Drei Lehren aus den zehn Jahren der TIMPANI-Spielzeugstudie
„Weil mir das gefällt“ ist wohl die ungünstigste Begründung, die ein Erwachsener für die Auswahl eines Spielzeugs geben kann. Schließlich sollte es bei der Entscheidung eher darum gehen, welches Spielzeug Kinder am meisten anregt. Doch selbst für pädagogische Fachkräfte ist dies oft nicht einfach. Auf Fachmessen lässt sich diese Unsicherheit deutlich beobachten. Die Empfehlungen zahlreicher Hersteller und deren vollmundige Produktversprechen tragen dabei nicht zur Klarheit bei. Im Gegenteil: Die Kluft zwischen den Aussagen vieler Hersteller und den praktischen Erfahrungen in Bildungseinrichtungen hat zu einem erheblichen Maß an Misstrauen geführt. Hinzu kommen die ernüchternden Ergebnisse zahlreicher Bildungsstudien wie PISA oder IGLU, die trotz einer Fülle an Lernspielen kaum Fortschritte zeigen.
Eine hilfreiche Orientierung
Eine hilfreiche Orientierung bei der Auswahl von geeignetem Spielzeug bieten die Forschungsergebnisse des Center for Early Childhood Education der Eastern Connecticut State University seit 2019. In der TIMPANI-Studie (Toys that Inspire Mindful Play And Nurture Imagination) untersuchten Wissenschaftler*innen über einen Zeitraum von zehn Jahren mehr als 100 Spielzeuge in Kindertageseinrichtungen. Ziel der Studie war es, Spielzeuge zu identifizieren, die Kinder am besten zu intellektuellen, kreativen, sozialen und sprachlichen Interaktionen anregen. Jedes Jahr wurde eine neue Auswahl von Spielzeugen in den Gruppenräumen verteilt, während das Spielverhalten der Kinder aufgezeichnet und anschließend mit einem wissenschaftlichen Instrument analysiert wurde (Trawick-Smith, Russell, & Swaminathan, 2010).
Drei wesentliche Merkmale
Im Laufe der Studie kristallisierten sich drei wesentliche Merkmale heraus, die dafür sorgen, dass Spielzeug hochwertiges Spiel fördert:
- Je einfacher, desto besser:
Viele moderne Spielzeuge sind mit zahlreichen Funktionen und Effekten ausgestattet – sie machen Geräusche, leuchten oder sprechen. Solche Spielzeuge dienen oft mehr der Unterhaltung als dem eigentlichen Spiel. Die Studie zeigte jedoch, dass einfaches Spielzeug zu abwechslungsreicherem und intensiverem Spiel anregt. So führte beispielsweise eine schlichte Registrierkasse aus Holz zu lebhaften Gesprächen über das Kaufen und Verkaufen, während eine Plastikkasse mit Geräuscheffekten die Kinder meist nur zum wiederholten Drücken der Knöpfe animierte. Ähnlich verhält es sich mit sprechenden Puppen: Während einfache Puppen die Fantasie der Kinder herausfordern, begrenzen interaktive Puppen diese eher. - Vielfältige Möglichkeiten und offenes Ende:
Spielzeuge, die genau vorgeben, wie mit ihnen zu spielen ist – wie Brettspiele oder Puzzles – haben ihren pädagogischen Wert. Sie fördern das Lösen von Problemen, das Einhalten von Regeln und das Abwechseln. Doch die TIMPANI-Studie zeigte, dass insbesondere offene und flexible Spielzeuge die Kreativität der Kinder beflügeln. So wurden einfache Hartholzklötze in der Studie zu Häusern, Zoogehegen, Burgen und vielem mehr. Einzelne Klötze wurden zu Handys, Autos oder Sandwiches. Spielzeuge mit offenem Ende hielten die Aufmerksamkeit der Kinder zudem meist deutlich länger aufrecht. - Weniger Realismus fördert mehr Fantasie:
Realistische Nachbildungen von Alltagsgegenständen können zwar ansprechende Rollenspiele fördern. Ein Plastikgeschirr etwa regt dazu an, Mahlzeiten für Gleichaltrige oder Erwachsene zu simulieren. Doch laut der Studie ist das Spiel umso wertvoller, je weniger realistisch das Spielzeug ist. Ein einfacher Bauklotz etwa fordert die Kinder dazu heraus, selbst zu entscheiden, was sie erschaffen möchten, und ihre Ideen den Spielkamerad*innen zu vermitteln. Diese Art des Spiels führt zu komplexen Problemlösungen, fördert die Kreativität und sorgt für reichhaltige Interaktionen und Gespräche unter den Kindern.

Armin Krenz: Spiel und Selbstbildung – Kitas brauchen eine pädagogische Revolution
Wenn der Bedeutung des Spiels kaum noch eine Beachtung geschenkt wird, hat dies gravierende Folgen für die Persönlichkeits- und Lernentwicklung der Kinder und damit auch auf die zukünftige gesellschaftliche Entwicklung des Landes. In dieser Veröffentlichung werden fachliche Grundlagen vorgestellt, um das SPIEL wieder verstärkt in die Elementarpädagogik zu integrieren. Das gelingt nur mit einer aktiven, lebendigen, authentisch gestalteten SPIELPÄDAGOGIK und spielfreudigen kindheitspädagogischen Fachkräften.
Softcover, 176 Seiten, 21 x 14,8 cm, ISBN 978-3-96304-616-2, 22 €
Besonders wirkungsvolle Spielzeuge laut Studie
Die Forscher*innen identifizierten zwei Spielzeugarten, die sich als besonders wertvoll erwiesen:
- Konstruktionsspielzeug:
Spielzeuge wie Hartholzklötze, Legos und andere Bauteile, die auf vielfältige Weise zusammengesetzt werden können, schnitten in jedem Jahr der Studie hervorragend ab. Die besten Konstruktionsspielzeuge für Kindergartenkinder sind solche ohne feste Vorgaben, die ausreichend Teile bieten, um unterschiedliche Bauideen umzusetzen. - Nachgebildetes Spielzeug:
Figuren wie kleine Menschen, Tiere oder Fahrzeuge schnitten ebenfalls gut ab. Beim Spielen mit diesen Spielzeugen entwickelten die Kinder ausgefeilte Szenarien, führten intensive Gespräche und spielten kooperativ mit anderen Kindern.
Die TIMPANI-Spielzeugstudie:
TIMPANI steht für Toys that Inspire Mindful Play And Nurture Imagination (Spielzeug, das achtsames Spielen fördert und die Fantasie anregt). Die Studie wurde von 2010 bis 2019 durchgeführt und untersuchte Spielzeug für Kinder im Kindergartenalter. Dabei wurden auch Unterschiede in der Spielqualität in Bezug auf Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und sozioökonomischen Hintergrund analysiert. An der Durchführung der Studie waren über einen Zeitraum von zehn Jahren 26 Studierende der Eastern University beteiligt.
Weitere Informationen zur Studie finden Sie hier: TIMPANI-Studie
Quelle: Handout TIMPANI-Studie