Geschwister prägen ein Leben lang

Gerade in Corona-Zeiten können Geschwister füreinander eine gute Untersützung sein

Manchmal hat das Familienleben etwas Herzzerreißendes. Mia ist drei Jahre alt, ihre ältere Schwester Svenja gerade sechs. Beide sitzen am Küchentisch und essen. Mia versucht die Aufmerksamkeit ihrer Schwester zu erregen, indem sie laut zu singen beginnt. Svenja ist ohnehin schon sauer. „Hör auf, Du nervst!“, herrscht sie die kleine Schwester an, die völlig aus der Fassung gerät und schluchzend ruft: „Aber ich will dich doch gar nicht nerven. Ich will doch nur so sein wie du.“

Fluch und Segen von Geschwisterbeziehungen

Fluch und Segen von Geschwisterbeziehungen beschäftigen die Menschheit seit Jahrtausenden. Ideale Geschwister, wie Kastor und Pollux, die füreinander bedingungslos einstehen, kannte schon die griechische Mythologie. Die Brüder Grimm, Wright oder Mann haben Enormes geleistet. Seit Kain und Abel wissen wir aber auch, wie schief so manche Geschwisterbeziehung laufen kann. Und nur selten fördern die kindlichen Kabbeleien den Lebenserfolg so nachhaltig wie bei den Klitschkos.

Manche Eltern wissen wahre Horrorgeschichten von den Streitigkeiten ihrer Kinder zu erzählen. Blaue Flecken, Kratzer und manchmal ein ausgeschlagener Zahn sind keine Seltenheit. Warum wünschen sich so viele dennoch mehr als ein Kind oder sogar einen reichen Kindersegen? Sicher sind wir nicht von Hanni und Nanni hypnotisiert.

Unterm Strich positiv

Prof. Dr. Dr. Hartmut Kasten, Frühpädagoge und Familienforscher, bringt es auf den Punkt: „Geschwister erleben Tag für Tag ein Wechselbad der Gefühle: Neid auf den anderen, Enttäuschung, Angst vor Verlust und Versagen – aber auch die Sicherheit von Zusammengehörigkeit und gegenseitigem Vertrauen.“ Zwar hat er auch die Nachteile des Geschwisterlebens analysiert, weiß aber, dass in aller Regel die positiven Seiten überwiegen. „Einen Bruder oder eine Schwester zu haben, bedeutet für jedes Kind in erster Linie einen Gewinn an Sicherheit, Zusammengehörigkeitsgefühl, Vertrauen, Erfahrung im Umgang miteinander und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten, den Einzelkinder nicht erleben.“ Blut ist eben doch dicker als Wasser, wie der Volksmund sagt.

Schutz- und Risikofaktoren

„Geschwisterkinder ahnen nicht, wie mühsam es ist, immer sozialkompetent zu sein, denn das ist die Voraussetzung für Einzelkinder, um Mitspieler zu bekommen, die ja nicht automatisch mit im Zimmer oder im Garten sind,“ berichtet die Verhaltensbiologin und Inhaberin der selbstständigen Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen PD Dr. Gabriele Haug-Schnabel aus ihrer täglichen Arbeit. Auch als Mutter zweier Kinder erklärt sie: „Wer Geschwister hat, weiß, dass mit Geschwistern beglückende und vernichtende Erfahrungen gemacht werden können. Geschwister können als Schutzfaktoren im eigenen Entwicklungsverlauf wirken – sie können aber auch Risikofaktoren sein, die weit über den Auszug aus dem Elternhaus hinaus Einfluss auf das eigene Leben nehmen. Das haben Geschwisterkinder erlebt und Geschwisterforscher detailliert untersucht.“

Was die Forscher zudem entdeckt haben: Den Eltern kommt die größte Bedeutung zu, wenn es um die Geschwisterbeziehung geht.  Wir prägen mit unserem Vorbild und beeinflussen mit unserem Verhalten das Verhältnis unserer Kinder. Insofern können wir viel zum Gelingen beitragen.

Aus der Sicht des Kindes

Als Ausgangspunkt rät Prof. Kasten: „Wichtig ist, dass Sie immer wieder versuchen, die Dinge einmal aus der Sicht Ihrer Kinder zu betrachten: Wie ist das zum Bespiel für ein Kind, wenn sich ein zweites Baby ankündigt und man plötzlich nicht mehr die Hauptrolle in der Familie spielt? Auf einmal soll man der große, vernünftige Bruder sein. Wie hätten Sie an seiner Stelle reagiert?“

Für viele erstgeborene Kinder wächst sich die Entthronung durch ein neues Geschwisterchen zum echten Trauma aus. Monika Schloß erzählt in ihrem Buch „Wie Geschwister Freunde werden“ eine rührende Geschichte dazu: „Eines Tages nimmt die Mutter ihren kleinen Sohn auf den Schoß und sagt: ,Papi und Mami haben eine große Überraschung für dich. Bald bekommst du ein Geschwisterchen. Jetzt sag’ mal: Was möchtest du lieber haben – ein Brüderchen oder ein Schwesterchen?’ Worauf der Kleine lakonisch antwortet: ,Einen Hund!’“

Vielleicht will der kleine Junge tatsächlich einen Hund. Wahrscheinlich wäre zudem, dass er von der Furcht getrieben ist, die Liebe und Aufmerksamkeit seiner Eltern künftig teilen zu müssen. Schon neun Monate alte Babys wissen, dass sie mit ihrem Verhalten Aufmerksamkeit auf sich lenken können. Sie lernen zu lächeln und zu brabbeln. Gleichzeitig bemerken sie, wenn andere Kinder sich entsprechend verhalten und entwickeln Konkurrenzgefühl und Eifersucht.

Wenn das zweite Kind kommt

Leider lassen sich diese Gefühle auf Dauer kaum vermeiden. Dennoch können wir einiges tun, damit sie nicht zu stark auftreten. Wenn ein Baby unterwegs ist, neigen viele Eltern dazu, sich auf die Schwangerschaft und das Neugeborene zu konzentrieren. Dabei braucht gerade jetzt das ältere Kind besondere Beachtung.

Wie Geschwister Freunde werden

Wie sich Geschwister positiv führen lassen, dass sie harmonisch miteinander leben und gegenseitig voneinander profitieren, darauf gibt Monika Schloß wertvolle praktische Lösungsvorschläge und Anregungen.

Monika Schloß (Hrsg.):
Wie Geschwister Freunde werden
So helfen Sie Ihren kleinen Rivalen, sich zu verstehen und zu vertragen

Hardcover, 207 Seiten
ISBN: 978-3-934333-26-0
14,95 €

Binden Sie deshalb das Kind dauerhaft mit ein. Bringen Sie das Thema immer wieder zur Sprache, damit es sich daran gewöhnen kann. Dabei dürfen Sie ruhig darüber reden, dass Schwangerschaft anstrengend ist und so manche Gereiztheit ihre Ursache darin hat. Ihr Kind versteht dann, warum Sie manchmal anders reagieren als bisher. Richten Sie mit ihm gemeinsam das Kinderzimmer ein, beteiligen Sie es an der Namensfindung, nehmen Sie es mit zur Ultraschalluntersuchung und unternehmen Sie viel gemeinsam, damit ihr Kind nicht den Eindruck hat, dass es zu kurz kommt.

„Schick das Baby doch zurück“

Bei so einer Vorbereitung kann Ihr Kind eine Menge Angstgefühle abbauen und freut sich vielleicht auf das Geschwisterchen.

