Bundesweit fehlen über 300.000 Krippenplätze

Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft findet jedes siebte Kind unter drei Jahren findet keinen Kitaplatz

Seit mehr als zehn Jahren gibt es für Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Doch noch immer gelingt es der Politik nicht, die Vorgabe zu erfüllen: Im Frühjahr 2024 gab es bundesweit für 306.000 Kinder unter drei Jahren mit einem Betreuungsbedarf keinen Platz. Das zeigen IW-Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts und des Familienministeriums.

Versorgungslage im Osten am besten

Besonders schlecht ist die Lage in Westdeutschland: In Bremen gibt es für beinahe jedes vierte Kind (23,9 Prozent) keinen Platz, in Nordrhein-Westfalen ist der Anteil auf 18,6 Prozent der unter Dreijährigen gestiegen. Anders im Osten, dort gibt es nur für 7,6 Prozent der Kinder keinen Betreuungsplatz. Beim Spitzenreiter Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar nur 3,9 Prozent. Allerdings ist die Lage dort eine andere: Gegenüber dem Jahr 2016 sind die Geburten in den neuen Bundesländern um 25 Prozent zurückgegangen (Westen: 9,6 Prozent). In den kommenden Jahren könnte es deshalb dort sogar ein Überangebot geben.

Bedarf im Westen bleibt hoch

„Im Osten muss die Politik schon heute darüber nachdenken, das Betreuungsangebot zu reduzieren“, sagt IW-Bildungsexperte Wido Geis-Thöne. Im Westen dürfte der Bedarf hingegen auf absehbare Zeit hoch bleiben, die dortigen Länder und Kommunen müssen den Ausbau deutlich forcieren. „Der Mangel an Kitaplätzen ist ein politisches Armutszeugnis. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer noch in weiten Teilen der Bundesrepublik stark eingeschränkt“.

Wido Geis-Thöne (IW)




Die Gesundheitskompetenz in den Familien stärken

Kindergesundheitsatlas bietet Einblick in das allgemeine Wohlbefinden in Kitas und Schulen

Die Gesundheit von Kindern spielt in Familien eine wichtige Rolle. Die AOK Rheinland/Hamburg hat Eltern zur Gesundheit und zum allgemeinen Wohlbefinden ihrer Kinder befragt. Im Mittelpunkt stehen dabei zehn häufige chronische Erkrankungen. Zudem blickt der Kindergesundheitsatlas auf Fragen des allgemeinen Wohlbefindens in Kitas und Schulen, aber auch auf den Medienkonsum oder den Gebrauch von Suchtmitteln.

Die Ergebnisse der repräsentativen Befragung zeigen: Viele Eltern sorgen sich um die Gesundheit ihrer Kinder, entweder weil bereits eine Erkrankung diagnostiziert wurde oder weil sie eine Erkrankung ihrer Kinder vermuten. Chronische Erkrankungen sind nicht nur für die betroffenen Kinder eine Belastung, auch die Eltern fühlen sich teilweise sehr belastet und mit der Situation überfordert. Eine frühzeitige Behandlung von chronischen Erkrankungen ist besonders wichtig, denn sie kann schweren Verläufen vorbeugen und das Risiko möglicher negativer Folgen verringern.

Kinder und Eltern sind durch Erkrankungen der Kinder belastet

Grundsätzlich schätzen 56 Prozent der befragten Eltern den Gesundheitszustand ihrer Kinder als sehr gut ein, jedoch sinkt dieser Wert deutlich, wenn bei den Kindern der Verdacht auf mindestens eine der abgefragten chronischen Erkrankungen besteht oder eine entsprechende Diagnose vorliegt (45 Prozent). Jedes dritte Elternteil, bei dessen Kind eine der abgefragten chronischen Erkrankungen diagnostiziert ist oder vermutet wird, schätzt die Belastung des Kindes (32 Prozent) sowie die eigene Belastung (34 Prozent) durch die Erkrankung des Kindes als sehr stark bzw. eher stark ein. Zudem sind Ängste und Sorgen vor der Verschlechterung einer Erkrankung (43 Prozent) oder der dauerhaften Beeinträchtigung (42 Prozent) durch eine Erkrankung sehr weit verbreitet. Fast ein Drittel der betroffenen Eltern (29 Prozent) haben Sorge, nicht ausreichend informiert zu sein oder sind nicht sicher, ob sie ihrem Kind bestmöglich helfen können. 16 Prozent der Eltern treibt die Frage um, ob sie eine Mitschuld an der Erkrankung der Kinder tragen.

„Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass wir die Gesundheitskompetenz in den Familien und besonders bei den Eltern stärken müssen. Sie brauchen einen verständlichen Überblick darüber, welche Vorsorgeuntersuchungen es gibt, wo sie gute, verlässliche Informationen über Krankheitsbilder finden und welche Verhaltensweisen gesundheitsfördernd sind“, sagt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg.

