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Eltern sind die zentralen Vorlese-Akteure

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Über 800 Eltern mit Kindern von einem bis acht Jahren befragt

Dass Vorlesen wichtig für die Entwicklung der Kinder ist, gehört zu den Allgemeinplätzen der Bildung. Seit 2007 geben die Wochenzeitung „Die Zeit“, die Stiftung Lesen und die Deutsche Bahn den sogenannten Vorlesemonitor in Auftrag. Die Ergebnisse der Studie soll das bundesweite Vorleseverhalten und die Bedeutung des Vorlesens für die Entwicklung von Kindern feststellen. Diesmal Stand nicht nur das Vorleseverhalten im Mittelpunkt, sondern mit einem jährlich vergleichbarer Fragenkatalog soll nun auch die Entwicklung des Vorlese- und Leseverhaltens bei Kindern zumindest dokumentiert werden.

39 Prozent der ein- bis achtjährigen Kinder bekommen selten oder nie vorgelesen

So zeigt der Vorlesemonitor unter anderem, dass 39 Prozent der ein- bis achtjährigen Kinder selten oder nie vorgelesen wird. In der Gruppe der zwei- bis achtjährigen Kinder sind es laut Monitor sogar 40 Prozent, acht Prozent mehr noch als 2019.
Besonders die Bildungsvoraussetzungen der Eltern haben wohl Einfluss darauf, wie oft Kindern vorgelesen wird. Denn mehr als die Hälfte der Eltern mit formal geringer Bildung lesen ihren Kindern selten oder nie vor. Als weitere Ursache macht die Stiftung Lesen in ihrer Pressemitteilung aus, einen Mangel an Vorlesestoff aus. „Denn je mehr Kinderbücher im Haushalt vorhanden sind, desto regelmäßiger lesen Eltern ihren Kindern vor und geben frühe Impulse fürs (Vor-)Lesen weiter.“, heißt es hier. Andererseits ist seit vielen Jahren bekannt, dass Familien mit einem geringerer Bildungsaffinität auch deutlich weniger Bücher im Regal stehen haben. Ebenso bestätigt sich, dass Eltern, denen als Kind bereits vorgelesen wurde, ihren eigenen Kindern mehr vorlesen als jene, denen nicht vorgelesen wurde 66 Prozent gegenüber 51 Prozent.

Ab dem Schuleitntritt bekommen Kinder weniger vorgelesen

Der aktuelle Vorlesemonitor ist ein weiteres Indiz für die Annahme, dass Kinder ab Schuleintritt deutlich weniger vorgelesen bekommen. So stellt die von den Initiatoren beauftragte Agentur „iconkids & youth international research GmbH“ aus München in ihrer Befragung fest, dass nur noch 51 Prozent der Sechsjährigen, 34 Prozent der Siebenjährigen und 24 Prozent der Achtjährigen regelmäßig vorgelesen bekommen. Bei den Fünfjährigen waren es noch 66 Prozent. Der Höchstwert liegt mit 88 Prozent bei den dreijährigen Kindern. Im Vergleich zu 2019 sind diese Werte aber in allen Altersgruppen mit Ausnahme der Achtjährigen rückläufig. Hier waren es in 2019 sogar nur 21 Prozent.

Müter und Väter, Mädchen und Jungen

Verglichen hat icon kids auch das Vorleseverhalten von Müttern und Vätern. Lesen bei den Müttern rund 61 regelmäßig vor, so sind es bei den Vätern lediglich 57 Prozent. Diese Werte können aber bestenfalls nur als Hinweis gedeutet werden. Schließlich hat iconkids zwar 797 Mütter befragt, aber nur 42 Väter. Anders verhält es sich, wenn es um die Frage geht, ob Jungen oder Mädchen mehr vorgelesen bekommen. Hier waren es 432 Eltern von Jungen und 407 von Mädchen. Die Mädchen sind es auch, die mit 63 Prozent etwas häufiger vorgelesen bekommen als die Jungen mit 60 Prozent.

Nutzung von Apps

Zum Umgang mit „Apps für Kinder“ befragt, geben immerhin 44 Prozent der Eltern an, dass sie diese regelmäßig nutzen (40 Prozent) oder regelmäßig genutzt haben (4 Prozent). Dabei handelt es sich vorwiegend um das Thema „Spielen“. Die Frage, ob ihre Kinder digitale Bücher oder Kinderbuch-Apps nutzen, verneinen zwei von drei Eltern.

Beachtenswert scheint auch zu sein, dass 15 Prozent der Eltern, die angeben, ihren Kindern im klassischen Sinne nie vorzulesen, angeblich Apps zum Lesen und Vorlesen mit ihrem Kind nutzen.

Bewertung

Offensichtlich ist der Vorlesemonitor mit nur gut 800 befragten Eltern nicht repräsentativ für die Familien in Deutschland. Mit nur 42 befragten Vätern aber 797 Müttern spiegelt er schon an dieser Stelle die Realität nicht wider. Offenbar wurde die Befragung mit direkten Interviews durchgeführt. Das ist zwar üblich, andererseits ist aber auch bekannt, dass zumindest ein Teil der Befragten aus Scham- oder Schuldgefühlen heraus nicht wahrheitsgemäß antwortet. Insofern kann der Vorlesemonitor lediglich eine Tendenz darstellen oder ein Indiz für eine Entwicklung sein. Die daraus abgeleiteten Feststellungen, Empfehlungen und Forderungen sind deshalb nicht immer schlüssig. Was sollen etwa mehr Bücher im Regal helfen, wenn die Eltern damit gar nichts anfangen können? Die Behauptung, dass in digitalen Angeboten klare Chancen liegen, wirkt dagegen rein willkürlich und lässt sich mit dem Vorlesemonitor nicht begründen. Und sicher sollten wir die Eltern nicht vergessen, wenn es um Vorleseförderung geht.

Mehr zum Vorlesemonitor finden Sie unter: www.stiftunglesen.de/vorlesemonitor. Die Powerpoint des Vorlesemonitors finden Sie hier: https://www.stiftunglesen.de/fileadmin/PDFs/Vorlesestudie/Vorlesemonitor_2022.pdf

Quelle: Pressemitteilung Stiftung Lesen

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