Kitas brauchen eine radikale pädagogische Kehrtwendung zum KIND: BILDUNGSWENDE JETZT!

Eine Analyse der aktuellen Missstände in der frühkindlichen Bildung und Betreuung – warum Kinder, Eltern und Fachkräfte ohne eine grundlegende pädagogische Kehrtwende langfristig Schaden nehmen werden

Der Themenschwerpunkt hätte auch folgende Überschrift tragen können:

  • Mehr Kind! Mehr Persönlichkeit und weniger Formalismus/Dirigismus: BILDUNGSWENDE jetzt! Oder
  • Kinder müssen wieder Ausgangs- und Mittelpunkt der Pädagogik sein! BILDUNGSWENDE jetzt! Oder‘
  • Kinder brauchen Menschen, Spiel und Seelenproviant und keine didaktisierten Förderprogramme: BILDUNGSWENDE jetzt!

Wie schon in der Online-Zeitschrift „spielen + lernen“ (Ausgabe: 30.07.25) zu lesen war und wie alle Fachkräfte im Feld der Elementarpädagogik wissen – im Gegensatz zu vielen politischen Mandatsträger*innen, die sich lediglich nur mit wohlfeilen Worten und ohne persönlichen Praxisbezug zur überaus vielschichtigen Problemlage im Elementarbereich äußern –, hat sich die Realität in Kindertageseinrichtungen in den vergangenen Jahren weiter dramatisch verschärft – nicht nur für pädagogische Fachkräfte, sondern vor allem – neben den Eltern – für die Kinder selbst: und – wie wir wissen – dies mit dramatisch nachhaltigen Folgen für deren Entwicklung.

Wenn Kinderbedürfnisse im Bürokratiedschungel untergehen

Während der Ruf nach notwendigen, real vorhandenen Qualitätsstandards, einer Umsetzungsmöglichkeit für ein professionell tätiges Handeln im Erzieher*innenberuf und eine kindorientierte Konzeptionsumsetzung immer lauter wird, geraten die wirklich grundlegenden, lebensbedeutsamen und dringend notwendigen, entwicklungsunterstützenden Bedürfnisse von Kindern zunehmend ins Abseits einer gesetzlich geforderten Umsetzung des Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrags (SGB). Was jedes Kind, gerade in den ersten Lebensjahren, für eine förderliche Persönlichkeitsbildung unwidersprochen braucht – Beziehungsnähe, Bindungssicherheit, eine zuverlässige Begleitung der kindorientierten Tätigkeiten, Raum für Spiel und vielfältige Welterkundungsmöglichkeiten, Zeit zur Stabilisierung ihres Selbstwertgefühls (statt erwachsenengesteuerte, wirtschaftlich geprägte und zukunftsdefinierte Belehrungsprogramme), Erfahrungswerte eigener Selbstwirksamkeit und eine sozial-emotional geprägte, werteorientierte, inklusiv gestaltete Entwicklungswelt/Entwicklungsatmosphäre –, werden diese im Alltag immer wieder aufs Neue durch Bürokratie, vielfältigste Stressfaktoren, eine häufig dramatische Personalnot, einen ständig zunehmenden Bedarf an individualunterstützenden Hilfsangeboten für Kinder mit Verhaltensirritationen, eine fehlende realexistierende Teamarbeit, die es zumeist nur auf dem Papier gibt, und unsinnige, institutionelle Routinen und tradierte Gewohnheiten verdrängt.

Überlastete Fachkräfte, unerreichbare Eltern, sinkende Ausbildungsstandards

Viele Fachkräfte fühlen sich im Spannungsfeld zwischen einem fachlichen Anspruch, abgeleitet aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, und strukturellen, institutionellen und personellen Mangelsituationen zerrieben. Teams sind überlastet, und Vieles zerfällt in ein Einzelkämpfertum bei einer deutlichen Zunahme von ungelösten Teamkonflikten. Viele Eltern sind – aus unterschiedlichen Gründen – zunehmend schwer erreichbar, Ausbildungsstandards in vielen Fachschulen wurden abgesenkt und haben ein Niveau in einem unteren Level erreicht, und manche Quereinsteiger*innen – oftmals nur, wenn überhaupt, mit einer Minimalfortbildung ausgestattet – bringen nicht selten zusätzliche Unruhe in das Kollegium und vor allem in die Aufenthaltswelt der Kinder. Ja, gerade qualifiziertes Personal denkt sogar immer häufiger über einen Ausstieg aus dem Beruf nach. Das Ergebnis: Wir finden eine Pädagogik vor, die Kindern in ihrer sensiblen Entwicklungsphase weder Stabilität noch verlässliche Begleitung bieten kann – mit allen bekannten nachhaltigen Folgen für das kindliche Verhalten und damit auch für die gesellschaftliche Zukunft.

Eine Pädagogik ohne Halt – Kinder verlieren ihre Entwicklungsräume

Nötig ist daher eine „radikale pädagogische Kehrtwende zurück zum Kind“ – weg von einer überakademisierten, praxisfremden und wirtschaftspolitisch verursachten Anspruchswelt, die ohne Unterlass auf Erzieher*innen einzuwirken versucht, weg von ideologisch gesetzten Ansprüchen und Einflüssen, die sich in Form von ständig erscheinenden Förderprogrammen zeigen und häufig von Personen entwickelt wurden, die nicht aus dem (heil-)pädagogischen/entwicklungspsychologischen Berufsfeld kommen, und weg von funktional sowie teilheitlich geprägten Konzepten, die das Kind als ein „defizitäres Objekt“ klassifizieren und zum „Förderprojekt“ degradieren. Was ist daher nötig? Die Elementarpädagogik muss einen Weg finden, der zurück zu einer beziehungsorientierten, kindzentrierten Praxis führt.


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Spiel braucht Raum – Für eine kindgerechte Pädagogik

Das Spiel verliert in Kitas zunehmend an Bedeutung – durch Verhaltensauffälligkeiten, Inklusionsanforderungen, Bildungsdruck, Bürokratie und fachfremdes Personal. Dabei bleibt das Spiel zentral für die Selbstbildung und Entwicklung von Kindern. Diese Publikation fordert eine Rückbesinnung auf eine lebendige Spielpädagogik, die Kinder ins Zentrum stellt – gegen eine funktionalisierte Frühpädagogik.

176 Seiten, Softcover, DIN A5
ISBN: 978-3-96304-616-2
22 €

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Eine radikale Kehrtwende: Zurück zum Kind!

Zunächst sei erlaubt, ein paar FAKTEN wiederzugeben, die die Situation in der Elementarpädagogik auf den Punkt bringen:
Diese Fakten ergeben sich sowohl aus unterschiedlichen Berichten von praktisch tätigen Erzieherinnen und pädagogisch tätigen Personen aus verwandten Berufen und Leitungskräften aus allen 16 Bundesländern als auch aus vielfältigen Veranstaltungen, Coachings, Supervisionen, Qualitätsevaluationen, Fortbildungsveranstaltungen und aus Gesprächen mit Wissenschaftskolleginnen und aus allseits bekannten Untersuchungen.

Fakten, die nicht länger ignoriert werden dürfen

Was eine entwicklungsförderliche/entwicklungsunterstützende Elementarpädagogik einschränkt und damit eine Qualität immer stärker ins Abseits führt:

  1. Laut Bertelsmannstiftung vom August 2024 fehlen in Deutschland 97.000 vollbeschäftigte Fachkräfte (Kostenpunkt 5,8 Milliarden €), und in der aktuellen IW-Arbeitsmarktfortschreibung 2028 des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln ist im Feld des Erzieher*innenberufs mit dem stärksten Beschäftigungszuwachs aller untersuchten Berufsgruppen zu rechnen: plus 136.400 in 5 Jahren! Rechnerisch wird die Fachkräftelücke bis 2028 weiterhin auf rund 30.800 unbesetzte Stellen anwachsen. (Hier sei auf die Stellschraube Beruf der Elternteile/Mütter und Familie sowie auf die Vernetzung mit dem Arbeitsmarkt/der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland besonders hingewiesen.)
  2. Nach wie vor ist der Betreuungsschlüssel in Kitas vollkommen unbefriedigend. (EU-Empfehlung, schon seit Jahren: Krippe 1:3, Kita 1:7)
  3. Aufgrund des Fachkräftemangels nimmt die Zahl der Gruppenschließungen bis hin zu Kita-Schließungen ständig zu.
  4. Der vorgegebene Betreuungsschlüssel in der Gruppe muss eingehalten werden, ansonsten wird die Gruppe aktuell geschlossen. Dem hat zum Beispiel das Land NRW versucht entgegenzuwirken, indem vom Familienministerium eine mehr als berechtigt umstrittene Personalverordnung, die im Dezember 2024 in Kraft trat, Anwendung finden könnte: Laut dieser Personalverordnung ist es möglich, den Betreuungsschlüssel „zeitbegrenzt“ (Anmerkung: was das heißt, bleibt vollkommen offen) so zu senken, dass nur ein(e) Erzieherin (mit Unterstützung von vorhandenen Ergänzungskräften) für bis zu 60 Kinder anwesend ist (Anmerkung: Anwesenheit kann nur bedeuten, lediglich als „Dompteurin“ zu wirken! Eine Umsetzung des Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrags ist hierbei vollkommen ausgeschlossen und realitätsfern in höchstem Maße.) Laut einer Kleinen Anfrage der SPD-Landtagsfraktion gingen bis 7/2025 23 Anträge bei den Landesjugendämtern ein, wovon 16 Anträge genehmigt wurden. Und: nur 16 von mehr als 10.700 Kitas in NRW haben überhaupt von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
  5. Beschäftigte in der Kita-Pädagogik waren 2023 knapp 30 Tage/Jahr krankgeschrieben. Das entspricht einem Anstieg um 26 % zwischen den Jahren 2021 und 2023. Hauptursachen: 1. Atemwegserkrankungen, 2. psychische Erkrankungen (Bertelsmannstiftung). Dazu kommen Urlaubstage und Fortbildungstage.
  6. Fortbildungen, die berufsbegleitend wichtig sind und den Mitarbeiter*innen auch auf Grundlage der länderspezifischen Bildungsgesetze zustehen (!), können aufgrund der Personalknappheit gar nicht wahrgenommen werden und werden, wenn überhaupt, entsprechend selten von Trägern genehmigt.
  7. Aufgrund der häufig wechselnden Bezugserzieher*innen ist eine kontinuierliche, dringend notwendige und entwicklungsförderlich gegenwartsbezogene Bezugsperson nicht gegeben, und falls ja, wäre es für Kinder nahezu schon ein großer „Lottogewinn“.
  8. Die Unzufriedenheit und Fluktuation von Mitarbeiter*innen ist in vielen Kindertagesstätten sehr hoch und rasant steigend. Entsprechend ist eine deutliche Zunahme von Kündigungen festzustellen.
  9. Besonders bedenklich ist, dass vor allem auch langjährige, gut ausgebildete und besonders engagierte Fachkräfte immer häufiger kündigen und sich einer anderen Berufstätigkeit zuwenden oder ganz mit einer Berufstätigkeit aufhören!
  10. Eine Umsetzung von projektbezogenen Vorhaben und von konzeptionellen Inhalten kann kaum oder gar nicht realisiert werden.
  11. Statt einer nachhaltigen Bildungsarbeit, ausgerichtet auf die Selbstbildungspotenziale des Kindes, werden den Kindern fast ausschließlich funktionale, didaktisierte, zukunftsorientierte, von Erwachsenen ausgesuchte und den Kindern vorgelegte Bildungsangebote (eine sogenannte „Bildung aus II. Hand“ – siehe Prof. Dr. Gerd Schäfer –) vorgesetzt, in denen vor allem der „kognitive Bereich“ gefördert werden soll. Was für ein entwicklungspsychologisches und neurobiologisches Drama! Damit werden – das zeigen immer wieder neurobiologische und lernpsychologische Untersuchungen – Selbstlernprozesse und ein intrinsisches Neugierdeverhalten nicht nur behindert, sondern nachhaltig geschädigt.
    Erlaubt sei dazu ein Zitat von Heinrich von Kleist. Er schreibt: „Aber das Kind ist kein Wachs, das sich in Menschenhänden zu einer beliebigen Gestalt kneten lässt: Es lebt, es ist frei; es trägt ein unabhängiges und eigentümliches Vermögen der Entwicklung und das Muster aller innerlichen Gestaltung in sich.“ (in: Herbert Renz-Polster + Gerald Hüther: Wie Kinder heute wachsen. Weinheim 2013, S. 16)
    Kinder leben und lernen von Erfahrungen, die „unter die Haut gehen“, die sie aufgrund ihrer aktuellen Biografie emotional (!) berühren und die Kinder mit ihrer aktuellen, realen Lebenssituation verbinden können. Kinder sind auf der Suche nach Echtheit, Freiheitserlebnissen, Sinnlichkeit, Herausforderungen und erlebenswerten Abenteuern! Programme, von Erwachsenen vorgegeben, sind im Grunde genommen eine vorgegebene, wenn auch gut gemeinte Diktatur, die zur >Enteignung der Kindheit< führt. Wo Programme vorherrschen, sind Ziele festgesetzt, und schon geschieht eine Abkehr von der Gegenwart mit dem Ziel einer Vorbereitung auf die Zukunft. Die Psychologin und Pädagogin Anke Ballmann, Institutsgründerin von „Lernmeer – Institut für kindgerechte Pädagogik“, spricht von einem Würgegriff, dem sich Erzieher*innen durch die permanenten Programmanwendungen ebenso unterziehen wie die Kinder, an die dieser Würgegriff weitergegeben wird. Sie bezeichnet die Vielzahl der pädagogischen Programme als „adipöse Bildungspanikdrachen“, mit denen Kinder unaufhörlich gefüttert werden.
  12. Fachkräfte stehen unter einem permanenten Zeitdruck, der sich in der Folge entwicklungshinderlich auf Kinder auswirkt – ganz besonders problematisch ist es für Kinder im Krippenalter (mit irreparablen Folgeschäden) für die psychosoziale Entwicklung, wie verschiedene Untersuchungen aus dem Feld der Entwicklungspsychologie zeigen.
  13. Für wichtige, entspannte Elterngespräche „auf dem Flur“ („Tür- und Angelgespräche“) ist so gut wie keine Zeit (und müssten anschließend schriftlich dokumentiert werden, entweder als Prozess- oder Produktprotokoll!).
  14. Es besteht die permanente, sehr zeitaufwendige Pflicht, vielfältigste Umstände/Ereignisse schriftlich festzuhalten, was tagtäglich zulasten der pädagogischen Arbeit mit den Kindern geht. Diese vielfältigen bürokratischen und sehr viel Zeit in Anspruch nehmenden „Aufschreibepflichten“ stehlen den Kindern ENTWICKLUNGSZEIT.