ADHS – Eltern fürchten soziale Benachteiligung

Für den Kindergesundheitsatlas wurden 20 Diagnosen abgefragt, zehn davon wurden näher betrachtet.  Darunter waren sowohl körperliche Erkrankungen als auch psychische Erkrankungen bzw. Entwicklungsstörungen. Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten psychischen Störungen im Kinder- und Jugendalter. Typische Symptome sind Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität, die über einen längeren Zeitraum in unterschiedlichen Lebenssituationen auftreten und den Alltag stark beeinträchtigen. Im Alltag können diese Symptome insbesondere auch im schulischen und sozialen Bereich zu Herausforderungen führen.

Vier Prozent der drei- bis 17-jährigen Kinder aus dem Rheinland und aus Hamburg haben laut den Aussagen der befragten Eltern eine diagnostizierte ADHS. Bei weiteren sechs Prozent vermuten die befragten Eltern, dass ihr Kind an ADHS erkranken könnte oder bereits erkrankt ist.

Eltern sind stark belastet

Die Zahl der vermuteten Erkrankungen liegt hier über der der bestätigten Fälle. Zugleich fällt auf, dass die Belastung der Eltern laut Befragung über der Belastung der Kinder liegt. Laut Elternaussagen ist knapp die Hälfte (49 Prozent) der Kinder mit ADHS-Diagnose und fast ein Drittel (30 Prozent) der Kinder mit vermutetem ADHS eher bzw. sehr stark belastet. Der Anteil an eher bzw. sehr stark belasteten Eltern liegt bei einer diagnostizierten ADHS bei 58 Prozent und bei vermuteter ADHS bei 44 Prozent.

Sören Schiller, Geschäftsführer der IMK GmbH – Institut für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung, sagt: „Die hohe Zahl der ADHS-Vermutungen und die von den Eltern stark empfundene Belastung für sich und ihre Kinder lassen auf einen hohen Informations- und Unterstützungsbedarf schließen. Hierbei sehen die befragten Eltern neben den Kinder- und Fachärzten insbesondere auch die Krankenkassen in der Pflicht. Gesundheitskompetenz und verständliche Informationen helfen Familien dabei, verlässliche Informationen und Behandlungsangebote zu finden und dadurch besser mit der Erkrankung der Kinder umzugehen.“

Adipositas – hohe Dunkelziffer – Sorge um Mitschuld

Bei der Betrachtung von starkem Übergewicht/Adipositas wurde für den Kindergesundheitsatlas nicht nur die Einschätzung der Eltern abgefragt, sondern zusätzlich wurden Gewicht, Größe und Alter der Kinder erfasst. Das Vorgehen ermöglicht methodisch einen Vergleich der Einschätzung der Eltern mit dem Ist-Zustand des diagnoserelevanten Body-Mass-Index (BMI), der sich aus Gewicht, Größe und Alter der Kinder bestimmen lässt. Dabei zeigt sich, dass mehr Kinder laut BMI adipös sind (7 Prozent) als Diagnosen vorliegen bzw. vermutet werden:

Die Zahl der Diagnosen liegt bei zwei Prozent, die der Verdachtsfälle bei 3 Prozent

Die genauere Betrachtung dieser Fälle macht deutlich, dass die Dunkelziffer wohl noch größer ist als gedacht: Von den 7 Prozent der nach BMI adipösen Kinder hat nach Angaben der Eltern nur 1 Prozent aktuell eine Adipositas-Diagnose, bei ebenfalls 1 Prozent dieser Kinder vermuten die Eltern Adipositas.

Bei den restlichen fünf Prozent der nach BMI adipösen Kinder ist nach Angaben der Eltern Adipositas weder diagnostiziert noch vermutet

Im Vergleich mit anderen Erkrankungen sind bei Adipositas die Sorgen der Eltern um eine mögliche gesellschaftliche Benachteiligung der Kinder (63 Prozent bei Diagnose/45 Prozent bei Verdacht), dauerhafte Beeinträchtigung (83 Prozent/50 Prozent) und Verschlimmerung der Erkrankung (80 Prozent/53 Prozent) besonders stark ausgeprägt. Auffällig ist auch das hohe Maß an Sorgen vor der eigenen Mitschuld an der Erkrankung des Kindes (59 Prozent bei Diagnose/38 Prozent bei Verdacht) und die Überforderung der Elternhäuser im Umgang mit der Situation (44 Prozent/30 Prozent).

„Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Sorgen der Eltern um das Wohlergehen ihrer Kinder gerade beim Thema Adipositas sehr groß sind. Oftmals spielt auch Scham eine Rolle“, sagt Dr. Anne Neuhausen, Kinderärztin bei der AOK Rheinland/Hamburg. „Mit gesunder Ernährung, regelmäßiger körperlicher Aktivität, einer adäquaten medizinischen Begleitung und emotionaler Unterstützung stehen den Eltern adipöser Kinder eine Reihe wirksamer Mittel zur Verfügung, um die Erkrankung und ihre sozialen Folgen in den Griff zu bekommen. Es ist deshalb wichtig, Familien aufzuklären und ihnen nachhaltige und gangbare Wege aus der Situation aufzuzeigen.“ 

