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Ein Armutszeugnis für das Bildungspaket

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Gerechtebildung.de zeigt, dass nur 30 Prozent der Mittel in Anspruch genommen werden

Im April ist der 10. Geburtstag des Bildungspakets. Falls Ihnen das jetzt auf Anhieb gar nichts sagt und Sie nicht besonders viel darüber wissen, beschreibt das genau das Problem. Das Bildungs- und Teilhabegesetz (BuT) hat die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen am 1. April 2011 eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor geurteilt, dass die Hartz IV Regelsätze nicht ausreichen, um den Bedarf der Kinder in den Bereichen Bildung und Teilhabe abzudecken.

Bessere Bildungschancen für arme Kinder

Mehrere Millionen stehen jährlich zur Verfügung, damit Kindern, die in armen Familien leben, bessere Bildungschancen haben. Das Bildungspaket wurde jedoch nie richtig angenommen. Die Abrufzahlen liegen bei unter 30 Prozent.. Es wurde eine umfängliche Evaluation von der Bundesregierung durchgeführt und, obwohl die Ergebnisse erschreckend schlecht waren, gab es bis 2019 keine Änderungen am Bildungspaket. Kinder, die eigentlich ein Recht auf Unterstützung hätten, haben diese nicht erhalten.

Verfahren vereinfacht

Im Jahr 2019 hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zusammen mit Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil das „Starke Familien Gesetz“ verabschiedet, das unter anderem Änderungen des Bildungspakets beinhaltet.

1. Das aufwendige Antragsverfahren wurde teilweise abgeschafft.
2. Das Mittagessen ist für alle Kinder kostenfrei.
3. Die Beförderung mit Bus und Bahn wurde ebenfalls für alle Kinder kostenfrei.

Trotz der Vereinfachung des Verfahrens wissen noch immer viele Familien nicht, wie sie das Bildungspaket nutzen können. Die Inanspruchnahme scheitert an sprachlichen Barrieren, Scham und Unkenntnis. Häufig haben Betroffene auch schlechte Erfahrungen mit dem Jobcenter oder Sozialamt gemacht und meiden zusätzliche Kontakte.

1,5 Millionen Kinder fallen durch das System

1,5 Millionen Kinder fallen durch das System. Kinder, die in armen Familien aufwachsen, haben schlechtere Bildungschancen. Die Familien der Kinder haben nur wenig Geld und leben am Existenzminimum. Arme Kinder haben kein frisches, gesundes Essen zum Mittag und sie haben auch nicht immer genug Geld, um neue Kleidung zu kaufen. Klassenfahrten, Ausflüge und weitere Ausgaben werden schnell zum Alptraum für die Familien, denn das bedeutet Auseinandersetzung mit den Jobcentern.

Librileo mit Leseförderprogramm

Die gemeinnützige Organisation Librileo hat ein Leseförderprogramm entwickelt, um Kindern gerechte Bildung zu ermöglichen und Eltern zu empowern. Kinder bis sechs Jahre sollen mit Bücherboxen und Lesestunden auf die Schule vorbereitet werden. Die Bedeutung von Vorlesen im frühen Alter ist immens. Das belegen zahlreiche Studien. Familien, die Transferleistungen wie Hartz IV, Wohngeld, Kindergeldzuschuss oder Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, können die Mitgliedschaft bei Librileo über das BuT abrechnen.

„Die Zusammenarbeit mit einigen Leistungsstellen ist leider nicht gerade einfach. Unser Angebot wird in vielen Kommunen gar nicht als leistungsfähig anerkannt. Das Prozedere ist undurchsichtig und überall verschieden. Wir kämpfen da seit sechs Jahren gegen Windmühlen. Aber wir geben nicht auf,” erklärt Sarah Seeliger, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Librileo.

Zahlen haben sich in fünf Jahren kaum verbessert

In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Zahlen kaum verbessert. Im Durchschnitt werden mehr als 70 % der zur Verfügung stehenden Gelder nicht abgerufen. „Häufig habe ich den Eindruck, als wäre es gar nicht gewollt, dass die Familien die Mittel abrufen können. Wir sind vor kurzem auf die Idee gekommen eine BuT Beratungshotline anzubieten, um Familien telefonisch aufzuklären. Wir wollen ihnen erklären, was sie alles bekommen könnten und ihnen einen ,bunten Blumenstrauß‘ voll mit kostenfreien Angeboten präsentieren. Wir waren überrascht, dass wir von den Leistungsstellen häufig zu hören bekommen haben, dass alles schon wunderbar laufen würde. Das ist schlicht und einfach gelogen – das zeigen die Zahlen,” erklärt Sarah Seeliger.

Website gerechtebildung.de zeigt die Zahlen

Die Idee, die Zahlen aufzuarbeiten, hatte Julius Bertram, Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Librileo. „Ich habe nicht locker gelassen und wollte es dieses Mal wirklich ganz genau wissen. Deshalb habe ich mir deutschlandweit von allen Kommunen die Zahlen seit 2015 angesehen und stichpunktartig ausgewertet. Schnell konnte ich sehen, dass die Ergebnisse nicht groß voneinander abweichen und dass sich seit 2015 kaum etwas geändert hat. Die einzigen Zahlen, die höher waren als alle anderen, waren die Werte für die Schulausstattung – denn die werden halbjährlich automatisch an die Familien ausgezahlt. Gemeinsam mit einem Programmierer habe ich dann alle Zahlen ausgewertet und auf einer Website veröffentlicht,” berichtet Julius Bertram.

Sarah Seeliger und Julius Bertram haben gemeinsam mit ihrem Team die Website gerechtebildung.de ins Leben gerufen, auf der es möglich ist, sich die BuT Statistiken anzusehen. Die Zahlen werden seit Dezember 2015 offiziell von der Agentur für Arbeit veröffentlicht.

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