Nun kann es natürlich ganz anders kommen und ihr Kind ist verzweifelt nachdem gerade das neue Geschwisterchen im Haus ist. Es versteht nicht, wie Sie dieses schreiende, runzlige Etwas lie haben können. Dass das Baby alles darf. In die Windeln machen, nachts die Eltern aufwecken – während es selbst gar nichts mehr darf.

„Niemand hat mich mehr lieb!“, könnte das Gefühl Ihres Kindes beschreiben. Es wird jetzt vermutlich alles versuchen, um Ihre Aufmerksamkeit zurück zu bekommen. Ihr Kind leidet. Seien Sie deshalb bitte nicht schockiert, wenn es sagt „Schick, das Baby doch zurück!“ Ihr Kind ist nicht böse, sondern nur verzweifelt. Lassen Sie es seine Wut artikulieren. Nehmen Sie sich Zeit. Erklären Sie, dass Sie das Kleine nicht zurückgeben können. „Ich habe das Kleine genauso lieb wie dich. Und dich würde ich auch niemals hergeben.“

Kampf um Liebe und Anerkennung

Geschwister wetteifern um die Liebe und Anerkennung ihrer Eltern. Zwar lässt es sich nicht ändern, einen Bruder oder eine Schwester zu haben. Das bedeutet aber nicht, dass Kinder dies kampflos akzeptieren. Deshalb kommt es oftmals zum Streit.

Je nach Geschwisterfolge können Eltern auf ganz unterschiedliche Herausforderungen stoßen. Und auch hier ist es wichtig, Verständnis für die Situation des Kindes aufzubringen. Die Situation des ältesten haben wir uns schon angesehen. Schloß stellt etwa noch die Situation des „Sandwich-Kindes“ und des „Nesthäkchens“ heraus.

Von Sandwich-Kindern und Nesthäkchen

Sandwich-Kinder stehen zwischen dem Ältesten und dem Jüngsten. Oftmals bekommen die beiden anderen mehr Beachtung – oder das mittlere Kind empfindet das so. Für mehr Anerkennung entwickelt sich deshalb so manches Kind zum Clown, Tollpatsch oder Rebellen. Dabei gibt es auch Vorteile, das Mittlere zu sein. Weil es nicht so sehr im Fokus steht, kann es sich bereits früh entfalten, wird schneller selbstständig und setzt leichter seine Ideen um. Mittlere Kinder orientieren sich gerne an den älteren. Deshalb entwickeln Sandwich-Kinder oft ein gutes Gespür für Diplomatie, können leichter Kompromisse schließen und vermitteln. Eltern sollten sich deshalb bewusst intensiv mit ihm beschäftigen. Denn das Kind hat viele Eigenschaften, die es zu fördern gilt.

Hilfe, meine Kinder streiten

Von den Autorinnen des Weltbestsellers „So sag ich’s meinem Kind“

Anhand zahlreicher anschaulicher Fallbeispiele und Comics erklären die Autorinnen, wie sich Sie durch einfache Gesprächs- und Umgangsregeln Rivalitäten zwischen den Kindern abbauen können. Zudem erläutern sie, wie Kinder lernen, unangenehme Gefühle auszudrücken, ohne handgreiflich oder beleidigend zu sein und was Bezugspersonen dazu tun können, die Motivation und das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken.

Adele Faber/Elaine Mazlish
Hilfe, meine Kinder streiten
Wie Sie Kindern helfen, einander zu respektieren

Broschur, 240 Seiten
ISBN 978-3-96304-011-5
19,95 €

Das jüngste Kind nimmt dagegen immer eine Sonderstellung in der Familie ein. Es muss erst mal lernen, sich gegen die Älteren durchzusetzen – mal mit Bitten, mal mit Charme, mal mit Schmeicheln und mal mit Nerven und Gebrüll. Weil das Jüngste meist ein Leben lang den „Babybonus“ hat, bekommt es von den Eltern oft den größten Handlungsspielraum. Hier sind klare Grenzen notwendig. Andererseits müssen die Jüngsten erfahren, dass es sich lohnt, sich anzustrengen, auch wenn die Älteren immer voraus sind. Oftmals suchen sie sich ein Spezialgebiet, in dem sie die anderen überflügeln können. Dafür und für die Entwicklung zur Selbstständigkeit, brauchen die Kinder genügend Freiraum. Dabei sind Grenzen und Freiraum kein Widerspruch. Kasten zitiert dazu ein altes Sprichwort: „Kleinen Kindern müssen wir helfen, Wurzeln zu fassen. Großen Kindern müssen wir Flügel schenken.“

Vom Wert der Familie

Wie sich Geschwister entwickeln und gegenseitig prägen, lässt sich nie vorherbestimmen. Als Eltern erreichen wir am meisten durch unser Vorbild, durch das Verständnis für die Situation und entsprechendes Handeln und durch das Fördern familiärer Werte und Eigenschaften wie Solidarität, Vertrauen und Geborgenheit.

Daraus entstehen dann jene positiven Beispiele: Statt miteinander zu konkurrieren, solidarisieren sich Kinder miteinander, spielen zusammen und sind wirklich ein Herz und eine Seele. Dieses Verhalten lässt sich aber nicht erzwingen. Schloß nimmt in ihrem Buch Geschwisterbeziehungen aus etlichen Blickwinkeln unter die Lupe und gibt wertvolle Hinweise, wie sich die Kinder positiv führen lassen.

„Natürlich hängt auch viel von den Eltern ab“, erklärt sie. „Wenn die darauf achten, kein Kind dem anderen vorzuziehen, lässt sich aufkeimende Rivalität leichter vermeiden.“

Jedes Kind ist anders

Möglich, dass Sie an dieser Stelle einwenden, dass es gar nicht so einfach ist, kein Kind dem anderen vorzuziehen. Schließlich sind ja auch die Kinder völlig unterschiedlich. Doch genau darin liegt die Lösung.

Natürlich sind sie das. Deshalb ist eine völlige Gleichbehandlung auch nicht möglich. Jedes Kind hat aber seine eigenen Stärken. Ist das eine sportlich, hat das andere vielleicht mehr ein Gefühl für Musik. Schloß empfiehlt deshalb folgendes:

  • Stellen Sie die Stärken des jeweiligen Kindes heraus.
  • Tadeln Sie möglichst kein Kind für seine Leistungen im Beisein der anderen. Am besten tadeln Sie überhaupt keine Leistungen, sondern fördern die Stärken ihrer Kinder.
  • Stellen Sie keines Ihrer Kinder einem anderen als Vorbild dar. Das schafft nur Unmut.
  • Hören Sie zu, statt zu schimpfen.
  • Greifen Sie bei Streitereien ein, ohne Partei zu nehmen.
  • Geben Sie allen eine Chance und lassen Sie möglichst die Kinder ihre Auseinandersetzungen miteinander lösen.

Dabei müssen Sie sich auch nicht schämen, wenn Sie sich innerlich einem Kind näher fühlen als einem anderen. Das ist natürlich. Wichtig ist nur, dass Sie diese Vorliebe nicht nach außen kehren. Schließlich ist jedes Kind etwas Besonderes. So schlägt Schloß etwa auf die viel gefürchtete Frage „Mami, wen hast Du am liebsten?“ folgende Antwort vor: „Lieb hab ich Euch alle gleich. Aber jeden von Euch lieb’ ich aus anderen Gründen besonders.“ Denn jedes Kind will etwas Besonderes sein und nicht genau so wie die anderen Kinder. Dies ist gleichzeitig der beste Weg zur Entwicklung des eigenen Selbstbewusstseins und zu einer glücklichen Geschwisterbeziehung.

