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Sprechen, Zuhören, Verstehen – Damit Kinder zu Glückskindern werden

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Eine neue Sprache für den Umgang mit Kindern

Glückskinder sind Kinder, die das Glück haben, dass Erwachsene sie bewusst positiv beeinflussen. Erwachsene, welche die Zauberkraft der Sprache kennen, die wissen, dass sie mit einem einzigen Satz die Gedanken und Gefühle eines Kindes in eine positive, lebensbejahende Richtung lenken können. Sie können mit Botschaften, die Sie tagtäglich aussenden, etwas für das Wohlergehen eines Kindes tun, indem Sie sein Selbstbild und seine Vorstellungen von der Welt positiv prägen. Al das im Sinne einer „Philosophie der positiven Grundhaltung“.

„Die höchste Form der Intelligenz ist es zu beobachten ohne zu urteilen.“

Krishnamurti, indischer Philosoph

Beobachten, ohne zu bewerten

Für die meisten von uns ist es schwierig, kleine und große Menschen zu beobachten, ohne sie zu beurteilen, zu verurteilen oder zu kritisieren. Unter einer Beobachtung verstehe ich etwas, das man sehen, hören, berühren oder riechen kann, etwas, das man mit einer Kamera aufnehmen könnte. Eine Beobachtung beschreibt. Bei einer Bewertung ziehen wir dagegen bereits unsere Schlüsse und interpretieren das Erlebte.

Das bedeutet nicht, dass wir Kindern nicht mehr unsere Bewertungen mitteilen, sondern, dass wir Beobachtungen und Bewertungen klar voneinander trennen

Und wir können Kindern durchaus sagen, was wir bei dem Beobachteten empfinden. Doch wenn man ein Kind anbrüllt: „Max, wie kannst du nur so gemein sein und Lilly ein Bein stellen!“, ist das etwas völlig anderes, als wenn man sagt: „Max, wenn ich sehe, dass du Lilly ein Bein stellst, dann habe ich Angst. Denn ich möchte, dass wir uns hier alle sicher fühlen können.“ Beobachtungen werden von den meisten von uns mit Bewertungen vermischt. Das ist gerade gegenüber Kindern besonders gefährlich, weil unsere Bewertungen direkt in das Selbstbild des Kindes eingebaut werden.

Wenn wir beispielsweise die Beobachtung machen, dass unser Kind, obwohl wir es darum gebeten haben, noch immer nicht sein Zimmer aufgeräumt hat, sind die Sätze: „Du bist aber auch faul.“, oder: „Kannst du denn nie hören, was man dir sagt?, eine reine Bewertung der Situation. Mit beiden Aussagen wird aber zugleich eine Bewertung der Gesamtpersönlichkeit vorgenommen. Ganz anders wirkt dagegen folgende Äußerung: „Du hast dein Zimmer noch nicht aufgeräumt, obwohl ich dich darum gebeten habe. Ich ärgere mich, weil ich mir wünsche, dass du selbst für Ordnung in deinem Zimmer sorgst.“ Hier wird lediglich die störende Verhaltensweise angesprochen, ohne eine verallgemeinernde Aussage über die gesamte Person zu machen.

Wenn wir Beobachtungen mit Bewertungen vermischen, neigen andere leicht dazu, Kritik zu hören

Und bekanntermaßen reagieren wir (und unsere Kinder!) auf Kritik oft mit abwehrenden Argumenten oder Gegenkritik.

Der erste wichtige Schritt hin zu einer respektvollen und offenen Kommunikation ist, zu beobachten, ohne zu bewerten – also einem anderen Menschen mitzuteilen, was wir wahrnehmen, ohne sein Verhalten zu bewerten. Wir halten uns einfach an die Tatsachen. Zum Beispiel kann ein Vater zu seinem Sohn sagen: „Du hast in den letzten drei Spielen kein Tor geschossen“, anstatt zu sagen: „Du bist ein schlechter Fußballspieler.“

Wie können wir durchs Leben gehen, ohne zu bewerten, wo unser Urteilsvermögen doch eine Fähigkeit ist, von der unser Überleben abhängen kann?