Prävention Schlüssel zur Gesundheit – Kooperation nötig

„Langfristig muss es uns gelingen, durch gezielte Gesundheitsförderung die Entstehung von Erkrankungen oder Anzeichen einer Krankheit frühzeitig abzuwenden: Prävention ist der Schlüssel zu einem gesunden Leben“, erklärt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. „Kinder sind unsere Zukunft und wir haben die Chance, diese bestmöglich zu gestalten. Gesundheitsförderung ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie kann nur erfolgreich sein, wenn alle zusammenwirken: Politik und Kommunen, Kindertagesstätten, Schulen, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, Vereine, Ärztinnen und Ärzte und Krankenkassen. Wir müssen es endlich zusammen anpacken und nachhaltige Strukturen dafür schaffen.“

Einzelbetrachtung Hamburg

In Hamburg wurden 849 Elternhäuser befragt. Dort schätzen 57,8 Prozent der befragten Eltern den Gesundheitszustand ihres Kindes als ‚sehr gut‘ ein. In der Hansestadt gaben 3,2 Prozent der Eltern an, dass bei ihrem Kind eine ADHS-Diagnose vorliegt. 6,3 Prozent der Eltern vermuten ADHS ohne bisher vorliegende Diagnose (vgl. S. 73). Damit liegt Hamburg bei den ADHS-Diagnosen leicht unter und bei den Vermutungen leicht über dem Durchschnitt der Gesamtbefragung. Bei Adipositas gaben 2,3 Prozent der befragten Eltern an, dass ihr Kind adipös sei. Die Erkrankung vermuten 1,1 Prozent der Eltern in Hamburg.

Kindergesundheitsatlas

Der Kindergesundheitsatlas der AOK Rheinland/Hamburg beruht auf einer repräsentativen Befragung von 5.000 Eltern in Rheinland und Hamburg. Durchgeführt wurde die Befragung von der IMK GmbH – Institut für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch Prof. Dr. Dr. Holger Muehlan von der HMU Health and Medical University Erfurt.

Quelle: Pressemitteilung AOK




DKHW: Studie zeigt Mängel bei Beteiligungsrechten für Kinder und Jugendliche

ergebnisbericht

Kinderhilfswerk fordert Ausbau der Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche auf allen föderalen Ebenen

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert einen Ausbau der Beteiligungsrechte für Kinder. Dazu zählen aus Sicht der Kinderrechtsorganisation die Verankerung von Kinderrechten und damit einhergehend von Beteiligungsrechten im Grundgesetz und in den Verfassungen der Bundesländer, der Ausbau bestehender Beteiligungsrechte in Fachgesetzen sowie der flächendeckende Ausbau von beteiligungsfördernden Strukturen. Auch die Einsetzung von Kinder- und Jugendbeauftragten, die Einrichtung von Fach- und Servicestellen der Kinder- und Jugendbeteiligung und der Ausbau unmittelbarer Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche sind nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zu forcieren. Die Forderungen basieren auf Ergebnissen einer Studie zur Umsetzung des Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland auf der Basis des Child Participation Assessment Tools (CPAT) des Europarates, die heute vom Deutschen Kinderhilfswerk veröffentlicht wurde. Die Studie zeigt den aktuellen Stand zur Umsetzung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland sowie bestehende Leerstellen und Handlungsbedarfe auf.

Beim Ausbau der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen müssen nach wie vor dicke Bretter gebohrt werden

„Es muss endlich gelingen, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen zu einer Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Deshalb sollten aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes verbindliche Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen systematisch ausgebaut und strukturell verankert werden, zuvorderst im Grundgesetz“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Kinder und Jugendliche werden durch frühe Beteiligungserfahrungen auch in ihren sozialen Kompetenzen gefördert

„Gleichzeitig leistet frühe Beteiligung von Kindern einen fundamentalen Beitrag zur langfristigen Stärkung unserer Demokratie. Kinder und Jugendliche haben bisher viel zu selten die Möglichkeit, ihre Meinung kundzutun und sich aktiv in Vorhaben einzubringen, so dass ihre Perspektive oftmals keine Beachtung findet. Das muss sich ändern„“, so Hofmann weiter.

„Sowohl der Bund als auch die Bundesländer und die Kommunen sind aufgefordert, umgehend alle geeigneten Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen zur Verwirklichung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu treffen. Zudem sollte die Einführung eines Verbandsklagerechts für Jugendverbände und Kinderrechtsorganisationen geprüft werden, um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gegenüber den Kommunen einfordern zu können, denn die Beteiligung vor Ort ist für die Herstellung eines Lebensweltbezugs für junge Menschen unabdingbar. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen muss endlich bundesweit in den Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen verbindlich festgeschrieben werden, Beteiligungskonzepte für Kommunen sowie Jugend- und Bildungseinrichtungen müssen zum Standard werden. Zudem braucht es auch eine lebendige Beteiligungskultur von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen. Und schließlich gehört eine Absenkung des Wahlalters weiter auf die Tagesordnungen in Bund und Ländern„“, sagt Holger Hofmann.

