Ein paar Überlegungen und ein Tipp für all jene, die es noch immer nicht glauben wollen
„Das Spiel ist die Arbeit des Kindes!“ Maria Montessori war sicher nicht die erste, die das erkannte, aber die erste, die das so treffend formulierte. Es ging ihr dabei darum, dass das Spiel auch eine entsprechende Würdigung findet. Laut Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind das Recht auf Spiel. Wörtlich heißt es hier:
„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.“
Das Kind erfindet sein Spiel selbst
Dabei ist Spiel für Kinder nicht das, was viele Erwachsene versuchen Kindern einzureden, was Spiel sein soll. Kinder entwickeln ihr Spiel selbst und erschließen sich damit die Welt. Dabei haben wir Erwachsene, die Funktion, die Kinder dabei zu unterstützen – nicht zu leiten oder zu fördern. Wir sind auch keine „Götter“, die das Recht haben, „Menschen zu formen“, sondern wir sind Begleiter, die dem Kind die Möglichkeit geben, sich zu offenbaren.
Leider ist das in unserer Gesellschaft noch nicht angekommen. Trotz moderner bildgebender Verfahren, stehen viele seltsame Vorurteile und manchmal auch finanzielle Interessen im Weg. Und auch, wenn der ein oder andere Manfred Spitzer oder Gerald Hüther nicht mag: im Bezug auf das Spiel haben die beiden recht und können das auch wissenschaftlich belegen. Und nur auf diese Weise, können Kinder auch wirklich lernen.
Eine kleine Binsenweisheit
Leider fehlt uns allzu oft die Geduld und das Vertrauen eines Gärtners. Sonst würden wir nicht versuchen, Kinder gezielt zu fördern. Schließlich wächst das Gras auch nicht schneller, wenn man daran zieht. Das ist zwar eine Binsenweisheit. Das tolle an Binsenweisheiten ist aber, dass sie wahr sind. Und irritieren dabei ist, dass sie dennoch von vielen ignoriert werden.
Studien lesen und beurteilen, nicht nur schauen
Neulich berichtete mir eine Bekannte, sie habe eine Studie gesehen. Darin hätte man beschrieben, wie schon Kleinkinder durch Betätigen des Bildschirms eines Smartphones oder Tablets eine bessere Feinmotorik entwickeln würden.
Mal ganz abgesehen davon, dass man Studien nicht sehen, sondern lesen sollte, auch um ihren Ursprung zu kennen und ihre Repräsentativität beurteilen zu können, ist diese Erkenntnis nur wenig wert. Selbstverständlich verbessern Kinder ihre Leistungen, wenn sie in einem Bereich spezielle Förderung erfahren. Genauso ist aber auch festzustellen, wie das etwa die beiden oben genannten Hirnforscher getan haben, dass genau diese Kinder in anderen Bereichen große Defizite zu verzeichnen haben.
Körperverletzung statt Förderung
Wir greifen eben mit dem „Fördern“, das letztlich keines ist, in den individuellen Bauplan des Kindes ein, statt es zu unterstützen oder vorsichtig anzuregen. Ach so: Und wenn wir auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schauen, gehört das Thema „Kleinkinder mit digitalen Bildschirmen spielen zu lassen“ wohl eher in den Bereich der Körperverletzung als der Förderung.
Apropos BZgA: eine der interessantesten Websites auch zum Thema Spielen für Laien und Fachkräfte bietet die Gesundheitszentrale unter https://www.kindergesundheit-info.de/. Wer es uns nicht glaubt, glaubt es vielleicht der BzgA. Viel Spaß beim Lesen!
Gernot Körner