrer Berufstätigkeit immer wieder Höhen und Tiefen erlebt – sei es im alltäglichen Umgang mit Kindern oder Eltern, im Kollegium oder mit dem Träger. Dieses „auf und ab“ ist ein fester Bestandteil und gehört sicherlich vom Kern betrachtet zum normalen Spannungsfeld dieser verantwortungsvollen Tätigkeit dazu. Doch sind es aber auch objektive Umstände, die dazu beitragen (können), dass ErzieherInnen ihren Berufsalltag als äußerst anstrengend erfahren müssen. Unbestritten werden die Arbeitsbedingungen – und dies nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie – immer komplizierter und schwieriger.

Die finanziellen Mittel werden Jahr für Jahr gekürzt, die Gruppengröße wird aufgestockt, so genannte Springkräfte werden nicht mehr finanziert, frei gewordene Stellen werden entweder nicht mehr oder erst nach längerer Zeit mit Fachpersonal besetzt und Arbeitszeiten werden je nach den vorhandenen Haushaltsmitteln gekürzt oder verlängert, so dass persönliche und berufliche Lebensziele durcheinander geraten können. Dazu kommen neue Aufgaben, die erfüllt werden müssen und die im Rahmen der europaweiten Qualitäts- und Bildungsoffensive sicherlich ihre Berechtigung haben.

Allerdings stellt sich die Frage, mit welchem Zeitbudget und zu welchem Zeitpunkt diese zusätzlichen Anforderungen im Rahmen der bisherigen Tätigkeit tatsächlich geleistet werden können bei gleichzeitiger Kürzung bzw. völligem Wegfall einer arbeitsnotwendigen Vor- und Nachbereitungszeit. Da ist es schon verwunderlich und beachtenswert, wenn elementarpädagogische Fachkräfte wie Felsen in einer Brandung stehen und ihre Aufgaben fachkompetent zu meistern versuchen, doch in keinem Maße auch nur annähernd angemessen entlohnt, von vielen Eltern mit höchsten Erwartungen überfrachtet oder auch bei arbeitsintensiven Aktionen nicht selten alleine gelassen, von den Grundschulen mit unangemessenen Forderungen unter Druck gesetzt und von den eigenen Erwartungen an sich selbst immer wieder aufs Neue gefordert.

So kann schnell aus einem ursprünglichen >Traumberuf< ein >beruflicher Alptraum< werden und manches Mal wird in einem schleichenden Prozess die innerlich gespürte Berufung zu einem Routinejob. Eine Erzieherin hat es einmal so formuliert: „Ich fühle mich wie auf einer Rutsche, die mit Schmierseife beschichtet ist. Jeder Versuch, sich festzuhalten oder nach oben zu klettern wird durch immer neue Anforderungen oder irritierende Entscheidungen von oben zunichte gemacht. Was bleibt ist eine Illusion von damals und was vorherrscht ist Stress, Rastlosigkeit und eine zunehmende Mutlosigkeit.“

Auswege – Wege aus dem Aus

Viele elementarpädagogische Fachkräfte fragen sich am Ende eines Tages oder in den unterschiedlichen Situationen:

  • Wie haben Kinder den heutigen Tag mit mir erlebt?
  • Habe ich Kinder in ihren unterschiedlichen Ausdrucksformen verstanden und sie in ihren vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten aktiv unterstützt?
  • Habe ich die Kinder ernst genommen, konnte ich ihre wirklichen Anliegen spüren und erkennen?
  • Ist es mir gelungen, das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken?
  • Habe ich alle Kinder beachtet oder habe ich vielleicht bestimmte Kinder übersehen?
  • Konnten die Kinder wirklich zeigen, welche Fähigkeiten in ihnen stecken? Und war ich ihnen hilfreich, diesen Tag –wie auch die anderen Tage – als ein Geschenk des Kindergartens zu erleben?
  • Konnten Kinder ihre Fülle an Fantasie und Kreativität zum Ausdruck bringen und wie konnte ich mich darauf einlassen? War ich den Kindern gegenüber gerecht?
  • Habe ich am heutigen Tage etwas Wesentliches übersehen?
  • Gab es etwas, was ich heute falsch gemacht habe und in Zukunft dringend anders machen will?
  • Waren meine Kompetenzen ausreichend, um gesetzte Ziele zu erreichen?
  • In welchem Bereich muss ich dringend etwas dazu lernen, damit ich besser werden kann?
  • Kann bzw. will ich überhaupt die vielfältigen Ziele erreichen?
  • Muss ich mich selbst ständig hinterfragen und immer wieder auf Veränderungen einlassen?
  • Ja, ist der Beruf eigentlich noch mein Wunschberuf?