Studie: Die Umsetzung des Rechts auf Beteiligung nach Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention

Mit der Studie hat das Deutsche Kinderhilfswerk erstmals für Deutschland eine Analyse der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen auf der Basis des Child Participation Assessment Tools (CPAT) durchgeführt. Das CPAT wurde vom Europarat entwickelt, um seinen Mitgliedsstaaten ein Werkzeug an die Hand zu geben, Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen zu messen. Auf der Basis von zehn Indikatoren legt das CPAT den Blick auf sehr verschiedene Regelungsbereiche, bei denen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eine Rolle spielt, oder die dazu beitragen, geltendes Recht umzusetzen.

Daher umfasst die Analyse sowohl Struktur- als auch Prozessindikatoren. Diese legen zum einen die Grundlage für gelingende Beteiligung, also die Strukturen, oder sie zielen auf Maßnahmen (Prozesse) ab, die Beteiligung fördern. Damit bietet die Studie einen umfassenden Überblick zur Umsetzung des Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. Die Ergebnisse basieren auf Recherchen, Gesetzesanalysen, breit angelegten Abfragen unter Ministerien, der Auswertung vorhandener Daten sowie qualitativen Interviews mit verschiedenen Stakeholdern sowie Fokusgruppen mit Kindern und Jugendlichen zu einzelnen Themenbereichen.

cover-bericht

Die Studie „Die Umsetzung des Rechts auf Beteiligung nach Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention“ wurde im Rahmen eines Projekts der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes erstellt. Mehr Informationen unter www.dkhw.de/cpat-bericht. Dort kann die gesamte Studie auch kostenfrei heruntergeladen werden. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte begleitet die Umsetzung der Europaratsstrategie für die Rechte des Kindes und die EU-Kinderrechtsstrategie. Sie wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk




Kinder und Jugendliche fühlen sich machtlos und unzufrieden

Laut einer Studie glauben über 50 Prozent der Befragten nicht an den Problemlösungswillen von Politiker*innen

„Ist Deutschland gerecht?“, „Ist die Welt gerecht?“, „Was bedeutet eine gerechte Gesellschaft?“ Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen der Sozialstudie 2023/24 zum Thema Gerechtigkeit, die im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung von der Universität Bielefeld durchgeführt wurde, von Kindern und Jugendlichen beantwortet. Die Teilnahme von insgesamt 1.230 Kindern (sechs bis elf Jahre) und Jugendlichen (zwölf bis 16 Jahre) ermöglicht ein repräsentatives Stimmungsbild.

Jugendliche fühlen sich machtlos und unbeachtet

Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist, dass die deutliche Mehrheit der Jugendlichen (78 Prozent) erlebt – trotz des Aufkommens von Bewegungen wie „Fridays for Future“ – keinen Einfluss darauf zu haben, was die Regierung macht. 72 Prozent der Jugendlichen sind davon überzeugt, dass sich Politikerinnen und Politiker in Deutschland nicht viel darum kümmern, was Jugendliche denken. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) spricht ihnen sogar das Bemühen ab, die wichtigsten Probleme unserer Gesellschaft lösen zu wollen.

„Besonders überraschend ist, dass die Kinder und Jugendlichen ein differenziertes Bild davon haben, wie eine gerechte Gesellschaft aussieht, diese Komponenten in ihrer Lebensrealität aber gar nicht unbedingt wahrnehmen,“ sagt Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler von der Universität Bielefeld, und fügt hinzu: „Obwohl sie sich von der Gesellschaft und der Politik nicht genug gesehen fühlen, machen sie sich trotzdem auch Sorgen um andere Bevölkerungsgruppen, wie zum Beispiel Rentnerinnen und Rentner.“

Problembewusstsein vorhanden

Prof. Dr. Ziegler erklärt, dass die wichtigsten Ergebnisse mit folgenden Themen in Verbindung stehen: Förderung von Bildung, Inklusion, Herstellung von Chancengleichheit, Hilfe und Unterstützung für Alte und Arme. „Erschreckend ist, dass die Jugendlichen diese Aspekte in der Praxis wenig abgebildet sehen. In ihrer Wahrnehmung sind sie von der Politik ungesehen und ungehört,“ so Ziegler, Professor für Soziale Arbeit.

Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status (SOES) geben an, dass sie in ihrem Leben deutlich mehr Ungerechtigkeit erleben als solche mit einem höheren SOES. 37 Prozent der Jugendlichen aus Haushalten mit niedrigem SOES empfinden Ungerechtigkeit als die Norm in ihrem Leben, während sich diese Zahl bei denen mit einem hohen SOES halbiert (18 Prozent). Das zeigt sich auch schon bei den befragten Kindern von sechs bis 11 Jahren: Kommen sie aus einer Familie mit einem hohen SOES, erleben 14 Prozent Deutschland als „sehr“ oder „eher“ ungerecht, bei niedrigem SOES erhöht sich dieser Anteil auf 59 Prozent.

Jugendliche fern vom Ego – besondere Sorge um Ältere

Die vorliegende Studie zeigt, 65 Prozent der Jugendlichen empfinden, dass für Rentnerinnen und Rentner zu wenig getan wird. „Die Vorurteile gegenüber der jungen Generation, diese würde sich nur für sich selbst interessieren, können in unserer Studie keinesfalls bestätigt werden,“ so Prof. Dr. Ziegler.