Natürlich ist es sehr wichtig, dass wir Dinge für uns bewerten können, ansonsten wären wir nicht in der Lage, Entscheidungen selbst bestimmt zu treffen. Es geht viel mehr darum, eine Form der Bewertung auszuüben, die uns allen – sowohl den Kindern als auch den Erwachsenen – hilfreich ist. Denn selbst wenn das Kind, das Sie kritisiert haben, tut, was Sie möchten, handelt es wahrscheinlich eher aus Scham, der Angst vor Bestrafung oder der Hoffnung auf eine Belohnung – und nicht aus dem Wunsch heraus, die eigenen Bedürfnisse oder die eines anderen Menschen zu erfüllen.

Wenn Kinder aus solchen Motiven handeln, zahlen wir ebenso wie bei den Strafen und Belohnungen einen hohen Preis und erreichen nicht das, was langfristig unser Ziel sein sollte: Kinder in ihrer Entwicklung zu Menschen zu unterstützen, die in der Lage sind, gut für ihr eigenes Wohlergehen zu sorgen und Freude dabei empfinden, zum Wohlbefinden anderer beizutragen. In einem Kommunikationstrainingsseminar sagte unsere Seminarleiterin einmal folgenden Satz:

„Was Paula über Paul sagt, sagt mehr über Paula aus als über Paul.“

Das heißt: Wie Paula Paul beschreibt, wie sie sein Verhalten interpretiert, worauf sie den Fokus setzt, was zu erwähnen ihr besonders wichtig ist, all das gibt uns mehr Informationen über Paula als über Paul. Paul würde vermutlich von einem Freund, für den ganz andere Dinge wichtig sind und der Pauls Verhalten anders beurteilt, vollkommen anders beschrieben werden. Das zeigt uns deutlich, dass wir besonders bei der Beschreibung anderer Personen und deren Verhalten dazu neigen, Bewertungen mit Beobachtungen zu vermischen. Die Bewertungen, die wir alle vornehmen, sind zum Großteil von unserer überalterten Sprache geprägt. Erst seit wenigen Generationen leben wir nicht mehr in einer Monarchie.

Zu jener Zeit glaubten die meisten Menschen daran, dass es eine unantastbare Wahrheit gebe

Was richtig und falsch, gut und böse ist, wurde von der obersten Autorität im Staat, dem König, oder von der Kirche festgelegt. Wir wurden also noch fast alle in Königs- bzw. Kirchchensprache erzogen, der Sprache der gottgegebenen Wahrheit, die dazu dient, Menschen so zu programmieren, dass sie unterwürfig und hörig gegenüber Autoritäten sind. Die Art und Weise, wie das Denken und Fühlen gelehrt wird, hängt sehr eng mit der Sprache zusammen. Wir üben uns noch nicht lange in demokratischem Denken, einem Denken, das verschiedene Vorstellungen von richtig und falsch zulässt, sodass diese Wörter selbst ihren Sinn verlieren, weil es keine Instanz mehr gibt, die uns vorschreibt, was gut und was schlecht ist. Erst seit kurzem ist vielen Menschen bewusst, dass nicht nur die Schönheit sondern oft auch die Wahrheit im Auge des Betrachters liegt.

Abwertendes Denken erlernten wir durch ein Vokabular, mit dem wir alle aufgewachsen sind und mit dem unsere Kinder heute auch noch immer konfrontiert werden; Wörter wie: richtig, falsch, gut, schlecht, normal, unnormal, angemessen, unangemessen, kompetent, inkompetent. Wer legt eigentlich fest, was normal, angemessen und gut ist? Wenn Menschen zu solchem Denken erzogen werden, glauben sie automatisch, dass es ganz oben eine Autorität gibt, die weiß, was richtig und falsch ist. Und wenn ein Kinderhirn schon sehr früh so geformt wird, kann es in solchen Strukturen funktionieren.


Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Glückskinder
Sprechen, Zuhören, Verstehen –
Damit Ihr Kind ein Glückskind wird

Groth, Sabine
ISBN: 9783934333635
168 Seiten, 22,95 €

Mehr dazu auf www.oberstebrink.de


Wenn ich zu einem Kind sage: „Das hast du gut gemacht!“, dann tue ich so, als wüsste ich, wann etwas gut und wann es nicht gut ist. Dabei ist es für Kinder besonders wichtig, nicht mit dem Bild aufzuwachsen, dass nur Erwachsene wissen, wann Kinder etwas gut gemacht haben und wann nicht. Und was noch wichtiger ist: Dass sie nicht danach bewertet werden, ob das, was sie tun, als richtig oder falsch beurteilt wird.

Aufgabe:

Die folgende Übung trainiert das Unterscheiden von Beobachtungen und Bewertungen. Setzen Sie ein Kreuz vor die Sätze, die eine reine Beobachtung ausdrücken – ohne irgendeine Bewertung. Bedenken Sie, dass die Wörter nie, immer, jedes Mal, oft, selten, ständig usw. manchmal als Übertreibungen benutzt werden. In dem Fall vermischen sich dann Beobachtungen mit Bewertungen.

  1. Lea isst zu viel.
  2. „Du hast in den letzten drei Tagen dein Zimmer nicht aufgeräumt.“
  3. Jedes Mal, wenn ich Laura beobachtet habe, hat sie am Daumen gelutscht.
  4. „Sei doch nicht immer so aggressiv!“
  5. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du mich jemals angerufen hast.“
  6. Mehmet ist ein netter Junge.
  7. Meine Tochter hat sich noch nie gern die Zähne geputzt.
  8. Mein Sohn ist ein Frühaufsteher.
  9. Max streitet sich ständig mit anderen Kindern.
  10. „Letzte Woche bist du zwei Mal zu spät gekommen.“

Lesen Sie jetzt bitte meine Antworten und vergleichen Sie sie mit Ihren Antworten.

  1. Ich habe Satz 1 nicht angekreuzt, weil ich „zu viel“ für eine Bewertung halte.
  2. Ich habe Satz 2 angekreuzt, weil hier meiner Ansicht nach eine Beobachtung ausgedrückt wurde, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.
  3. Ich habe Satz 3 angekreuzt, weil ich finde, dass hier ebenfalls eine Beobachtung ohne Vermischung mit einer Bewertung vorliegt.
  4. Ich habe Satz 4 nicht angekreuzt, weil ich „aggressiv“ für eine Bewertung halte. Hinter dem Verhalten könnten auch andere Gefühle wie Unsicherheit oder Angst stehen. Außerdem halte ich „immer“ in diesem Fall für eine Übertreibung.
  5. Ich habe Satz 5 angekreuzt, weil meiner Ansicht nach hier ein eine Beobachtung ausgedrückt wurde, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.
  6. Ich habe Satz 6 nicht angekreuzt, weil ich „nett“ für eine Bewertung halte.
  7. Ich habe Satz 7 nicht angekreuzt, weil ich „nie“ für eine Übertreibung halte. Außerdem ist der Satz meiner Ansicht nach eine Beurteilung.
  8. Ich habe Satz 8 nicht angekreuzt, weil ich „Frühaufsteher“ für eine Bewertung halte. Bei der Beurteilung bleiben folgende Fragen offen: Steht der Sohn tatsächlich immer früh auf? Was bedeutet „früh“ für mich, für meinen Sohn und für den Zuhörer?
  9. Ich habe Satz 9 nicht angekreuzt, weil ich „ständig“ in diesem Fall für eine Bewertung halte.
  10. Ich habe Satz 10 angekreuzt, weil ich finde, dass hier eine Beobachtung vorliegt, die nicht mit einer Bewertung vermischt ist.

