Über 300.000 Schülerinnen und Schüler befinden sich derzeit aufgrund von Corona in Quarantäne. Diese Zahl nennt die „Bild“-Zeitung unter Verweis auf Angaben des Deutschen Lehrerverbands. Damit ist die Zahl seit Ende September um das Sechsfache angewachsen. Damals waren es gerade mal 50.000. Aktuell sollen derzeit auch rund 30.000 Lehrerinnen und Lehrer in Quarantäne sein.
„In fast allen Bundesländern wurden die Hygienestufenpläne, die in den Corona-Hotspots wieder auf halbierte Klassen setzten, außer Kraft gesetzt. Schulen sollen auf Biegen und Brechen offen bleiben“, erklärt der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger im Interview mit der Passauer Neuen Presse.
Schon vor ein paar Tagen hat sich der Deutschen Lehrerverband (DL) mit den bei ihm organisierten Verbänden an die Politik gewendet. Er fordert, in einer konzertierten Aktion den Gesundheitsschutz für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler in der Corona-Krise deutlich zu erhöhen. Die Pandemiesituation werde sich nicht in kurzer Zeit bewältigen lassen. Daher brauche es langfristige Lösungen und verlässliche Handlungsrichtlinien, um das Infektionsrisiko an den Schulen so gering wie möglich zu halten.
Im bisherigen Betrieb seit der Wiedereröffnung der Schulen setzten die Kultusminister Lehrkräfte und Schüler Gefahren aus, die auf offener Straße mit Bußgeldern belegt würden. „Wir sagen: Schulen offen halten: Ja – angepasst an das aktuelle Infektionsgeschehen. Aber Schulen im Vollbetrieb um jeden Preis: Nein! Jetzt braucht es verantwortungsvolles Handeln, weitere Infektionsschutzmaßnahmen und Handlungsrichtlinien bei steigenden Infektionszahlen. Sonst drohen in der Konsequenz wieder flächendeckende Schulschließungen“, betont Meidinger.
Lüften ist gut, Lüftungsanlagen sind besser
Die Kultusministerkonferenz KMK will nach Aussage des DL mit der Zahlenkombination 20 – 5 – 20 über den Winter kommen. Das sind 20 Minuten Unterricht, 5 Minuten Quer- und Stoßlüften, um dann erneut 20 Minuten zu unterrichten. Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, Schulklassen ab einem bestimmten Infektionsgeschehen wieder zu teilen, schlage die Politik in den Wind. Ebenso die Erkenntnisse des Umweltbundesamtes, wonach Lüften ohne zusätzlichen Raumluftfilter in vielen Gebäuden nicht ausreiche. Lüftungsanlagen seien daher an vielen Schulen zwingende Notwendigkeit. Die Installation der Raumluftreiniger hätte zudem den positiven Effekt, dass auch Grippeviren minimiert und zusätzliche Krankheitsausfälle vermieden würden. Auch der Einsatz von Plexiglaswänden zwischen den Tischen trage zum Schutz bei. Aus sicht des DL ist eine schnelle Bestandsaufnahme nach einheitlichen Parametern notwenidg.
Der kritische Grenzwert von Corona-Neuinfektionen wird in immer mehr Städten und Kommunen überschritten. In diesen Hotspots fordert der Deutsche Lehrerverband, die Klassen unverzüglich zu halbieren. „Die KMK hat bei ihrer letzten Sitzung mit ihrer Entscheidung, dass Quer- und Stoßlüften bei Minusgraden ausreichend sei, eine rote Linie überschritten und sich damit aus der Verantwortung gegenüber dem Gesundheitsschutz der Schülerinnen und Schüler gestohlen. Es braucht Richtlinien und klare Handlungsanweisungen, ab welchen Inzidenzzahlen eine Maskenpflicht für welche Klassenstufen gilt und ab wann es notwendig ist, die Klassen wieder zu teilen“, so Medinger
AHA-Regeln müssen auch in Schulen gelten
„Die Kultusministerkonferenz muss eine ganz klare Orientierung für den Schulbetrieb in ihrem KMK-Vier-Stufen-Modell nach den Vorgaben des RKI geben“, so die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing. „Hier gilt als Maßstab für die Stufe 2 der Inzidenzwert von 35 Fällen binnen 7 Tagen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer kreisfreien Stadt oder innerhalb eines Landkreises.“ Für die Stufe 3 gilt der der Inzidenzwert von 50, bei dem in den Schulen wieder die AHA-Regeln eingehalten werden sollten, was auf kleinere Klassen hinauslaufe.
Joachim Maiß, Vorsitzender des Bundesverbandes für Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) weist auf unkonventionelle Wege hin, um flächendeckende Schulschließungen zu verhindern. Statt mantrahaft alles schön zu reden, gehe es darum, schnell umsetzbare Lösungen herbei zu führen. So ließen sich beispielsweise leerstehende Veranstaltungs-Locations oder Stadtteilzentren als zusätzliche Unterrichtsräume nutzen.
Vergesst die Lehrkräfte nicht
Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen änderten sich das Anforderungsprofil an die Lehrkräfte und die Belastungen steigen deutlich. Distanzunterricht für Zuhause bleibende Schüler ist Mehrarbeit. Neben Investitionen in die technische Ausstattung, brauche es auch weiterhin Unterstützung der Lehrkräfte. Ebenfalls notwendig seien Fortbildungen für neue digitale Formate und vor allem auch technisches Personal zur Betreuung des IT-Bereiches.
Aber auch beim Gesundheitsschutz der Lehrkräfte bei ihrer Tätigkeit in den Schulen muss nachgebessert werden. Es sei eigentlich ein Skandal, dass anders als in vielen anderen Berufssparten, die mit vielen Kontakten zu tun haben, Lehrkräfte nicht von den Schulträgern und Länderministerien mit einer ausreichenden Zahl an FFP2-Masken ausgestattet wurden.
Quelle: Pressemitteilung DL und andere