Dipl.-Psych. Melanie Gräßer, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin aus Lippstadt ergänzt: „Das scheint zunächst überraschend, aber meiner Erfahrung nach, ist das unfaire Etikett des Egoismus für diese Generation weitestgehend falsch. In meiner täglichen Praxis erlebe ich viel Mitgefühl und auch Sorgen bei den Kindern und Jugendlichen um ihre Mitmenschen.“

„Gleiche Lebensbedingungen“ und „Bildung“

Die anderen Bereiche, die für die Jugendlichen in diesem Zusammenhang besonders wichtig sind, lauten „gleiche Lebensbedingungen“ und „Bildung“ (beides 62 Prozent), sowie „Arme“ und „Gleichverteilung von Vermögen und Einkommen“ mit jeweils 61 Prozent. „Umwelt & Klima“ landen mit 50 Prozent auf dem neunten Platz. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch bei den befragten Kindern wider. Sie haben bereits ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, wenn es um andere geht: 83 Prozent geben an, „sie werden wütend“, wenn andere ungerecht behandelt werden.

Gerechtigkeit als gesellschaftliche Aufgabe

„Die Ergebnisse der Gerechtigkeitsstudie 2024 bestätigen unsere täglichen Erfahrungen in unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,“ so Bernd Siggelkow, Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendwerks „Die Arche“. „Wir sind immer wieder ganz konkret gefragt, gegen das Gefühl der Unsichtbarkeit bei Kindern und Jugendlichen anzuarbeiten. Sei es im Kleinen in ihren familiären Strukturen oder auch größer in der Gruppe. Wir arbeiten daran, das Gefühl von Kindern und Jugendlichen für Gerechtigkeit zu stärken und an ihrem eigenen Verhalten zu spiegeln.“

Über die Bepanthen-Kinderförderung

Die Bepanthen-Kinderförderung setzt sich seit 2008 für Kinder und Jugendliche in Deutschland ein. Im zweijährlichen Rhythmus führt sie gemeinsam mit der Universität Bielefeld Sozialstudien durch, um aktuelle Problemfelder in der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu identifizieren – beispielsweise zu den Themen Achtsamkeit, Gewalt, Kinderarmut oder Gemeinschaftssinn. Die aus den Studien gewonnenen Erkenntnisse fließen in die praktische Kinderförderung des Kinderhilfswerks „Die Arche“ ein. Auch 2024 wird es ein neues Kinderförderungsprogramm geben, dass auf Basis der Erkenntnisse der Sozialstudie „Gerechtigkeit“ erarbeitet wird.

Weitere Informationen zu den Schwerpunkten der Bepanthen-Kinderförderung und die Zusammenarbeit mit dem Kinderhilfswerk „Die Arche“ finden Sie unter bepanthen.de/kinderfoerderung. Dort sind auch sämtliche Sozialstudien mit der Universität Bielefeld hinterlegt unter bepanthen.de/kinderfoerderung/sozialforschung

Hier geht es zur Studie

Quelle: Pressemitteilung Bayer




Eltern prägen das wissenschaftliche Denken ihrer Kinder

Studie der Universät Vechta weist erstmals langfristigen Einfluss außerhalb der Schule nach

Die Förderung des wissenschaftlichen Denkens von Kindern wurde bislang vor allem den Bildungseinrichtungen zugeschrieben. Jetzt zeigt eine Studie erstmals, wie stark Eltern das wissenschaftliche Denken ihrer Kinder beeinflussen.

Federführender Autor der Studie ist Christopher Osterhaus, Juniorprofessor für Entwicklungspsychologie im Handlungsfeld Schule an der Universität Vechta. Er spricht von wegweisenden Ergebnissen zur Denkfähigkeit von Grundschulkindern, die hilfreich für die Bildung in und außerhalb der Schule seien. Die Studie ist in der renommierten Zeitschrift Developmental Science erschienen.

Wissenschaftliches Denken entscheidend für moderne Gesellschaft

Beim wissenschaftlichen Denken geht es um spezielle Herangehensweisen: wenn Kinder beispielsweise experimentieren, Daten interpretieren oder wissenschaftliche Fragen beantworten. Die Kompetenz, auf diese Weise Probleme zu betrachten, wird in der modernen Gesellschaft mit globalen Herausforderungen immer wichtiger.

„Während bestimmte Kinder allerdings schon früh geschickt darin sind, sinnvolle Experimente durchzuführen, Muster in Daten zu deuten oder wissenschaftliche Fragen zu erkennen, offenbaren andere Kinder ein begrenztes Verständnis in diesen Bereichen. Wir wollten herausfinden, warum das so ist“, erläutert Christopher Osterhaus seine Arbeit.

