You are currently viewing Bevölkerungsentwicklung: passgenaue kommunale Strategien dringend gefragt

Bevölkerungsentwicklung: passgenaue kommunale Strategien dringend gefragt

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Aktuelles

Die Bertelsmann Stiftung veröffentlicht Bevölkerungsvorausberechnung 2040 auf dem Datenportal „Wegweiser Kommune“

Der Blick auf die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland in den vergangenen 60 Jahren zeigt vor allem, dass diese überaltert. Das ist nicht das Ergebnis einer zunehmenden Lebenserwartung hierzulande, die aktuell sogar etwas rückläufig ist, sondern die zu geringe Geburtenrate. Diese liegt aktuell bei 1,36 Kindern pro Frau und geht weiterhin zurück. In Österreich (1,68) und der Schweiz (1,33) sieht die Situation nicht besser aus. Die Gründe für die niedrigen Geburtenraten sind bekannt. Ebenso sollte es mit den Folgen sein. Setzt sich die Forschung doch schon seit Jahrzehnten damit auseinander.

Statt Lamentos sind ernsthafte Strategien gefordert

Indem Politiker seit Jahrzehnten lamentieren, statt die Entwicklung zu akzeptieren und entsprechend zu agieren, verschärft sich die Situation zunehmend. Ebenso gilt es wohl in der Gesellschaft hinzunehmen, dass nach dem nun 75 Jahren andauernden Versuch eine gelungene Fertilitätspolitik wie etwa in Frankreich zu machen, das Familienpolitikexperiment in Deutschland dauerhaft gescheitert ist.

Umso mehr verwundert es, wenn dann vielerorts der Mangel an Auszubildenden und Fachkräften beklagt wird. Das helfen millionenschwere Werbekampagnen wie sie etwa die Bundeswehr mit Steuergeldern betreibt nur wenig. Die Kinder, die heute zur Waffe greifen sollen, wurden einfach niemals geboren. Und es werden immer weniger werden.

Das hat Folgen für alle Bereiche der Gesellschaft. Wer sich damit ehrlich auseinandersetzen will, bekommt mit der Bevölkerungsvorausberechnung 2040 des Datenportals „Wegweiser Kommune“ der Bertelsmann Stiftung eine wichtige Hilfestellung.

Ungleiche Entwicklung in den Bundesländern

Denn es sind gerade die Kommunen, die in den kommenden Jahrzehnten vor großen Herausforderungen stehen werden und deshalb dringend passgenaue Strategien benötigen. Dabei wird die Entwicklung bis 2040 sehr unterschiedlich verlaufen. Laut Prognose der Stiftung wird die Bevölkerungszahl von 2020 bis 2040 sogar um 0,6 Prozent wachsen. Dabei werden die östlichen Bundesländer und das Saarland Bevölkerungsrückgänge verzeichnen. Die anderen Bundesländer können mit Zuwächsen bei der Bevölkerungszahl bis 2040 rechnen. Vor allem die Alterung unserer Gesellschaft wird sich fortsetzen und den bereits bestehenden Fachkräftemangel verstärken. Zusammen mit wachsenden oder schrumpfenden Bevölkerungszahlen wird diese zunehmende Alterung die kommunalen Infrastrukturen weiter unter Druck setzen.

Demnach liegt die Bevölkerungsentwicklung in den 13 Flächenländern zwischen +4,6 Prozent (Baden-Württemberg) und -12,3 Prozent (Sachsen-Anhalt). Deutliche Bevölkerungszuwächse gibt es in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg mit +5,8 Prozent beziehungsweise +3,5 Prozent; Bremen wächst moderater um +1,1 Prozent. Unter den kreisfreien Städten haben Leipzig, Potsdam und Bamberg Bevölkerungszuwächse von mehr als 10 Prozent zu erwarten. Bei den Landkreisen gilt dies für Biberach, Mühldorf am Inn und Kelheim. Am anderen Ende der Skala stehen nur Kreise und kreisfreie Städte aus den östlichen Bundesländern mit einem zu erwartenden Bevölkerungsrückgang von -17 Prozent und mehr. 