Mit diesen und vielen weiteren Fragen beginnt der Prozess der Selbstauseinandersetzung und gleichzeitig die Konfrontation mit sich selbst. Ohne Frage bieten sich in diesem Zusammenhang sehr unterschiedliche Möglichkeiten an, Antworten zu finden: sei es durch kollegiale Gespräche, durch ein Personal-Coaching, durch regelmäßige Einzel-, Gruppen- und Teamsupervision oder durch den Besuch von Fort- und Weiterbildungsseminaren. Das Entscheidende ist dabei immer, dass (!) diese und alle anderen Fragen einer Beantwortung bedürfen, um aus dem Grübeln herauszukommen. Andernfalls wird ein permanent schlechtes Gewissen oder eine vor sich ständig her geschobene Frage den Blick für gegenwärtige Aufgaben u n d die neuen Herausforderungen vernebeln, vielleicht sogar verstellen. Wie heißt es doch so treffend im Krisenmanagement: >Es gibt keine Probleme – es gibt nur Aufgaben<.

Fort-, Weiter- und Zusatzausbildungen: Wege aus der Krise

So kann es sein, dass durch den Besuch von Fort-, Weiter- oder Zusatzausbildungen ein effektiver und nachhaltiger Weg aus der Krise gefunden wird. Wenn Bildungsmaßnahmen auf der einen Seite dazu beitragen, die Professionalität im Beruf zu verbessern und auf der anderen Seite dabei helfen, die eigene persönliche und berufliche Identität zu stärken, ist der Kern einer Entwicklung getroffen. (Anmerkung: die Erweiterung der Professionalität – gemeint ist der Fachaspekt- und die Stabilisierung der eigenen Identität – sollten immer gleichzeitig Ziel, Aufgabe und Weg einer Bildungsmaßnahme sein, weil das eine ohne das andere nicht funktioniert!).

Im Allgemeinen wird von Fortbildungsmaßnahmen gesprochen, wenn es sich um zeitlich kleinere Bildungseinheiten handelt (von einem Tag bis zu ca. 5 Tagen). Weiterbildungen umfassen ca. 100- 250 Stunden, also ca. 13- 30 Tage und Zusatzausbildungen beziehen sich auf den Erwerb zusätzlicher Berufsqualifikationen – ihr Zeitumfang beträgt häufig zwischen 31 und 150 Ausbildungstagen- und enden mit einer Abschlussprüfung und einem Zertifikat. Fort- und Weiterbildungen dienen in der Regel der Verbesserung der bisherigen Arbeit. Zusatzausbildungen hingegen, die in Vollzeit- o d e r berufsbegleitender Form angeboten und durchgeführt werden, bieten nicht nur eine Legitimation für eine neue, zusätzliche Schwerpunktlegung, sondern eröffnen den Absolventen auch neue Wege für ihre Berufs- und Karriereplanung. Das kann vor allem für die elementarpädagogischen Fachkräfte von Bedeutung sein, die sich von ihrem bisherigen Tätigkeitsbereich verabschieden möchten und neue, andere Herausforderungen suchen.

Dabei sind einige Fragen und Überlegungen im Vorhinein von besonders ausschlaggebender Bedeutung:

  • In welchem Bereich liegen meine besonderen Begabungen?
  • Welches Aufgabenfeld bzw. welcher Arbeitsbereich interessiert mich dabei in höchstem Maße?
  • Was gehört genau zu den möglichen Tätigkeiten?
  • Welche Qualitäten und Begabungen sind dafür real erforderlich und wie „passen“ sie zu meiner Persönlichkeit?
  • Welche Fachkompetenzen und Qualifikationsnachweise sind dafür notwendig?
  • Auf welche Weise können und müssen die Begabungen im Hinblick auf das ausgewählte Aufgabenfeld perfektioniert werden?
  • Wie umfangreich ist eine solche Zusatzausbildung in Vollzeit- oder berufsbegleitender Form?
  • Welche Anbieter kommen in Frage, wie ist die Zusatzausbildung strukturiert und welchen Ruf haben die entsprechenden Anbieter in der Fachwelt?
  • Wie (unterschiedlich) hoch sind die Kosten für die Zusatzausbildung? Welche staatliche bzw. berufspolitische Anerkennung haben die Zusatzausbildungen?
  • Wie hoch ist der Bedarf an diesem Beruf und wie sehen zum jetzigen Zeitpunkt die späteren Berufschancen aus?
  • Wo/ bei wem finde ich ausreichende Informationsmöglichkeiten?
  • Will ich meinen neuen, angedachten Weg alleine planen und durchführen oder suche ich mir einen Begleiter (i.S. eines beruflichen Coachings?)