Überzeugungen der Eltern haben nachhaltige Wirkung

Über den langen Zeitraum von fünf Jahren wurden dazu 161 Grundschulkinder im Alter von sechs bis zehn Jahren untersucht. Jährlich testeten die Forschenden die Kinder auf ihre wissenschaftlichen Denkfähigkeiten sowie ihre Sprachkompetenz und Intelligenz. Gleichzeitig erfassten sie zentrale Merkmale der Familien, wie das Bildungsniveau der Erziehungsberechtigten, ihren sozioökonomischen Status sowie relevante Überzeugungen und Einstellungen. Dabei stellte sich heraus, dass die Vorstellungen der Eltern über Wissen – was sie beispielsweise von Wissenschaft halten und was ein Mensch ihrer Meinung nach überhaupt wissen kann – sich darauf auswirken, wie gut ihre Kinder wissenschaftlich denken.

Dabei ließ sich sogar dann noch belegen, dass die elterlichen Überzeugungen einen Einfluss hatten, wenn die Bildung der Eltern und die kognitiven Fähigkeiten der Kinder berücksichtigt wurden.

Schule gleicht Elternhaus weniger aus als gedacht

„Was uns wirklich überrascht hat“, so Osterhaus, „war die langanhaltende Wirkung der elterlichen Einstellungen. Kinder, deren Eltern ein Verständnis davon hatten, dass sich Wissen ändern kann und dass es abhängig ist von sozialen und kulturellen Bedingungen, waren nicht nur vor Eintritt in die Schule besser, sondern zeigten über den gesamten Zeitraum der Studie eine bessere Entwicklung beim wissenschaftlichen Denken im Vergleich zu ihren Altersgenossen aus Familien mit weniger unterstützenden Einstellungen.“

Dies deute darauf hin, dass die Schule nicht in dem Maße ausgleichend zum Elternhaus wirkt, wie allgemein angenommen wird. „Die Effekte der elterlichen Einstellungen auf das wissenschaftliche Denken werden durch schulische Einflüsse nicht vollständig ausgeglichen.“

Förderprogramme und Bildung zuhause verbessern

Osterhaus unterstreicht die Bedeutung der Ergebnisse für Eltern und Erziehungsberechtigte. Die Studie zeige deutlich, dass es nicht allein darum gehe, was Kinder in der Schule lernen. Ein unterstützendes Umfeld könnte so besonders beim wissenschaftlichen Denken entscheidend sein, indem es das wissenschaftliche Entdecken zu Hause fördert und somit die wissenschaftlichen Denkfähigkeiten der Kinder erheblich stärkt. Je bewusster sich Eltern und Betreuende über ihren jeweiligen Einfluss seien, umso besser könnten sie aktiv zur Entwicklung ihres Kindes beitragen.

„Wir möchten mit unserer Forschung Gespräche über den Wert eines unterstützenden Umfelds für die forschende Haltung von Kindern zu Hause anregen“, so Osterhaus. „Dieser Dialog kann Eltern dazu befähigen, eine aktivere Rolle bei der Förderung der Neugier, des kritischen Denkens und der Problemlösungsfähigkeiten ihrer Kinder zu spielen, was letztendlich eine solide Grundlage für lebenslanges Lernen und Erfolg im 21. Jahrhundert schafft.“

Langfristig ziele diese Forschung darauf ab, Bildungspraktiken und Förderprogramme zu optimieren, die die wissenschaftlichen Denkfähigkeiten von Kindern stärken sollen. Die Forschenden weisen darauf hin, dass die Studie auf Kinder in Deutschland ausgerichtet sei. Das könne bedeuten, dass die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf andere kulturelle und sozioökonomische Kontexte übertragbar seien. Um diese Frage zu klären, plant Osterhaus in Zusammenarbeit mit der Universität Kagoshima, einer Partnerinstitution der Universität Vechta, bereits eine Studie mit japanischen Grundschulkindern. Ziel ist es herauszufinden, ob ähnliche Ergebnisse auch in anderen kulturellen Umgebungen auftreten.

Timo Fuchs, Universität Vechta




Vom Kampf ums Schlafengehen: Kinder oft verängstigt oder verunsichert

Die Routine beim Zubettgehen ist laut einer USA-weiten Untersuchung von entscheidender Bedeutung

Viele Kinder tun sich aufgrund von Ängsten schwer mit dem Einschlafen. Das zeigt die USA-weite Umfrage der „University of Michigan Health C. S. Mott Children’s Hospital National Poll on Children’s Health“, für die 781 Eltern von Kindern im Alter von ein bis sechs Jahren befragt wurden. Eines von vier Elternteilen berichtet, dass es schwierig sei, ihr kleines Kind ins Bett zu bringen. Diese Eltern verfügen laut den Experten jedoch weniger wahrscheinlich über eine Routine zur Schlafenszeit.

Ruhe ist entscheidend

Mott-Poll-Co-Direktorin Sarah Clark zufolge ist es von entscheidender Bedeutung, dass es beim Schlafengehen einen gleichbleibenden Ablauf gibt. „Bekommen Kinder nicht ausreichend Ruhe, kann sich das auf ihre körperliche Entwicklung, die emotionale Regulierung und das Verhalten auswirken.“ Knapp 20 Prozent der US-amerikanischen Eltern berichten, dass sie ihren Kindern Melatonin verabreichten, damit diese besser schlafen könnten. Ein Drittel bleibe im Raum, bis das Kind ganz eingeschlafen sei.Fast ein Viertel der Eltern sagt, dass das Schlafen ihrer Kinder oft oder gelegentlich dadurch verzögert werde, weil diese beunruhigt seien oder Angst hätten. Eine besondere Herausforderung entstehe, wenn die Kinder nicht weiterschlafen könnten. Mehr als ein Drittel der Eltern berichtet, dass sie dann aufgeregt oder weinend aufwachten. Bei mehr als 40 Prozent der Familien kommt das Kind dann ins Bett der Eltern. Rund 30 Prozent sagen, dass Kinder darauf bestünden, dass der Elternteil in ihrem Zimmer schlafe.

