Wissenschaftler*innen analysieren Daten von 182.477 Kindern aus den USA
Erstgeborene Kinder und Einzelkinder tragen ein höheres Risiko, an psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen zu leiden, als Kinder, die später in der Geburtenreihenfolge stehen. Dies zeigt eine aktuelle Untersuchung aus den USA, für die Daten von 182.477 Kindern analysiert wurden. Die Studie von Blaine Franklin, Emily Higgs. Kersten Bartelt und Neil Sandberg ist im Fachmagazin Epic Research erschienen.
Wer ist besonders betroffen?
Die Analyse ergab, dass erstgeborene Kinder mit Geschwistern ein um 48 Prozent höheres Risiko haben, an Angststörungen zu erkranken, und ein um 35 Prozent höheres Risiko, Depressionen zu entwickeln, verglichen mit später geborenen Kindern. Noch ausgeprägter ist das Risiko bei Einzelkindern: Ihre Wahrscheinlichkeit, Angststörungen zu entwickeln, liegt um 42 Prozent höher, und die Wahrscheinlichkeit für Depressionen ist um 38 Prozent erhöht.
Warum spielt die Geburtsreihenfolge eine Rolle?
Die Geburtenreihenfolge wird bisher selten als Risikofaktor für psychische Erkrankungen untersucht. Bekannte Einflussfaktoren sind Frühgeburt, Geschlecht, BMI, psychische Erkrankungen der Mutter oder traumatische Erlebnisse. Die neue Studie zeigt jedoch, dass auch die Position in der Geschwisterfolge eine wichtige Rolle spielen könnte. Die Wissenschaftler*innen vermuten, dass erstgeborene Kinder und Einzelkinder unter einem höherem Druck stehen, besonderen Erwartungen gerecht zu werden, oder sie erfahren weniger soziale Unterstützung durch Geschwister.
Große Datenbasis liefert neue Einblicke
Die Untersuchung basiert auf Daten von Kindern, die zwischen 2009 und 2016 geboren wurden. Sie hatten im Alter von acht Jahren eine Vorsorgeuntersuchung, bei der die Wahrscheinlichkeit von Angststörungen und Depressionen analysiert wurde. Die Forscher*innen berücksichtigten zahlreiche Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, psychische Vorgeschichte der Mutter, Versicherungsstatus, Frühgeburt und soziale Rahmenbedingungen.
Was bedeuten die Ergebnisse?
Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die psychische Gesundheit von Kindern und können helfen, Risikofaktoren besser zu verstehen. Besonders wichtig ist dies für die Entwicklung präventiver Maßnahmen. „Ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Geburtsreihenfolge und psychischen Erkrankungen könnte dazu beitragen, gezielte Unterstützung anzubieten“, erklärten die Forschenden.
Die Studie zeigt klar: Erstgeborene und Einzelkinder benötigen besondere Aufmerksamkeit, um ihr Risiko für psychische Erkrankungen zu senken. Eltern und Fachleute sollten sich der möglichen Belastungen bewusst sein, die mit der Geburtsposition zusammenhängen, und frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um Kinder zu unterstützen.
Weitere Informationen: https://www.epicresearch.org/articles/firstborn-children-and-only-children-more-likely-to-have-anxiety-and-depression-than-later-born-children
Literatur:
Kowalchuk A, Gonzalez SJ, Zoorob RJ. Anxiety disorders in children and adolescents. Am Fam Physician. 2022;106(6):657-664. https://www.aafp.org/pubs/afp/issues/2022/1200/anxiety-disorders-children-adolescents.html. Accessed September 3, 2024.
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Anxiety in children and adolescents: Screening. U.S. Preventive Services Task Force. Published October 11, 2022.
https://www.uspreventiveservicestaskforce.org/uspstf/recommendation/screening-anxiety-children-adolescents. Accessed September 30, 2024.
Gernot Körner