Und dann gibt es weiterhin ungezählte Aspekte, die nicht zu verstehen sind. So zum Beispiel:

  1. Kühlschranktemperaturen müssten täglich geprüft, schriftlich festgehalten und Speiseproben aus Gründen der Gesundheitssicherung genommen/aufbewahrt werden. Anscheinend ist dies wichtiger, als ein trauriges Kind am Morgen emotional zu begleiten.
  2. Das Klettern auf einen Baum wird Kindern aus möglichen Unfallgründen untersagt, und unübersichtliche Strauchflächen im Außengelände werden gerodet. WAS SOLL DAS? Kinder brauchen auch Rückzugsorte, Flächen zum Budenbau, Orte zum Verstecken sowie jede Menge Bewegungsräume im Freien usw. usf. Hierzu ist anzumerken: Wenn Kinder zunehmend an einer Leine geführt werden, Risikoerfahrungen unterbunden werden, die Welt mit Warnungen und vielen Verboten versehen wird, dann erfahren sich Kinder als beschützte Reakteure und nicht als lebenserfahrene Gestalter*innen der Welt. Wir müssen auch in der Pädagogik begreifen: Ein Schutz vor Risiken und das Erlernen einer damit verbundenen Risikovermeidung stellt selbst ein außergewöhnliches Risiko dar! Ein aktivierter Airbag schützt nicht nur das Kind – er behindert es auch ständig in seiner Selbstwirksamkeit und Lebenserfahrung. Johann Heinrich Pestalozzi hat einmal gesagt: „Lass das Kind gehen und hören, finden und fallen, aufstehen und irren.“
  3. Bestimmte Pflanzen im Außengelände wie Brennnesseln (wichtig für die Eiablage vieler Schmetterlinge) oder Felsenbirnen werden wie Giftpflanzen eingestuft und vernichtet.
  4. Apfelbäume, ebenso andere Obstbäume, werden abgeholzt aufgrund von Wespenbesuchen, die sich am herabgefallenen Obst stärken wollen und Kinder stechen könnten. WARUM wird das Fallobst nicht aufgesammelt und genutzt? Wann lernen wir Menschen in der Pädagogik endlich, Tätigkeiten mit Kindern und nicht für Kinder zu machen?!
  5. Dann gibt es das Datenschutzgesetz: Es dürfen keine Fotos von Gesichtern der Kinder veröffentlicht werden. Ja, selbst auf Gruppenfotos werden Kindergesichter geschwärzt, sodass bei Fotobestellungen nur das Gesicht des eigenen Kindes zu erkennen ist! Eine Anmerkung sei dazu ohne Schnörkel ausgesprochen: Wie krank ist das, und wer hat sich einen solchen „Schwachsinn“ ausgedacht? Hier wurden und werden „Mücken zu Elefanten“ gemacht/aufgewertet und Einzelvorkommnisse zu Allgemeinregeln erhoben! Die Frage bleibt damit offen, warum nun nicht auch anhand der Unfallstatistik im Jahr 2024 (es gab pro Tag 6.883 polizeilich erfasste Unfälle in Deutschland) die Nutzung von Autos generell verboten wird.
  6. Es gibt zunehmend Eltern, die sich ständig bei „Prof. Google“ bedienen und meinen, sie seien die Top-Pädagogen, und machen es nicht selten pädagogischen Fachkräften mit professionellem Entscheidungshintergrund sehr schwer. WICHTIG: Es heißt KINDERGARTEN und nicht ELTERNGARTEN!
  7. Handyverbote stoßen bei pädagogischen Mitarbeiter*innen oftmals auf großes Unverständnis. WICHTIG: Handys haben während der Dienstzeit nichts in Kindergärten zu suchen. Die Zeit gehört den Kindern, nicht den eigenen Kommunikationswünschen.

Was Kinder wirklich brauchen – und was ihnen genommen wird

Es überrascht nicht, wenn Anette Stein, Kita-Expertin der Bertelsmannstiftung, zu folgendem Schluss kommt: (Zitat:) „An eine gute, frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung ist vielerorts gar nicht mehr zu denken!“

Und Prof. Dr. Rahel Dreyer (Alice Salomon Hochschule Berlin) kommt in einem Aufruf/Appell (gemeinsam mit 300 Wissenschaftler*innen) zu folgenden Aussagen: „Das System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) in Deutschland ist stark belastet und steht kurz vor dem Kollaps. /…/ Die aktuelle Situation widerspricht grundlegend kindlichen Grundbedürfnissen und Rechten von Kindern. Kinder brauchen stabile Bezugspersonen in verlässlichen Strukturen, die pädagogisch qualifiziert sind und passgenau auf die individuellen Bildungs- und Entwicklungsbedürfnisse und Bedarfe von Kindern eingehen können!“ (persönliche Anmerkung: Lassen Sie sich diese Aussage einer ausgewiesenen Expertin einmal auf der Zunge zergehen. Es ist ein Drama höchster Offenbarung.)

Ich frage mich: Wo bleiben die Freude, das Lachen und Strahlen in einer beziehungsgepflegten, professionellen Begleitung von Kindern im gemeinsamen Leben und Lernen im Rahmen einer so wichtigen, ganzheitlich orientierten Pädagogik und einer sozial-/gesellschaftspolitischen überaus wichtigen Aufgabenstellung?

Dr. Herbert Renz-Polster konstatiert dazu Folgendes mit einer Metapher: „Wir werden Menschen brauchen, die wie Bäume in echten Wäldern wachsen: mit dichtem Holz, guter Rinde, tiefen Wurzeln. Lebendige, widerstandsfähige, sozial kompetente, kreative Menschen. Menschen mit einem Fundament.“ (Wie Kinder heute wachsen. 2013, S. 103)

Programme statt Kindheit: Wenn Bildung zur Diktatur wird

Wie beschrieben, muss festgestellt werden: In der Elementarpädagogik brennt es an allen Ecken und Enden! So kann und darf es nicht weitergehen!!

In einer Studie von Prof. Dr. Johann Michael Gleich, Soziologieprofessor in Köln – befragt wurden 600 Erzieherinnen in Kindergärten und in Kindertagesstätten –, kam heraus, dass 60 % der Erzieherinnen mehr oder weniger mit dem Gedanken spielen, ihren Beruf aufzugeben. Häufiger Grund für die Frustration ist die psychische Belastung durch Verhaltensirritationen bei Kindern. Weitere Gründe sind die große Anzahl der zu betreuenden Kinder, der Erwartungsdruck der Eltern, die fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten, die schlechte Bezahlung und das geringe Ansehen in der Öffentlichkeit. Fast 10 % der befragten Erzieherinnen sind fest entschlossen zu einem Berufswechsel, 16 % beschäftigen sich sehr oft mit der Frage, 38 % ab und zu. 62 % der Erzieherinnen fühlen sich stark durch die Verhaltensirritationen bei Kindern belastet. Originalaussage von Prof. Gleich: „Die Entwicklung ist bedrückend, denn der Bedarf an qualifiziertem Personal wird steigen.“ Weiter heißt es: „Der Beruf der Erzieherin ist eine Art Indikator für ungleiche Lebenschancen ganzer Bevölkerungsteile, nämlich der Kinder und ihrer Familien. Man dürfe diese Frauen mit ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nicht alleine lassen.“

Meine Frage: Was glauben Sie, wann diese Studie publiziert wurde? /…/ Antwort: im Mai 1993. Meine 2. Frage: Und was hat sich in den nun folgenden 32 Jahren grundlegend geändert???

Dazu ein veröffentlichter Leserinnenbrief vom Februar 2025:
„Der Hilfeschrei einer Erzieherin“
(Oberbayerisches Volksblatt vom 1./2.02.2025, S. 3)

Die 35-jährige Miriam Schultz aus Putzbrunn (Landkreis München) ist seit 18 Jahren Erzieherin. Sie schrieb einen Brief an Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU): „Heute erlebe ich keinen Kindergartentag mehr, sondern versuche ihn zu überleben.“ Sie beobachtet mit Sorge, dass mehr und mehr Kolleginnen und Kollegen den Beruf wegen der Arbeitsbedingungen wechseln. Sie kennt in ihrem Umfeld zehn Personen, die den Beruf erlernt haben, „aber wegen der Arbeitsbedingungen nun etwas anderes machen“.

Nach ihrer Wahrnehmung werden die Berufsanfänger nicht auf den Alltag vorbereitet. „In Fachakademien wird ihnen der Berufsalltag rosarot erklärt; sie kommen mit falschen Erwartungen. Man müsste schon in der Ausbildung viel stärker auf die Alltagsprobleme eingehen.

„Wir haben kaum noch Kinder ohne Förderbedarf. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt viel mehr auf der Pflege als auf der Pädagogik. […] Wir haben in den Gruppen auch viele Migranten- und Flüchtlingskinder, die kaum Deutsch sprechen. […] Wir müssen zusätzlich beobachten und einen Fragebogen ausfüllen. Also wieder Formalitäten ohne Ende.“ […] Sie fordert in ihrem Brief auch eine Entlastung der Eltern: „Auf ihnen liegt ein wahnsinniger Druck.“ […] Auch der Medienkonsum der Kinder ist eine Katastrophe. „Sie können sich nicht lange konzentrieren, haben eine niedrige Frustrationstoleranz und keine Fantasie mehr. Wir als Kindergarten können mit der virtuellen Welt nicht mithalten. Das ist alles aufregend.“

Auf die Frage, wie lange sie ihren Alltag, so wie er ist, aushalten werde, antwortet Frau Schultz: „Das weiß ich nicht. Aber ich werde bestimmt nicht bis zur Rente in diesem Beruf bleiben.“


Starke Erzieher*innen für starke Kinder

Erzieherinnen prägen Kinder maßgeblich – neben Eltern sind sie zentrale Bezugspersonen im Entwicklungsprozess. Forschung zeigt: Auch familienfremde Beziehungen beeinflussen die Persönlichkeitsbildung. Dieses Buch beleuchtet das Berufsbild, betont Professionalität, Selbstreflexion und die Bedeutung der Erzieherinnen-Persönlichkeit für gelingende Bildungsprozesse.

Softcover, 176 Seiten, DIN A5
ISBN: 978-3-96304-615-5
22 €

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Was daher dringend erforderlich ist:

  • Eine konsequente Umsetzung einer Pädagogik, die von den Entwicklungsnotwendigkeiten der kindlichen Entwicklung ausgeht, und eine Pädagogik, die darauf verzichtet, mit ungezählten Etikettierungszuschreibungen Kinder zu klassifizieren! Als ein Beispiel von Hunderten sei nur mit einem Satz auf das weitverbreitete sogenannte ADHS-Kind eingegangen. In vielen Fällen liegt die Wurzel für ADHS (neben genetisch bedingten Faktoren) in entwicklungshinderlichen Lebensbedingungen in der frühen Kindheit, sodass ADHS häufig ein Passungsproblem ist – hier wurden bzw. werden dem Kind Verhaltensweisen abverlangt, die es von seiner Persönlichkeit und seinem Entwicklungsstand noch gar nicht leisten kann und sich emotional, sozial, kognitiv oder motorisch massiv überfordert fühlt. Das Problem wird dann in der Regel mit der Verabreichung bestimmter Medikamente zu lösen versucht, anstatt zu begreifen, dass im Fall nichtgenetischer Ursachen das soziale Umfeld nicht kindgerecht gestaltet ist! (vgl. Armstrong, Thomas: Das Märchen vom ADHS-Kind. Paderborn, 22. Aufl. 2002)
    Ein Hauptproblem in der entwicklungshinderlichen Pädagogik besteht offensichtlich darin, dass pädagogische Fachkräfte nicht mehr fühlen, wie es Kindern geht. Viele Fachkräfte unterliegen dem „Einstein-Hype“ und meinen, eine Entwicklungsförderung bestehe hauptsächlich darin, Kinder mit jeder Menge Synapsenfutter zu versorgen. Wenn auf Initiative einer Stiftung der Unternehmensberatung McKinsey & Co (in einer Vernetzung mit Wirtschaftsunternehmen wie beispielsweise der Dietmar-Hopp-Stiftung, Siemens Stiftung, Dieter-Schwarz-Stiftung, der Autostadt GmbH, der Bertelsmann-Stiftung und der Deutschen Telekom Stiftung) immer mehr Kitas als „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert wurden und weiterhin zertifiziert werden, bei denen „mathematische, naturwissenschaftliche oder technische Projekte“ im Vordergrund stehen, die die „Begeisterung für naturwissenschaftliche Phänomene und technische Fragestellungen wecken und langfristig zur Nachwuchssicherung der entsprechenden Berufsfelder beitragen“, verwundert es nicht, wenn Prof. Dr. Jürgen Kluge sich wie folgt äußert: „Bildung und damit HUMANKAPITAL ist die Voraussetzung für Innovation, Wachstum und Wohlstand. /…/ Beginnen wir mit dem Lernen ab der Geburt und nicht erst in der Schule.“ (Ziele der Initiative „Haus der kleinen Forscher“: http://www.haus-der-kleinen-forscher.de/de/ueberuns/die-stiftung/; aktuell: www.stiftung-kinder-forschen.de / Zitat Prof. Dr. Jürgen Kluge. In: Kita aktuell NRW, Nr. 01/2006, S. 13 ff.)
    Die Zielsetzung sowie die Haltung/Sichtweise von Kindern offenbart sich in ihrer ganzen Tiefe dadurch, wenn statt von Kindern vom „HUMANKAPITAL“ gesprochen wird.
  • Mitarbeiterinnen in Krippen und Kitas müssen ihr unterwürfiges Verhalten aufgeben, ihre Arbeit nach den Wünschen von Eltern zu gestalten: Pädagogik ist kein Schaulaufen wie beim Eistanz und Aerobicturnen, in der es eine A- und eine B-Note gibt. (Anmerkung: Prof. Helga Fischer, Fakultät der angewandten Sozialwissenschaften an der FH in Köln, kam einmal zu zwei überlegenswerten Aussagen in einem Vortrag. Dort sagte sie: „Das berufliche Selbstverständnis von Erzieherinnen ist geprägt von einer überhöhten Bereitschaft, möglichst allen Erwartungen, die an sie gerichtet werden, gerecht zu werden.“ Und: „Das berufliche Selbstbewusstsein der Erzieher*innen bleibt weit hinter der Bedeutung der tatsächlich geleisteten bzw. zu leistenden Arbeit zurück.“)
  • Ebenso wenig geht es um eine direkte Vorbereitung für die Grundschule und auch nicht um ständig neue Förderprogramme! Es geht in erster Linie um eine achtsame Beziehungspflege in einer gegenwartsorientierten Pädagogik unter erster Berücksichtigung der Kinderwelten mit deren Ideen, Interessen und Unterstützungshilfen! Daher steht an erster Stelle die Frage, wie es zuvorderst und mit der Beobachtungs-, Spiel-, Engagement- und Beziehungskompetenz sowie der Lern- und Entwicklungsbereitschaft der Fachkräfte aussieht. Oscar Wilde, ein irischer Schriftsteller, hat einmal gesagt: „Persönlichkeiten, nicht Grundsätze, bewegen das Zeitalter.“
  • Eine bessere Fachkraft/Kind-Relation (eine Forderung, die schon seit drei Jahrzehnten im Raum steht und klipp und klar von der EU definiert wurde!)
  • Zusätzliche Mittel für weitere Qualitätsverbesserungen (z. B. Raum-/Ausstattungsqualität; Gelder für ein naturnahes und abenteuerorientiertes Außengelände …)
  • Einen deutlich höheren Fortbildungsetat (ich kenne Kitas mit 12 Angestellten, die einen Gesamtfortbildungsetat von 420 € haben!)
  • Regelmäßige Supervisionssitzungen für Mitarbeiter*innen und Coachingssitzungen für Leitungskräfte
  • Einen radikalen Abbau von bürokratischen Aufgaben, die Leitungskräfte und Erzieher*innen zu leisten haben
  • Mehr Zeit für eine qualitätsorientierte Vor- und Nachbereitungszeit
  • Eine trägerunabhängige (!) – wissenschaftlich fundierte Fachberatung für Kita-Mitarbeiterinnen und keine trägergeleiteten Vollzugsbeamtinnen
  • Ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht bei der Einstellung neuer Mitarbeiter*innen
  • Ein Mitarbeits- und Mitentscheidungsrecht bei träger-, landes- und bundespolitischen Richtlinien/Gesetzen, wenn es um elementarpädagogische Grundsätze/Entscheidungen geht
  • Eine erhöhte Wachsamkeit seitens der Erzieherinnen gegenüber bildungspolitischen Strömungen, die immer wieder wie Pilze aus dem Boden schießen und zumeist bzw. zudem nur punktuelle Symptomaspekte in den Fokus nehmen (Beispiel: die von den Landesregierungen vorgesehenen Sprachstandserhebungen, bei denen es um ein Zusatzangebot an „Sprachförderung für Kinder“ geht, anstatt dass im Sinne einer ganzheitlichen Pädagogik auf eine gelebte, beziehungspflegende Sprach- und Umgangskultur Wert gelegt wird, die sich zuvorderst als ein Anspruch an Erzieherinnen richtet!)
  • Eine zunehmend und dringend notwendige Teamarbeit, bei der alle Mitarbeiter*innen an einer real vorhandenen Teamkultur mitarbeiten und Konflikte/Probleme offen angesprochen und nachhaltig gelöst werden
  • Ein sozial-politisches Interesse sowie ein berufspolitisches Engagement auf Seiten der Erzieherinnen, um damit auch an der öffentlich notwendigen Erhöhung der Wertigkeit des Erzieherinnenberufs mitzuwirken und auch der Politik klarzumachen: Wir lassen uns nicht wie eine Schafherde bestimmen, was wirtschaftlich und politische Mandatsträger uns vorgeben und von uns fordern, sondern wir sind eine starke Lobby, die sich für Kinder und deren Entwicklungsrechte einsetzt und damit auch für eine humane, demokratisch geprägte Gesellschaft eintritt.

