Du betrachtest gerade „Extreme Candy“: foodwatch warnt vor gesundheitsgefährdenden Süßigkeiten

„Extreme Candy“: foodwatch warnt vor gesundheitsgefährdenden Süßigkeiten

Marktcheck: Import-Produkte mit riskanten Zusatzstoffen und fehlenden Warnhinweisen über TikTok an Kinder vermarktet

Die Verbraucherorganisation foodwatch hat vor gesundheitsgefährdenden Süßigkeiten aus dem Ausland gewarnt. Viele Produkte, die wegen ihres extremen Geschmacks, ihrer knallbunten Farben oder wegen aufsehenerregenden Posts in den sozialen Medien besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebt seien, enthielten nicht nur viel Zucker sondern auch gefährliche Zusatzstoffe. Darunter sind Azofarbstoffe oder das potentiell krebserregende Tert-Butylhydrochinon (TBHQ), so foodwatch.

Produkte sind nicht immer gesetzeskonform gekennzeichnet

Ein Marktcheck der Verbraucherorganisation zeigt: Weder online noch in den vielen Candy-Shops vor Ort sind die Produkte immer gesetzeskonform gekennzeichnet. So fehlten in vielen Fällen Nährwertangaben, Zutatenlisten und gesundheitsrelevante Warnhinweise. foodwatch forderte stärkere Lebensmittelkontrollen durch die Behörden, ein Verbot besonders riskanter Zusatzstoffe und eine effektive Beschränkung der Junkfood-Werbung.

„Knallbunt, extrem süß oder sauer, aber vollgestopft mit teils gefährlichen Zusatzstoffen – der Candy-Trend ist schon lange kein lustiges Jugendphänomen mehr, sondern eine ernsthafte Gefahr für Minderjährige. Die Süßigkeiten und Snacks, die über Tiktok & Co.völlig legal an ein junges Millionenpublikum vermarktet werden und dabei oft gesundheitsgefährdende Substanzen enthalten, müssen von deutschen Behörden lückenloser kontrolliert und notfalls vom Markt genommen werden“, forderte Luise Molling von foodwatch.

Vermarktung an Kinder und Jugendliche über soziale Medien

Knallbunte und oft extrem schmeckende Süßigkeiten, Getränke und Snacks aus dem Ausland werden vor allem über soziale Medien vermarktet. Kinder und Jugendlichen sammeln diese wie Statussymbole und präsentieren sie untereinander. Zu kaufen gibt es die Produkte sowohl online als auch offline in Candy-Shops. Diese gibt es inzwischen in jeder größeren Innenstadt. Auch Supermärkte haben den Trend erkannt und bieten erste Produkte an.

Die Ergebnisse des foodwatch-Marktchecks:

Gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe:

Viele der Süßigkeiten und Snacks sind die reinsten Zusatzstoffcocktails. Zutatenlisten mit bis zu zwanzig E-Nummern sind keine Seltenheit. Einige dieser Zusatzstoffe sind zwar sicher, andere hingegen bergen mögliche gesundheitliche Risiken. Darunter die Azofarbstoffe mit den Nummern E102, E104, E110, E122, E124 und E129. Diese stecken in vielen Süßwaren und auch einigen salzige Snacks insbesondere aus den USA. Azofarbstoffe können Pseudoallergien auslösen und stehen unter Verdacht, bei Kindern Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen auszulösen.