Routine gibt Sicherheit

Die meisten befragten Eltern erklären, dass es eine Routine für das Schlafengehen gebe. Dazu gehöre oft das Zähneputzen, das Vorlesen einer Geschichte und/oder das Baden. Weniger als die Hälfte berichtet, dass die Kinder noch Wasser trinken oder eine Kleinigkeit essen, Geräte ausschalten, Beten und von ihrem Tag erzählen würden. Zu anderen Gewohnheiten gehöre das Festhalten an einer Decke oder einem Stofftier, das Nuckeln an einem Schnuller oder den Fingern.


So lernen Kinder schlafen

Die sechs besten Einschlaf-Programme für Kinder – Vom Baby bis zum Schulkind
Petra Weidemann-Böker
Hardcover, 288 Seiten
ISBN: 978-3-934333-59-8
19,95 €

Mit Anleitungen und Orientierungshilfen, damit Sie genau die Methode finden, die für Sie und Ihr Kind richtig ist. Mit genauen Behandlungsplänen. Mit psychologischen Hintergründen, die die Ursachen von kindlichen Ein- und Durchschlaf-Problemen erklären. Mit Tipps und Erläuterungen, was man schon im Laufe des Tages für eine ruhige Nacht tun kann.


Laut Clark macht eine durchgehende Routine beim Schlafengehen den Übergang in die Nachtzeit leichter. Sie ermögliche auch, dass die Kinder die volle Aufmerksamkeit ihres Elternteils bekämen. Fast zwei Drittel der Eltern gebe an, dass oft das Aufbleiben der Kinder, um weiterzuspielen, einer der Hauptfaktoren für das Hinauszögern der Schlafenszeit sei. Clark betont jedoch, dass es mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen an der Zeit sei, langsam ruhiger zu werden.

Melatonin kein Allheilmittel

In jeder zweiten Familie schlafen die Kinder in einem eigenen Zimmer, während in jeder vierten der Raum mit Geschwistern geteilt oder bei den Eltern wird. Bei über 40 Prozent stört der Lärm aus anderen Zimmern den Schlaf der Kinder. Viele Arten von Melatonin-Produkten werden in den USA als für Kinder geeignet beworben. Laut Clark fehlen jedoch die notwendigen Tests in Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit. Auch Nebenwirkungen, die Folgen für das Wachstum und die Entwicklung von Kindern seine ebenfalls nicht erforscht. Kinder zwischen ein und zwei Jahren sollten pro Tag elf bis 14 Stunden schlafen, so die Empfehlung. Zwischen drei und sechs Jahren nimmt diese Schlafmenge dann etwas ab, so Clark.

Quelle: Ann Arbor/pressetext




Mädchen bis zu sechs Stunden im Social Web

Suchtähnliches Nutzungsverhalten wirkt sich negativ auf Gesundheit sowie Wohlbefinden aus

Manche weibliche Teens verbringen bis zu sechs Stunden am Tag mit ihren Smartphones. Ein wesentlicher Teil dieser Mädchen dürfte laut einer Studie der University of Helsinki süchtig nach sozialen Medien sein. Die Experten bringen eine derartige Abhängigkeit mit einer schlechteren Gesundheit und einem geringeren Wohlbefinden in Zusammenhang. Neuere Untersuchungen zeigen eine Zunahme der Angstgefühle bei diesen Mädchen mit der Nutzung der sozialen Medien. Details sind in den „Archives of Disease in Childhood“ nachzulesen.

Untersuchung in Finnland

Für die Studie haben die Forscher alle 49 Oberschulen der drei großen finnischen Städte Helsinki, Espoo und Vantaa kontaktiert. Insgesamt nahmen 21 geografisch und sozioökonomisch unterschiedliche Schulen teil. 1.164 Mädchen zwischen 15 und 16 Jahren entschlossen sich zur Teilnahme. Sie repräsentieren 59 Prozent der Schülerinnen der teilnehmenden Schulen und etwas über 29 Prozent der Schülerinnen im Untersuchungsgebiet. Alle Teenager wurden ersucht, Schätzungen über ihre tägliche Nutzung der Smartphones abzugeben.

Mit 656 Mädchen haben 56 Prozent der Teilnehmerinnen Infos zur Verfügung gestellt. 564, also 86 Prozent, lieferten Screenshot-Daten für einen Zeitraum von drei bis sieben Tagen sowie Daten zur Nutzung von durchschnittlich sieben Apps. Die verbleibenden 92 Mädchen leiteten nur Screenshot-Daten für einen bis zwei Tage weiter und keine Infos zu den benutzten Apps. Mit 508 Schülerinnen stellten 44 Prozent keine Screenshot-Daten zur Verfügung. Sie wurden jedoch in den Analysen in Hinblick auf eine mögliche Sucht und ihr Wohlbefinden berücksichtigt.