Querverweis – auch für Folgeinstitutionen, von der Schule über die Berufsschule bis zur Universität

  1. So wie die Entwicklung kein Selbstläufer ist, so entwickelt sich auch kein Kind alleine aus sich selbst heraus! Der Mensch entwickelt sich immer auf der Basis von Beziehungen. Also entscheidet die empathische, zuverlässige und entwicklungsbegleitende Beziehungswelt über die Grundlage für eine Entwicklung: körperlich, kognitiv, seelisch, sozial und immunologisch.
  2. Das trifft für Menschen allen Alters zu, so auch in der Krippen-, Kita-, Schul-, Berufs- und Hochschul-/Universitätswelt.
  3. Lernende müssen daher – neben der Familie – in allen Einrichtungen, von der Krippe über die Schule, ihre Berufsausbildung bis zum Universitätsstudium die Möglichkeit haben, ihre Lernmöglichkeiten von Anfang an aktiv mitgestalten zu können.
  4. Die Lernfelder müssen Raum und Zeit zur Erforschung der Lernfelder bieten, verbunden mit der Freiheit, selbst Suchende und Mitgestalter*innen zu sein.
  5. Lernende müssen ihren Lernort als einen Sicherheit bietenden Ort, einen sicheren Hafen erleben, in dem sie Verbindungen und emotional positive Bezüge zu den „Mitlernenden“ (damit sind die sogenannten „Lehrenden“ gemeint) spüren können.
  6. Lernende brauchen auch basal strukturierte Lernorte, die auch unstrukturierte, offene Lernräume beinhalten, um kreative Erkundungsmöglichkeiten zu entdecken, Selbstorganisation vornehmen und damit Selbstwirksamkeit aufbauen zu können. Erwachsene „Lehrende“ müssen lernen, „Wildnis“ in ihren Köpfen zuzulassen.
  7. Lernende haben das Recht, dass sie als Persönlichkeiten von den „Lehrenden“ wahrgenommen werden.
  8. Lernende brauchen ein Partizipationsrecht, thematisch in Frage kommende Projekte von A–Z mitzuplanen und zu gestalten.
  9. Lernende müssen die Erfahrung machen dürfen, dass ihnen zugehört wird und dass auf ihre Vorschläge/Anmerkungen/Kritik eingegangen wird.
  10. Jeder „Lernstoff“ sollte sowohl mit praktischen Umsetzungsmöglichkeiten vertieft als auch durch theoretische Informationen belegt und verstanden werden können.
  11. Ausschlaggebend für alle Innovationen sind offen gehaltene, nur mit basalen Richtlinien erstellte Lehrpläne, die dann durch personen- und berufsmotivierte, engagierte, leidenschaftliche „Lehrende“ mit Grob- und Feinzielen spezifiziert werden können.

Abschlussgedanken

Kinder brauchen Persönlichkeiten, die sich durch Selbstbewusstsein, Leistungsfreude, Arbeitsmotivation, Kommunikationsfreude, Mut, Selbstfürsorge, Freude am Leben, Geduld, Verlässlichkeit, Zutrauen, sprachliche Kompetenz, Humor, Optimismus, Lernmotivation, Anstrengungsbereitschaft, Selbstreflexion und Perspektivziele auszeichnen.

Diese Persönlichkeiten sorgen für ein wertschätzendes, emotional warmes Beziehungsklima, eine fehlerfreundliche, Sicherheit vermittelnde Atmosphäre, eine positive Verstärkung bei Leistungsansätzen, für Klärungsimpulse bei Konfliktsituationen, für eine aktive Selbststeuerung, um Ziele zu erreichen. Sie sind wahrnehmungsoffen für neue Handlungsimpulse, orientieren sich an den Merkmalen einer Bildung aus I. Hand, sorgen für eine Selbstannahme der Kinder, legen Wert auf eine Kommunikation auf gleicher Augenhöhe, sind bewegungsaktiv (im Kopf und auch motorisch), realisieren eine partizipatorische Pädagogik, sind werte- und nicht normorientiert, sehen Probleme als spannende Handlungsherausforderungen an, denken und handeln inklusiv und zeigen jedweder Form von Kindeswohlgefährdung die „Rote Karte“. Sie legen großen Wert auf eine gepflegte Kommunikations-, Spiel-, Sprach- und Naturerlebniskultur (u. v. m.).

Ganz zum Schluss zwei Zitate:

Für alle Kinder
Möge ihnen die Liebe und Zuwendung
zuteilwerden, die sie verdienen.
In ihren Händen liegt die Zukunft dieser Welt.
Und für alle Erwachsenen, auf dass sie die Kinder
so behandeln, wie es ihnen gebührt,
denn sie können sich nicht wehren.
(Vorwort in: Franz, Andreas: Tod des Lehrers. München 2004, S. 5)

Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn Du ihn nicht gehst.
Wege entstehen, indem wir sie gehen.
Die vielen, zugewachsenen Wege von ungelebtem Leben überwuchert.
Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn Du ihn nicht gehst.
Es gibt einen Weg, einen Weg, der entsteht, wenn Du ihn gehst.
(Werner Sprenger)

Zum Themenschwerpunkt passende Literaturangaben

Armin Krenz:

  • Psychologie für Erzieherinnen und Erzieher. Grundlagen für die Praxis. Cornelsen Verlag Scriptor, Berlin/Düsseldorf/Mannheim, 3., erw. u. überarb. Aufl. 2017
  • Grundlagen der Elementarpädagogik. Unverzichtbare Eckwerte für eine professionell gestaltete Elementarpädagogik. Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, München 2014
  • Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik. Kinder sehen, verstehen und entwicklungsunterstützend handeln. Burckhardthaus-Laetare Verlag, Körner Medien UG, München 2014
  • Der Situationsorientierte Ansatz – auf einen Blick. Konkrete Praxishinweise zur Umsetzung. Burckhardthaus Verlag, Körner UG, München 2014
  • Armin Krenz / Frank Klein: Bildung durch Bindung. Frühpädagogik: inklusiv und beziehungsorientiert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2. Aufl. 2013
  • Elementarpädagogik aktuell. Die Entwicklung des Kindes professionell begleiten. Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, München 2013
  • Elementarpädagogik und Professionalität. Lebens- und Konfliktraum Kindergarten. Grundsätze zur Qualitätsverbesserung in Kindertagesstätten. Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, München 2013
  • Was Kinder brauchen. Aktive Entwicklungsbegleitung im Kindergarten. Cornelsen Verlag Scriptor, Berlin, 9. Aufl. 2018
  • Kindorientierte Elementarpädagogik. Frühe Bildung und Erziehung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010
  • Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht. 20 PowerPoint-Präsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen, Fachberatungen. Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, Freiburg, November 2022
  • Spiel und Selbstbildung. Kitas brauchen eine pädagogische Revolution. Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, Freiburg 2024
  • Berufsbild Erzieherin. Grundsatzgedanken zum Selbstverständnis eines sehr anspruchsvollen Berufs, Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, Freiburg 2024
  • Beobachtung und Entwicklungsdokumentation. Grundlagen – Praxisbeispiele – Beobachtungslisten – Dokumentationsmuster. Burckhardthaus Verlag, Körner Medien UG, Freiburg 2024
  • Pädagogische Haltung entwickeln und leben. Werte und Professionalität für pädagogische Fachkräfte. 50 Bildkarten für Erzieher*innen und Teams. Don Bosco Verlag, München 2025

Autor

Armin Krenz (Jg. 1952), Prof. h.c. Dr. h.c.
Er hat zuletzt viele Jahre als Honorarprofessor für Elementarpädagogik und Entwicklungspsychologie an europäischen und außereuropäischen Universitäten und Instituten gearbeitet, zugleich Leitungskräfte, Trägerverbände und Kita-Teams in Fragen zur Qualität beraten und supervidiert sowie Fachtagungen, Seminare und Vorträge mit Schwerpunktthemen zur pädagogischen Prozess- und professionellen Personqualität durchgeführt. Er ist Autor zahlreicher Buchpublikationen und Fachartikel sowie regelmäßiger Fachbuchrezensent.

Prof. Armin Krenz hat diesen Vortrag für eine Online-Veranstaltung von Bildungswende JETZT! und Kitafachkräfteverband NRW verfasst und gehalten. Weitere Informationen zur Arbeit von Bildungswende JETZT finden Sie hier: www.bildungswende-jetzt.de




Ganzheitliche Pädagogik – Modewort oder echtes Konzept

Eine tiefgreifende Analyse von Armin Krenz zeigt, was es bedeutet, Kinder in ihrer gesamten Persönlichkeit zu begleiten – jenseits von Förderprogrammen, normierten Bildungszielen und pädagogischen Modebegriffen.

Es gibt kaum einen pädagogischen Ansatz, der in seiner Beschreibung nicht darauf hinweist, dass ihm ein ganzheitliches Menschenbild zugrunde liegt. Und in fast jeder Einrichtungskonzeption oder im Leitbild nahezu aller sozialpädagogischer bzw. pflegeorientierter Einrichtungsträger ist der Satz zu lesen, dass die Grundlage der Arbeit in einem ganzheitlichen Personverständnis fußt.

So begegnet uns der Begriff Ganzheitlichkeit immer wieder auf vielfältige Weise. Ärzt*innen weisen auf ihre „Praxis für ganzheitliche Medizin“ hin, dann gibt es eine „Internationale Gesellschaft für ganzheitliche Zahnmedizin e.V.“. Kurkliniken nutzen in ihrer Beschreibung den Hinweis auf eine „ganzheitliche Behandlung“. Tierheilpraktiker*innen und Tierärzt*innen bieten eine „ganzheitliche Aromaheilkunde für Tiere“ an. Senioreneinrichtungen beschreiben in ihrer Selbstdarstellung, dass sie eine „ganzheitliche Alten- und Krankenpflege“ durchführen. In vielen Konzepten von heilpädagogischen Institutionen ist zu lesen, dass die „ganzheitliche Förderung der Kinder und Jugendlichen“ im Mittelpunkt steht. Und einige Ausbildungsstätten bieten eine Ausbildung zum „ganzheitlichen Gesundheitsberater“ oder in „ganzheitlicher Psychotherapie“ an.

In der lebendigen Natur geschieht nichts, was nicht in einer Verbindung mit dem Ganzen stehe.
(Johann Wolfgang von Goethe)

Betrachtung und Analyse

In diesem Zusammenhang darf, ja muss unter einer professionellen Betrachtungsanalyse die Frage gestellt werden, was sich eigentlich hinter diesem Wort Ganzheitlichkeit verbirgt, was damit genau gemeint ist (bzw. wird), ob das Wort „Ganzheitlichkeit“ nicht vielleicht in der Zwischenzeit nur zu einem geflügelten Wort geworden ist, das sich gut anhört und „up to date“ zu einem alltagsgebräuchlichen Attribut geworden ist, das aber vielleicht an seinem ursprünglichen Bedeutungswert an Aussagekraft verloren hat. So wie beispielsweise umgangssprachlich mit dem Begriff „Team(arbeit)“ umgegangen wird, obgleich bei einer sorgsamen Situationsanalyse der Kommunikations- und Interaktionskultur in vielen Kollegien von einer real existierenden Teamarbeit kaum etwas zu bemerken ist.

Denn eine Arbeitsgruppe bzw. ein Kollegium ist erst durch ganz besondere, sehr anspruchsvolle, nachhaltige und unverwechselbare Merkmale als Team zu bezeichnen! Werden dazu in Supervisionssitzungen, sogenannten Teambesprechungen oder im Rahmen einer Qualitätsevaluation dezidierte Alltagsbeobachtungen beobachtet bzw. anschließend thematisiert, kommen nicht selten Verhaltensmerkmale oder Verhaltensstrukturen einzelner Mitarbeiter*innen zum Vorschein, die mit den Verhaltensweisen eines Teammitgliedes unvereinbar sind. Begriffe und Realitäten stehen sich auch in der Pädagogik zunehmend widersprüchlich gegenüber!

So bedarf von Zeit zu Zeit jeder Begriff einer Überprüfung, einer tiefergehenden Betrachtung und Analyse, ob bzw. in welchem Maße und in welcher Ausprägung die unveränderlichen Kennzeichen eines Begriffehintergrundes tatsächlich vorhanden sind.

Der SINN wird verdunkelt, wenn man nur kleine fertige Ausschnitte des Daseins ins Auge fasst.
(Dschuang Dsi)

Annäherung an den Begriff „Ganzheitlichkeit“

Schon Plotin, ein antiker Philosoph (205 – 270 n. Chr.), hat auf die Gesamtheit und Untrennbarkeit von „Körper – Seele – Geist“ hingewiesen: „Die ganze Seele ist in jedem Teil des Körpers und ganz auch in seiner Gesamtheit.“ So kann bzw. muss der Mensch als ein System verstanden werden, dessen Anteile in einer permanenten Wechselwirkung miteinander verbunden sind. In dem Begriff „Ganzheitlichkeit“ steckt das Adjektiv „ganz“ und damit wird eine vollkommene VOLLSTÄNDIGKEIT erfasst. Hippokrates von Kos, griechischer Arzt und Lehrer in der Antike, hat schon zu seiner Zeit auf die Bedeutsamkeit einer zusammenhängenden Kontinuität hingewiesen, die sich nicht aus dem bloßen Aneinanderreihen von Funktionen, sondern aus dem gleichzeitigen Zusammenspiel der verschiedenen Anteile ergibt. Fühlen – Denken – Handeln, spüren – erfassen – begreifen, eine innerliche Resonanz erfahren – gedanklich beteiligt sein – erleben: immer geht es um eine gleichzeitige Verbindung der drei Anteile eines ganzen Systems.

Lernen mit Kopf, Herz und Hand

Besonders die Reformpädagogik, deren Anfänge schon im 17. und 18. Jahrhundert wirksam wurden, hat die hohe Bedeutung einer „ganzheitlichen Entwicklungsbegleitung von Kindern“ herausgestellt und darauf hingewiesen, dass nur durch reichhaltige sinnliche Erfahrungen ein ganzheitliches Lernen möglich sei. Als bekannteste Vertreter seien an dieser Stelle der Pädagoge Johann Amos Comenius (1592 – 1670), der Philosoph Jean-Jaques Rousseau (1712 – 1778) und der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827) benannt. Von ihm stammt der auch heute noch vielerorts bekannte und zitierte Spruch, dass es die Pädagogik schaffen muss, den Kindern ein „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ zu ermöglichen.

Die Naturwissenschaft bestätigt die pädagogischen und philosophischen Gedanken

Diese pädagogischen und philosophischen Gedanken und Ausführungen wurden schließlich durch vielfältige Forschungsergebnisse aus den Wissenschaftsfeldern der Neurowissenschaften, der Neurobiologie, Hirnforschung und Neuropsychologie untermauert. An dieser Stelle seien vor allem der italienische Neurophysiologie Giacomo Rizzolatti, der die Forschungsgruppe zum Thema Spiegelneuronen an der Universität Parma leitet, der portugiesisch-US-amerikanische Neurowissenschaftler António Rosa Domásio mit seinen Arbeiten zur Bewusstseinsforschung, der Hirnforscher, Philosoph und Biologe Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, der deutsche Neurobiologie Prof. Dr. Gerald Hüther mit dem Schwerpunkt „experimentelle Hirnforschung“ und der Universitätsprofessor Joachim Bauer mit dem Schwerpunkt Psychoneuroimmunologie genannt.

Damit ist die Erkenntnis fundiert und abgesichert, dass nur ein Lernen mit allen Sinnen entwicklungsförderlich und nachhaltig ist.

Kein einzelner Teil konnte entstehen als in diesem Ganzen, und dieses Ganze selbst besteht nur in der Wechselwirkung der Teile.
(Friedrich Schelling)

Ein ganzheitliches Lernen ergibt sich aus der Aufnahme von und der Beschäftigung mit resonanzwirkenden Informationen im Gehirn

Das menschliche Gehirn kann mit einer riesigen Datenautobahn, Raststätten, verbundenen Neben- und Ausweichstrecken verglichen werden, die unentwegt durch Außenreize über unsere Augen, Nase, Mund, Ohren und die Haut genutzt wird, wobei Nervenzellen (= Neuronen) per elektrischer Impulse die aufgenommenen Reize ans Gehirn weiterleitet. Dabei stehen dem menschlichen Gehirn ca. 100 Milliarden Neuronen zur Verfügung, wobei von den etwa zehn Millionen Informationen, die pro Sekunde an unser Gehirn weitergeleitet werden, nur ca. 20 Informationsanteile ins Bewusstsein gelangen. Der gigantische Rest wird dabei als unbrauchbar bewertet und verworfen oder findet unterbewusst seinen Ankerplatz.