10 Regeln wenn es kracht

  1. Spielen Sie bei Streitereien unter den Geschwistern nie den Richter, der zwischen Schuldig und Nicht-Schuldig entscheidet.
  2. Bestrafen Sie niemals ein Kind allein. Damit verschärfen Sie den Konflikt und das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden.
  3. Bleiben Sie ruhig – wer brüllt hat Unrecht.
  4. Suchen Sie nach der Ursache für den Streit.
  5. Stellen Sie fest, warum sich Ihre Kinder genau so verhalten.
  6. Helfen Sie, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden.
  7. Lassen Sie Ihre Kinder eine Weile allein, damit sich der Zorn legen kann. Reden Sie anschließend ruhig miteinander.
  8. Setzen Sie auf Ihre natürliche Autorität. Kinder brauchen eine Respektsperson, an der sie sich orientieren können.
  9. Schaffen Sie ein Ventil zum Abreagieren. Ein Punchingball wirkt manchmal Wunder.
  10. Lassen Sie zu, dass Ihre Kinder Aggressionen aktiv abbauen. Von der Kissenschlacht über Wutgebrüll bis zum Wettlauf ist alles angebracht, das Adrenalin abbaut.



Erziehung in schwierigen Zeiten braucht viel Humor und Gelassenheit

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Drei Haltungs-Momente, um eigene und fremde Ressourcen zu fördern:

Ferdinand Klein ist Professor für Heil- und Sonderpädagogik. Er blickt auf eine langjährige Erfahrung zurück. In seinem kurzen Artikel schreibt er, wie PädagogInnen und Eltern ihren Kindern in schwierigen Zeiten begegnen sollten.

Jede Theorie muss vom Menschen ausgehen

Bei der Erziehung der Kinder aller Altersstufen wurde mir ein Satz des englischen Arztes und Sozialpsychiaters Ronald D. Laing bedeutsam. Für Laing ist jede Theorie, die nicht vom Menschen ausgeht, „Lüge und Betrug am Menschen“. Seinem Standpunkt folge ich.

Mein Denken geht vom Kind aus, von seinem Bedürfnis, Können und Wollen. Gerade wenn das Lernen im Elternhaus und in der Schule durch äußere Umstände eingeschränkt ist und nicht wie gewohnt erfolgt, ist das Bemühen der Erwachsenen um einen dreifachen Kontakt geboten: Um Kontakt mit sich selbst, mit dem Lernenden und mit dem Inhalt. Wie das gemeint ist, das zeigt die Abbildung, die auf den amerikanischen Psychotherapeuten Carl Rogers zurückgeht.

Rogers erkannte drei Haltungs-Momente, die für gute Beziehungen charakteristisch sind und die eigenen Ressourcen sowie die Ressourcen des anderen Menschen fördern:

  • Achtung des Anderen,
  • Einfühlung in die seelische Welt des Anderen und
  • Aufrichtigkeit, Klärung eigener Gedanken und Gefühle und Selbstöffnung gegenüber dem Anderen.

Die drei Haltungs-Momente sind grundlegend für jede Situation, in der Menschen einander begegnen und sich miteinander austauschen.

Für eine Erziehung mit Humor und heiterer Gelassenheit

Humorvoll und heiter zu handeln ist ein Grundsatz für das Erziehen des Kindes in der Schule und im Elternhaus, das ihm seine persönliche Entwicklung zu ermöglichen hat. Dieser Grundsatz verhindert das Abrichten des Kindes für fremde Zwecke, die von außen gesetzt werden.

Was Humor nun wirklich ist, kann nicht klar definiert werden. Er lässt sich aber beschreiben und an Beispielen erläutern: Humor kann als Gabe eines Menschen verstanden werden, der die Unzulänglichkeiten der Welt und der Menschen, den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit begegnet. Dieser Mensch hat einen unverwüstlichen, ja einen goldenen Humor. Er ist heiter und glücklich. Seine innere Heiterkeit ist sein eigentliches Glück. Dieses Glück ist ein Geschenk des Friedens, den die Welt nicht geben kann.

Unzulänglichkeiten mit heiterer Gelassenheit begegnen

Der gute Erzieher im Elternhaus und in der Schule nimmt die gegebene schwierige Situation wahr und spürt den in ihr verborgenen Sinn auf. Sein Handeln wird nicht von den angetroffenen Bedingungen bestimmt, sondern von Entscheidungen, die er trifft. Wenn er sich von der schwierigen Situation distanziert und sich in innerer Schau dem Erleben des Kindes zuwendet, kann er aus dem Störenden das Positive herausfiltern und zum Guten wandeln. Mit dieser guten Haltung hat er gar keine Chance mehr sich über Schwierigkeiten zu ärgern.

Ein Beispiel aus der Praxis

Mit Kindern des Saarländischen Pflegeheimes „Seid Getrost“, die wegen ihrer schweren Behinderung als bildungsunfähig galten, traurig herumsaßen, sehr wenig oder nicht sprachen und kaum kommunizierten, mit stereotypen und monotonen Bewegungen sich äußerten, mit Medikamenten ruhig gehalten und wegen ihrer Aggressionen oft fixiert wurden, starteten wir einen Bildungsversuch. Schon nach einem Jahr wurde aus dem Versuch eine anerkannte Schule.

Über die Einweihungsfeier der Schule schrieb der Erzieher Manfred Sandner: „Wir musizieren in der Gruppe. Klaus schlägt den Reihenrhythmus auf den Klangstäben, Diana, Karin und Carmen spielen die hohen Töne auf dem Metallophon und Glockenspiel, Sascha bedient Pauke und Becken und ich spiele die Melodie auf dem Glockenspiel. Mit sechs Personen „fahren“ wir einen „Top-Sound“. Kinder, die etwas sprechen können und Lust haben, singen das Lied mit. Manche Töne und Wörter sind zwar nicht immer richtig, aber wer ist schon unfehlbar? Hauptsache, wir sind zusammen und haben Freude beim Spielen und Singen. Und den Gästen hat es auch gefallen, sie lachten und freuten sich“.

Ihr Lachen erinnert mich an Charlie Chaplin, der einmal sagte: „Auf dem Grund des Lachens schwimmt eine Träne“. Humor ist offenbar eine ernste Angelegenheit und deshalb frage ich: Gibt es einen besseren Unterricht in Schule und Universität, als etwas selbst zu tun, selbst zu forschen und sich bei dieser Arbeit zu freuen?

Freude erleben“ ist der ursprüngliche Sinn aller Bildung

In meiner langen Praxis erkannte ich, dass es für Kinder kein besseres Lernziel gibt als „Freude erleben“. Freude am Erleben, Tun und Zusammensein war der ursprüngliche Sinn der Bildung. Und heute sprechen Psychiater vom „Lernziel: Neurose“ vor allem auch deshalb, weil viele Erzieher verlernt haben, das lebensbejahende und fröhliche Lernen des Kindes zu achten und zu fördern. Ihre Ängste stören die Entwicklung des Erlebens der Freude des Kindes. Deshalb haben die Erzieher darauf zu achten, was der Kabarettist Joachim Ringelnatz sagte: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“.

In Elternhäusern und Schulen, in denen die Kinder mit Lust und Freude lernen, fühlt sich jedes Kind angenommen und geborgen. Es erlebt die aufschließende und ordnende Kraft des Vertrauens in die eigene Person und in das eigene Tun, in die Person des Anderen und in dessen Tun. Wer mit Freude lernt, trotzt den Widerständen.