Umfangreiches Datenmaterial

Für eine mögliche Suchtdiagnose wurde die „Bergen Social Media Addiction Scale“ (BSMAS) genutzt. Die Gesamtzahlen können hier von sechs bis 30 Punkten reichen. Je höher der erzielte Wert ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Sucht. Zudem wurden weitere validierte Skalen zur Feststellung von Angstgefühlen und der Körperwertschätzung eingesetzt. Die Teens selbst haben ihre Gesundheit, Stimmung, Müdigkeit und Einsamkeit mithilfe von visuellen Analogskalen bewertet.

Für 565 Teens konnte die durchschnittliche tägliche Handy-Nutzung, basierend auf den Daten für zumindest drei Tage, ermittelt werden. Mit 298 Mädchen standen für 28 Prozent der Teilnehmerinnen entsprechende Daten für einen Zeitraum von sieben Tagen zur Verfügung. Insgesamt ergaben sich daraus Werte von 350 Minuten oder 5,8 Stunden für die jeweilige Nutzung der Smartphones. Davon entfielen auf die sozialen Medien 231 Minuten oder 3,9 Stunden.

Die Teens selbst gingen davon aus, dass sie 5,2 Stunden pro Tag mit dem Handy verbrachten. Zwischen Wochentagen und dem Wochenende konnte dabei kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. 205 Mädchen verbrachten weniger als drei Stunden pro Tag mit den sozialen Medien. Bei 77 Schülerinnen, also 14 Prozent, lag dieser Wert allerdings bei mehr als sechs Stunden. Basierend auf der Auswertung der BSMAS-Ergebnisse waren mit 183 Teilnehmerinnen 17 Prozent der Teens möglicherweise von den sozialen Medien abhängig.

Mit 37 Prozent schnitten 371 Mädchen über dem Grenzwert für eine mögliche Angststörung ab. Die täglich mit dem Handy verbrachte Zeit steht auch mit im Schnitt schlechteren Noten, einer stärkeren Sucht bei den sozialen Medien, mehr Angstgefühlen und einem schlechteren Körperbild in Zusammenhang. Eine Sucht wiederum steht mit mehr Angst, einem schlechteren Körperbild, einer schlechteren Gesundheit, mehr Müdigkeit und einem größeren Gefühl der Einsamkeit in Verbindung.

Moritz Bergman/pressetext




Ohne Smartphone werden viele Teenager ängstlich

Pew Research Center hat Jugendliche und deren Eltern zu deren digitalen Gewohnheiten befragt

44 Prozent der US-Jugendlichen haben Angstgefühle, wenn sie ihr Smartphone nicht dabei haben, zeigt eine Umfrage des Pew Research Center. Andererseits genießen 72 Prozent der jungen Leute vorübergehend den Frieden, den das Fehlen des Smartphones beschert. Befragt worden sind 1.453 US-amerikanische Teenager im Alter von 13 bis 17 Jahren und deren Eltern.

Social Skills bleiben außen vor

Für 69 Prozent der Jugendlichen erleichtern Smartphones ihren Alltag in Bezug auf Hobbys und Interessen. Aber nur 30 Prozent glauben, dass sie ihnen helfen, gute soziale Fähigkeiten zu erlernen. Etwa vier von zehn Jugendlichen sind der Meinung, dass Smartphones die Entwicklung guter Freundschaften erleichtern, während jeweils 31 Prozent sagen, dass sie es schwieriger oder weder einfacher noch schwieriger machen.

Die Hälfte der Eltern gab an, dass sie schon einmal das Telefon ihrer Teenager überprüft haben. Etwa vier von zehn Eltern und Jugendlichen berichten, dass sie sich regelmäßig über die Zeit streiten, die sie mit ihrem Handy verbringen. Fast die Hälfte der Jugendlichen (46 Prozent) gibt an, dass ihre Eltern zumindest manchmal durch ihre Telefone abgelenkt sind, wenn sie versuchen, mit ihnen zu sprechen.

40 Prozent durchaus selbstkritisch

95 Prozent der Jugendlichen haben Zugang zu einem Smartphone, und etwa sechs von zehn geben an, dass sie TikTok, Snapchat oder Instagram nutzen. Rund 40 Prozent sind durchaus selbstkritisch und sagen, dass sie zu viel Zeit mit ihren Telefonen verbringen. Etwa ein Viertel meint, dass sie zu lange in den sozialen Medien unterwegs sind. Mädchen sind in diesem Punkt einsichtiger als Jungen.

Die meisten Jugendlichen finden laut der aktuellen Pew-Untersuchung jedoch, dass die Zeit, die sie mit ihrem Smartphone (51 Prozent) oder mit sozialen Medien (64 Prozent) verbringen, in etwa richtig ist. Verschwindend wenige sagen hingegen, dass sie ihre Smartphones zu selten nutzen.

Wolfgang Kempgens/pressetext