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Kinder denken früher logisch, als wir dachten

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Neue Studie zeigt: Schon Vierjährige können Probleme systematisch lösen

Kinder können schon im Vorschulalter erstaunlich logisch denken – und damit frühzeitig komplexe Probleme lösen. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam der University of California, Berkeley, das die Denkstrategien von 123 Kindern zwischen vier und zehn Jahren untersucht hat. Anders als die klassische Entwicklungspsychologie bisher annahm, zeigte sich: Bereits Vierjährige sind in der Lage, logisch zu planen und systematische Lösungen zu entwickeln – ganz ohne Versuch und Irrtum.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kinder tatsächlich viel früher in der Lage sind, spontan logische Strategien zu entwickeln, wenn die Umstände dies erfordern“, erklärt die Entwicklungspsychologin Celeste Kidd, Mitautorin der Studie.

Wenn Logik hinter dem Chaos steckt

Was auf den ersten Blick nach kindlichem Chaos aussieht – ausgeräumte Schubladen, verstreute Bauklötze oder umgekippte Taschen – kann in Wahrheit Ausdruck einer erstaunlichen Denkleistung sein. Die Forschenden wollten herausfinden, wie Kinder Probleme lösen, wenn reines Ausprobieren („Trial and Error“) nicht hilft.

In ihrem Experiment spielten die Kinder ein Computerspiel: Hinter einer Wand waren Fantasiewesen versteckt, deren Turnschuhe sichtbar herausragten. Aufgabe war es, die Wesen nach ihrer Körpergröße zu ordnen – also von klein nach groß. Da die Kinder die Figuren selbst nicht sehen konnten, mussten sie aus Hinweisen auf die richtige Reihenfolge schließen.

Vierjährige nutzen Strategien wie kleine Informatiker

Das Ergebnis überraschte selbst die Forschenden: Mehr als die Hälfte der Kinder – darunter viele Vierjährige – entwickelte systematische Strategien, um das Problem zu lösen. Manche sortierten nach logischen Mustern, die an bekannte Informatik-Algorithmen erinnerten.

„Diese Kinder haben im Prinzip eigene Sortierregeln erfunden“, sagt Kidd. „Sie konnten das Ziel nicht sehen, aber sie haben Wege gefunden, das Problem Schritt für Schritt zu strukturieren.“ Damit widerspricht die Studie einer seit über 60 Jahren gültigen Annahme des berühmten Psychologen Jean Piaget, der glaubte, dass Kinder erst ab etwa sieben Jahren logisch denken können.

Was das für Pädagogik und Eltern bedeutet

Die Forschenden sehen ihre Ergebnisse als wichtigen Impuls für frühe MINT-Bildung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Wenn Kinder schon im Vorschulalter fähig sind, logische Zusammenhänge zu verstehen, sollten sie früher mit passenden Herausforderungen in Kontakt kommen – etwa durch Spiele, die planvolles Denken unterstützen.

Auch Eltern können profitieren: Wenn das Kind wieder einmal Unordnung schafft, lohnt sich vielleicht ein neuer Blick darauf. „Man sollte sich klarmachen, dass Kinder oft genau dann lernen, wenn sie scheinbar Chaos anrichten“, so Kidd. „Das Durcheinander ist manchmal ein Zeichen dafür, dass sie aktiv nach einer Lösung suchen.“

Mehr zur Studie

Die vollständige Untersuchung „Children spontaneously discover efficient solutions to a difficult sorting task“ von Celeste Kidd et al. ist als Preprint verfügbar unter:
👉 https://escholarship.org/content/qt7tj838s0

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