Prof. Dr. Ferdinand Klein




Warum wir viel mehr spielen und lernen brauchen

Kinder spielen und lernen im Wald

Für eine moderne Welt der Bildung und Erziehung:

Entwicklungsgerechtes Lernen geht nur beim Spielen. Diese Erkenntnis spiegelt sich mittlerweile in vielen Konzepten und in der pädagogischen Praxis wider. Mit spielen und lernen ist online ein neues Medium entstanden, das im Verbund mit Wissenschaft und Praxis diese Entwicklung weiter unterstützt.

Weil spielen und lernen immer entwicklungsgerecht ist

Kindgerechtes Lernen ist Lernen beim Spielen. Als Erhard Friedrich 1968 die Zeitschrift spielen und lernen gründete,  konnten die Wissenschaftler das lediglich durch die Beobachtung der Kinder belegen. Über 50 Jahre später können Biochemiker stichhaltig nachweisen, dass Lernen beim Spielen für Kinder bis ins späte Grundschulalter der einzig richtige Bildungsweg ist.

Einseitige Förderung trotz genauer Erkenntnisse

Trotz dieser mittlerweile gesicherten Erkenntnisse, gibt es innerhalb des Bildungssystems und der Pädagogik Strömungen, die Kinder mit speziellen Förderprogrammen zu besseren „Leistungen“ bringen wollen. Das gelingt zwar zum Teil, fast immer aber mit üblen Folgen. Denn durch einseitige Förderung bleiben die geförderten Kinder meist in anderen Bereichen zurück. Das Gras wächst eben nicht schneller, wenn man daran zieht. Dennoch sehen wir uns mehr und mehr einer stark ergebnisorientierten Bildung und Pädagogik gegenüber. Umso wichtiger ist es, ganzheiutliche Ansätze wieder zu unterstützen.

Die Chance „online“ nutzen

Und dank der digitalen Medien haben wir heute die Möglichkeit, eine Plattform für Theorie und Praxis rund um alle Themen zum Spielen und ganzheitlichen Lernen zu inszenieren, die für alle jederzeit zugänglich ist.

Ziel: Entwicklung ganzheitlich unterstützen

Unser Ziel ist es, Kinder in ihrer Entwicklung ganzheitlich zu unterstützen. Damit das gelingt, haben wir ein Angebot geschaffen, das vor allem ErzieherInnen und LehrerInnen für ihre tägliche Arbeit

  • neue Erkenntnisse, Ideen und praktische Handreichungen bietet,
  • Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung aufzeigt,
  • Wege zur Förderung öffnet,
  • neue Produkte präsentiert und bewertet,
  • Transparenz im Bereich Erziehung, Bildung und Bildungspolitik schafft.

Und nachdem in der Redaktion von spielen und lernen FachredakteurInnen arbeiten, die von ihrem Metier etwas verstehen, lassen sich alle Themen in allgemeinverständlicher Weise vermitteln. Damit ist das Angebot auch für engagierte Eltern geeignet, die viel über moderne Bildung und Entwicklungsunterstützung erfahren möchten.

Lesen Sie dazu auch den Artikel von Prof. Dr. Armin Krenz.

Plattform und Lobby für moderne Bildung

Wir wollen eine Plattform und Lobby für alle sein, die sich für modernes Spielen und Lernen engagieren und damit einen Beitrag für eine verantwortungsbewusste, kreative und demokratische Gesellschaft leisten.

Im Mittelpunkt steht dabei unser Newsletter, den wir alle 14 Tage an gut 33.000 EmpfängerInnen versenden. Zudem gibt es fast täglich neue Beiträge auf spielen-und-lernen.online. Und auf Facebook und später auch Instagram entsteht unter „spielen und lernen“ eine Plattform zum Austausch und zur Diskussion.

Von FachredakteurInnen, WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen

Herausgeber und Chefredakteur ist Gernot Körner, der viele Jahre lang auch Chefredakteur, Verlagsleiter und geschäftsführender Verleger der Zeitschrift spielen und lernen war. Er will gemeinsam mit FachredakteurInnen, WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen die vorhandenen Kanäle vorantreiben und das Angebot weiter ausbauen.

Weitere Informationen

Gerne stehen wir Ihnen mit weiteren Informationen und für Fragen zur Verfügung: Gernot Körner, Körner Medien, Wannerstraße 1, 79106 Freiburg, 0761-429943-19, info@spielen-und-lernen.online.




Spielen und lernen

Kinder spielen und lernen

Nur wenn ein Kind wirklich spielfähig ist, wird es auch schulfähig:

Heute wissen wir, dass unsere gesamte Denkentwicklung daraus entsteht, wie häufig und intensiv wir als Kind aktiv gewesen sind. Diese Aktivität besteht bei Kindern fast immer aus dem Spiel. Darüber und über vieles andere schreibt Prof. Dr. Armin Krenz in seinem Beitrag über das Spielen und Lernen.

„Spiel“ – ein Wort, das ungeahnte Möglichkeiten birgt

Gerade das Thema Spiel(en) gleicht aufgrund der Häufigkeit seiner Bearbeitung fast einem „ausgelatschten Schuh“, weil kaum eine Woche vergeht, in der nicht ein Buch über das „Spiel“ veröffentlicht wird. Und fast keine Fachzeitschrift der Pädagogik darauf verzichtet, zumindest einmal in ihrer Ausgabe zum Phänomen „Spielen“ Stellung zu beziehen. Spielseminare werden veranstaltet. Spielemessen durchgeführt, Spielpädagogik in Schulen unterrichtet und Spielmittelvertreter bieten immer neuere Produkte an. Wo also hingeschaut wird, begegnet uns der Begriff „Spiel“. Einerseits scheint eine ungeheure Faszination von dem Wort auszugehen, andererseits birgt es ungeahnte Möglichkeiten, sich damit zu beschäftigen.

Die Folgen häufigen Aussagenmatsches

Tja, und nun dieser Artikel: Was kann er schon Neues bringen, ohne alte Kamellen aufzuwärmen, und warum lohnt es sich, ihn zu lesen? Die Antwort ist klar und unmissverständlich: Weil viele Veröffentlichungen das Phänomen „Spiel“ zerschlissen, zu viele Aussagen das Thema verwässert und zu viele Menschen das „Spiel“ zerredet haben. Was bleibt, ist nicht selten ein „Matsch von Aussagen“, die wirklichkeitsfremd, zu abgehoben und letztlich unklar sind.

Deshalb soll in dem Artikel ein Bereich besonders beachtet werden: bestehende Zusammenhänge zwischen Spiel- und Schulfähigkeit bei Kindern im Kindergartenalter. Die Folge häufigen „Aussagematsches“ über das Spiel sind bedenklich und nicht selten in der Praxis des Kindergartens zu beobachten:

Es werden zum Beispiel so unsinnige Trennungen gezogen zwischen dem „freien“ und „gebundenen Spiel“. Spiel wird als methodisches Mittel eingesetzt oder in den Erklärungen von ErzieherInnen Eltern gegenüber, warum das Spiel für Kinder wichtig ist, folgen ungenaue und unvollständige Erklärungen. Außerdem sind Seminare zum Thema „Spiel“ nahezu immer ausgebucht. Obgleich ja davon ausgegangen werden kann, dass ErzieherInnen während ihrer Ausbildung in dieser Frage genügend Spielkompetenz erworben haben. Es verwundert in diesem Zusammenhang nicht, dass etwa acht von zehn Kindergärten, die einen Referentenelternabend durchführen, den Wunsch äußern, zum Thema dieses Artikels dezidierte Ausführungen zu hören.

