Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit e. V.
„Um die Zukunftsperspektiven unserer Kinder zu sichern“, fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit e. V. (BAG-BEK) dringend Reformen seitens der Politik. Viele Kitas in Deutschland fänden sich schon lange am Limit oder darüber hinaus. Aufgrund des Fachkräftemangels schlössen allerorten Gruppen, die Öffnungszeiten würden gekürzt oder neu gebaute Krippen erst gar nicht eröffnet, heißt es in der Mitteilung „Wie kann dem begegnet werden und was sind die Mindestanforderungen an eine gute KiTa?“, fragt die BAG-BEK Vielerorts sei das Personal durch das ständige Abfedern des Mangels am Limit, werde krank oder verlasse das Arbeitsfeld Kita.
„Wir sollten den aktuellen Fachkräftemangel als Chance sehen, das System der frühkindlichen Bildung gründlich zu überdenken. Die Zuständigkeit der Länder und Kommunen sowie die Verantwortung des Bundes muss in eine neue Balance gebracht werden, die sich auch in einer angemessenen finanziellen Ausstattung des gesamten Systems widerspiegelt.“, heißt es in der Erklärung. Und weiter: „Eine qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte und verlässliche Kindertagesbetreuung ist unverzichtbare Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie ist damit als Komplementärsystem zur Wirtschaft anzuerkennen. Deren Erträge sowie das Steueraufkommen durch die erhöhte Erwerbsbeteiligung der Eltern sollten zumindest in Teilen in das System zurückfließen. Daher wäre anzudenken, die Wirtschaft in die Finanzierung des Systems der Kindertagesbetreuung einzubinden.“ Dazu hat die Arbeitsgemeinschaft Mindestanforderungen formuliert:
Mindestanforderungen für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen
Es ist deutlich geworden, dass empirisch belegte Einflussgrößen auf die Qualität in Kitas nicht ignoriert werden dürfen, vor allem nicht bei der pädagogischen Qualifikation des Personals. Somit knüpfen die Mindestanforderungen an das an, was als wissenschaftlich begründete Standards politisch bereits akzeptiert ist (BMFSFJ & JFMK, 2016)*:
1. Qualifikation: Alle Personen, die in einer Kindertageseinrichtung arbeiten, brauchen eine pädagogische Qualifikation. Neben staatlich anerkannten Erzieher:innen können übergangsweise Personen arbeiten, die eine pädagogische Grundschulung mit einem Mindestumfang von 200 Stunden durchlaufen haben. Sie benötigen Grundkenntnisse über Entwicklungspsychologie, Kinderschutz, pädagogische Interaktion und pädagogische Haltung. Danach darf diese Person nur zusammen mit einer staatlich anerkannten Fachkraft tätig werden und muss sich berufsbegleitend weiterqualifizieren. Solche nicht voll qualifizierten Hilfskräfte können kurzfristig zur Linderung des Fachkräftemangels beitragen, mittelfristig müssen die Personalschlüssel verbessert werden und langfristig die Ausbildungssituation, wobei alle Maßnahmen möglichst schnell und jetzt begonnen werden müssen.
2. Fachkraft-Kind-Relation: In jeder Gruppe müssen mindestens 2 qualifizierte Erwachsene mit staatlich anerkannter pädagogischer Ausbildung gleichzeitig anwesend sein, davon eine mit einer Qualifikation mindestens auf Fachschulniveau. Als Schwellenwerte für ein Mindestmaß an pädagogischer Qualität hat sich in der Forschung eine Fachkraft-Kind-Relation für Unterdreijährige von 1:4 und für Kinder zwischen 3 und sechs Jahren von 1:9 gezeigt. Werden diese Schwellenwerte unterschritten, entwickeln sich die Kinder nachweislich ungünstiger. Um die notwendigen Fachkraft-Kind-Relationen gewährleisten zu können, sind in die Personalschlüssel zusätzliche Zeitvolumen für die mittelbare pädagogische Arbeit sowie zur Kompensation der Ausfallzeiten (Urlaub, Fortbildung, Krankheit) hinzuzurechnen. Pädagogischen Herausforderungen durch viele Kinder mit Sprachförderbedarf, aus sozioökonomisch benachteiligten Lebenslagen oder mit (drohender) Behinderung ist durch eine entsprechende Verstärkung des Personals zu begegnen (vgl. Viernickel & Fuchs-Rechlin, 2016; BMFSFJ & JFMK, 2016)*.
3. Rahmenbedingungen: Damit sich die pädagogischen Fachkräfte auf ihre Kernaufgaben, die Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder konzentrieren können, sollten für alle nicht-pädagogischen Aufgaben andere Personen eingesetzt werden (Hauswirtschaft, Verwaltung, Reinigung, Hausmeistertätigkeiten u.a.), die on-top zu finanzieren sind. Zur Kompensation der Ausfallzeiten sollten Vertretungskräfte zur Verfügung stehen. Damit die Leitungskräfte die Einrichtungen professionell leiten und dabei den Fokus auf die Unterstützung und Bindung des pädagogischen Personals richten können, benötigen sie ausreichende Zeitkontingente (vgl. Strehmel, 2016; BMFSFJ & JFMK, 2016)*. Im Bereich der Verwaltung könnten weniger Vorschriften und digitale Lösungen Entlastung schaffen.
Den vollständigen Text finden Sie hier:
https://www.bag-bek.de/aktuelles/detail/gute-kitas-fuer-eine-gute-zukunft-in-deutschland/
Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit e.V.
*Viernickel S. & Fuchs-Rechlin, K. (2016). Fachkraft-Kind- Relationen und Gruppengrößen in Kindertageseinrichtungen. Grundlagen, Analysen, Berechnungsmodell. In S. Viernickel, K. Fuchs-Rechlin, P. Strehmel, C. Preissing, J. Bensel & G. Haug-Schnabel (Hrsg.): Qualität für alle. Wissenschaftlich begründete Standards für die Kindertagesbetreuung (S. 11–130). 3., korr. Auflage. Freiburg: Herder.
*Strehmel, P. (2016). Leitungsfunktion in Kindertageseinrichtungen: Aufgabenprofile, notwendige Qualifikationen und Zeitkontingente. In S. Viernickel, K. Fuchs-Rechlin, P. Strehmel, C. Preissing, J. Bensel & G. Haug-Schnabel (Hrsg.): Qualität für alle. Wissenschaftlich begründete Standards für die Kindertagesbetreuung (S. 131–252). 3., korrigierte Auflage. Freiburg: Herder.