Eine aktuelle Studie zeigt: Humor und Intelligenz hängen bei Kindern enger zusammen, als lange angenommen – mit Folgen für Schule und Pädagogik.
Humor gilt seit Jahrhunderten als Zeichen von Klugheit. Dass zwischen Intelligenz und Humor eine enge Verbindung besteht, bestätigt nun eine aktuelle Studie aus der Türkei. Sie zeigt: Kinder, die besonders witzige Ideen entwickeln, verfügen auch über hohe intellektuelle Fähigkeiten.
Die Ergebnisse sind für Pädagogik und Schule relevant. Denn sie deuten darauf hin, dass Humor nicht nur ein soziales „Add-on“ ist, sondern eng mit kognitiver Leistungsfähigkeit, Sprachentwicklung und Kreativität verbunden ist. Gerade in Lernumgebungen kann Humor ein Indikator für verbales Denken und geistige Flexibilität sein.
Humor als Spiegel des Denkens
In der Untersuchung erklärten Intelligenzwerte ganze 68 Prozent der Unterschiede in der Humorfähigkeit – ein deutlich höherer Anteil als frühere Studien vermuten ließen. Besonders das verbale analogische Denken erwies sich als bester Prädiktor für Humor.
Das bedeutet: Kinder, die Widersprüche sprachlich schnell erfassen und in neue Bedeutungen übersetzen können, entwickeln auch leichter witzige Einfälle. Humor wird damit zum sichtbaren Ausdruck einer fortgeschrittenen Sprach- und Denkleistung.
Ein Fallbeispiel aus der türkischen Kultur
Die Studie wurde bewusst im türkischen Kulturkontext durchgeführt. Dort spielt Humor seit Jahrhunderten eine zentrale Rolle in Volksgeschichten und Alltag. Legendäre Figuren wie Nasrettin Hoca zeigen Humor als Form rationaler Schlagfertigkeit: witzig, aber immer verbunden mit Verstand.
Vor diesem Hintergrund bewerteten Expertinnen und Experten die Witzigkeit und Passung von Kinderantworten auf Cartoons. Insgesamt kamen über 30.000 Einzelbewertungen zusammen. Das Ergebnis: Kinder mit hoher Intelligenz lieferten besonders kreative, zugleich aber auch zum Kontext passende humorvolle Beiträge.
Pädagogische Relevanz
Für Lehrkräfte und Fachkräfte bedeutet dies: Humor im Klassenzimmer oder in der Kita ist nicht nur Ausdruck von Lebensfreude, sondern auch ein Hinweis auf besondere Denkleistungen. Kinder, die auffallend witzige Kommentare machen oder originelle Pointen finden, könnten gleichzeitig über ein besonders starkes Sprach- und Abstraktionsvermögen verfügen.
Statt Humor im Unterricht nur als Ablenkung zu betrachten, kann er als Ressource genutzt werden – etwa in Diskussionen, beim kreativen Schreiben oder im szenischen Spiel. Humor fördert die Beziehungsebene, erleichtert das Lernen und stärkt die Selbstwirksamkeit von Kindern.
Methode der Studie
Die Untersuchung umfasste 217 Mittelschüler im Alter von rund elf Jahren. Ihre Intelligenz wurde mit der Anadolu-Sak-Intelligenzskala (ASIS) gemessen, die verbale, visuell-räumliche und Gedächtniskomponenten umfasst.
Parallel bewerteten die Kinder Cartoons: Sie sollten passende und möglichst witzige Bildunterschriften erfinden. Eine Expertengruppe aus sieben Fachleuten – darunter Karikaturisten und Pädagogen – beurteilte Witzigkeit und Relevanz.
Die Auswertung ergab deutliche Unterschiede zwischen den Intelligenzgruppen: Je höher der IQ, desto höher auch die Humorfähigkeit. Besonders hochintelligente Kinder fielen durch konsistent starke Ergebnisse auf.
Mehr zur Studie: https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/humor-2021-0054/html?lang=en
Gernot Körner