Spielen ist lernen – nicht mehr und nicht weniger

Wenn, wie wir wissen, die gesamte Denkentwicklung von Menschen daraus entsteht, wie häufig und intensiv sie als Kind aktiv gewesen sind/sein konnten, und wir gleichzeitig wissen, dass das gesamte Handeln von Kindern dazu dient, sich selber als ein „selbstbestimmter Bewirker“ zu erleben, sich in seinen Möglichkeiten und Grenzen zu erfahren, alte Erfahrungen auf neue Situationen zu übertragen und neue Erfahrungen zu bestaunen, dann heißt das zunächst einmal, dass das Tun für Kinder absolute Priorität vor allen anderen Äußerungsmöglichkeiten hat.

Wenn wir zudem wissen, dass das Spiel die Hauptaktivität von Kindern ist – nicht das Reden oder Zuhören, nicht das Besprechen von irgendwelchen Situationen –, dann ergibt sich die logische Zusammenführung, dass das Spiel eine kindgemäße, von ihm selbst gewünschte und mit Erlebnissen besetzte Handlungsaktivität ist, die immer im Zusammenhang mit seiner Lebensumwelt verbunden und daher für das Kind ernst, bedeutungsvoll und real ist.

Kinder lernen durch Handeln

Nur durch Tätigkeit lernt ein Kind Verhaltensweisen, die es in sein Verhaltensrepertoire aufnimmt und damit in seine Persönlichkeit integriert. Daher nimmt es – in diesem Zusammenhang – nicht wunder, dass zum Beispiel viele Gespräche mit Kindern über irgendetwas in der Regel keine langfristigen Auswirkungen haben. Und dies den Kindern zum Vorwurf zu machen hieße, entwicklungspsychologische Schritte bei Kindern zu missachten.

Spielen ist ein innerer Impuls

So heißt „Spielen“ für Kinder, den eigenen, inneren Impulsen nach Aktivität zu entsprechen, bestimmte Handlungsmöglichkeiten zu erproben und seinen Verhaltensspielraum zu erweitern. Es erscheint in diesem Zusammenhang fast überflüssig zu sein, eindringlich darauf hinzuweisen, dass also der Begriff „Lernen“ zunächst nichts mit „Intelligenzerweiterung“, „Begabungsausbau“ oder ähnlichen Begriffen zu tun hat. zumal – wie oben erwähnt – Kinder in ihrer Entwicklung mit/aus ihrem Spielen Verhaltensweisen (zum Beispiel Konzentration, Aufmerksamkeit) auf- und ausbauen.

Spielförderung bedeutet Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung

Spielförderung von Kindern im Kindergarten geht somit mit der Persönlichkeitsentwicklung und ihrer Fähigkeitenerweiterung Hand in Hand; Fähigkeiten, die sowohl für ihr eigenes Leben als auch für die Schule wichtig und bedeutsam sind. Die Entwicklung der Spielfähigkeit bei Kindern unterbrechen heißt, sie in ihrer Gesamtpersönlichkeitsentwicklung zu bremsen, Teilleistungsschwierigkeiten (zum Beispiel in der Sprache) zu provozieren und wesentliche Kompetenzen bezüglich der Schulfähigkeit zu beschneiden.

Spielfähigkeit als Voraussetzung zur Schulfähigkeit

Auf Grund der zuletzt vorgenommenen Aussage ist es nicht verwunderlich, dass zum Beispiel bei schulversagenden Kindern, die trotz durchschnittlicher, guter oder sogar sehr guter Begabung/Intelligenz große oder größte Schwierigkeiten in der Schule zeigen, immer wieder folgende Daten auffallen:

  • Sie wurden zu früh eingeschult.
  • Sie wurden im Kindergarten und/oder zu Hause zu früh mit kognitiven Ansprüchen konfrontiert und damit über- fordert und
  • ein überaus großer Teil der Kinder ist in seiner Spielfähigkeit eingeschränkt.

Es kann in diesem Zusammenhang nicht Aufgabe sein, in besonderem Maße auf die ersten beiden Punkte einzugehen. Nur soviel sei kurz angemerkt: Häufig werden in der Beurteilung von Schulfähigkeit bei Kindern zwei Merkmale miteinander verwechselt: Begabung und Schulfähigkeit. Unter Begabung verstehen wir die Leistungskapazität von Kindern. Also ihre Möglichkeiten, sich sprachlich auszudrücken, logisches Denken zu realisieren, Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen oder Sinnzusammenhänge zu erfassen.

Demgegenüber ist Schulfähigkeit etwas völlig anderes, nämlich neue und unbekannte Anforderungen auf Grund einer stabilen Selbstsicherheit neugierig und aufmerksam sowie angstfrei aufzugreifen und mit Interesse und Konzentration nach einer Lösung zu suchen und zu finden.

Geht es bei der Begabung also um eine eher kopforientierte (= kognitive) Leistungsmöglichkeit, so zeichnet sich Schulfähigkeit durch eine reale, zu beobachtende Handlungsaktivität aus.

Ein simpler Vergleich sei erlaubt: Eine Person mit Angst vor Hunden kann zwar wissen, dass ein bestimmter Hund nicht beißt, wird aber dennoch die Straßenseite wechseln, um ihm nicht zu begegnen. Das Wissen hilft der Person also nicht dabei, ihren Weg auf der Straßenseite mit dem Hund fortzusetzen. Oder: Ein Kind mit massiven Sprachschwierigkeiten weiß zwar, dass ihm nichts Ernsthaftes passiert, wenn es spricht und dabei stottert, schränkt seine Sprechhäufigkeit aber trotzdem immer weiter ein. Wissen (= Begabung) und Können (= Schulfähigkeit) sind daher immer zwei deutlich unterschiedliche Bereiche.

Kinder wollen ihre Lebenssituation begreifen

Zum anderen wissen wir, dass Kinder im Kindergartenalter – gerade auf Grund heutiger veränderter Lebenssituation im Vergleich zu früheren Kindheitserfahrungen – vor allem darum bemüht sind, ihre besondere Lebenssituation zu begreifen, Erfahrungen zu verarbeiten, Enttäuschungen und „Unbegreiflichkeiten“ (zum Beispiel Elternstreit unverstandene Fernsehgeschichten) nachzuvollziehen und für sie offene Fragen zu beantworten. Kinder sind mit sich beschäftigt, ihrer Sicht von Wirklichkeit und ihrem Verständnis von Richtigkeit. Dabei stören letztendlich irgendwelche, von Erwachsenen ausgearbeitete Denkaufgaben den Prozess der Kinder sich zu definieren und umfassend zu begreifen.

Auch wenn vorschulische Arbeit von ErzieherInnen und Eltern mit noch so guten Absichten eingesetzt wird: Dies geht grundsätzlich an der Aufgabe des Kindergartens vorbei, entspricht nicht der Entwicklungsrealität von Kindern und bedingt langfristig genau das Gegenteil im Hinblick auf Intelligenzförderung. Verschiedene Untersuchungen belegen dies eindeutig. Leider ist dies schon lange bekannt. Dennoch hält sich das Märchen von der „frühen Vorschulförderung als ein guter Start fürs Leben“ weiterhin aufrecht mit dramatischen Folgen für Kinder.

Schulversagen und Einschränkung der Spielfähigkeit

Nun folgt eine entscheidende Beobachtung: Kinder, die in Teilbereichen oder auf ganzer Linie in der Schule versagen, zeigen in hohem Maße Einschränkungen in ihrer Spielfähigkeit. Umgekehrt ist es so, dass Kinder mit einer ausgesprochen guten Spielfähigkeit durchweg den Anforderungen in der Schule entsprechen.