Chemische Botenstoffe (= Neurotransmitter) sorgen für die Weiterleitung von einer Nervenzelle zur anderen, die emotional bedeutsame Impulsinformationen über elektrische Impulse an empfängervorgesehene Nervenzellen zur Speicherung weitersenden kann. Und diese emotional belegten, gespeicherten Impulse steuern das Verhalten aller Menschen. Bei allen bedeutsam erlebten Situationen, Erlebnissen und Ereignissen sind jeweils einige Millionen von Neuronen beteiligt, aktivieren oder blockieren im weiteren Verlauf Sinnesorgane, provozieren weitere Gefühle und führen den Menschen in entwicklungsförderliche oder -hinderliche Ausdrucksformen, je nachdem welches Primärgefühl im Erlebnisvordergrund steht.

Ganz sein, nicht fragmentiert in unseren Handlungen, im Leben, in jeder Art von Beziehung, das ist das eigentliche Wesen geistiger Gesundheit.
(Krishnamurti)

Immer wieder geschieht also ein permanent vernetzter Austausch zwischen unserer rechten und linken Hirnhälfte, die mit ihren jeweiligen Arealen vor allem für intuitive, kreative und visuelle Prozesse, eine authentische Körpersprache, Spontaneität, Neugierde, Raumempfinden, Musik, Emotionen und die Erfassung ganzheitlicher Zusammenhänge sowie für analytisches und logisches Denken, für mathematische Fähigkeiten und unser Sprach- und Sprechverhalten zuständig sind. Früher ordnete man der rechten und der linken Hirnhälfte klar definierte, isolierte Aufgaben und Zuständigkeiten zu – diese Sichtweise ist inzwischen nicht mehr haltbar. Vielmehr sprechen wir von Gehirnarealen, so genannten Gehirnlappen, die zwar in jeweiligen Hirnhälften liegen, sich dennoch immer wieder mit anderen Gehirnlappen – auch aus der gegenüberliegenden Hirnhälfte vernetzen und somit zu einem dualen (= zweiseitig) Ganzen werden.

Fazit: Je mehr das Primärgefühl Freude provoziert und aktiviert wird, desto vielfältiger und intensiver wird das Netzwerk neuronaler Schaltungen mit den beteiligten Bereichen emotional gesteuerte intrinsische Motivation – allseitiges Denken – motivationales Handeln und nachhaltiges Lernen aktiviert.

Ein weites Wissensspektrum, ein kausales, logisch fundiertes und innovatives Denken sowie ein sozial verträgliches Handeln gründen sich demnach auf bedeutsamen Sinneswahrnehmungen, so wie uns schon der Pädagoge Johann Amos Comenius auf diesen Umstand hingewiesen hat. Doch leider scheint dieser grundlegende Umstand immer mehr in Vergessenheit zu geraten, wie ungezählte Beispiele nicht nur in der Elementar-, Schul- und Berufspädagogik, sondern auch in der Ausbildung (sozial-/heil-) pädagogischer, pflegerischer oder medizinischer Kräfte dies immer häufiger und deutlicher zeigen.

In der Liebe zum Ganzen tritt das Individuelle in Erscheinung.
(Krishnamurti)

Entwicklung und Lernen erfassen das „ganze Kind“ und keine Einzelbereiche

Das Ziel – entsprechend dem Erziehungs- und Bildungsauftrag, wie es für elementarpädagogische Einrichtungen im Sozialgesetzbuch 8. Band, II. Halbband, § 22, Nr. 2/1 + 2/3 sowie § 22a, Nr. 3 gesetzlich vorgeschrieben ist, dafür zu sorgen, dass unter der Maxime des Förderauftrags Erziehung, Bildung und Betreuung die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu unterstützen ist und sich dieser Auftrag auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung bezieht, wobei sich die pädagogische und organisatorische Tagesgestaltung an den Bedürfnissen der Kinder und Eltern orientieren soll, entspricht damit in vollem Umfang einer ganzheitlichen Pädagogik.

Hier geht es um den Auf- und Ausbau von grundlegenden, nachhaltig bedeutsamen Fähigkeiten (in deutlicher Abgrenzung zu Fertigkeiten!), was eben nur dann von Erfolg gekrönt sein kann, wenn Bedürfnisse der Kinder und Eltern (hier geht es nicht um Wünsche von Kindern oder Eltern!) zum Ausgangspunkt der Arbeit herangezogen und in einer Tagesgestaltung in der Form integriert werden, dass sich die Organisationsstruktur der Tagesabläufe den Bedürfnissen der Kinder anpasst. Dies entspricht exakt den Erkenntnissen, die sich aus den vielfältigen neurobiologischen, neuropsychologischen, lernpsychologischen und bildungswissenschaftlichen Forschungsergebnissen ergeben.

Alle Lernprozesse werden im Menschen dann in optimaler sowie effektiver Form aktiviert und unterstützt, wenn das Kind einerseits möglichst viele annehmbare Sinneseindrücke erleben und aufnehmen kann, sowie andererseits immer wieder emotionale, motorische und kognitive Impulse eine Symbiose bilden, die ungetrennt gleichzeitig miteinander verbunden sind. Dabei gewonnene Informationen speichern sich im Gehirn nachhaltig ab und stehen nicht wie bei sinnunverbundenen oder fehlenden Erlebnisergänzungen nebeneinander, wodurch im „limbischen System“, das vor allem der Verarbeitung von Emotionen dient, eine Unordnung entstehen würde und dadurch das Stresshormon „Adrenalin“ hervorgerufen würde, was sich beim Kind in Unruhe, Bewegungsaktivität und einer mit der Zeit zunehmenden eingeschränkten Wahrnehmungsoffenheit ausdrückt.

Kinder lernen dann am besten, wenn ihre Interessen aufgegriffen werden und sie ihrer stets vorhandenen Neugierde und ihrer großen Entdeckerfreude nachgehen können, wenn sie sich als Forschende erleben und dabei von tief erlebten Sinneseindrücken bei gleichzeitiger Bewegungsfreude und einer Suche nach Erkenntnisgewinn erfüllt sind.

Es ist unmöglich, zu wahrer Individualität zu gelangen, ohne im Ganzen verwurzelt zu sein. Alles andere ist egozentrisch.
(David Bohm)


Bücher von Armin Krenz bei BurckhardtHaus


Warum ist eine ganzheitliche Pädagogik angebracht und daher unverzichtbar?

Wie schon zuvor, wenn auch nur kurz erwähnt, sprechen neurobiologische Untersuchungsergebnisse für eine stets resonanzerzeugende Kommunikations- und Interaktionskultur, in der sich Kinder in ihrer Gedanken- und Handlungswelt verstanden und angenommen fühlen.

Gleichzeitig sprechen entwicklungspsychologische Erkenntnisse und daraus abgeleitete Grundsätze eine deutliche Sprache, wie Selbstbildungsprozesse in Kindern aktiviert sowie aufrechterhalten werden und welche Ausgangssituationen es unumgänglich erforderlich machen, eine ganzheitliche Pädagogik zu realisieren.

So gelten nach wie vor folgende Entwicklungsgesetze, die die Grundlage für eine aktive, engagierte und damit für eine entwicklungsunterstützende Pädagogik bilden:

  1. Jedes Kind ist aktiv, will aktiv sein und hat das starke Bedürfnis, immer wieder aufs Neue ein „Bewirker“ in seinem Lebensumfeld zu sein.
  2. Kinder wollen etwas leisten, wollen persönlich gesetzte Ziele erreichen und wenden dabei ihre ganzen Kräfte an, um die Vorhaben in Gänze umzusetzen.
  3. Jedes Kind ist von einer großen Neugierde geprägt und fühlt sich daher als Weltentdecker. Unbekanntes will erforscht werden, neue Erkenntnisse wollen wiederholt erprobt und erlebt werden, Grenzen wollen immer wieder überschritten werden, um in neue Erlebnisbereiche eintauchen zu können.
  4. Kinder entscheiden sich für das, was für sie in diesem Augenblick von höchstem Interesse ist. Sie sind (ebenso wie Erwachsene) subjektiv selektiv, wählen bei ihren Interessen und ihren Handlungserfahrungen das aus, was für sie den höchsten Bedeutungswert hat und der sich aus ihrer Einschätzung lohnt, näher erforscht und betrachtet zu werden.
  5. Das Kind bestimmt seinen Entwicklungsverlauf aktiv mit. Sprach man früher von einer Entwicklungsprägung, die sich aus der Dualität (= Zweiseitigkeit) von „Anlage und Umwelt“ ergibt, wurde schon vor Jahren eine neue Ausgangssituation – die Trinität (= Dreiheitigkeit) der Entwicklung – konstatiert: der Mensch besitzt genetisch vorhandene Dispositionen (= bipolare Bereitschaften), gleichzeitig wirken Umfeldeinflüsse auf das Kind und (!) schließlich bestimmt der Mensch durch seine Selbststeuerungskräfte seinen Entwicklungsverlauf aktiv mit.
  6. Dadurch, dass es kein „idealtypisches Durchschnittskind“ (was lange Zeit als Vorstellungsbild in der Pädagogik und Psychologie z.B. als „Entwicklungsgitter“ existiert hat und in vielen Einrichtungen auch heute noch genutzt wird) gibt und bei Kindern gleichen Alters kein Entwicklungsmerkmal automatisch gleich ausgeprägt ist (= interindividuelle Individualität), ist dafür zu sorgen, dass nicht alle Kinder zum gleichen Zeitpunkt dieselbe Aufgabe nach gleichen Vorgaben und einer gleichen Ergebniserwartung zu erledigen haben.
  7. Eine gelingende Identitätsentwicklung verlangt eine gleichzeitige Reichhaltigkeit der Wahrnehmungs- und Erfahrungsmöglichkeiten im emotionalen, sensorischen, motorischen, ästhetischen, kommunikativen, sozialen und kognitiven Bereich in einer sicherheitsbietenden Atmosphäre.
  8. Bildung wird als ein aktiver Entfaltungsprozess des Kindes als Subjekt seiner Entwicklung verstanden, eingebettet in eine Auseinandersetzung mit inneren Bedürfnissen und äußeren Begleiterlebnissen, wobei das Kind die Möglichkeit hat, sich von inneren Ängsten und äußeren Zwängen zu befreien.
  9. Kinder entwickeln vor allem dann ein hohes Maß an Lernfreude, wenn sie sich als bedeutsam erleben können, wenn die Tagesaktivität für das Kind eine Alltagsbedeutung besitzt und wenn die vorhandene Entwicklungsatmosphäre entwicklungsmotivierend gestaltet ist. Diese drei Aspekte bilden eine Einheit und müssen stets in dieser Trinität miteinander vernetzt sein.
  10. Da Bildung in erster Linie aus einer Reihe von sinnlichen Erlebniserfahrungen besteht und erst in zweiter Linie unterschiedliche Erkenntnismöglichkeiten zulässt und mit sich bringt, entstehen Bildungsprozesse nicht durch kognitiv-sprachliche Informationsaussagen und auch nicht durch versachlichte Tätigkeitsangebote.
  11. Die psycho-soziale Gesundheit der sich entwickelnden Kinder verlangt eine kontinuierliche und feinfühlige Entwicklungsbegleitung – ganz besonders in den ersten drei Lebensjahren. Daher ist es von herausragender Bedeutung, dass Erwachsene den Kindern Sicherheit vermitteln und sie gleichzeitig vor verhaltensirritierende Stressoren schützen.
  12. Je sicherer sich ein Kind von (s)einer kontinuierlich vorhandenen (!) Bezugsperson angenommen und wertgeschätzt fühlt, desto ausgeprägter ist seine Aufnahmebereitschaft, sich mit einer gelösten Aufmerksamkeit und einem hohen Neugierdeverhalten einer vor ihm liegenden Aufgabe zuzuwenden.
  13. Kinder zeigen dann ein hohes Explorationsverhalten sowie sozial geprägte Beziehungen zu anderen Kindern, wenn Erwachsene sensibel und engagiert mit den Kindern kommunizieren und interagieren. 

Vor allem sorgen diese dreizehn Grundsätze für eine entwicklungsförderliche und nachhaltige Entwicklungsunterstützung des Kindes und bedürfen daher in ihrer Gesamtheit einer Berücksichtigung und einer konsequenten Aufnahme in die Alltagspädagogik, so dass eine ganzheitliche Pädagogik zur Realität wird und werden kann.

Legt man frühzeitig die Saat von Unsicherheit und Hemmung im Menschen aus, bedarf es später keiner Fesseln, ihm die Hände zu binden.

(Christiane Allert-Wybranietz)

Eine ganzheitliche Pädagogik grenzt sich deutlich von einer funktionsorientierten Förderpädagogik ab!

Ungezählte Beobachtungen in verschiedenen Kita-Einrichtungen und in den sechszehn Bundesländern und zusätzliche Berichte von vielen engagierten elementarpädagogischen Fachkräften zeigen in zunehmendem Maße, dass sich die Elementarpädagogik weiterhin immer stärker von einer ganzheitlichen Pädagogik entfernt. Dabei können ganz unterschiedliche Hintergründe und Auslöser eine Rolle spielen, die sowohl in einer mangelhaften bis ungenügenden Strukturqualität als auch in einer wenig kindorientierten Prozessqualität oder in einer unzureichenden Personqualität ihren Ursprung haben. Vor allem aber, um den bekannten Wissenschaftler und Kinderarzt, Dr. Herbert Renz-Polster zu zitieren, liegt der Hauptgrund für den permanent zunehmenden Verlust an Qualität wohl daran, dass es auch in der Elementarpädagogik „immer weniger um universelle Werte wie Liebe und Verständnis“ geht. „Vielmehr wird das Pferd mit klarem Blick nach vorn aufgezäumt – nach den Kompetenzerwartungen der Erwachsenen nämlich.“ (S. 14).

Woran liegt das? Für Renz-Polster ist der Grund nach ausreichenden und umfassenden Recherchen eindeutig:

„Seit den 1990er Jahren […] (wird) die kindliche Entwicklung immer stärker auf die Interessen des Wirtschaftsstandorts ausgerichtet. Dabei wird […] nicht das Kleid auf das Kind zugeschnitten, sondern das Kind auf das Kleid.“ (S.88). „Überspannte Erziehungs- und Bildungsziele wirken immer zerstörerisch auf die menschlichen Beziehungen – und damit auch auf die, deren Entwicklung auf Gedeih und Verderb auf funktionierenden Beziehungen beruht: die Kinder. […] (basierend auf dem Motiv), die Kinder zu gut geölten Funktionsgliedern der Gesellschaft zu machen.“ (S.209).  

Weiterhin heißt es: „Das Kind soll fit werden für den Wettbewerb“ (S.30), „Der auf Effizienz und Ertrag gerichtete neue Zeitgeist fordert jetzt auch das: die pädagogische Mästung von Anfang an“ (S. 31 und damit „sind jetzt die Erfahrungsräume der Kinder immer seltener natürlich, elementar und widerständig – sondern wohlgeordnet und für definierte didaktische Zwecke vorbereitet. Die Kindheit, so könnte man mit dem Soziologen Richard Münch sagen, wird nach und nach ‚zu einer Art totaler Besserungsanstalt‘ umgebaut,“ (S.66)

„Die Kindheit ist ein Persönlichkeitsrecht“ (S.232).

Und genau aus diesem Grund ist es notwendig, mit einer sehr deutlichen Klarheit auf die wesentlichen Merkmale einer ganzheitlichen Pädagogik hinzuweisen.    

