Neue Analyse zeigt: Kinderrechte hängen stark vom Wohnort ab
Der „Kinderrechte-Index 2025“ des Deutschen Kinderhilfswerkes legt offen, wie unterschiedlich die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland ausfällt. Das Ergebnis: Viele Bundesländer haben erheblichen Nachholbedarf – und kein Land setzt die Kinderrechte umfassend um. Besonders deutlich wird, wie stark die Chancen von Kindern weiterhin vom Wohnort abhängen.
Wer liegt vorn – und wer nicht?
Im Gesamtranking schneiden Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen überdurchschnittlich ab.
Im Mittelfeld liegen Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen.
Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt bilden das Schlusslicht und bleiben unter dem Durchschnitt.
Der Index basiert auf 101 Indikatoren, die zentrale Kinderrechte abbilden: Beteiligung, Schutz, Gesundheit, Lebensstandard, Bildung sowie Freizeit, Spiel und kulturelle Teilhabe.
Kinderbeteiligung: Große Unterschiede zwischen den Ländern
Beim Recht auf Beteiligung – etwa in Schule, Justiz oder Politik – liegen Bremen, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen vorn.
Viele andere Länder haben ihre Beteiligungsrechte seit 2019 zwar verbessert, aber von flächendeckenden Mitbestimmungsstrukturen sind sie weit entfernt.
Schutz und Prävention: Fortschritte – aber nicht überall
Das Recht auf Schutz, das sowohl präventiven Kinderschutz als auch die Behandlung von Verdachtsfällen umfasst, wird besonders gut in Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein umgesetzt.
Trotz positiver Entwicklungen bleibt eine zentrale Erkenntnis: Ein wirksamer Kinderschutz darf nicht vom Bundesland abhängen.
Gesundheit: Zugang und Prävention weiter ungleich verteilt
Beim Recht auf Gesundheit gehören Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen und Thüringen zur Spitze.
Der Index zeigt jedoch, dass flächendeckend vergleichbare Gesundheitsangebote – von der Vorsorge über Prävention bis hin zur Versorgung – weiterhin fehlen.
Lebensstandard: Armut bleibt ein Kernproblem
Für die Umsetzung eines angemessenen Lebensstandards, der entscheidend für die Entwicklung von Kindern ist, wurden Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen am besten bewertet.
Gleichzeitig fordert das Kinderhilfswerk: Landesstrategien zur Kinderarmutsprävention müssen Standard werden.
Bildung: Infrastruktur und Chancengleichheit
Beim Recht auf Bildung liegen Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen an der Spitze.
Trotzdem bleibt der Zugang zu guter Bildung regional sehr unterschiedlich – von Kita-Plätzen bis zu schulischer Förderung.
Freizeit, Erholung und Kultur: Ein oft unterschätztes Kinderrecht
Das Recht auf Ruhe, Freizeit und kulturelle Teilhabe wird vor allem in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen gut umgesetzt.
Gerade dieser Bereich entscheidet laut Studie maßgeblich über die Lebensqualität und Resilienz von Kindern.
Ein föderaler Flickenteppich – und politischer Handlungsbedarf
Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes, spricht von einem „föderalen Flickenteppich“:
Der Wohnort entscheidet vielfach darüber, wie gut Kinderrechte verwirklicht werden.
Sie betont: Die Umsetzung der Kinderrechte ist weniger eine Frage des Geldes als des politischen Willens.
Was nötig wäre
Der Kinderrechte-Index nennt zentrale Baustellen in allen Bundesländern:
- ressortübergreifende Kinder- und Jugendpolitik
- verbindliche Beteiligungsstrukturen
- Ausbau psychosozialer Hilfen
- Strategien zur Kinderarmutsprävention
- eine kindgerechtere Justiz
- bundesweites Monitoring mit besseren Daten
Gerade bei Gesundheit und Armut fehlen bislang ausreichend aufgeschlüsselte und kontinuierlich erhobene Informationen. Hier sei besonders der Bund gefordert, langfristige Forschung zu finanzieren.
So wurde der Index erstellt
Der Kinderrechte-Index 2025 kombiniert:
- öffentliche Daten und eigene Erhebungen
- eine Befragung von 3.218 Kindern und Jugendlichen
- Rückmeldungen aller Landesministerien
- Analysen zu Gesetzen, Institutionen, Programmen
- Einschätzungen des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerkes
Online verfügbar sind der Studienbericht, sechs Analysepapiere sowie Ländersteckbriefe unter: www.dkhw.de/kinderrechte-index


