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Stoppt Kinderrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen!

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Appell von Kinder- und Menschenrechtsorganisationen

Die Menschen im Grenzgebiet in Belarus müssen umgehend Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren in Europa erhalten. Statt Abschottung und rechtswidrigen Push-Backs fordern die 28 unterzeichnenden Organisationen, zu denen auch der Paritätische Gesamtverband gehört, einen sofortigen und verbesserten Zugang zum Grenzgebiet für humanitäre Organisationen, um die betroffenen Geflüchteten versorgen zu können. Hier der appell der Organisationen:

Kinderrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen stoppen – Evakuierung jetzt!

In den Wäldern an der polnisch-belarussischen Grenze harren gegenwärtig geflüchtete Menschen, unter ihnen Kinder und Familien, unter unmenschlichen humanitären Bedingungen aus. Ihre Kinder- und Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Sie leiden unter Unterkühlung, Hunger und Erschöpfung. Sie fliehen vor Verfolgung in der Heimat, Gewalt und Perspektivlosigkeit und suchen Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren.

An der polnisch-belarussischen Grenze, aber auch an der bosnisch-kroatischen Grenze, reagieren die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit Abweisung, illegalen Pushbacks und dem Bau neuer Zäune.

Kinder und Familien dürfen nicht zum Opfer regionaler Macht- und europäischer Abschottungspolitik werden. Die unterzeichnenden Organisationen fordern die bestehende und künftige Bundesregierung auf, sofort tätig zu werden, um das Leid der Kinder und Familien an den europäischen Land-Außengrenzen zu lindern. Die Spirale der Gewalt sowie die lebensgefährliche Kälte und Unterversorgung, denen die Kinder insbesondere in Belarus ausgesetzt sind, dürfen nicht ignoriert, ihre Rechte nicht für Machtpolitik kompromittiert werden.

Menschenunwürdige und kindeswohlgefährdende Unterbringungs- und Versorgungssituation

An der Außengrenze der EU in Belarus findet vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit eine humanitäre Krise statt, die sich angesichts des beginnenden Winters noch drastisch zuspitzen wird.

An der Grenze zu Polen campieren Tausende Menschen obdachlos in einem Waldgebiet trotz der stetig fallenden Temperaturen. Der Zugang zu sanitären Anlagen, Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung ist faktisch nicht vorhanden und wird nur durch das Engagement der Zivilgesellschaft und engagierter Bürgerinnen ermöglicht.

Die betroffenen Geflüchteten, unter ihnen viele Kinder und Jugendliche, befinden sich in einer ausweglosen Situation: Sie können nicht in die EU einreisen und gleichzeitig ist ihnen der Weg durch Belarus versperrt.

Auch in Bosnien und Herzegowina kommt es immer wieder dazu, dass Menschen, unter ihnen auch Kinder, bei Minusgraden in selbstgebauten Camps vor der Grenze ausharren in der Hoffnung, endlich in die EU zu gelangen.

Gewalt und illegale Rückschiebungen von Kindern an den Außengrenzen

Die unterzeichnenden Organisationen sind extrem besorgt hinsichtlich des europa- und völkerrechtswidrigen Vorgehens der EU-Mitgliedstaaten Kroatien und Polen bei Grenzübertritten. Gewaltsame Pushbacks, wie sie von Kroatien seit Jahren straflos praktiziert werden, sind auch in Polen zur gut dokumentierten Praxis des Grenzschutzes geworden. Menschen werden im Grenzgebiet aufgespürt und ohne individuelle Prüfung ihres Asylgesuchs oder ihrer Einreisegründe unter Zwang vor die europäischen Außengrenzen zurückgebracht. Einmal mehr zeigt sich: Werden Gewalt und europa- und völkerrechtswidrige Rückschiebungen nicht geahndet und sanktioniert, avancieren sie durch stillschweigende Zustimmung zu regulären Mitteln des Grenzmanagements an den europäischen Außengrenzen.