Natürlich können und müssen hier Vermutungen geäußert werden: Offensichtlich haben Kinder mit einer guten Spielfähigkeit Kompetenzen zur Verfügung, die notwendig für ihr Bestehen in der Schule sind. Gleichzeitig bringen kognitive Förderungsprogramme den emotionalen Entwicklungsprozess bei Kindern durcheinander, der wiederum dafür verantwortlich ist, dass sie in ihrem Aufbau der Spielfähigkeit gehandicapt werden. Und genau hier schließt sich der Kreis. Folgendes Schaubild mag dies verdeutlichen:

Eingeschränkte Spielfähigkeit, bedingt durch Geschehnisse/Situationen in der unmittelbaren Umgebung des Kindes = eingeschränkte Schulfähigkeit

Im Gegensatz dazu:

Gute Spielfähigkeit bedingt durch kindgerechte Rahmenbedingungen im Kindergarten bezüglich des Spiels und einer hohen Wertschätzung durch die Eltern = vorhandene Schulfähigkeit

Was „Spielfähigkeit“ bedeutet

Spätestens jetzt kommt die Frage auf, was denn unter Spielfähigkeit verstanden wird: Darunter verbirgt sich die grundsätzliche Fähigkeit (= Kompetenz), die Fülle der Spielformen, wie zum Beispiel Rollen-, Imitations-, Bewegungs-, Regel-, Fantasie-, Strategie-, Funktions-, Imaginations- und darstellendes Spiel aktiv zu erleben und ohne und mit Material, alleine und mit anderen Personen, langfristig und ausdauernd sowie mit Neugierde, Aufmerksamkeit und Konzentration belastbar eine Spielsituation zu gestalten.

Selbstverständlich können sich Kinder nur dort spielend erfahren und verwirklichen, wo einerseits die gesamte Atmosphäre zum Spielen motiviert, andererseits Kinder genügend Raum zur Verfügung bekommen, in dem sie sich ernst genommen fühlen. Dies passiert dann, wenn Kinderbedürfnisse zum Ausgangspunkt der Pädagogik gemacht werden und nicht Eltern/ErzieherInneninteresse die Arbeit bestimmt.

Schulfähigkeit als Folge von Spielfähigkeit

Es fasziniert immer wieder, Verhaltensweisen bei Kindern zu beobachten, die viel und intensiv spielen, im Kindergarten, zu Hause und mit Freunden in deren Umgebung. Sie zeichnen sich zum Beispiel dadurch aus, dass sie in der Regel ausgeglichen, zuversichtlich, voller eigenem Vertrauen, bewegungsaktiv und -koordiniert, kontaktfreudig, ausdauernd und motiviert, sprachaktiv und kooperativ, wahrnehmungsoffen und aufmerksam, interessiert, neugierig und fantasievoll sind. Bringen wir diese Beobachtungen und weitere differenzierte Wahrnehmungen in ein Ordnungsraster im Hinblick auf grundsätzliche Kriterien zur Schulfähigkeit, so ergibt sich folgendes Bild: Schulfähigkeit ist definiert als ein Kompetenzgefüge mit folgenden Teilfähigkeiten:

Kognitive Schulfähigkeit, zum Beispiel

  • Kinder zeichnen sich durch Konzentration, also Ausdauer und Genauigkeit aus,
  • haben ein aktives Sprechverhalten,
  • besitzen einen guten Sprachfluss, einen großen Wortschatz,
  • denken in folgerichtigen Kausalzusammenhängen,
  • können Informationen abstrakt und logisch weitergeben,
  • besitzen eine gute Wahrnehmungs- und Beobachtungsfähigkeit.

Emotionale Schulfähigkeit, zum Beispiel

  • Kinder sind gefühlsmäßig eher ausgeglichen,
  • stehen neuen Anforderungen zuversichtlich gegenüber,
  • haben Vertrauen in die eigene Person,
  • verarbeiten Enttäuschungen eher ruhig und konstruktiv,
  • können uneindeutige Situationen in gewissem Rahmen aushalten,
  • zeigen eine hohe Anstrengungsbereitschaft

Motorische Schulfähigkeit, zum Beispiel

  • Kinder haben ein gutes Reaktionsvermögen,
  • zeichnen sich durch eine gute visuellmotorische
  • Koordinationsfähigkeit aus,
  • können ihre Feinmotorik steuern,
  • setzen grobmotorische Aktivitäten bewusst ein.

Soziale Schulfähigkeit, zum Beispiel

  • Kinder haben eine altersentsprechende Toleranzhaltung,
  • nehmen gerne Kontakt zu anderen Menschen auf,
  • sind in einer Gruppe ansprechbar,
  • halten Kontakte einerseits aufrecht, brechen aber auch Kontakte überlegt und gezielt ab,
  • haben keine Schwierigkeiten, sich von vertrauten Personen zu lösen,
  • halten Regeln ein beziehungsweise arbeiten an ihrer Veränderung.

Spielfähigkeit und Schulfähigkeit

Vergleichen wir nun die Fähigkeiten von Kindern, die sich durch eine gute Spielfähigkeit auszeichnen, mit den Anforderungen der Verhaltensweisen, die einer Schulfähigkeit zugerechnet werden, fällt auf, dass Deckungsgleichheit besteht. Das heißt im Einzelnen:

  • Kinder erwerben beim Spielen die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie brauchen, um schulfähig zu sein.
  • Schulfähigkeit ist eine mittelbare Folge aus der Spielfähigkeit. Sie zu beschneiden hieße, Kinder im Aufbau ihrer Schulfähigkeit aktiv und passiv behindern.
  • Kognitive Lernprozesse geschehen gerade während des Spiels. Also in Situationen, die nicht von Erwachsenen im Hinblick auf kognitive Förderung strukturiert sind!
  • Eine der wesentlichen Grundlagen für Intelligenz und Selbstbewusstsein von Menschen ist die Fähigkeit, sich in andere Menschen, ihre Absichten und Gedanken, hinein- versetzen zu können. Genau dies geschieht im Spiel und gerade nicht beim so genannten „vorschulischen Arbeiten“.
  • Die „allgemeine Schulfähigkeit“ ist immer nur dann ge- geben, wenn die „emotionale Schulfähigkeit“ ausgeprägt ist. Sie dominiert an erster Stelle und kann sich nur dort entwickeln, wo Kinder ausgiebig spielen.
  • Nur wenn die „emotionale Schulfähigkeit“ bei Kindern ausgeprägt ist, kann sich die „kognitive Schulfähigkeit“ am besten entwickeln.

Ausblick

Spiel schafft Kindern Identität und vermittelt ihnen, wer sie sind, was sie können, wie ernst sie genommen werden und welche Achtung sie real erfahren. Natürlich wäre es völlig falsch, die Förderung der Spielfähigkeit lediglich unter dem Aspekt einer Schulfähigkeit zu sehen: Damit würde das Spiel pervertiert werden. Vielmehr dient das Spiel den Kindern dazu, sich in ihrer Gesamtpersönlichkeit zu erfahren und zu entwickeln. Weil es genau ihre Möglichkeit ist, ihr Leben spielend zu begreifen.

Wir wissen, dass auf der einen Seite die Lebensrealität von Kindern sowohl durch Elternforderungen und familiären Druck, massiv zunehmende Medieneinwirkungen und ökologische Dramen gekennzeichnet ist. Auf der anderen Seite durch gleichbleibend ungünstige Bedingungen in pädagogischen Einrichtungen immer größere Anforderungen an Kinder ( Eltern und ErzieherInnen) gestellt werden. So nimmt es nicht wunder, dass „auffällige Verhaltensweisen“ bei Kindern in einigen Verhaltensbereichen, wie zum Beispiel Sprache, Psychosomatik und Selbstwertgefühl, in Form von Sprachauffälligkeiten, körperlicher Anfälligkeit bei seelischer Belastung und zunehmender Angst in den letzten beiden Jahr- zehnten erheblich zugenommen haben.