Merkmale einer ganzheitlichen Pädagogik Merkmale einer funktionsorientierten Förderpädagogik
Sicherheit, Geborgenheit, ein Gefühl des Verstandenwerdens, ein persönliches Wertigkeitsempfinden, Angstfreiheit, ein Erleben von Freude und psychische und physische Gewaltfreiheit bilden die Grundlage für ein angenehmes Entwicklungsklima. Allzu schnell werden die für Kinder so bedeutsamen Grundbedürfnisse wie „ungeteilte (Spiel- und Aktivitäts-) zeiten“ durch Förderangebote unterbrochen, Ruheerlebnisse kaum ermöglicht und zugestanden, wobei gleichzeitig einem angenehmen Entwicklungsklima wenig Beachtung geschenkt wird. 
Die Fachkräfte gestalten ihre Arbeit auf der Grundlage eines aktuell vorhandenen Wissens aus den Bereichen der Neurobiologie, der Lernpsychologie, der Bildungs- und Bindungsforschung sowie der Entwicklungspsychologie. Die Fachkräfte gestalten ihre Arbeit auf der Grundlage ihres zurückliegenden Ausbildungswissens, persönlicher Vorlieben und alltagstheoretischer Annahmen sowie auf Basis von elterlichen oder trägerspezifischen Erwartungen.
Die Arbeitsschwerpunkte entstammen der gegenwärtigen Lebenswelt der Kinder. Die Beschäftigungsangebote leiten sich aus den länderspezifischen Bildungsrichtlinien ab.
Aktivitätsbedürfnisse und Interessen der Kinder werden zu Projekten gestaltet. Ausgewählte Bildungsbereiche werden Kindern im Kita-Alltag vorgegeben.
Im Vordergrund steht die Unterstützung der Selbstbildung des Kindes (= Bildung aus I. Hand). Kinder sollen durch Bildungsangebote mehr Bildung aufnehmen (= Bildung aus II. Hand).
Alltagsherausforderungen, mit denen Kinder konfrontiert sind, werden mit ihnen gemeinsam aufgegriffen und mit ihnen bewältigt. Alltagsherausforderungen, mit denen Kinder konfrontiert sind, werden entweder beiseitegeschoben oder für Kinder geregelt und gelöst.
Hier wird der Tagesablauf, die Alltagsgestaltung mit Kindern erlebt, wobei so viel wie möglich durch die Kinder selbst geschaffen wird.  Ein typisches Kennzeichen offenbart sich schon durch die häufig genutzte Formulierung: Unser Arbeitsauftrag bedeutet, nah am Kind zu sein.
Die Innen- und Außenräume bieten viele Erfahrungsmöglichkeiten zum Entdecken und Erforschen ihrer Lebenswelt. Die Innen- und Außenräume sind „genormt“, bieten wenig oder gar keine Erlebnis- und Entdeckungsmöglichkeiten.
Hier werden – soweit wie möglich und so oft wie möglich – Außenräume genutzt, um Kindern auch viele außerinstitutionelle Erfahrungs-, Wirkungs- und Bildungsorte nahezubringen. Die meiste Zeit verbringen die Fachkräfte mit den Kindern innerhalb der Kindertagesstätte, in den Funktions- oder Gruppenräumen und nutzen wenige Möglichkeiten, den Kindern Außenraumerfahrungen zu ermöglichen.
Fühlen, Denken, Handeln bilden eine Einheit im Kita-Alltag. Bildungsbereiche und -felder werden aufgeteilt in kognitive, motorische, soziale + emotionale Schwerpunkte.
Hier wird der Fokus auf die Entwicklung und Stärkung des Selbstwertgefühls, der emotionalen Intelligenz sowie der Empathie gerichtet. Der Fokus liegt vor allem auf einem Aufbau und einer Erweiterung der kognitiven Intelligenz sowie einer Soziabilität.
Hier stehen Projekte im Vordergrund der Pädagogik und keine themenorientierten Schwerpunkte. Hier stehen themenorientierte Schwerpunkte (mit Zeitbegrenzungen) im Vordergrund.
Sprachentwicklung geschieht durch eine sorgsame, alltagsgepflegte Kommunikationskultur – ebenso wie alle Bildungsfelder durch ein „concomitant learning“ (= ein Lernen nebenbei) in die Alltagsarbeit integriert werden. Die Förderung der Sprachentwicklung und die Bildungsvermittlung im Feld der MINT-Fächer werden den Kindern durch eigens dafür entwickelte Förderprogramme oder „Bildungseinheiten“ angeboten.
Hier gibt es weder eine „Vorschulpädagogik“ noch ein letztes „Vorschuljahr“; auch der Begriff der „Vorschulkinder“ ist hier nicht zu finden. Hier findet eine unsichtbare, aber vorhandene Trennung von ‚“spielen und lernen“ statt! Insofern werden „Vorschulprogramme“ mit „Vorschulkindern“ durchgeführt.
Im Vordergrund der Kita-Arbeit steht die „Unterstützung der Stärken der Kinder“ (= ressourcenorientierte Sicht). Ausgangspunkt der Bildungsangebote ist eine „Schwächung der Schwächen“ (= defizitäre Sicht).
Kinder werden in Entscheidungsprozesse miteinbezogen (Partizipation). Die Fachkräfte geben das Programm und damit die Beschäftigungsschwerpunkte vor.
Kinder werden als Akteure eigener Entwicklungsprozesse gesehen und lernen damit ihre Selbstständigkeits- und Autonomieentwicklung aufzubauen und zu stabilisieren.   Kinder entwickeln sich durch eine Angebotspädagogik zu Reakteuren und werden dadurch in ihrer Selbstständig-keits- und Autonomieentwicklung ausgebremst.
Die Fachkräfte verstehen sich als mitlernende Wegbegleiter*innen der Kinder. Die Fachkräfte verstehen sich als (be)lehrende Förderkräfte, die Kinder als „Lernobjekte“ ansehen.
Die Fachkräfte sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und arbeiten an ihrer authentischen Haltung. Die Fachkräfte delegieren ihre beabsichtigten Erziehungserfolge an Angebote und Förderprogramme.
Die Fachkräfte sehen Selbsterfahrung und Reflexionsaufgaben als bedeutsamste, persönlichkeitsbildende Fortbildungsnotwendigkeiten an, um persönliche Kompetenzen zu vertiefen.  Die Fachkräfte besuchen hauptsächlich methodisch und didaktisch konzipierte Fortbildungsmaßnahmen, um thematische Kompetenzen zu verbessern.
Die Fachkräfte bieten den Kindern durch ihre wertschätzenden Verhaltensweisen Beziehungsangebote an, durch die die Kinder Bindungswünsche aufbauen.  Die Fachkräfte verstehen sich als Vermittler*innen von Inhalten, die durch methodisch und didaktische Merkmale strukturiert sind.
Die Alltagspädagogik ist durch „(vor)gelebte Werte“ (ethische, ästhetische, kulturelle, künstlerische Werte) gekennzeichnet.  Die Alltagspädagogik ist hauptsächlich durch normative Vorgaben (Zeitbegrenzung; Raumvorgaben; Verhaltenshinweise…) gekennzeichnet.
Innerhalb der Projekte werden die verschiedenen Spielformen mit Kindern erlebt, wobei dem Spiel die höchste Priorität des Lernens zugestanden wird. Zwar wird dem „Spiel der Kinder“ eine gewisse Bedeutsamkeit zugesprochen, doch gleichzeitig erhalten zusätzliche „‚Fördereinheiten“ eine höhere Wertigkeit. 
Kinder werden als individuelle Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Stärken gesehen und verstanden. Kinder werden vor allem als Sozialisationsobjekte betrachtet, wodurch die Individualität des Kindes wenig Berücksichtigung findet.
Ein Hauptaugenmerk liegt in der Unterstützung des Kindes, seine inne liegenden Fähigkeiten weiter auf- und auszubauen. Das Hauptaugenmerk ist hauptsächlich darauf ausgerichtet, kognitive, motorische und soziale Fertigkeiten zu verbessern.
Musik, Tanz, Theaterspiel und der Einsatz von Märchen eröffnet den Kindern vielfältige Möglichkeiten, erlebte Eindruckswerte in Ausdruckswerte umzusetzen. In teilheitlich geprägten Kitas werden „Bewegungsaktivitäten“ eher in Bewegungsräumen ermöglicht und eher viel an Tischen gearbeitet, gebastelt und mit Tischregelspielen die Zeit verbracht.  
Inklusion ist hier kein Instrument, sondern eine humanistisch geprägte Philosophie, die der Haltung der Fachkräfte entspricht. Inklusion wird in der Regel als eine Integration von Kindern mit besonderem Förderbedarf in eine Regelgruppe mit gleichen Regeln für alle verstanden. 

Diese Gegenüberstellung soll als Reflexionsanregung und -hilfe dienen, um wieder als Fachkraft eine entwicklungspädagogische Bodenhaftung zu bekommen bzw. eine bereits vorhandene Bodenhaftung als Selbststärkung zu erleben.

(Anmerkung: Eine ganzheitliche Pädagogik umfasst dabei alle Merkmale als Ganzes, die auf der linken Spalte aufgeführt sind.)

Diejenigen, die aus einer inneren Vernunft denken, können erkennen, dass alle Dinge durch Verbindungsglieder miteinander zusammenhängen, und dass alles, was nicht im Zusammenhang steht, zerfällt.
(Emanuel Swedenborg)

Nachwort

Es ist sicher sehr hilfreich, sich noch einmal etwas ältere Literatur vorzunehmen, um sich in der Entwicklungspädagogik erneut auf die Entwicklungsbedürfnisse und -notwendigkeiten von Kindern einzulassen. Auch um der kaum noch zu überschauenden Literatur bzw. der Fülle an ständig neuen Förderprogrammen, die einer funktionsorientierten und teilheitlich konzipierten Elementarpädagogik den Einhalt zu gebieten. Dabei sind vor allem folgende Publikationen grundlegend und besonders empfehlenswert (und alle noch erhältlich!):

  • Bergmann, Wolfgang: Lasst eure Kinder in Ruhe! Gegen den Förderwahn der Erziehung. Verlag Kösel
  • Dolto, Francoise: MEIN LEBEN AUF DER SEITE DER KINDER. Eine ungewöhnliche Therapeutin erzählt. Kösel Verlag, München
  • Hauser, Uli: Eltern brauchen Grenzen. Lasst die Kinder Kinder sein. Piper Verlag, München
  • Hüther, Gerald & Nitsch, Cornelia: Wie aus Kindern glückliche Erwachsene werden. GRÄFE und UNZER Verlag, München
  • Krenz, Armin. Kinder brauchen Seelenproviant. Was wir ihnen für ein glückliches Leben mitgeben können. Kösel Verlag, München  
  • Lee, Jeffrey: Abenteuer für eine echte Kindheit. Die Anleitung. Piper
  • Lewis, Richard: Leben heißt Staunen. Von der imaginativen Kraft der Kindheit. Beltz Verlag, Weinheim
  • von Schönborn, Felizitas: Astrid Lindgren – Das Paradies der Kinder. Verlag Herder, Freiburg
  • Weber, Andreas: MEHR MATSCH! Kinder brauchen Natur. Ullstein Taschenbuch, Berlin
  • Weber, Andreas (mit Emma & Max): Das Quatsch Matschbuch. Das AKTIONSBUCH: großstadttauglich & baumhausgeprüft. Kösel Verlag, München

Es ist seltsam: Die Menschen klagen darüber, dass die Zeiten böse sind. Hört auf mit dem Klagen. Bessert euch selber. Denn nicht die Zeiten sind böse, sondern unser Tun. Und wir sind die Zeit.

(Aurelius Augustinus, Bischof und Kirchenlehrer, 354 – 430 n.Ch.)

Literaturhinweise:

Carter, Rita: Das Gehirn. Anatomie, Sinneswahrnehmung, Gedächtnis, Bewusstsein, Störungen. Verlag Dorling Kindersley, London 2019

Forstreuter, Hannelore: Was Kindertagesstätten für Kinder sein sollten… Praxisanleitung für eine ganzheitliche Bildungsarbeit. Books on Demand, Norderstedt 2025 

Gilsdorf, Rüdiger: Abenteuer Natur im Spiel. Eine Sammlung zum Erleben, Entdecken und gemeinsamen Lernen. Kallmeyer, Hannover 2023

Jackel, Birgit: Lernen, wie das Gehirn es mag. Praktische Lern- und Spielvorschläge für Kindergarten, Grundschule und Familie. VAK Verlag, Kirchzarten 2008

Ellneby, Ylva: Die Entwicklung der Sinne: Wahrnehmungsförderung im Kindergarten. 3. Aufl. Lambertus Verlag, Freiburg 2024

Kaul, Claus-Dieter: Die zehn Wünsche der Kinder. Ein ganzheitlicher Weg im Miteinander von Kindern und Erwachsenen. Brigg Verlag, Friedberg 2023

Klein, Ferdinand: Neue Herausforderungen der pädagogischen Fachkraft. Aus der Idee des Guten die Praxis in Kindertageseinrichtungen gestalten. Walhalla Fachverlag, Regensburg 2024  

Krenz, Armin: Entwicklungsorientierte Elementarpädagogik. Kinder sehen, verstehen und entwicklungsunterstützend handeln. BurckhardtHaus-Laetare, Freiburg 2013 

Liebertz, Charmaine: Spiele zum Ganzheitlichen Lernen. Bewegung, Wahrnehmung, Konzentration, Entspannung und Rhythmik in der Kindergruppe. BurckhardtHaus-Laetare, Freiburg 2014

Renz-Polster, Herbert: Die Kindheit ist unantastbar. Beltz Verlag, Weinheim 2014

Ungerer-Röhrich, Ulrike et al: Bildung durch Bewegung. Kita-Kinder ganzheitlich in ihrer Bewegung fördern. Cornelsen, Berlin 2015 

Zimmer, Renate: Handbuch Sinneswahrnehmung. Grundlagen einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung. Herder, Freiburg 2019

 Armin Krenz, Hon.-Prof. (a.D.) Dr. et Prof. h.c. (armin.krenz@web.de)




Sommerschule: Ausdrucksformen erkennen, verstehen und deuten können

Der Schulförderverein der Petri-Sekundarschule Schwanebeck lädt zur Sommerschule 2025 ein

Erneut ist es dem Schulförderverein der Petri-Sekundarschule Schwanebeck gelungen, eine Sommerschule in Aderstedt am Huy zu organisieren. Vom 30. bis 31. Mai 2025 findet in einem Event-Zelt auf der Wiese „Naturnaher Spiel- und Bewegungsraum am Hallerspring“ der Gemeinde in Sachsen-Anhalt eine Fortbildung für pädagogische Fachkräfte statt. In der Veranstaltung mit dem Titel „Ausdrucksformen erkennen, verstehen, deuten können und entwicklungsförderlich handeln“ soll den Teilnehmer*innen grundlegendes Handwerkszeug aus dem Bereich der psychoanalytisch fundierten Elementarpädagogik vermittelt werden. Sie sollen lernen, besondere Ausdrucksweisen von Kindern zu verstehen, fachkompetent deuten und somit professionell handeln zu können.

Damit entspricht diese Fortbildung den Ansprüchen des Bildungsprogramms von Sachsen Anhalt, eine nachhaltige und inklusive Pädagogik zu gestalten, die sich durch Qualität, Wissenschaftsorientierung und Fachlichkeit sowie Aktualität auszeichnet.

Referenten an beiden Tagen sind die Inklusionspädagogin Gisela Barg und der Honorarprofessor für Entwicklungspsychologie und Elementarpädagogik a.D. Prof. Dr. Armin Krenz.

Tagungsanschrift:

38838 Aderstedt am Huy „Naturnaher Spiel- und Bewegungsraum am Hallerspring“, Ernst-Thälmann-Platz 38.

Datum:

30. bis 31. Mai 2025:

Anmeldung:

Anmeldeschluss 1. Mai 2025. Anmeldung Online unter https://lets-meet.org/reg/06285813504cb59ff7

Für die zweitägige Veranstaltung ist eine Verpflegungspauschale in Höhe von 18 € an den Schulförderverein bis zum 1. Mai 2025 zu entrichten. Bankverbindung: Förderverein Petri-Sek., Kennwort: „Sommerschule“, IBAN DE46 8105 2000 0380 0632 98, BIC:NOLADE21HRZ




Merkmale einer guten Kita-Pädagogik – Qualität mit Haltung und Herz

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Armin Krenz zeigt, was gute frühkindliche Bildung heute wirklich ausmacht – und wie Werte, Beziehung und Reflexion den Kita-Alltag nachhaltig verändern

Was zeichnet eine wirklich gute Kita-Pädagogik aus – jenseits von Konzeptpapieren, Qualitätszertifikaten und methodischen Programmen?
Diese Frage steht im Mittelpunkt des neuen Praxisbuchs „Merkmale einer guten Kita-Pädagogik – Das Praxisbuch für Qualität in der frühen Bildung“ von Dr. Armin Krenz, einem der profiliertesten Experten für Elementarpädagogik im deutschsprachigen Raum.

