Umwelt- und Klimaschutz bleibt für die Deutschen ein Top-Thema
Allen Pessimisten zum Trotz: Jugendliche können hierzulande doch einiges bewegen. Das zeigt das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das eine Klage gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung angenommen hat. Diese haben unter anderem mehrere Fridays for Future Aktivistinnen und Aktivisten eingereicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutschen Umwelthilfe (DUH) und Greenpeace haben die Klage unterstützt. Das BVerfG entschied, dass das deutsche Klimagesetz teilweise nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Demnach muss die Bundesregierung engere Emissionsreduktionsziele ab 2030 vorlegen.
Recht auf Leben, Recht auf Zukunft
„Das Bundesverfassungsgericht bestätigt mit der Klimaklage, was die Naturwissenschaft seit Jahren zeigt: Aufschieben und unzureichende Klimaziele gefährden nicht nur die Natur, sondern unser Recht auf Leben und das Recht auf Zukunft. Das unter dem Protest von 1,4 Millionen Menschen beschlossene Klimapaket ist nicht ausreichend und muss sich jetzt ändern!” sagt dazu Line, Fridays for Future Aktivistin.
Anlässlich der Entscheidung fanden in Karlsruhe und Bonn spontane Aktionen statt. Klimaaktivistinnen und Aktivisten, die das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung seit seinem Beschluss 2019 kritisieren, feiern die Entscheidung als Sieg für mehr Klimaschutz.
Große Mehrheit für einen sozial-ökologischen Wandel
Passend zum Urteil haben Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Präsident dem Umweltbundesamtes (UBA) eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zum Umweltbewusstsein in Deutschland vor. Demnach halten 65 Prozent der Deutschen den Umwelt- und Klimaschutz für ein sehr wichtiges Thema – trotz Corona. Besonders der Klimaschutz bleibt während der Pandemie für 70 Prozent weiterhin genauso wichtig, für 16 Prozent ist er sogar wichtiger geworden. Handlungsbedarf sehen die Befragten vor allem bei Energie, Landwirtschaft und Verkehr.
Umbau in nachhaltige Wirtschaft
Die Befragungsergebnisse zeigen, dass es für einen sozial-ökologischen Wandel einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung gibt. So ist eine deutliche Mehrheit von gut 80 Prozent dafür, dass Deutschland beim Klimaschutz international eine Vorreiterrolle einnimmt. Umwelt- und Klimaschutz sollten für rund 60 Prozent der Befragten in der Landwirtschaftspolitik eine größere Rolle spielen, etwa jeder und jede zweite sieht dies bei der Verkehrspolitik so. Sehr hoch ist die Zustimmung für den ökologischen Strukturwandel in Deutschland: Rund 90 Prozent der Befragten befürworten einen zügigen und zugleich sozialverträglichen Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Corona bestimmt seit mehr als einem Jahr unseren Alltag. Trotzdem ist und bleibt Umwelt- und Klimaschutz ein Top-Thema für die Menschen in Deutschland. Sie wollen Veränderungen und fordern diese auch konkret ein. Das macht Mut für die nächsten Jahre, in denen der Klimaschutz zu einer Richtschnur für nahezu alle Politikbereiche werden wird mit dem Ziel Deutschland klimaneutral zu machen. Die Mehrheit der Menschen sieht längst, dass Klimaschutz Arbeitsplätze schafft und unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht. Besonders interessant wird die Studie da, wo es konkret wird, etwa beim Tempolimit. Hier hat es im Vergleich zur letzten Befragung einen spürbaren Zuwachs gegeben hin zu einer breiten und klaren Mehrheit für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Das wäre nicht nur gut fürs Klima, sondern würde auch für mehr Sicherheit auf den Autobahnen sorgen.“
Großer Bedarf bei Landwirtschaft und Ernährung
Großen Handlungsbedarf sehen die Befragten bei Landwirtschaft und Ernährung. Bei den Feldern, wo etwas zu tun ist, liegen mit rund 90 Prozent die Verringerung von Verpackungsmüll und Lebensmittelabfällen an der Spitze. Auch das Tierwohl sollte stärkeres Gewicht bekommen. Zu mehr Umweltschutz bei der Lebensmittelversorgung und -herstellung gehört für die Mehrheit auch ein besseres Angebot an vegetarischen und veganen Produkten und Speisen in Kantinen und Gaststätten. Das wünschen sich knapp zwei Drittel der Befragten.
Hausaufgaben für die Politik sehen die Befragten auch bei der Mobilität. Etwa 90 Prozent der Befragten wünschen sich, dass das Fahren mit Bussen und Bahnen kostengünstiger und das Angebot ausgeweitet wird. Auch mehr Radwege und Fahrradstreifen finden mehrheitlich Zustimmung – ebenso ein Tempolimit auf Autobahnen, was rund 65 Prozent wollen.
Weichen für nachhaltige Zukunft jetzt stellen
Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner: „Den Menschen in Deutschland ist sehr bewusst, dass ambitionierter Umwelt- und Klimaschutz letztlich die eigenen Lebensgrundlagen erhält. Diese Dekade ist entscheidend dafür, ob es uns gelingt, die Weichen für eine nachhaltige Zukunft richtig zu stellen. Wir sollten diese einmalige Gelegenheit, die sich jetzt bietet, nicht verstreichen lassen – zumal ein sozial-ökologischer Wandel nicht nur mehr Lebensqualität schafft, sondern auch die Wirtschaft belebt.“
Für die repräsentative Studie wurden im November und Dezember 2020 2.115 Bürger*innen ab 14 Jahren befragt. Die Befragung und Auswertung nahmen das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) und das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) vor. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Studie und der Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort wird auch ein Hintergrundpapier mit den wichtigsten Langzeit-Entwicklungen veröffentlicht.
Quellen: Fridays for Future und Umweltbundesamt