Dem muss kompetent begegnet werden in Gesprächen mit KollegInnen, Eltern, MitarbeiterInnen anderer Einrichtungen, Berufs- verbänden und mit Trägern sowie in der Veränderung von Situationen. So auch in der Forderung, zum Beispiel dem Spiel absolute Priorität im Umgang mit Kindern zu gewähren, vorschulische Arbeitsblätter und -programme zu verbannen und eine Öffentlichkeitsarbeit zur Bedeutung des Spiels für die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern – auch im Hinblick auf ihre Schulfähigkeit – voranzubringen, dass gerade ErzieherInnen auf Grund ihres faktischen Wissens daran mitarbeiten, die Welt von Kindern aktiv mitzuverändern im Sinne des Schaffens von Spielwelten, wo es Spaß macht, als Kind zu leben und ausgiebig zu spielen.

Gleichzeitig sind aber auch politische Mandatsträger gefordert, Vorschulen systematisch aufzulösen, für wirklich attraktive Spiel- flächen und -plätze zu sorgen und vor allem endlich Konsequenzen aus Untersuchungsergebnissen zu ziehen, wenn es zum Beispiel um das Einschulungsalter geht. Wir wissen, dass die Zahl der schulversagenden Kinder, die mit knapp sechs Jahren eingeschult werden, um ein Vielfaches höher ist als die Anzahl der Kinder, die erst mit sieben Jahren eingeschult werden. Gleichzeitig wissen wir, dass die Entwicklung der Spielfähigkeit sich bis ins 7. Lebensjahr der Kinder hineinbringt (Parallelität von Schul- und Spielfähigkeit).

Welch ein Beleg zur Durchsetzung der Forderung, Kinder erst mit sieben Jahren einzuschulen! Die Schule muss sich fragen, wie kinderfreundlich und kindfähig sie ist. Lehrerinnen haben eine Antwort auf die Frage zu finden, welches Lernverständnis sie zur Grundlage ihres Unterrichts gewählt haben und wie kindzentriert ihre Schulstunden ausgerichtet sind. Die Arbeit der ErzieherInnen wird sich daran messen, wie spielkompetent die Kinder während der Kindergartenzeit wurden, ohne dass das Spiel zu einem methodischen Mittel degradiert und sinnentleert wurde.

Armin Krenz




Richtig loben – Wie echte Anerkennung motiviert

Falsches Lob kann böse Folgen haben, echtes Lob motiviert:

Richtig loben will gelernt sein. Erst unlängst forderte der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, dass es Ältere doch mehr würdigen sollten, dass Jugendliche in Corona-Zeiten Verzicht üben und eben nicht auf Partys und in Clubs gehen würden. Was so manchem wie ein schlechter Witz erscheinen mag, meinte der Vorsitzende der Jugendorganisation jener Partei, die sich mit dem C auch die christlichen Werte ins Stammbuch geschrieben hat, völlig ernst. Hier wünscht jemand Lob und Anerkennung für das einhalten von Regeln. Etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte und von jedem erwartet werden darf. Sicher ist das ein prominentes Beispiel. Aber es ist auch keine Seltenheit.

Vorsicht – Lob kann demotivieren

Was ist da schief gegangen? Viele erinnern sich sicher noch an den Spruch „Hast Du Dein Kind heute schon gelobt?“. Das führte zu einer Flut von regelrechten Lobhudeleien, die Kinder aber weder bestärkten, noch motivierten. Ganz im Gegenteil: Es führte zu einer regelrechten Sucht nach Lob, um letztlich aber die von den Eltern erwarteten Aktionen zu blockieren. Um das zu verstehen, hilft es, sich Lob aus Erwachsenensicht anzusehen:

Stellen Sie sich vor, sie lernen gerade Tennisspielen. So sehr Sie sich auch mühen, Ihr Ball landet beim Aufschlag meist im Netz oder im Aus. Heute spielen Sie im Doppel mit einem neuen Partner. Ihr erster Aufschlag sitzt perfekt. Ihr Partner sagt: „Hey, Deine Aufschläge sind ja der Hammer!“

Wie fühlen Sie sich? Sind Sie stolz auf sich? Fühlen Sie sich selbstbewusster? Oder haben Sie vielleicht doch mehr Angst davor, dass Sie beim nächsten Mal den Ball nicht mehr so gut treffen?

„Lob ist kompliziert. Forschung und Beobachtung legen nahe, dass es nicht darum geht, wie viel wir loben, sondern wie wir Kinder richtig loben“, erklärt Joanna Faber. Sie ist die Tochter der berühmten amerikanischen Familienberaterin Adele Faber, mittlerweile selbst Pädagogin, Autorin und Mutter von drei Kindern. Sie hat anhand von etlichen praktischen Fällen festgestellt, dass falsches Lob zu Misstrauen, Demotivation, Verzweiflung und Angst führen kann. Eben hat sie in Deutschland das Buch „Wie Sie sprechen sollten, damit Ihr Kind sie versteht, herausgebracht. In den USA ist das Buch längst ein Bestseller. Der Grund: Obwohl ihr Buch auf dem wissenschaftlich neuesten Stand ist, sind die beschriebenen Tipps und Ratschläge vielfach erprobt und lassen sich direkt in die Praxis umsetzen.

Falsches Lob mit Folgen

Dabei wollen Eltern doch gerade das Gegenteil. Auf die Frage, warum sie ihre Kinder loben, antworten die meisten: „Wir versuchen, sie auf ihre eigenen Stärken aufmerksam zu machen.“, „Wir möchten sie dazu ermutigen, mehr von dem Gleichen zu tun.“, „Wir möchten, dass sie sich sicher fühlen … oder noch mehr versuchen“. „Es erscheint nur natürlich, dass wir unsere Kindern häufig und mit Begeisterung loben, wenn wir versuchen, ihr Selbstwertgefühl zu steigern: Sie sind großartig, klug, wunderbar, schön, das Beste!“

Laut einem Bericht über eine Studie des psychologischen Instituts der Universität Zürich ist mittlerweile erwiesen, dass ein Fähigkeitslob („Du bist so clever!) im Gegensatz zu einem Anstrengungslob („Da hast Du Dir aber Mühe gegeben“) dazu führt, dass Kinder herausfordernde Aufgaben in Zukunft künftig eher meiden. Der Grund dafür ist, dass Fähigkeiten im Gegensatz zur Anstrengung weniger veränderlich erscheinen. Und Kinder es eher vermeiden möchten, als „unfähig“ dazustehen. Auch ein Vergleichslob („Das hast Du besser gemacht als die anderen“) wirkt im Gegensatz zum Meisterungslob („Jetzt hast Du es geschafft“) auf die intrinsische Motivation eher negativ, stellt Dr. Martin Tomasik in diesem Bericht fest.

Der Grund: Es suggeriert Kindern, dass es wichtiger ist, besser zu sein als andere als etwas tatsächlich zu können. Auch übertriebenes Lob wie „Das ist das schönste Bild, das ich jemals gesehen habe“, statt „Das ist ein schönes Bild, das Du da gemalt hast“, schadet dem Kind. Besonders Kinder mit einem schwachen Selbstwertgefühl steigern daraufhin nicht ihre Anstrengungen, sondern suchen sich dann meist die einfachsten Aufgaben.