Krenz beschreibt mit großer Erfahrung und eindringlicher Klarheit, worauf es in der frühen Bildung wirklich ankommt: auf Werteorientierung, Beziehungskompetenz, Achtsamkeit, Haltung und authentische Kommunikation. Er zeigt, dass Qualität in der Kita nicht aus Formularen, Evaluationsbögen und Zertifikaten entsteht, sondern aus dem inneren Selbstverständnis, dem Menschenbild und den gelebten Werten der Fachkräfte.

Das Buch richtet sich an alle, die in der Kita Verantwortung tragen – und unter zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen tagtäglich das Beste für die Kinder leisten. Krenz benennt die Realität ungeschminkt: Fachkräftemangel, Überlastung, Personalausfälle, Bürokratie und steigende Erwartungen von Eltern und Trägern führen vielerorts zu einer gefährlichen Erschöpfungsspirale. Gleichzeitig erinnert er daran, dass in dieser Situation genau die Qualitäten verloren zu gehen drohen, die eine gute Kita-Pädagogik eigentlich ausmachen: Zuwendung, Geduld, Verlässlichkeit, Wertebewusstsein und Menschlichkeit.

Der Autor verbindet wissenschaftlich fundierte Analysen mit praxisnahen Anregungen und Reflexionsfragen für Teams. Er zeigt auf, wie Werte und Haltung das Klima einer Einrichtung prägen und wie sie sich in alltäglichen Interaktionen mit Kindern, Eltern und Kolleg*innen widerspiegeln. Dabei unterscheidet er klar zwischen Normen, die Anpassung erzwingen, und Werten, die Entwicklung ermöglichen.

Zahlreiche Leitfragen regen zur Selbstreflexion an:

  • Welche Werte bestimmen unser pädagogisches Handeln?
  • Leben wir, was wir in unserer Konzeption formulieren?
  • Wie können wir Haltung, Achtsamkeit und Wertschätzung im Alltag sichtbar machen?
  • Was brauchen Kinder heute wirklich – und was brauchen Fachkräfte, um das leisten zu können?

Krenz plädiert für eine Rückbesinnung auf das, was Kinder stark, sicher und neugierig macht: eine Beziehungspädagogik, die das Kind als ganze Person wahrnimmt und begleitet. In diesem Sinne ist das Buch ein Plädoyer für eine Pädagogik der Haltung – und zugleich ein Mutmacher für alle, die sich Tag für Tag für Kinder engagieren, auch wenn die Bedingungen schwierig sind.

Mit großer Empathie und fachlicher Tiefe zeigt Armin Krenz, dass Qualität in der frühen Bildung nicht von außen gesteuert werden kann, sondern von innen wächst – aus einer klaren Wertebasis, einer reflektierten Persönlichkeit und einem echten Interesse am Kind.

Ein Standardwerk und Wegweiser für die Zukunft der Elementarpädagogik – inspirierend, fundiert und praxisnah zugleich.

Zielgruppen

  • Pädagogische Fachkräfte und Leitungskräfte in Krippe, Kita und Hort
  • Träger, Fachberatungen und Aus- bzw. Weiterbildungsinstitute
  • Dozent*innen, Studierende und Lehrende in der Frühpädagogik
  • Elterninitiativen, Fachjournalistinnen, Bildungspolitikerinnen

Verkaufsargumente

  • Hochaktuelles Thema: Qualität, Fachkräftemangel und Wertekrise in der Kita
  • Wissenschaftlich fundiert und praxisnah zugleich
  • Mit vielen Reflexionsfragen, Praxisbeispielen und Impulsen
  • Autor mit jahrzehntelanger Erfahrung in Lehre, Fortbildung und Qualitätsentwicklung
  • Ideal für Teamprozesse, Leitungsfortbildungen und Fachberatung

Armin Krenz, (Jg. 1952), Prof. h.c. Dr. h.c. hat zuletzt viele Jahre als Honorarprofessor für Elementarpädagogik und Entwicklungspsychologie an europäischen und außereuropäischen Universitäten  /  Instituten gearbeitet, zugleich Leitungskräfte  /  Trägerverbände  /  Kita-Teams in Fragen zur Qualität beraten  /  supervidiert sowie Fachtagungen  /  Seminare mit Schwerpunktthemen zur pädagogischen Prozess- und professionellen Personqualität durchgeführt. Er ist Autor vieler Buchpublikationen und Fachartikel sowie regelmäßiger Fachbücherrezensent.

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Armin Krenz:
Merkmale einer guten Kita-Pädagogik –
Das Praxisbuch für Qualität in der frühen Bildung
Was in Kitas oftmals vergessen, zurückgestellt oder außer Acht gelassen wird

256 Seiten
4-fbg Fotos und Abb.
14,8 x 21,0 cm
Warengruppe 2570
ISBN: 978-3-96304-620-9
25 € [D], 25,70 € [A]




Ganzheitliche Pädagogik verstehen – Wie Kinder nachhaltig wachsen

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Armin Krenz zeigt, wie Beziehung, Sinneserfahrung und Selbstbildung zu echter Entwicklung führen – ein Praxisleitfaden für Fachkräfte, Lehrkräfte und Eltern.

„Ganzheitlich“ – kaum ein Begriff wird in der Pädagogik so häufig verwendet und so wenig hinterfragt. Doch was bedeutet Ganzheitlichkeit tatsächlich? Und wie lässt sie sich in der Praxis leben?In seinem neuen Buch „Ganzheitliche Pädagogik verstehen und leben“ klärt Dr. Armin Krenz einen zentralen pädagogischen Begriff, der oft zur bloßen Formel verflacht ist, und führt ihn zurück zu seinem ursprünglichen Sinn: der untrennbaren Einheit von Körper, Geist, Emotion und Beziehung.Krenz zeigt – gestützt auf aktuelle neurowissenschaftliche, entwicklungspsychologische und bildungswissenschaftliche Erkenntnisse – warum Kinder nur dann nachhaltig lernen und sich gesund entwickeln, wenn ihre Sinnes-, Bewegungs- und Beziehungserfahrungen miteinander vernetzt sind. Ganzheitliche Pädagogik bedeutet, das Kind als fühlendes, denkendes und handelndes Subjekt ernst zu nehmen – und nicht als „Förderobjekt“ im Takt fremder Programme.

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Mit einer eindrucksvollen Verbindung aus wissenschaftlicher Tiefe und Praxisnähe legt Krenz dar:

  • Lernen geschieht über Beziehung, Sinneserfahrung und Eigenaktivität.
  • Emotionen sind die Basis kognitiver und sozialer Entwicklung.
  • Pädagogische Qualität entsteht aus Haltung, Empathie und Resonanz.
  • Ganzheitliche Förderung heißt: Lernen mit Kopf, Herz und Hand.

Dieses Buch ist ein Kompass für Fachkräfte, Lehrende und Eltern, die Pädagogik wieder als das verstehen möchten, was sie ist: eine Kunst der Beziehung und der Menschlichkeit.

Zielgruppen

  • Pädagogische Fachkräfte und Leitungsteams in Kita und Schule
  • Lehrkräfte und Studierende der Pädagogik und Frühpädagogik
  • Eltern und Familienberater*innen
  • Träger, Fachberatungen, Fortbildner*innen

Verkaufsargumente

  • Begründet, was „ganzheitliche Pädagogik“ wirklich bedeutet
  • Verbindung von Pädagogik, Psychologie, Neurowissenschaft und Praxis
  • Autor mit jahrzehntelanger Fortbildungserfahrung
  • Mit praxisnahen Reflexionsfragen, Beobachtungshinweisen und Beispielen
  • Ideal für Ausbildung, Teamarbeit und Fortbildung

Armin Krenz, (Jg. 1952), Prof. h.c. Dr. h.c. hat zuletzt viele Jahre als Honorarprofessor für Elementarpädagogik und Entwicklungspsychologie an europäischen und außereuropäischen Universitäten  /  Instituten gearbeitet, zugleich Leitungskräfte  /  Trägerverbände  /  Kita-Teams in Fragen zur Qualität beraten  /  supervidiert sowie Fachtagungen  /  Seminare mit Schwerpunktthemen zur pädagogischen Prozess- und professionellen Personqualität durchgeführt. Er ist Autor vieler Buchpublikationen und Fachartikel sowie regelmäßiger Fachbücherrezensent.

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Armin Krenz:
Ganzheitliche Pädagogik verstehen und leben

64 Seiten
4-fbg Fotos und Abb.
14,8 x 21,0 cm
ISBN: 978-3-96304-621-0
12 € [D], 12,40 € [A]




Entwicklung geschieht durch positiv erlebte Bindung

Grundsätze für eine qualitätsgeprägte Beobachtung – Beziehungen prägen das Verhalten von Kindern entscheidend mit

Kindheitsforschungen belegen: immer mehr Kinder reagieren gereizt, fühlen sich überfordert, besitzen wenig Belastbarkeit, sind unruhig oder inaktiv; reagieren mit Aggressivität auf subjektiv erlebte Überforderungen und wenden zunehmend Gewalt gegen Dinge und andere Personen an. Sie wollen Wünsche möglichst umgehend erfüllt bekommen und ­reagieren mit Wutausbrüchen, wenn Wunscherfüllungen versagt werden. Kinder haben vermehrt Herzrasen, Schlafstörungen, Magenbeschwerden und Kopfschmerzen; sie trauen nahezu niemandem und kritisieren jeden und alles, der bzw. was ihnen missfällt. Psychosomatische An-/Auffälligkeiten und immer frühere sowie intensivere Erfahrungen mit Suchtmitteln lassen besorgte Eltern und professionelle Fachkräfte aufhorchen und führen zu der Formulierung, dass viele Kinder in zunehmendem Maße „innerlich aussteigen“. Kinderärzt*innen, Psycholog*innen und (Elementar)Pädagog*innen schlagen Alarm. Kindheiten und Kindsein sind heute schon lange kein Kinderspiel mehr.

„Wer bringt dem Kind das Lachen bei? Die Sonne, die Blumen.

Wer bringt dem Kind das Singen bei? Die Vögel, wenn sie jubilieren.

Wer bringt dem Kind das Staunen bei? Alle Dinge, die es sieht.

Wer bringt dem Kind das Weinen bei? Die Menschen, wenn sie die Seele verletzen.

Nur eine Kinderseele ohne Narben kann herzlich lachen.“

(R. Timm)

Offensichtlich kommt es bei einer großen Anzahl von Kindern zu Irritationen im Bereich der personalen Identität und Stabilität

Wie entwicklungspsychologisch bekannt, steht bei Kindern zunächst der Auf- und Ausbau der Ich-Kompetenz im Vordergrund, geht es doch hier vor allem um das Verhältnis des Kindes zu sich selbst und um seine Möglichkeiten, sich unter dem besonderen Aspekt der eigenen Interessen und Möglichkeiten mit sich sowie seinem unmittelbaren Umfeld auseinanderzusetzen, zu entdecken, zu explorieren und bedeutsame Erfahrungen zu machen. Dieser Ich-Kompetenz wird eine grundlegende Bedeutung im Hinblick auf die Entwicklung einer Ich-Autonomie beigemessen, die dem Kind hilft, (Selbst)Vertrauen zu sich und zu seinem Handeln zu erlangen. Doch gleichzeitig zeigen o.g. Beobachtungen, dass es offensichtlich vielen Kindern immer schwerer fällt /gemacht wird, diese basale Entwicklung zu realisieren. Die Frage nach möglichen Hintergründen wird durch vielfach belegte Untersuchungsergebnisse offenbar: Entwicklung geschieht durch positiv erlebte Bindung und Erziehung ist Beziehung.

Diese sichere Bindung bzw. Beziehungsqualität scheint daher von immer weniger Kindern in ihrer ganzen Tiefe erlebt zu werden

Erinnern wir uns an die große Familientherapeutin Virginia Satir, die einmal sagte: „Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“

In der aktuellen entwicklungspsychologischen Forschung gehen viele Wissenschaftler*innen inzwischen davon aus, dass Kinder in zunehmendem Maße Entwicklungsunterbrechungen durch Beziehungsstörungen erleben/erlebt haben, die es ihnen nahezu unmöglich machen, so genannte Basisfähigkeiten aufzubauen. (Genannt seien hier vor allem die Bereiche Selbst-/Fremdwahrnehmungsbereitschaft, Wahrnehmungsdifferenzierung, Selbstannahme, Erleben von Personstärke, Öffnungsbereitschaft für Selbstexploration, Motivation zur Selbstentwicklung neu zu entdeckender Lernbereiche, Aktivitätsmotivation zum Stressabbau, Wertigkeitssensibilität, Gefühlsexploration, intrinsische Lernmotivation, konstruktives Konfliktmanagement). Inzwischen hat sich gezeigt, dass es so genannte „innere, automatisierte und autonom gesteuerte Entwicklungsabläufe“ im Hinblick auf den Aufbau von Fähigkeiten nicht gibt. Allerdings zeigen Beobachtungsergebnisse, dass spezifische Basisfähigkeiten in Verbindung mit einer qualitativ intensiven Grundbedürfnisbefriedigung durch erlebte Bindungen in sehr engen Vernetzungen stehen. Gleichzeitig ergeben sich Verhaltensirritationen spezifischer Art aus der Nichtbefriedigung bestimmter seelischer Grundbedürfnisse.

Werden nun Basisfähigkeiten als Aufbauprozess und entsprechende Fertigkeiten als Ausbauentwicklung verbunden betrachtet, fokussiert sich die notwendige Aufmerksamkeit – auch und gerade in der ELEMENTARPÄDAGOGIK – auf zwei Elemente. Zum einen muss die gesamte pädagogische Art und Weise, wie das Kommunikations- und Interaktionsgeschehen mit Kindern gestaltet wird und welche Schwerpunkte im pädagogischen Alltagsgeschehen umgesetzt werden, darauf ausgerichtet sein, dass Kinder in der täglichen Arbeit ihre Grundbedürfnisbefriedigung durch Bindungserfahrungen erleben (können). Zum anderen sind es aber auch bestimmte Verhaltensmerkmale der Erwachsenen, die notwendig sind, dem Anspruch einer bedürfnisgerechten Kommunikation in einer beziehungsgeprägten Interaktion und in bindungsnahen Erlebnissen gerecht zu werden.

Du hast mir das Lachen und die Freude gezeigt,

mich vom Stillstand befreit.

Du hast mir Geborgenheit und Sicherheit gegeben,

hast mir gezeigt,

wie es ist zu leben.

Du hast in mir Zuversicht, Hoffnung, Ziele und Staunen geweckt,

hast gemeinsam mit mir

die vielen, eigenen verborgenen Talente entdeckt.

Und dafür liebe ich Dich.

(AK in Anlehnung an Siegfried Maier)

So stehen jeweils bestimmte Vernetzungen in einer kindorientierten Elementarpädagogik im Mittelpunkt:

  • die Befriedigung basaler Grundbedürfnisse sorgt für einen Entwicklungsaufbau von spezifischen Fähigkeiten bei Kindern
  • Basisfähigkeiten führen zu spezifischen kognitiven/ emotionalen/ motorischen/ sozialen Fertigkeiten
  • fehlende Basisfähigkeiten führen zu spezifischen Verhaltensirritationen
  • und eine Grundbedürfnisbefriedigung verlangt nach bindungsintensiven und spezifischen Erwachsenenkompetenzen

Doch alles fängt mit einer Kenntnis und Befriedigung der GRUNDBEDÜRFNISSE von Kindern an. Diese können entwicklungspsychologisch als „tragende Entwicklungssäulen“ bezeichnet werden, die Kindern helfen, „Wurzeln“ für ihre Persönlichkeits- und Lebensentfaltung zu entwickeln.