Es gibt weitaus mehr Möglichkeiten als gedacht

Schaut man sich im „Markt der Möglichkeiten“ einmal genauer um, ist es für viele elementarpädagogische Fachkräfte völlig überraschend festzustellen, wie umfangreich und vielfältig die Angebote für qualitätsorientierte Zusatzausbildungen in Deutschland sind. So reichen diese von Zusatzausbildungen in (heilpädagogischer) Musiktherapie, in Psychodrama oder Trauerbegleitung, Märchentherapie oder Medienpädagogik, Pantomime oder Zauberpädagogik, Theaterpädagogik oder personzentrierter Gesprächsführung, Sozialmanagement oder analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, Bioenergetik oder Gestaltpädagogik, Andragogik (Wissenschaft der Erwachsenenbildung) oder Sexualpädagogik und Sexualberatung, Motopädagogik oder Ergotherapeutik, Konfliktmanagement oder Coaching, Erziehungstherapeutik, Kinder- und Jugendtherapeutik, Kunsttherapie, Sprachtherapeutik oder Spielpädagogik.

Weiterhin gibt es Zusatzausbildungen in therapeutischem Puppenspiel, Tanztherapie, zur Spielleiterin von Theatergruppen, in Bibliodrama, sozialpädagogischer Familienhilfe, Konfliktmanagement, Trennungsberatung, Mediation, Familien-, Krisen- und Scheidungsberatung, pädagogischer und psychotherapeutischer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, als Familien- und Systemtherapeutin, in systemischer Beratung und zur Supervisorin, in Themenzentrierter Interaktion, pädagogischer Psychotherapie, Tanz- und Ausdruckstherapie, rhythmisch-musikalischer Erziehung, klientenzentrierter Spielpädagogik, Psychodramagruppentherapie mit Kindern, Kulturarbeit, Museumspädagogik, Erziehungspsychologie, wissenschaftlicher Schriftpsychologie, Ausdrucksmalen, Zusatzausbildung zur Leitung sozialer Institutionen, in integrativer Gestaltpädagogik, zur staatlich zugelassenen Psychologischen Beraterin, in sensorischer Integrationstherapie, in Religionspädagogik, zur Sozialwirtin, zur Heilpraktik für Psychotherapie (HPG) oder zum „Bachelor of Arts“ / „Master“ (als Hochschulabschluss).

Darüber hinaus gibt es weitere Zusatzausbildungen, die aber an dieser Stelle nicht alle genannt werden können. Schon alleine diese Übersicht macht deutlich, dass der Grundberuf „ErzieherIn“ die Basis für unzählige Möglichkeiten der beruflichen und personalen Weiterentwicklung bildet. Wer heute noch behauptet, dass ErzieherInnen kaum oder keine Aufstiegschancen haben, ist entweder völlig uniformiert und hat ein Interesse daran, elementarpädagogische Fachkräfte in einer möglichen Unkenntnis zu belassen. Ebenso interessant dürfte es für Erzieher/innen sein, dass beispielsweise durch das immer noch gültige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 3C 34.90 8 OVG A 5/88 vom 21.01.1993) auch Erzieher/innen mit entsprechender Zusatzausbildung die Möglichkeit offen steht, im Rahmen des Heilpraktikergesetzes (mit staatlicher Anerkennung) ins Arbeitsfeld Psychotherapie einzusteigen, wenn auch nicht mit Kassenzulassung bzw. Kassenabrechnung, so aber doch mit privater Abrechnungspraxis!

Fazit:

Wichtig ist vor allem, dass sich Interessentinnen für bestimmte Zusatzausbildungen fachkompetent und umfassend bei den anbietenden Institutionen oder anderen Ansprechpartnern informieren, um bestehende Vorurteile abzubauen und neue Erfahrungen/ Erkenntnisse sorgsam be-/auswerten. Ebenso wichtig ist es, dass elementarpädagogische Fachkräfte ihre eigenen Kompetenzen realistisch einschätzen und gleichzeitig ihre Entwicklungsmöglichkeiten ausloten, nutzen und erweitern. Neue Wege und innovative Berufs-/Karriereplanungen sind immer mit Mut, Engagement, Neugierde, fundiertem Wissen und gleichzeitigem Abschied von alten, eingeschlagenen Wegen und entwicklungshemmenden Verhaltensmustern verbunden. Das macht eine lebendige Persönlichkeits- und Berufsentwicklung aus. Und schließlich geht es immer um die rechtzeitige Planung von Zusatzausbildungen, um diese dann für die eigene Karriereplanung zur Verfügung zu haben, wenn eine professionelle, fachlich fundierte Weiterbildung/ Zusatzausbildung im betreffenden Arbeitsfeld oder auch ein Ausstieg aus der klassischen Elementarpädagogik ansteht.

Prof. h.c. Dr. h.c. Armin Krenz, Honorarprofessor i.R., Wissenschaftsdozent für Elementarpädagogik und Entwicklungspsychologie armin.krenz@web.de

Einen weiteren Artikel von Prof. Krenz zum Thema „Fortbildung zur Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung“ finden Sie hier.