Besonders drastisch beschreibt der jüngst verstorbene dänische Familientherapeut Jesper Juul die Folgen übertriebenen Lobs in seinem Buch „Aus Erziehung wird Beziehung“. Auf die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Jugendliche in Amerika, die aus sogenannten „guten Familien“ kommen, Gewalttaten begehen, antwortet er: „Was aber typisch für ,gute Familien’ … ist, dass sie die ganze Zeit Loblieder auf ihre Kinder anstimmen. Und was diese Kinder dann entwickeln, ist kein gesundes Selbstwertgefühl, sondern sie werden zu angeheizten, aufgeblasenen Egos. Da braucht nur eine Kleinigkeit vorzufallen, und schon lösen sich diese Egos in Nichts auf. Eine kleine Enttäuschung, dass die Zensuren nicht gut genug sind… reicht diesem jungen Menschen, um in Wut auszubrechen. Diese Kinder wurden zwar dauernd gelobt und mit großen Worten betört…, aber sie haben keine Wärme und authentische Nähe erfahren. Mit anderen Worten: Diese Kinder sind von ihren Eltern konsequent betrogen worden.“ Aus: Jesper Juul, Aus Erziehung wird Beziehung, ISBN 978-3-451-05533-1)

Kinder richtig loben und motivieren

Die beste Antwort darauf, hat der israelische Familienpsychologe Dr. Haim Ginott gegeben: „Das wertvollste Geschenk, das wir einem Kind machen können, ist ein positives und realistisches Bild von sich selbst. Nun, wie formt sich dieses Selbstbild? Nicht von einem Moment auf den anderen, sondern langsam, eine Erfahrung nach der anderen.“ Das trägt zu einem Bewusstsein der Kinder über sich selbst bei. Daraus entsteht: echtes Selbstbewusstsein.
Wer also richtig loben will, muss wissen, dass Lob nichts anderes als das Gegenteil von negativer Kritik ist. Und deshalb muss es realistisch und begründet sein. Echtes Lob ist ehrliche Anerkennung. Deshalb ist es nicht immer angemessen zu loben.
Aber es gibt eben auch Zeiten, zu denen Kinder ermutigende Sätze brauchen. Sie zeigen ihr gemaltes Bild und wollen wissen, ob wir es mögen. Was ist die beste Reaktion darauf? Gemeinsam mit Julie King hat Joanna Faber einige Regeln für echtes Lob in ihrem Buch „Wie Sie sprechen sollten, damit ihr Kind Sie versteht“ aufgestellt:

1. Beschreiben Sie, was Sie sehen

Wer richtig loben will, sollte nicht bewerten. Beschreiben Sie einfach, was Sie sehen. Statt: „Das ist ein schönes Bild!“ Versuchen Sie: „Ich sehe grüne Linien, die auf der Seite nach oben und unten laufen. Und sieh, wie sie all diese roten Formen verbinden!“ Anstelle von: „Gute Arbeit!“ Versuchen Sie: „Ich sehe, du hast alle Autos und Bücher weggeräumt und sogar die schmutzigen Socken mitgenommen! Ich sehe blanken Boden. Das war ein prima Job.“ Oder wenn Sie keine Lust auf viele Worte haben, können Sie einfach sagen: „Du hast es geschafft!“
Durch diese Aussagen versteht Ihr Kind, dass Sie es beachten und seine Leistung anerkennen, ohne eine Bewertung oder ein Urteil vorzunehmen, das es von künftigen Bemühungen abhalten könnte.

2. Beschreiben Sie die Auswirkungen auf andere

Wir alle möchten, dass unsere Kinder gute Mitmenschen sind. Wir wollen sie ermutigen, anderen zu helfen. Hüten Sie sich vor der Versuchung, ihren Charakter zu beurteilen. Bleiben sie bei der Beschreibung!
Anstelle von: „Du bist ein gutes Mädchen!“, können Sie sagen: „Du hast diese Einkaufstüten bis zur Küche getragen. Das war eine große Hilfe!“ Anstelle von: „Du bist der beste große Bruder!“, können Sie sagen: „Das Baby liebt es, wenn du diese lustigen Geräusche machst. Ich sehe ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht.“

3. Beschreiben Sie den Aufwand

Lob ist mächtig. Auf falsche Weise eingesetzt, kann es Kinder von Aktivitäten und Verhaltensweisen abhalten, zu denen wir ermutigen wollten. So klingt es, wenn Sie Anstrengungen loben, anstatt das Kind zu bewerten: Anstelle von: „Was für ein kluger Junge du bist!“, können Sie sagen: „Du hast weiter an diesem Rätsel gearbeitet, bis du es herausgefunden hast.“ Anstelle von: „Du bist ein talentierter Turner.“, können Sie sagen: „Ich habe gesehen, wie du immer wieder auf diesen Schwebebalken geklettert bist, bis du den ganzen Balken entlanggelaufen bist, ohne herunterzufallen.“

4. Beschreiben Sie den Fortschritt

Ein Vorteil des beschreibenden Lobes ist, dass Sie es auch verwenden können, wenn die Dinge nicht besonders gut laufen. Wenn ein Kind Chaos fabriziert oder mit einer Aufgabe zu kämpfen hat, sind wir versucht zu sagen, was es falsch gemacht hat. Aber das hilft wirklich nicht. Andererseits kann unechtes Lob: „Mach dir keine Sorgen, du machst das gut!“, wütend machen: „Nein, es geht nicht gut!“.
Mit beschreibendem Lob können wir den Fortschritt auf eine Weise aufzeigen, die sich unterstützend und aufrichtig anfühlt. Anstatt darauf hinzuweisen, was los ist … „Diese Handschrift ist so schlampig, dass man sie kaum lesen kann.“, sollten Sie zunächst hervorheben, was richtig ist: „Seht euch diesen Buchstaben ,B’ an! Er ist Sieger des Schönheitswettbewerbs. Er steht so hübsch auf der Linie. Er geht nicht durch den Boden und stört die Nachbarn im Erdgeschoss.“
Manchmal müssen wir darauf hinweisen, was falsch ist. In diesem Fall ist es wichtig, das Positive zuerst zu würdigen. Wenn Sie möchten, dass Kritik angenommen wird, sollten Sie drei positive Dinge sagen, bevor Sie das Negative erwähnen. Und selbst dann ist es am nützlichsten, Ihre Kritik positiv zu formulieren. Sprechen Sie darüber, was „getan werden muss“ und nicht, was immer noch falsch ist.

5. Widerstehen Sie dem Drang, im Vergleich zu loben

Kinder auf Kosten anderer zu loben, führt letztlich dazu, dass sie lernen, dass es wichtiger ist, besser zu sein, als wirklich etwas zu können. Stattdessen sollten Sie bei der Beschreibung seiner Handlungen, seiner Bemühungen, seines Fortschritts und seiner Auswirkungen Ihr Kind darauf aufmerksam machen, welche Auswirkungen es auf andere haben wird: „Du hast deine Schuhe selbst angezogen. Ich weiß, wer dem Baby beibringt, seine Schuhe zu binden, wenn es etwas größer wird.“ Jetzt kann es sich selbst als Lehrer seines kleinen Bruders sehen und nicht als Rivale.

Indem wir beschreibend loben, halten wir unseren Kindern einen Spiegel vor, um ihnen ihre Stärken zu zeigen. So gestalten Kinder ihr Selbstbild und wir schaffen einen Vorrat an Erinnerungen, die nicht weggenommen werden können.

Unser Buchtipp: Joanna Faber, Julie King: Wie Sie sprechen sollten, damit ihr Kind Sie versteht – Ein Überlebenshandbuch für Eltern mit Kindern von 2 bis 7 Jahren, Oberstebrink 2020, 384 Seiten, ISBN 978-3-96304-026-9, 24 €.