Die 16 seelischen Grundbedürfnisse

Ihre Merkmalsbezeichnungen lauten:

  • Zeit mit bindungsnahen Menschen erleben, um sich selbst in den eigenen Entwicklungsmöglichkeiten wahrzunehmen und die Welt um sich herum zu entdecken;
  • Ruhe in der Entwicklung erfahren, um die Basisfähigkeit „Wahrnehmungsdifferenzierung“ aufbauen zu können;
  • Liebe i.S. einer personalen Annahme erleben, um ein Gefühl der Selbstannahme zu entwickeln und Empathie für die lebende und dingliche Welt aufzubauen;
  • Vertrauen durch andere spüren, um eigenen Stolz erleben zu dürfen und Leistungsbereitschaft zu entwickeln;
  • von Mitmenschen verstanden werden, um in den vielfältigen Lebenssituationen und Lebensherausforderungen immer wieder Kontakt zu sich selbst herzustellen und eine Mitverantwortung für Situationsverläufe zu entdecken;
  • Sicherheit durch Nähe und feste (Sinn bedeutsame) Regeln erfahren, um in einen nachhaltigen Prozess der Selbstentwicklung zu finden;
  • Bewegung ausdrücken können, um durch gezielte und bewusst gewählte motorische Aktivitäten Stress abzubauen und in eine gedankliche, emotionale und motorische Selbststeuerung kommen zu können;
  • Intimität und Geheimnisse bejahend zuerkannt bekommen, um zu erkennen, dass es im Ausdrucksverhalten eine „öffentliche“ und eine „private“ Person gibt, die es in der Außenwirkung zu differenzieren gilt;
  • Mitsprache erleben und umsetzen dürfen, um ein individuelles, persönliches Wertigkeitsempfinden zu entwickeln;
  • Erfahrungsräume erkunden können, und die Vielfalt der eigenen Entwicklungspotenziale zu entdecken;
  • Gefühle (Freude, Angst, Wut, Trauer, Scham) entdecken, erleben und zuordnen dürfen, und ihre Existenz zu akzeptieren und in die eigene Gefühlswelt bejahend zu integrieren;
  • die eigene Sexualität/ sexuelle Ausrichtung in vollem Umfang annehmen und in sich stabil integrieren, um sich in seinem Körper wohlzufühlen;
  • Gewaltfreiheit als ein besonders wichtiges „Lebensgut“ erfahren, um in den vielfältigen, Angst auslösenden Alltagssituationen immer stärker angstfrei handeln zu können;
  • Neugierde spüren, zulassen und praktisch umsetzen können, um sich und der Welt immer wieder aufs Neue lernmotiviert zu begegnen;
  • Optimismus durch andere erleben, gerade wenn sich im Kind ein Pessimismus auszubreiten droht sowie
  • Respekt bzw. Achtung in der erlebten Kommunikation erfahren, um Lebensherausforderungen als Lernchancen anzusehen und mit konstruktiven Gedanken und Handlungsweisen selbst schwierige Situationen anzunehmen und zu lösen wollen.

Es sind also primär strukturelle Bedingungen und personale Kompetenzen der Erwachsenen, die für eine persönlichkeitsförderliche und stark machende, ressourcenorientierte Entwicklung von Kindern sorgen.

Reflexions- und Planungsbogen

Es ist – aus professioneller Sicht – notwendig und – aus einem intrinsisch motiviertem, selbstreflektorischen Anspruch heraus – sicherlich hilfreich, sich einmal mit den folgenden Fragen auseinanderzusetzen. Dies kann in einer Eigenarbeit, aber auch gemeinsam im Kollegium geschehen.

Wichtig ist allerdings dabei, dass es bei der Auseinandersetzung mit den Fragen nicht um bloße Absichtserklärungen oder persönlich ausgesprochene Meinungen geht. Ist doch bekannt, dass Selbsteinschätzungswerte in der Regel weitaus positiver ausfallen als beobachtbare Fakten. Insofern geht es darum, jede Beantwortung der einzelnen Fragen mit vielen Beispielen aus Ihrem Erleben noch einmal zu aktualisieren und mit der heutigen „Praxis im Alltag“ zu belegen:

A) Auswirkungen angenehmer Ereignisse, Erlebnisse und Erfahrungen auf Ihre heutige Lebensgestaltung

  • Denken Sie bitte an Ihre Kinder(garten)-/Schulzeit: Was zeichneten die Personen aus, denen Sie eine hohe Bedeutung beigemessen haben, die Ihnen viel bedeutet haben? Und warum war das Ihrer Einschätzung nach so?
  • Wodurch zeichneten sich diese Personen besonders aus? Welche Persönlichkeitsmerkmale haben Sie tief beeindruckt und hatten auf diese Weise für Sie einen besonders hohen Bedeutungswert?
  • Was glauben Sie, haben diese als besonders angenehm erlebten Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen für eine Auswirkung auf Ihre damals stattgefundene und erlebte Biografie? Und welche Entwicklungsvorgänge haben diese Erlebnisse in Ihnen hervorgerufen?
  • Welche eigenen Persönlichkeitsmerkmale haben sich durch diese Erlebnisse bis heute in Ihnen erhalten?

B) Wie schätzen Sie das „soziale Klima“ in Ihrer Einrichtung ein?

  • im Kollegium, auch abhängig von Ihrer Haltung und Ihren konkreten Verhaltensweisen?
  • in der Kindergruppe, auch abhängig von Ihrer Haltung und Ihren konkreten Verhaltensweisen?
  • in der Beziehung zwischen Ihnen und den Kindern, auch abhängig von Ihrer Haltung und der Art und Weise Ihres Kommunikations- und Interaktionsverhaltens?

C) Was tragen Sie als Fachkraft im Alltagsgeschehen zum Auf-/Ausbau der personalen Ressourcen der Kinder bei (selbstwertschätzendes Erleben der Kinder)?

D) Wie verhindern Sie als Fachkraft im pädagogischen Alltag die Entstehung/ Festigung von Vulnerabilitäten (selbstwertschädigendes Erleben) der Kinder untereinander. Bzw. was tragen Sie in welcher Form dazu bei, dass Konflikte im Kollegium geklärt werden?

E) Was unternehmen Sie konkret, um

  • die Selbstwahrnehmung der Kinder im Alltag auf-/auszubauen?
  • die Erlebnisse einer Selbstwirksamkeit der Kinder auf-/auszubauen?
  • den Stressabbau der Kinder im Alltag aktiv zu unterstützen?
  • Problemlösungen mit Kindern zu suchen, zu entdecken und zu erleben anstatt ihnen Problemlösungen in direktiver Form vorzugeben?
  • die Partizipation der Kinder in der Einrichtung auf den unterschiedlichsten Ebenen zu aktivieren?
  • das Gefühl der Gruppen- und Einrichtungszugehörigkeit der Kinder und der Kolleg*innen aufzubauen und zu stabilisieren?

Zusammenfassung

Beobachtungen in der (elementar)pädagogischen Praxis haben nur dann eine fachliche Berechtigung, wenn sie systematisch vorbereitet, strukturiert und aufgabenorientiert gemacht sowie zielorientiert ausgewertet werden. Je nach ihrer Aufgabenstellung richtet sich eine Beobachtung punktgenau auf die entsprechende Fragestellung aus. Dann kann ein Beobachtungsergebnis mit dem formulierten Ziel in eine Deckungsgleichheit gebracht werden.

Ausgangspunkt für eine Beobachtung ist unsere Wahrnehmung, die allerdings immer subjektiv geprägt ist. Hier fallen persönliche Einstellungen, Sichtweisen, Vorlieben, Abneigungen, Werte und Normen ins Gewicht. Umso bedeutsamer ist es, diese „Beobachtungsfallen“ und „Beurteilungsverschiebungen“ zu bemerken. Sonst werden persönlich geprägte Wahrnehmungs-, Beobachtungs- und Beurteilungsabsichten in den Vordergrund gerückt. Erst wenn eine Beobachtung weitgehend frei von diesen intrapersonalen Aspekten ist, kann es gelingen,

  • sich selbst immer besser zu verstehen und den Zusammenhang von den biografischen Erlebnissen, Eindrücken und Erfahrungen zu entdecken,
  • ein Kind dort mit seinen Interessen und entwicklungspädagogischen Bedürfnissen abzuholen, wo es entwicklungspsychologisch steht,
  • auch die eigene Verantwortung für eine gelingende Zusammenarbeit im Kollegium anzunehmen und entsprechend teamförderlich zu handeln.

Diesen Beitrag haben wir folgendem Buch entnommen:

Krenz, Armin

Beobachtung und Entwicklungsdokumentation

Grundlagen – Praxisbeispiele – Beobachtungslisten – Dokumentationsmuster

Burckhardthaus

25,00 € (inkl. MwSt.)

Eigens für dieses Buch wurde die Website www.beobachten-und-dokumentieren.de eingerichtet, auf der sich die Formulare zum Download befinden. Das Buch richtet sich sowohl an Studierende der Sozial- und Heilpädagogik als auch an Erzieher*innen/Kindheitspädagog*innen, die schon im Beruf stehen.




Qualität in der Kita ist unverzichtbar

kita krenz

Qualitätsorientierung in der Kita seit 1998 stärker im Fokus – mit PowerPoint Präsentation für Teamsitzungen im Anhang

Im Jahre 1998 fand die erste empirische Studie – durch die Freie ­Universität Berlin – zur Erziehungsqualität in Kindergärten statt und diese kam zu dem Ergebnis, dass mehr als zwei Drittel der Kindergärten eine lediglich mittelmäßige Qualität und sogar zwei Prozent eine sehr schlechte Qualität aufwiesen. Damit war der Startschuss in Gang gesetzt, dass der Bereich Qualität in Kindertageseinrichtungen immer stärker in den Fokus rückte und sich alle Kinder­tages­stätten in den Folgejahren mit den Fragen einer Qualitätsorientierung auseinandersetzen mussten. Viele Kindheits­pädagog:innen erlebten diese Herausforderung als eine anspruchsvolle, umfangreiche und zusätzliche Aufgabe. Doch gleichzeitig erkannten engagierte Kindheitspädagog:innen auch, dass es offensichtlich notwendig war, sich den unterschiedlichen und vielfältigen Fragen zu stellen, um den Elementarbereich als ein wesentliches und sehr bedeutsames frühkindliches Bildungs- und Erziehungsfeld zu legitimieren.

Gutes muss ­geplant werden. Schlechtes passiert von selbst.

Philip B. Crosby

Die Forderung nach Qualität kann dabei unter folgender Prämisse stehen: »Wer aufhört, besser sein zu wollen als er ist, hört auf, gut zu sein« (Philip Rosenthal).


Diesen Beitrag haben wir folgendem Buch entnommen:

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Armin Krenz
Elementarpädagogische Grundsätze auf den Punkt gebracht
20 PowerPoint Präsentationen als Grundlage für Teambesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen und Fachberatungen
344 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
ISBN 978-96304-613-1
29,95 €

Die PowerPointPräsentationen und Seminarunterlagen von Prof. Armin Krenz haben sich in zahlreichen Vorträgen und Weiterbildungen bewährt. Sie vermitteln kurz und prägnant das Wesentliche für die pädagogische Praxis und stützen sich dabei auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Mit seinem Buch unterstützt er pädagogische Fachkräfte dabei aktuelles Wissen in die Praxis umzusetzen.


Dabei beziehen sich die Qualitätsfragen in der Regel auf folgende Arbeits- und Strukturfelder:

  1. die fachliche Grundlagenorientierung der Einrichtung (hier geht es beispielsweise um die Bedeutung gesetzlicher Bestimmungen: SGB, VIII. Bd., 2. Hlbd./länderspezifische Kita-Gesetze und Orientierungsrichtlinien: Bildungsrichtlinien/die zutreffenden Paragraphen in der UN-Charta Rechte des Kindes/das Berufsbild der Kindheitspädagog:innen/Grundlagenkenntnisse aus den Bereichen der Entwicklungspsychologie, Bildungs- und Bindungsforschung/Neurobiologie/Entwicklungspädagogik/das berufliche Selbstverständnis/pädagogisches Konzept/pädagogischer Ansatz/Konzeption …)
  2. die humanistische Orientierung auf die Individualitäten der Kinder (Gestaltung der Tagesabläufe/Berücksichtigung einer lebendigen Partizipation/Orientierung auf die Stärken der Kinder/Gestaltung einer angstfreien, die Interessen der Kinder berücksichtigende Alltagspädagogik/eine Lebensweltorientierung/Erkennen der Bedeutungs- und Erzählwerte spezifischer Ausdrucksformen der Kinder/Erfahrungsräume für ein Erleben von Sinnlichkeit/Werteorientierung/Projektarbeit statt didaktische Themenabarbeitung/…)
  3. Selbstverständnis als Fachkraft (Selbststeuerung/Selbstmotivation/Auseinandersetzung mit handlungsleitenden Werten/Formen der Selbsterfahrung/Wahrnehmung von Fort-/Weiter-/Zusatzausbildungen/Verantwortungsübernahme/zielorientiertes Handeln/Wissenschaftsorientierung/Konfliktkompetenz/Qualitätsorientierung/Bildung durch Bindung/ein konstruktiver Umgang mit Kritik/gewählte Formen eines entdeckenden Lernens …)
  4. professionelle Ausführung der Leitungsfunktion (Umsetzung notwendiger Selbst-, Sach- und Sozialkompetenzen/Ausrichtung auf innovative Visionen/Entscheidungskompetenz/ein Modell für ­Umgangs-/Sprach-/Konflikt-/Kommunikationsqualität/kompetenter Umgang mit Widerständen und Konflikten/Kooperations­kom­pe­tenz mit externen Institutionen …)
  5. die Arbeit im Team (Festlegung gemeinsam getragener Zie­le/Austausch von Erkenntnissen/Kooperationskompetenzen/Auf­decken und Klärung von Schwachstellen, eingefahrenen Strukturen, Verhaltensmustern …)
  6. eine entwicklungsförderliche Innenraum- und Außenraumgestaltung
  7. eine aussagekräftige und regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit
  8. eine Sicherung bzw. ein Auf- und Ausbau der stets weiterzuentwickelnden Person- und Fachkompetenzen durch Fort-/Weiter-/Zusatzausbildungen
  9. eine förderliche und regelmäßig zu pflegende Zusammenarbeit mit Eltern
  10. eine förderliche und sozialraumorientierte Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, mit denen die Kindertageseinrichtung in Verbindung steht.

Wenn Du mit anderen ein Schiff bauen willst, so beginne nicht, mit ihnen Holz zu sammeln, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.

Antoine de Saint-Exupéry

Damit konzentriert sich die Qualitätsevaluation auf drei Schwerpunktbereiche:

  1. die Orientierungsqualität (damit ist vor allem das Selbstverständnis von Erziehung und Bildung sowie die Berechtigung des pädagogischen Ansatzes und das ›Bild vom Kind‹, sind die Auffassungen der Kindheitspädagog:innen über die Entwicklung von Kindern, über Erziehungsziele und deren Umsetzung, über ent­wicklungsförderliche sowie entwicklungshinderliche Erziehungsmaßnahmen gemeint),
  2. die Strukturqualität (z. B. finden hier insbesondere die vorhandenen Rahmenbedingungen wie Gruppengröße, Anzahl der Fachkräfte im Verhältnis zur Anzahl der Kinder, die Ausbildung der Fachkräfte, die Ausstattung der Innen- und Außenräume, die Tagesablaufstruktur, die Umsetzung einer inklusiven Pädagogik Beachtung)
  3. sowie die Prozessqualität (z. B. die umgesetzte Kommunikations- und Interaktionsqualität, die Beziehungsorientierung als Grund­lage für Selbstbildungsprozesse in Kindern, die Auswahl der Projektschwerpunkte …).

Verständlicherweise gibt es nicht nur eine Möglichkeit, die Qualität in einer Kindertageseinrichtung zu messen, um aus den ge­wonnenen Ergebnissen entsprechende Handlungskonsequenzen abzuleiten, um ›Schwächen zu schwächen und Stärken zu stärken‹. So ist der erste Schritt stets der, dass sich Träger und Mit­arbei­ter:innen zusammensetzen, um sich mit den Schwerpunkten der einzelnen Qualitätsverfahren zu beschäftigen, um dann eine Entscheidung zu treffen, welches Qualitätsverfahren wohl am besten für die betreffende(n) Einrichtung(en) geeignet ist.

An dieser Stelle seien daher beispielhaft einige bekannte Qualitätsverfahren genannt:

PädQUIS/QUIK/KES-R (Kindergarten-Einschätzskala, Revision)/
Netzwerk Kinderbetreuung der Europäischen Kommission: Bertels­mann Stiftung/QuaSi (Qualität in Kindertageseinrichtungen nach dem Situationsansatz)/K. I. E. L. – Kieler Instrumentarium für Elementarpädagogik und Leistungsqualität/QfürK (Qualitätsentwicklung für Kindertagesstätten)/KRIPS (Krippen-Scala für Einrichtungen im Krippenalter/HUGS (Hort und Ganztagsangebotsskala für Kinder im Schulalter)/TAS (Tagespflegeskala für die Betreuung, Bildung und Erziehung in Tagespflegestellen)/Kronberger Kreis für Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen/Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9000:2000/IQUE (Konzept der Integrierten Qualitätsentwicklung)/Qualitätsentwicklung als dialogischer Prozess – Das KiTaManagementKonzept/QMS-pragma: Qualitätsent­wicklung in KiTas/Qualitäts-Check KiTa PQ sys plus/QMelementar – Qualitätsmanagement in Kindertageseinrichtungen/TQM – Total Quality Management/EFQM: European Foundation of Quality Management/LQK: Lernorientierte Qualitätstestierung für Kindertagesstätten …

Über Qualität lässt sich trefflich streiten. Aber eines steht fest: Der Wurm muss dem Fisch schmecken – und nicht dem Angler.