Der seit 2010 in der EU vorgeschriebene Warnhinweis hat dazu geführt, dass Azofarbstoffe fast vollständig aus den hiesigen Supermarktregalen verschwunden sind. Mit den importierten Süßwaren kehren sie nun wieder zurück. Weitere kritische Zusatzstoffe sind Tert-Butylhydrochinon/TBHQ (E319) und Butylhydroxytoluol/BHT (E321): Für TBHQ gibt es unter anderem den Verdacht auf eine krebserregende Wirkung und eine Beeinträchtigung der Immunabwehr. Für den Konservierungsstoff BHT besteht unter anderem der Verdacht, dass der Hormonhaushalt durch den Konsum gestört werden kann. Da BHT in großen Mengen zur Blausucht und sogar zum Erstickungstod führen kann, ist es für Säuglings- und Folgenahrung nicht zugelassen. Produkte wie Airheads, Dr. Sour oder Toxic Waste enthalten zudem hohe Anteile an Zitronensäure (E330), teils aber auch Apfelsäure, Milchsäure oder Fumarsäure. Der hohe Säuregehalt greift insbesondere den empfindlichen Zahnschmelz von Kinderzähnen an.Säurehaltige flüssige Sprays bergen bei unsachgemäßem Gebrauch zudem die Gefahr der schweren Reizung von Augen und Haut.

Mangelhafte Kennzeichnung:

Sowohl online als auch offline halten Hersteller und Händler die Kennzeichnungsregeln nicht ein:

Mal gibt es keine Zutatenlisten, mal keine Nährwertangaben. Oft sind die Zusatzstoffe nicht ordnungsgemäß bezeichnet oder die Übersetzungen fehlerhaft oder unvollständig. Darüber hinaus fehlt bei etlichen Produkten mit Azofarbstoffen der vorgeschriebene Warnhinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“. Auf den Verpackungen selbst ist zudem die Beschriftung etlicher Produkte so klein, dass sie mit dem bloßen Auge kaum zu entziffern ist.

Marketing über soziale Medien:

Die Hersteller und die Candy-Shops, in denen ihre Produkte verkauft werden, nutzen insbesondere Instagram und TikTok, um ihre Produkte an das oft sehr junge Zielpublikum zu bringen. Dabei bedienen sie sich verschiedener Strategien: „Challenges“, also die Aufforderung an junge Menschen, ihren „Mut“ unter Beweis stellen, indem sie extrem saure oder eklige Süßigkeiten essen und ihre Reaktion darauf filmen. „Boxing-Videos“, in denen besonders große Bestellungen von Kund:innen erwähnt werden, inklusive deren Vornamen. Eines dieser Videos, in dem tatsächlich einfach nur die bestellten Produkte in einen Karton gepackt werden, wurde über fünf Millionen mal angesehen und hat über eine halbe Million Likes.

Zuletzt gibt es Unternehmen, die gezielt Influencer:innen einsetzen, um das Vertrauen der jungen Zielgruppe zu gewinnen: Unter den „Candyfluencern“ sind eine junge Frau und ein junger Mann, die im Namen der „Sugargang“ Social-Media-Marketing betreiben. Die Sugargang werden auf Live-Events von eindeutig minderjährigen Kindern wie die größten Idole gefeiert. Das jüngste in einem Video erscheinende Kind ist vier Jahre alt und bekommt überzuckerte amerikanische Frühstücksflocken mit Azofarbstoffen geschenkt.

foodwatch fordert Maßnahmen der Politik

Angesichts des gefährlichen Candy-Trends forderte foodwatch wirksame Maßnahmen der Politik:

  • Erstens brauche es eine effektive Überwachung von Online-Shops durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden.
  • Die Zuständigkeiten müssten gebündelt und von den Landkreisen auf den Bund übertragen und personell besser ausgestattet werden.
  • Besonders kritische Zusatzstoffe müssten bei Zweifeln an der Sicherheit im Sinne des EU-Vorsorgeprinzips verboten werden,
  • Mindestschriftgrößen müssen erhöht werden, damit Inhaltsstoffe immer gut lesbar sind.
  • Schließlich müsse es umfassende Werbebeschränkungen auf allen Kanälen geben.

Werbung für Ungesundes, dazu zähle auch „extreme Candy“, habe einen negativen Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten von Kindern, die ohnehin schon bereits doppelt so viele Süßwaren und Snacks zu sich nehmen wie empfohlen, so foodwatch.

Quellen und weiterführende Informationen:

Quelle: Pressemitteilung foodwatch e.V.

image_pdfimage_print