Gefühle ausdrücken

„Das Ziel im Leben ist nicht, immer glücklich zu sein, sondern all unser Lachen zu lachen und all unsere Tränen zu weinen.“

Marshall B. Rosenberg

Es war nun schon viel von Bedürfnissen und Gefühlen die Rede. Um die soll es hauptsächlich gehen, wenn wir mit einer Sprache sprechen, die unsere Kinder darin unterstützen soll, sich zu selbstbewussten und authentischen Persönlichkeiten zu entwickeln.
Die meisten von uns wurden dazu erzogen, „außenorientiert“ zu leben und nicht mit sich selbst in Kontakt zu treten. Wir wurden eher dazu trainiert, auf unseren Kopf anstatt auf unser Gefühl zu hören und uns ständig die Frage zu stellen: „Halten es die anderen für richtig, wenn ich das sage oder tue?“, anstatt uns zu fragen: „Wie geht es mir, wenn ich das tue? Wie fühle ich mich, wenn ich das erlebe? Was halte ich für richtig?“ Oftmals sind wir mehr damit beschäftigt, uns mit der Meinung und den Gefühlen anderer zu beschäftigen, anstatt auf unsere eigenen Empfindungen, Bedürfnisse und Wünsche zu achten.

Wir wurden vielleicht nicht mehr dazu angehalten, uns zu fragen: „Was sollen denn die Nachbarn denken?“ Doch wir wurden auch selten dazu aufgefordert, unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu erkunden, z. B. mit Fragen wie: „Wie fühlst du dich dabei? Was wünschst du dir? Was hältst du davon?“ Können Sie sich daran erinnern, in Ihrer Schulzeit jemals gefragt worden zu sein, wie Sie sich fühlen? Ich kann das leider nicht. Zu meiner Schulzeit wurde viel mehr Wert auf das Denken gelegt, Gefühle wurden dagegen als unwichtig betrachtet. Kein Mensch würde jedoch überleben, wenn er keine Gefühle hätte. Unsere Angst warnt uns vor Gefahren. Seelischer Schmerz macht uns darauf aufmerksam, dass unsere Bedürfnisse nicht erfüllt sind.

Und erst wenn wir die widersprüchlichsten Gefühle in uns zulassen, werden wir uns als „ganzer Mensch“ fühlen:

Sehen,
dass du nur du bist,
wenn du alles bist,
was du bist:
das Zarte
und das Wilde,
das, was sich anschmiegen will
und das,
was sich losreißen will.

(Erich Fried)

Unterdrückte Gefühle kommen uns teuer zu stehen. Das erfahren wir, wenn wir unser Gefühl von Müdigkeit mit Kaffee unterdrücken und unser Bedürfnis nach Schlaf nicht befriedigen. Irgendwann sind wir übermüdet, gereizt und werden – wenn wir das Gefühl der Müdigkeit zu lange nicht beachten – krank. Das Gleiche geschieht, wenn wir Gefühle wie Wut, Angst, Trauer unterdrücken, mit Arbeit, Schokolade, Aktivität usw., und die dahinter liegenden Bedürfnisse ignorieren. Mit der Zeit wird unser gesamter Organismus dadurch geschwächt und wir bekommen Depressionen, Ängste, Übergewicht oder andere Krankheitssymptome, die wir dann behandeln müssen. Einfacher ist es, es gar nicht so weit kommen zu lassen und dem vorzubeugen, indem wir lernen, unsere Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und diese Fähigkeit an unsere Kinder weiterzugeben.

Ebenso wenig wie das Äußern von Gefühlen wurde den meisten von uns beigebracht, die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen

Weder in der Schule noch im Elternhaus. Es ist wichtig, sich darüber klar zu sein, dass andere Menschen nicht für unsere Gefühle verantwortlich sind. Das Verhalten eines anderen Menschen kann zwar der Auslöser für ein Gefühl sein, aber es ist nicht die Ursache. Das einzige, was unsere Gefühle beeinflussen kann, ist die Haltung, mit der wir reagieren. Sie haben sicher bereits die Erfahrung gemacht, dass Sie nach sich ähnelnden Erlebnissen unterschiedlich reagierten.