Verschiedene Berichte belegen Gewaltanwendung und illegale Rückschiebungen durch sowohl polnische als auch kroatische Grenzbeamte. So haben Menschenrechtsorganisationen bereits im August 2021 illegale Kollektivausweisungen an der polnischen Grenze öffentlich dokumentiert.

Auch an der bosnisch-kroatischen Grenze finden schon seit langem nachweislich rechtswidrige Rückschiebungen durch kroatische Sicherheitsbehörden statt, welche von Gewalt, Erniedrigung und Entwendung von Eigentum begleitet werden. Auch Kinder sind von Pushbacks betroffen.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex sieht dabei tatenlos zu und schreitet bei Menschenrechtsverletzungen nicht ein. Der Winter hat in den Grenzregionen Polens und Kroatiens bereits begonnen. Sinkende Temperaturen, teils unter null Grad, verschlechtern die lebensgefährliche Situation für Kinder und Familien noch weiter dramatisch. Ihnen muss unverzüglich geholfen, ihre Rechte umgehend respektiert werden.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Bundesregierung auf:

  • Sofortige Evakuierung – legale Zugangswege schaffen

Die Bundesregierung und die EU-Kommission müssen die betroffenen Menschen, allen voran Kinder und Familien, aus den entsprechenden Regionen evakuieren und auf die EU-Staaten umverteilen. Dies bedarf eines Ad-hoc-Evakuierungsmechanismus, wie er im Ansatz bei der Aufnahme von den griechischen Inseln angewendet wurde. Um mittelfristig die Situation an den EU-Außengrenzen zu verbessern, müssen in Ergänzung zum individuellen Asylverfahren Resettlement- und humanitäre Aufnahmeprogramme sowie andere legale Zugangswege ausgebaut und die Hürden für Familienzusammenführungen gesenkt werden.

  • Stopp der Push-Backs – Zugang zum Asylverfahren

Die Praxis der Push-Backs muss sofort unterbunden und der Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren sichergestellt werden. Mitgliedstaaten, die sich dem verweigern, müssen sanktioniert werden. Um Menschenrechtsverletzungen aufzudecken, muss das Grenzmanagement der EU-Mitgliedstaaten von einem transparenten, unabhängigen und effektiven Monitoringmechanismus begleitet werden. Konsequente Schulungen zu Kinder- und Menschenrechten können zudem rechtswidriges Vorgehen einzelner Grenzbeamt:innen verhindern.

  • Unterstützung der Menschen vor Ort – Zugang von Hilfsorganisationen

Den betroffenen Menschen, insbesondere Kindern und Familien, in den Grenzregionen müssen umgehend ein festes Dach über dem Kopf, eine regelmäßige Versorgung mit Lebensmitteln und Kleidung sowie Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährt werden. Humanitäre Organisationen sowie Menschen- und Kinderrechtsorganisationen müssen zudem umgehend umfassenden Zugang zu den betroffenen Menschen in den Grenzregionen erhalten. In diesem Sinne fordern wir die Bundesregierung auf, sofort aktiv zu werden und Unterstützung zu leisten, und zwar sowohl in Form von direkter humanitärer Hilfe für die Betroffenen vor Ort als auch durch ihren Einsatz für eine nachhaltige Lösung auf EU-Ebene.

Folgende Organisationen haben den Appell unterzeichnet:

Amadeu Antonio Stiftung, Amnesty International Deutschland e.V., Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Ärzte ohne Grenzen e.V., AWO Bundesverband, Brot für die Welt e.V., Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Der Paritätische Gesamtverband, Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e.V., Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Diakonie Deutschland, ECPAT Deutschland e.V., Equal Rights Beyond Borders, International Rescue Committee, Jesuitenflüchtlingsdienst, Jugendliche ohne Grenzen, JUMEN – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland e.V., National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN – Kinderrechtskonvention, OUTLAW.die Stiftung, Plan International, PRO ASYL, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV), Save the Children Deutschland e.V., Seebrücke – Schafft Sichere Häfen!, SOLWODI Deutschland e.V., SOS-Kinderdorf e.V., terre des hommes Deutschland e.V., World Vision Deutschland e.V.

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