Helmut Thoma

Qualität ist keine normative Vorgabe; vielmehr sind es förderliche Standards, die als Zielorientierung dienen. Qualität erreichen und umsetzen wollen heißt: aus Problemen etwas Konstruktives ent­stehen lassen und das Mögliche möglich machen wollen – so wie das Laufen bei genauerer Betrachtung ein aufgefangenes Fallen ist. Und eine qualitative Pädagogik umsetzen heißt: eine engagierte Begleitung zu leisten. Daher finden sich alle Aussagen zur Qualität in drei gebündelten Qualitätsstandards wieder:

Lernen heißt: alte Erfahrungen neu durchdenken.

Willy Möbius




Konzeptionsentwicklung: Grundlage für eine ­Innen- und Außenqualität

Kindergarten

Von der Bestandsaufnahme über die Entwicklung bis zum fertigen Konzept

Die Elementarpädagogik ist in den vergangenen 30 Jahren wie kaum ein anderer Wissenschaftszweig in Unruhe versetzt worden. War es in den 90er-Jahren vor allem die Qualitätsentwicklung, die sich erstmals in der Frühpädagogik konsequent bis heute immer mehr durchsetzte, so waren es einige Jahre später die bahnbrechenden Erkenntnisse der Hirn-, Bildungs- und Bindungsforschung, die für die Elementarpädagogik immer mehr in den Vordergrund rückten. Dann forderten die länderspezifischen Bildungskonzepte, Orientierungspläne und Bildungsprogramme die ganze Aufmerksamkeit der elementarpädagogischen Fachkräfte und weitere Neuerungen kamen ins Gespräch: eine bilinguale Pädagogik, Dokumentation von Lerngeschichten, Portfolios, Veränderung klassischer Kindertagesstätten in Familienzentren etc. Damit wird eines deutlich: Die Elementarpädagogik war und ist in einem ständigen Entwicklungsprozess. Insofern fühl(t)en sich landauf, landab ungezählte Kindertageseinrichtungen dazu aufgefordert, bisherige Sichtweisen, Standpunkte und Gewohnheiten zu hinterfragen und aufgrund neuer Erkenntnisse bzw. Notwendigkeiten zu verändern.

Zielbestimmungen geben die Richtung für Konzepte, Konzeptionen und die Praxis der gesamten Pädagogik vor

Es gibt eine altbekannte Weisheit in der Lernzieltaxonomie, die lautet: „Wer nicht weiß, wohin er will, darf sich nicht wundern, dort zu landen, wohin er in keinem Fall wollte.“ Übertragen auf die Elementarpädagogik bedeutet(e) dies, dass es jederzeit notwendig war/ist, für das gesamte Arbeitsfeld und die damit verbundenen Arbeitsbereiche eine Bestandsaufnahme vorzunehmen (Ist-Analyse), um die Ergebnisse mit den sogenannten Soll-Vorhaben zu vergleichen.

Der besondere Sinn liegt vor allem darin, eigene Standpunkte selbstkritisch zu hinterfragen und immer wieder festzustellen, inwieweit die bisherigen Arbeitsmerkmale den aktuellen Notwendigkeiten einer bildungsorientierten und zugleich bindungsstarken Elementarpädagogik sowie den gültigen Verpflichtungen entsprechen. Des Weiteren hilft es, immer wieder eine Grundlagenorientierung herzustellen, um nicht unreflektiert modernistischen Strömungen zu folgen oder persönliche, subjektiv geprägte Vorlieben/Abneigungen zum Ausgangspunkt der realisierten Pädagogik zu erklären. Mit einer solchen Qualitätsevaluation ergibt sich die GRUNDLAGE für das besondere PÄDAGOGISCHE KONZEPT der Einrichtung. Sie wird später wie eine Richtschnur die Ausrichtung des pädagogischen und berufspolitischen (Selbst-)Verständnisses sowie die pädagogische Orientierung vorgeben.

Eine Bestandsaufnahme verfolgt zunächst die folgenden neun Ziele:

(Abb. 1: Ziele einer Bestandsaufnahme zur Herstellung/Verbesserung/Aufrechterhaltung einer Qualität und zur Festlegung konzeptioneller Eckwerte)

Um diesen Zielen möglichst nahezukommen, bietet es sich an, folgenden Fragen nachzugehen:

Beispielhafte Fragen zur Überprüfung des bisherigen KONZEPTS, zur Grundlagenklärung und zur Festlegung/Erarbeitung/Überarbeitung einer Konzeption:

  • Nach welchem pädagogischen Ansatz (unter Berücksichtigung der wesentlichen Merkmale) wird in der Einrichtung gearbeitet? Warum?
  • Wann wurde das letzte Mal eine umfangreiche „Situationsanalyse“ durchgeführt? Sind die Ergebnisse deckungsgleich mit den Zielen des pädagogischen Ansatzes?
  • Gibt es eine pädagogische Konzeption? Wie aktuell, umfassend und konkret ist sie und wann wurde sie das letzte Mal überarbeitet?

Fragen zum Personal:

  • Welche Visionen und Perspektiven bezüglich der Arbeit hat das Kollegium zurzeit?
  • Wie hoch sind die Merkmale Engagement, Arbeitsmotivation, Anstrengungsbereitschaft, Lebendigkeit und Arbeitsfreude ausgeprägt?
  • Wird die Arbeit regelmäßig und strukturiert fachlich reflektiert? Auf welche Art und Weise?

Fragen zur Praxis der Elementarpädagogik:

  • Wie sieht der Tagesablauf aus und wie begründet sich diese Aufbaustruktur? Wird thematisch oder projektorientiert gearbeitet?
  • Wie entstehen pädagogische Projekte bzw. wie ergeben sich thematische Schwerpunkte? Wie werden diese aufgebaut, durchgeführt und ausgewertet?
  • Beziehen sich die Projekte/Themen auf reale Lebenssituationen der Kinder und werden diese in künstlichen Situa­tionen oder Realwelten erfahren?
  • Wie werden Selbstständigkeit, Autonomie, Verantwortlichkeit und Initiative der Kinder praktisch angeregt und unterstützt? Welche Rolle spielen Partizipation, Inklusion und Genderorientierung?

Fragen zur Zusammenarbeit mit den Eltern:

  • Welche Dokumentationsformen zur Erfassung kindeigener Entwicklungsverläufe werden im Kollegium genutzt? Wann/wie oft werden die Ergebnisse mit Eltern besprochen?
  • Wie werden Widersprüche und kritische Äußerungen der Eltern vom Kollegium aufgenommen?
  • Erfahren die Eltern praktische Hilfestellungen bei Erziehungsfragen? Wie?

Weitere bedeutsame Fragen zu anderen Qualitätsfeldern:

  • Existiert eine vertrauensvolle, wertschätzende und arbeitsintensive Teamarbeit oder gibt es Spannungen? Werden Konflikte geklärt oder „unter den Tisch gekehrt“? Wie wird die Teamarbeit gepflegt?
  • Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen (Grundschulen, anderen Kitas, Beratungsstellen …) aus? Kann die Elementarpädagogik ihr eigenes Profil verdeutlichen?
  • Welche Formen aktiver Öffentlichkeitsarbeit werden regelmäßig in Angriff genommen?

Fragen zur Qualitätssicherung

  • Welche Qualitätsinstrumentarien sind bekannt? Für welches Qualitätsmanagement hat sich die Kindertagesstätte entschieden? Warum? Welche Qualitätsinstrumentarien werden abgelehnt? Aus welchen Gründen?
  • Welche Arbeitsschwerpunkte wurden bisher gezielt bearbeitet, mit welchem Ergebnis und welche Bereiche stehen als Nächste zur Bearbeitung an? Gibt es ein Qualitätshandbuch?
  • Was hat die Qualitätsevaluation bisher an praktischen Veränderungen mit sich gebracht?

Der Aufwand für eine Bearbeitung dieser und entsprechend weiter­führender Fragen ist der Mühe immer wert. Neben inhaltlichen Grundlagenklärungen entsteht ein professionelles Verständnis für eine qualitätsgeprägte Pädagogik sowie eine gemeinsame Einrichtungsidentität. Dies ist die wohl wichtigste Basis für einen gelingenden Alltag. Die Mitarbeiter/-innen der Kindertagesstätten bemerken dann selbst – wenn Grundlagen neu definiert/besprochen, Ziele neu/punktgenau angesteuert, Strukturen neu geordnet, Arbeitsvorhaben neu/kompetent entworfen und Arbeitsvorgänge neu aufgebaut/durchgeführt werden –, wie sich das eigenständige und unverwechselbare Profil dieser Einrichtung immer stärker herausbildet.

Insgesamt geht es bei einer Konzeptfindung, -erörterung, -festlegung immer um die folgenden Schwerpunktbereiche:

(Abb. 2: Die 14 Schwerpunkte zur Findung/Festlegung eines Konzepts und zur späteren Ausführung einer Konzeption)

Eine Konzeptentwicklung sorgt für tragfähige und verbindliche Eckpfeiler, damit im Anschluss eine Konzeption gestaltet oder die bisherige Konzeption umgeschrieben werden kann/muss. Damit entwickelt sich eine Konzeption zum schriftlich formulierten „Spiegelbild der Praxis“.

Die Konzept(ions)entwicklung dient auch zur gezielten Öffentlichkeitsarbeit

„Tue Gutes und rede darüber.“ Diese Aussage trifft auch für eine ­qualitätsgeprägte Öffentlichkeitsarbeit elementarpädagogischer Einrichtungen zu.
Leider hat sich bis heute in der breiten Öffentlichkeit immer noch nicht deutlich genug herumgesprochen, dass Kindertageseinrichtungen eigenständige FACHINSTITUTIONEN und die dort tätigen Mitarbeiter/
-innen FACHKRÄFTE weder liebevolle „Kinderbeschäftigungskräfte“ noch als Hilfskraft eingesetzte „Vorschullehrer/-innen“ sind. Das kann viele unterschiedliche Hintergründe haben. Wahrscheinlich liegt es daran, dass elementarpädagogische Fachkräfte bisher zu wenig für eine breit angelegte und offensiv gestaltete Öffentlichkeitsarbeit beigetragen haben. Umso bedeutsamer ist es daher, dass Kindertageseinrichtungen ihr eigenständiges, unverwechselbares Profil, ihren überaus bedeutsamen Beitrag für eine gesellschaftliche Weiterentwicklung, ihre nicht zu ersetzende Wertigkeit im Hinblick auf die Persönlichkeits- und nachhaltige Bildungsentwicklung der Kinder sowie ihren Anspruch auf Wertschätzung zum Ausdruck bringen: deutlich, unmissverständlich, kontinuierlich und aussagestark formuliert.

Öffentlichkeitsarbeit verfolgt 3 Zielsetzungen

  1. Herstellung einer Transparenz der Aufgaben und hohen Wertigkeit,
  2. Steigerung des Ansehens der Einrichtung in der Öffentlichkeit und
  3. Aufbau, Ausbau und Pflege eines Vertrauens zur Öffentlichkeit.

Wenn auf der einen Seite von Mitarbeiter/-innen des Öfteren der Umstand beklagt wird, dass die Kita in der Öffentlichkeit entweder noch immer als „Aufbewahrungsstätte/Beschäftigungsort für Kinder“ angesehen oder wenn elementarpädagogische Fachkräfte im Vergleich zum „Bildungssystem Schule“ entweder einen untergeordneten Wert oder eine völlig unberechtigte „Zuarbeiteraufgabe für die Grundschule“ zugeschoben bekommen, dann muss es die Elementarpädagogik schaffen, ihre Aufgaben und ihren eigenständigen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag kompetent nach außen zu tragen. Daher geht es um die Transparenz!

Elementarpädagogische Einrichtungen sind eine besonders bedeutsame gesellschaftspolitische Institution mit einer nachhaltigen Wirkung. Dieser Stellenwert hat sich jedoch in der Öffentlichkeit immer noch nicht deutlich genug durchgesetzt. Insofern kann eine offensive Öffentlichkeitsarbeit dabei helfen, diese Situation zu verändern.

Daher geht es um die Steigerung des Ansehens!

Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit wird nur dann erreicht, wenn bestimmte Aktionen auffallen und damit der Öffentlichkeit deutlich ins Auge springen. Dabei geht es in der Öffentlichkeitsarbeit selbst nicht um irgendwelche punktuellen „Spots“, bei denen nur dann die Öffentlichkeit gesucht wird, wenn aktuelle Notwendigkeiten dazu drängen, bestimmte Aktionen in Gang zu setzen. Öffentlichkeitsarbeit lebt aus einer qualitätsgeprägten Kontinuität heraus – fachlich fundiert und beziehungsfreundlich in die Öffentlichkeit transportiert. Daher geht es um den Aufbau und die Pflege eines Vertrauensverhältnisses zur Öffentlichkeit mit langfristigen Wirkungen!

Öffentlichkeitsarbeit zeigt sich in einer breiten Vielfalt

Eine qualitätsgeprägte Elementarpädagogik verfolgt das Ziel, ihr PROFIL mit vielfältigen Dokumentationsbelegen transparent zu machen. Dabei nutzen die elementarpädagogischen Fachkräfte möglichst viele unterschiedliche Formen der Öffentlichkeitsarbeit, um die hohe Bedeutung der pädagogischen Arbeit für die Entwicklung der Kinder (und deren Familien) sowie ihre gesellschaftspolitische Wertigkeit zu dokumentieren. Kindertagesstätten präsentieren dabei ihre konzeptionellen Grundsätze/Richtlinien und ihre aktuelle, schriftlich fixierte Konzeption, ihre regelmäßigen Projektdokumentationen und ihre neuesten Jahresberichte.

Sie arbeiten an Fachpublikatio­nen mit und sorgen durch ihr öffentliches Engagement auch auf politischer Ebene für ein kinderfreundliches (entwicklungsförderliches) Umfeld. Ihre Teilnahme an Fachsymposien und Kongressen, ihre Kontaktpflege mit den Ausbildungsstätten (Fach-/Hochschulen) und die vielfältigen, öffentlichen Darstellungen (Ausstellungen/Mitwirkungen bei Aktionen), die Außenrepräsentanz bei Projekten und die Mitwirkung bei kommunalen/gemeindlichen Aktionen prägen ein Bild von der Institution, die das Selbstverständnis klar, nachvollziehbar und offensiv auf den Punkt zu bringen versucht. Nicht zuletzt dadurch schaffen es die Fachkräfte, das traditionell geprägte Bild einer „Kindergärtnerin“/eines „Kindergärtners“ aufzuheben und das einer professionellen Fachkraft mit einem hohen Fachwissen und einer gut ausgeprägten Handlungskompetenz zu stabilisieren.

Literatur

  • Bendt, Ute; Erler, Clauia (2008): Aus bewährter Praxis die eigene Kita-Konzep­tion entwickeln. Eine Anleitung in 8 Schritten. Mühlheim: Verlag an der Ruhr
  • Jacobs, Dorothee (2009): Die Konzeptionswerkstatt in der Kita. Weimar/Berlin: Verlag das netz
  • Krenz, Armin (Hrsg.) (2010): Kindorientierte Elementarpädagogik. Göttingen: Vandenhoeck + Ruprecht
  • Krenz, Armin (2009): Professionelle Öffentlichkeitsarbeit in Kindertagesstätten. Troisdorf/Köln: Bildungsverlag EINS
  • Krenz, Armin (2008): Konzeptionsentwicklung in Kindertagesstätten. Troisdorf: Bildungsverlag EINS
  • Krenz, Armin (2001): Qualitätssicherung in Kindertagesstätten. München: Ernst Reinhardt Verlag
  • Lill, Gerlinde (2007): Begriffe versenken. Sinn und Unsinn pädagogischer Gewohnheitswörter. Weimar/Berlin: Verlag das netz
krenz grundlagen

Diesen Beitrag haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Krenz, Armin

Grundlagen der Elementarpädagogik
Unverzichtbare Eckwerte für eine professionelle Frühpädagogik

192 Seiten,
ISBN: 978-3-944548-03-6
24,95 €