Mehr ältere Menschen

Die Zunahme des Anteils der Bevölkerung im potenziellen Rentenalter spielt in den kommen-den Jahrzehnten eine zentrale Rolle. Die zunehmende Alterung wird erhebliche Auswirkungen auf das sogenannte Erwerbspersonenpotenzial, auf die Alterssicherungssysteme und auf den Pflegebedarf haben. Der Anteil der Personen im Alter ab 65 Jahren an der Gesamtbevölke-rung betrug im Jahr 2020 knapp 22 Prozent, 20 Jahre später werden es fast 28 Prozent sein. „Bei allen regionalen Unterschieden zeigt sich die zunehmende Alterung unserer Gesellschaft in fast allen Kommunen. Es braucht jetzt gezielte Strategien, um eine geeignete Infrastruktur für die älteren Generationen aufzubauen und die dabei entstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Ralph Heck, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.

Deutlicher Anstieg der Rentner in Deutschland

Die geburtenstarken Jahrgänge rücken in den kommenden Jahren ins Rentenalter vor. Die Zahl der potenziell Erwerbstätigen nimmt ab und die Zahl der potenziellen Bezieher von Leistungen im Alter steigt deutlich an. Die Vorausberechnung zeigt, dass die Anzahl der Personen in den ersten Jahrgängen des Rentenbezugs bis zum Jahr 2035 auf rund 16,2 Millionen stark ansteigt (im Jahr 2020 waren es noch rund 12,3 Millionen 65- bis 79-Jährige). Damit steigt der Anteil der 65- bis 79-Jährigen an der Gesamtbevölkerung von 14,8 Prozent im Jahr 2020 auf 19,3 Prozent im Jahr 2035. Danach wachsen etwas schwächere Jahrgänge ins Rentenalter nach, sodass der Anteil der 65- bis 79-Jährigen in den weiteren fünf Jahren bis 2040 um knapp einen Prozentpunkt gegenüber 2035 zurückgeht. Die Anzahl der Senioren ab 80 Jahren nimmt ab dem Jahr 2027 deutlich zu. Die Zahl der über 80-Jährigen steigt von rund 5,8 Millionen im Jahr 2027 auf rund 7,7 Millionen im Jahr 2040. Somit liegt der Anteil der ab 80-Jährigen im Jahr 2040 in Deutschland bei 9,2 Prozent.

Die Alterung zeigt sich auch an der Entwicklung des Medianalters, also dem Alter, das die Bevölkerung in eine ältere und eine jüngere Hälfte teilt. Bundesweit nimmt das Medianalter bis zum Jahr 2040 um 1,2 Jahre zu. In allen Bundesländern (außer dem Saarland) wird das Medianalter bis 2040 ansteigen, in mehreren Bundesländern um etwa zwei Jahre. Die Spanne zwischen den Bundesländern liegt dann bei fast zehn Jahren, zwischen den Stadtstaaten Hamburg und Berlin einerseits (je etwa 43 Jahre) und vier der fünf östlichen Bundesländer andererseits (zwischen 52 und 53 Jahre). Auf der Kreisebene beträgt die Spanne beim Medianalter 18,5 Jahre zwischen dem ältesten Landkreis Greiz (Medianalter 57,3 Jahre) und dem jüngsten Stadtkreis Heidelberg (38,8 Jahre). 

Kommunale Entscheidungsträger können die Vorausberechnung nutzen, um die regionalen Infrastrukturen auf die demografischen Herausforderungen der nächsten Jahre vorzu-bereiten. Ohne finanzielle Unterstützung durch Förderprogramme von Bund und Ländern wird dies für viele Regionen nicht aus eigener Kraft zu schaffen sein.

Zusatzinformationen:

Die Bevölkerungsvorausberechnung 2040 der Bertelsmann Stiftung wurde für alle Kommunen in Deutschland mit mehr als 5.000 Einwohner durchgeführt. Das entspricht 3.063 Gemeinden (einschließlich der Stadtstaaten und kreisfreien Städte), in denen 89,6 Prozent der Einwohner in Deutschland leben. Die Daten liegen auf Ebene des Bundes, der Bundes-länder, der Landkreise und kreisfreien Städte und Gemeinden vor. Die einzelnen Ergebnisse für jede Region stehen im Datenportal Wegweiser Kommune www.wegweiser-kommune.de der Bertelsmann Stiftung zum Abruf bereit.

Quelle: Bertelsmann Stiftung

image_pdfimage_print