Stellen Sie sich vor, ein anderer Verkehrsteilnehmer nimmt Ihnen die Vorfahrt. Das kommt immer mal wieder vor. Wenn Sie gerade abgehetzt von zu Hause losgefahren sind, nachdem die Kinder herumtrödelten und Sie noch eine Meinungsverschiedenheit mit Ihrem Partner hatten, reagieren Sie mit größter Wahrscheinlichkeit wütender, als an einem Morgen, an dem Sie gemeinsam mit ihrer Familie in aller Ruhe gefrühstückt und sich anschließend liebevoll verabschiedet haben. Sie werden dann vielleicht sogar denken: „Hoffentlich passiert ihm (dem Autofahrer, der uns die Vorfahrt genommen hat) nichts, wenn er sich nicht an die Verkehrsregeln hält.“ Sie sehen, es ist beide Male der gleiche Auslöser, aber Ihre Gefühle und Ihre Reaktion sind vollkommen unterschiedlich.

Wussten Sie übrigens, dass das Äußern von Gefühlen nicht nur in der Familie, sondern auch am Arbeitsplatz und in anderen Lebensbereichen eine ganz neue Beziehungsqualität fördern kann? Indem wir unsere Menschlichkeit und Verletzlichkeit zeigen, laden wir andere dazu ein, selbst menschlich zu handeln und sich selbst zu öffnen.

Damit Kinder lernen, ihre Gefühle zu äußern, ist es hilfreich unseren Gefühle-Wortschatz zu erweitern

Es hilft uns eher, Wörter zu benutzen, die ein Gefühl genau beschreiben, anstatt Wörter, die allgemein und vage sind. Sagen wir z. B.: „Ich habe ein schlechtes Gefühl“, dann kann das Wort „schlecht“ vieles bedeuten: ängstlich, wütend, müde, einsam, verzweifelt, verwirrt usw.

Wie wichtig und notwendig es ist, den Gefühle-Wortschatz bewusst zu erweitern, erlebte ich kürzlich in einer Schulklasse mit achtjährigen Kindern. Auf meine Frage, welche Gefühle sie kennen, wurden mir nur drei (!) Wörter genannt: fröhlich, traurig, wütend. Mehr Gefühle fielen 28 Kindern nicht ein. Ich habe dann unsere Handpuppe noch einige Gefühle wie glücklich, unsicher, aufgeregt, müde, verzweifelt aufzählen lassen. Diese kannten die Kinder zwar durchaus, aber ihnen selbst fielen noch immer keine weiteren ein. Um nun auch ihren aktiven Gefühlswortschatz zu vergrößern, haben wir uns eine Gefühle-Liste erstellt, die wir in unserem Raum aufhängten.

Nun machen wir des öfteren ein kleines Gefühle-Spiel

Jeder liest sich leise die Gefühle-Liste durch und sucht sich das Wort aus, das sein momentanes Gefühl am besten beschreibt. Wir setzten uns in einem Kreis auf den Boden, und ich werfe einem Kind den Ball zu. Dieses Kind sagt dann „Ich fühle mich …“ Wenn es möchte, kann es auch kurz den Grund für sein Gefühl nennen, beispielsweise so: „Ich fühle mich traurig, weil Lena nicht mehr mit mir spielen möchte.“ Dieses Gefühl kann dann auch körperlich ausgedrückt werden, so als werde der Körper zu einem Standbild. Was sich hier wie eine trockene, künstliche Übung anhören mag, ließ uns in Wirklichkeit viele anrührende, lustige und mitunter auch traurige Momente miteinander erleben. Immer hat sich durch dieses Spiel die Atmosphäre im Raum schlagartig verändert. Und es herrschte eine Stimmung von Offenheit und Mitgefühl.

Dieses Spiel kann ich Ihnen auch für zu Hause empfehlen. Keine Sorge, Sie brauchen sich dazu nicht im Kreis auf den Boden zu setzen. Eine kleine Runde am Frühstückstisch mit der Frage „Wie fühlst du dich heute morgen?“, oder „Wie geht es dir?“, wird eine neue Qualität der Nähe in Ihrer Familie entstehen lassen. Sie alle werden davon profitieren, wenn Sie selbst lernen, Ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu äußern.

Zur Unterstützung können Sie den Gefühle-Wortschatz, den Sie im neunten Kapitel finden, kopieren und an einem gut sichtbaren Platz aufhängen. Sicher werden Sie schon bald wahre Künstler im Umgang mit Gefühlen und deren Ausdruck werden.

Sabine Groth

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